Die besten Komödien der 2000er Jahre

Erstmal den Ernst bei Seite geschoben! Hatten wir uns schon bei den Tarantinoesken Filmen vor allem den selbstironischen, überspitzten  Seiten des Kinos gewidmet, so sind wir nun vollkommen im Komödiengeschäft angekommen. Es wird laut, es wird bunt, es wird überdreht und vor allem  wird es witzig. Die besten Komödien der Jahre 2000 bis 2009, alles was unser Zwerchfell ordentlich reizte, was Gelächter fest mit einkalkulierte und was uns ein fettes Grinsen aufs Gesicht zauberte. Zwölf astreine Lacher, direkt nach dem Break…

I heart Huckabees [David O. Russell]

(USA 2004)

Der Philosophiefilm des Jahrzehnts. David O. Russells existenzialistische Komödie I ♥ huckabees pendelt ständig zwischen albernen Nonsens-Dialogen, absurden Slapstick-Einlagen und existenziellen metaphysischen Fragestellungen. Richtig! Bei I heart huckabees trifft Jean Paul Sartre auf Charlie Chaplin, fährt Friedrich Nietzsche Fahrrad mit Mel Brooks und diskutiert Immanuel Kant bei Saturday Night Life über den Sinn des Lebens. Die Geschichte um existenzialistische Detektive, einen verlorenen Umweltschützer und einen zweifelnden Feuerwehrmann kombiniert perfekt Comedy mit Philosophie, Psychologie und Esoterik. Ein hemmungsloses, skurriles Vergnügen jenseits von und im postmodernen Spiel mit allen gängigen Komödienklischees.

Willkommen bei den Sch’tis [Dany Boon]

(Frankreich 2008)

Um das Spiel mit Klischees geht es auch in der warmherzigen, an allen Ecken und Enden menschelnden französischen Komödie „Willkommen bei den Sch’tis“. Hier werden die Klischees jedoch nicht einfach ausgebreitet sondern geschickt dekonstruiert und ad absurdum geführt. Die Konfrontation zwischen Süd- und Nordfrankreich spielt mit allerlei Erwartungen und Stereotypen, nur um diese gleich im nächsten Moment wieder aufzubrechen und ins Lächerliche zu ziehen. Dabei ist Bienvenue chez les Ch’tis ungemein warmherzig und liebenswert, ein Manifest für die Toleranz und die Völkerverständigung und vor allem eine Kampfansage an alle vorschnellen Prototypisierungen und Klischees.

High Fidelity [Stephen Frears]

(USA 2000)

Ja, ja! Irgendwie ist es ja schon ziemlich dreist, dass Stephen Frears Nick Hornbys genialen Kultroman „High Fidelity“ einfach von London in die USA übertragen hat. Und ja, auch die britische Lakonie geht bei der Amerikanisierung des Stoffes verloren, ganz zu schweigen von der charakterlichen Tiefe ihrer Protagonisten. Dennoch ist High Fidelity eine hervorragende Komödie geworden, die die Atmosphäre des Romans geschickt auf die Leinwand überträgt. John Cusack als Musiknerd ist ohnehin die Traumbesetzung für den abgehalfterten Plattenladenbesitzer Rob Gordon, und auch die Nebenrollen von Tim Robbins bis Jack Black sorgen dafür, dass das abgedrehte musikalische Outsidermillieu ständig amüsant und unberechenbar bleibt. Hinzu kommen die zahllosen popkulturellen Zitate, eine ganze Menge Nerd-Snobismus und natürlich viel viel gute Musik.

Hot Fuzz [Edgar Wright]

(Großbritannien 2007)

Und der Preis für den dämlichsten deutschen Synchrontitelzusatz des Jahrzehnts geht an… „Zwei abgewichste Profis“. Kaum auszumalen wieviele Filmliebhaber die rabenschwarze Komödie „Hot Fuzz“ wegen des saublöden Beititels im Videothekenregal liegen ließen oder im Kino ignorierten. Der Bastard aus Komödie, Cop-Thriller und Actioneer ist eine knallharte, urkomische Parodie auf zahllose Blockbusterfilmklischees, eine derbe Provinzposse und eine sich langsam ins Absurde steigernde Farce voller spannender Fallhöhen und satirischer Spitzen. Ein rabenschwarzes, eklektisches Vergnügen für Zuschauer mit robustem Magen und gut trainiertem Zwerchfell. Definitiv einer der hysterischsten, überdrehtesten und witzigsten Filme des Jahrzehnts.

Muxmäuschenstill [Marcus Mittermeier]

(Deutschland 2004)

Rabenschwarz ist auch die deutsche Mockumentary Muxmäuschenstill. Der Film beginnt als ganz sachte Charakterstudie eines schrägen Ordnungsfanatikers und entwickelt sich nach und nach zur grotesken Farce über Unmenschlichkeit, Ordnungssinn und die Radikalisierung im vermeintlichen Kampf für Recht und Ordnung. Dank des trockenen dokumentarischen Charakters des Films kann dieser voll und ganz seinen düsteren, pechschwarzen Humor entfalten ohne jemals in eine plumpe Kalauer- oder Slapstickkiste zu geraten. Das Ergebnis ist in gleichem Maße lustig und verstörend, mitunter erschreckend realistisch und letzten Endes einfach nur zutiefst bösartig.

Borat [Larry Charles, Sascha Baron Cohen]

(USA 2006)

Wo wir gerade bei Mockumentaries sind, darf einer natürlich nicht fehlen. Der amerikanische Comedian Sascha Baron Cohen ist wohl einer der derzeit besten Verwandlungskünstler überhaupt. Egal ob als britischer Gangsterrapper Ali G., als österreichischer Modejournalist Brüno oder eben als kasachischer Globetrotter Borat… Baron Cohen nutzt seine Rollen perfekt, um die Schwächen, Vorurteile und Skurrilitäten seines Gegenübers zu offenbaren. So auch in diesem erstklassigen Film, in dem der vermeintliche Hinterwäldler aus Vorderasien unterwegs in die USA ist, um von den Besonderheiten der amerikanischen Kultur zu berichten. Und wir dürfen mit ihm staunen: Über Intoleranz, Xenophobie, himmelschreiende Naivität und viel übertriebenen Good Will der besuchten und interviewten US-Bürger.

O Brother where art thou [Ethan und Joel Coen]

(USA 2000)

Für Ideen an der Grenze zwischen Albernheit und Genialität waren sich die Coen-Brüder ja nie zu schade. Aber mit dem epischen O Brother where art thou schossen sie im Jahre 2000 den Vogel ab. Dort verlagerten sie die Odyssee in die amerikanischen Südstaaten, machten aus den verlorenen und suchenden Griechen des Originals kurzerhand aus dem Gefängnis entflohene Rednecks mit musikalischen Ambitionen und reicherten die wüste Mischung aus Mythologie, Slapstick und Screwball mit einer ordentlichen Portion Bluegrass an. Das Ergebnis ist eine irre Farce, eine grandiose Satire auf die Abgründe des Südens und eine komplett überdrehte Komödie, der nichts und niemand heilig ist. O Brother where art thou steht irgendwo zwischen purer Verrücktheit, plumper Situationskomik und famosen mythologischen Bezügen. Schräg und scheinbar nicht von dieser Welt aber vor allem eins: Ungemein unterhaltend.

Juno [Jason Reitman]

(USA 2007)

Die 00er Jahre waren auch die Zeit der so genannten Indiekomödien. Dabei spielt es für das Label „Indie“ keine Rolle, ob der entsprechende Film nun erfolgreich oder missachtet, teuer oder eine Low Budget Produktion ist. Viel entscheidender sind andere Ingridenzien, die eine Komödie zum Indiefilm machen: Skurrile, andersartige und nerdige Charaktere, viel Gefluche, Schönheit und Lebensfreude abseits vom Hollywoodkitsch und obligatorisch viel Musik aus dem Indierock und Pop-Bereich. All das hat der herzensgute Juno zu bieten. Die Geschichte um eine unfreiwillige Teenagerschwangerschaft verzichtet auf jedes Klischee, jede übertriebene Theatralik oder Effekthascherei. Stattdessen liefert er eine angenehm leichtfüßige Feel Good Geschichte, leichtfüßigen Feel Good Lo-Fi Folk und leichtfüßige Charaktere. Eine warmherzige und zugleich skurrile Komödie, die nie zu schwer wird und immer bodenständig bleibt.

Little miss sunshine [Jonathan Dayton, Valerie Faris]

(USA 2006)

Indiekomödie, die zweite. In Jonathan Dayton und Valerie Faris Little Miss Sunshine reist eine absonderliche Familie ihrer Tochter zu Liebe zum Schönheitswettbewerb in Los Angeles. Auf ihrem Road Trip in das sonnige Kalifornien werden sie mit vielen Problemen und Herausforderungen konfrontiert und lernen dabei als Familie zusammenzuhalten. Little Miss Sunshine ist eine wunderschöne Verlierergeschichte, eine mitunter derbe Indiekomödie und ein perfektes Kaleidoskop einer amerikanischen Antifamilie. Dabei besticht der skurrile Film an der Schwelle zur Tragikomödie mit vielen abgedrehten Ideen, Warmherzigkeit, Leichtfüßigkeit und einer gesunden Portion Sarkasmus.

Sterben für Anfänger [Frank Oz]

(Großbritannien 2007)

Very exzentrisch, very schwarzhumorig und einfach nur very british ist die schwarze Komödie „Sterben für Anfänger“ vom Muppet-Schöpfer Frank Oz. Vor dem Hintergrund einer Beerdigung liefert Oz ein wahres Feuerwerk an abstrusen Situationen, urkomischen, bitterbösen Slapstickeinlagen und kongenialen Wortwitzen. Das ungezwungene, alberne Zerrbild einer britischen Familie ist perfekt arrangiert, hat keine Angst vor bösen Scherzen und kommt mit unzähligen Eigenheiten daher. Ein Fest für jeden Freund des schwarzen Humors und absurder Personenkonstellationen

Ocean’s Eleven [Steven Soderbergh]

(USA 2001)

Ja mei, was hat denn der hier verloren? Steven Soderberghs Ocean’s 11 ist in erster Linie ein Heist-Movie der ganz, ganz alten Schule. Coole Gentlemen-Gauner geben sich die Klinke in die Hand und planen einen übermäßigen, größenwahnsinnigen Coup, durch den sie alle zu Millionären werden wollen. Aber Regisseur und Schauspieler nehmen den Film und sich selbst nie allzu ernst, haben stattdessen sichtlichen Spaß daran, in lässigen Posen vor der Kulisse Las Vegas Blödsinn zu machen. Das Schaulaufen unzähliger Hollywoodgrößen (Clooney, Pitt, Roberts…) funktioniert dann auch weder als Thriller noch als Actionfilm sondern in erster Linie als entspannte, ungemein coole Big Budget Komödie. Gerade weil hier so dreist „Style over Substance“ propagiert wird, funktioniert der humoristische Einschlag prächtig und macht mangelnde Tiefe der Charaktere und fehlendes Konfliktpotential mehr als vergessen.

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Erstveröffentlichung: 2010