Die besten Science Fiction Filme der 2000er Jahre

Wenden wir uns nach der epischen Vergangenheit und Gegenwart der Zukunft zu. Sie war schon ein bisschen mau im letzten Jahrzehnt. Die große Reanimation der Star Wars Franchise brachte allenfalls einen unterdurchschnittlichen, einen miesen und einen ganz netten Film hervor. Ansonsten gab es viel Massenware, einige ganz nette Fantasyhybriden und auch richtigen Trash wie den Scientology-Abkömmling „Battlefield Earth“. Aber immerhin ein paar wenige Perlen und Glanzlichter haben es dann doch auf die große Leinwandgeschafft. Wir haben sie rausgepickt und stellen sie hier vor…

The wild blue yonder [Werner Herzog]

(Deutschland, Frankreich, Italien, GB, USA 2005)

Bereits mit seinem filmischen Essay „Fata Morgana“ (1970) gewährte uns Werner Herzog seinen ganz eigenen, außerirdischen Blick auf unsere Erde. Auch in „The wild blue Yonder“ nutzt er dokumentarische Aufnahmen, um eine philosophische und nachdenkliche Geschichte zu erzählen. Anhand historischer Nasa-Bilder rekonstruiert er die Geschichte eines Außerirdischen (Brad Dourif) und dessen Besiedlungsplänen der Erde. Dieser Hybrid aus filmischem Essay und Science Fiction wirft einen dystopischen Blick auf die Geschichte unseres Planeten, konstruiert Tatsächliches, Fiktives und Utopisches zu einem einzigartigen Bilderrausch und verarbeitet dabei universelle Ängste, Sorgen und Hoffnungen. Ein phantastisches, ungewöhnliches Science Fiction Erlebnis.

Sunshine [Danny Boyle]

(Großbritannien 2007)

Ebenfalls nachdenklich, aber auch unheimlich und höllisch spannend geht es in Danny Boyles Science Fiction Horror am Zentrum unseres Sonnensystems zu. Dieses ist im Begriff zu sterben, da die Sonne zu erlöschen droht. Obwohl der Film gegen Ende viel zu sehr in eine herkömmliche Thriller-Dramaturgie abgleitet, bietet er zuvor atemberaubende Bilder, eine düstere Geschichte um Triebe und Antriebe der Menschheit, sowie eine eisig brutale Metapher auf Fundamentalismus, Fanatismus und Wahn im Allgemeinen. Wieder einmal weiß Danny Boyle durch seine faszinierende Bildsprache, seinen Sinn für gelungene Dramaturgie und Atmosphäre, storytechnische Defizite vergessen zu machen und über die gesamte Laufzeit zu unterhalten.

Pitch Black [David Twohy]

(USA 2000)

Weniger nachdenklich geht es in dem Low Budget Science Fiction Horror Actioneer „Pitch Black – Planet der Finsternis“ zur Sache. Und dann spielt auch ausgerechnet noch der Action-Matador des neuen Jahrtausends Vin Diesel eine Hauptrolle. Egal, der Film funktioniert. Aus einem für Hollywood-Verhältnisse lächerlich kleinen Budget von 23 Millionen Dollar holt Twohy alles heraus, was herauszuholen ist. Pitch Black ist immer stylish, düster, trocken bis auf die Knochen und dazu verdammt spannend und einfach nur sau cool. Mit Sicherheit kein anspruchsvoller oder origineller Film. Dafür aber ein stilsicheres, in beängstigende Bilder getauchtes Stück Monsterhorror Sci-Fi-Kino, das weiß was es will und diesen Plan konsequent durchzieht.

Nabi [Moon Seung-wook]

(Südkorea 2001)

Vom amerikanischen Horror-Actioneer zum atmosphärischen Kino aus Fernost. In einem dystopischen Korea in einer nahen Zukunft angesiedelt erzählt der Film die Geschichte von einem Virus, das Erinnerungen auslöscht. Doch anstatt dieses zu fürchten, suchen es die Menschen bewusst auf, um schmerzhafte und belastende Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit vergessen zu können. Inszeniert wird diese Suche nach dem Vergessen in beeindruckenden, überstilisierten Bildern, getaucht in tiefe Farben und langsame Bilder, die nicht selten an Tarkowski erinnern. Ein atmosphärisches, dramatisches und meditatives Stück Kino und eine Reise in Grenzgebiete, innerhalb und außerhalb des menschlichen Geistes.

http://www.kmdb.or.kr/eng/md_basic.asp?nation=K&p_dataid=05478

Solaris [Steven Soderbergh]

(USA 2002)

Die Lästerrunde ist freigegeben: „Style over Substance“-Ikone Soderbergh verfilmt ausgerechnet einen Roman von der Science Fiction Legende Stanislaw Lem, die bereits ausgerechnet von der russischen Avantgarde-Ikone Tarkowski im Jahr 1972 auf die Leinwand gebracht wurde. Gott sei Dank versucht Soderbergh stilistisch keinem der beiden nachzueifern, sondern zeigt seinen eigenen Blick auf die universellen Themen der Geschichte. Dieser mündet in eine wunderschön anzusehende, ästhetisch verschachtelte, aber auch glattgebügelte, sterile Liebesgeschichte, deren Focus sich sowohl vom Lem’schen Original als auch von der Tarkowski-Interpretation unterscheidet. Ein neuer Zugang zu einem faszinierenden Klassiker, der interessanter und ergiebiger ist, als viele Hochkulturelitaristen wahr haben wollten.

Moon [Duncan Jones]

(Großbritannien 2009)

Manchmal kann man über die deutsche Kinowelt nur den Kopf schütteln. Da geistert seit über einem Jahr ein faszinierender, origineller und in sich stimmiger Science Fiction Indie-Hit durch die englischsprachigen Kinos und kommt erst jetzt mit erheblicher Verspätung hierzulande auf den Markt. Sei es drum: Moon ist ein konsequenter, spannender und vor allem tragischer Umgang mit Isolation, Bewusstseinsveränderung und der Frage, was den Menschen auszeichnet. Hervorragend gespielt von einem einsamen, kaputten Sam Rockwell, der nur von einem fürsorglichen Bordcomputer (Kevin Spacey) begleitet wird. Moon ist ein gelungener, emotional bewegender Independent-Film, der geschickt mit Verweisen zu Philip K. Dick und Arthur C. Clarke spielt und dabei doch eine ganz eigene, herausragende und puristische Bildsprache findet.

The Road [John Hillcoat]

(USA 2009)

Anderer Film, selbes Schicksal… John Hillcoats Verfilmung eines Romans von Cormac McCarthy (No country for old men) kommt hierzulande noch später ins Kino… wenn überhaupt. Dabei dürfte „The Road“ zu den besten Dystopien der letzten 20 Jahre und darüber hinaus zählen. Karg, spartanisch, düster und zugleich elegisch, in kleinen Dingen die Schönheit suchend, erzählt der Film von der Reise eines Vaters und seines Sohnes durch eine postapokalyptische Welt. Das ist mitunter bis an die Schmerzgrenze grausam und unheimlich, schmerzhaft einsam und pessimistisch, dunkel und hoffnungslos und doch immer ein kleines Fünkchen Licht bewahrend. In epische und zugleich leere Bilder gehüllt, sysiphosisch, mitreißend, in kleinen Momenten hauchzart berührend und einen zermarterten, nachdenklichen Zuschauer zurücklassend.

Children of Men [Alfonso Cuarón]

(USA, Großbritannien 2006)

Endzeitvision die Zweite: Eine Welt, in der die Menschen keine Kinder mehr bekommen, Armut, Gewalt, Aufstände… Children of men ist nicht zimperlich bei seiner Beschreibung der zukünftigen Welt. Dabei geht Cuaróns Inszenierung jedoch auch schmerzhaft realistisch vor, bedient sich bei ganz aktuellen Krisengebieten, mischt das Dystopische mit erschreckend naturalistischen Aufnahmen und wirkt so jederzeit authentisch und nachvollziehbar. Dabei weiß der Film geschickt zwischen Epischem und Dokumentarischen zu pendeln, vermag es, gekonnt zu stilisieren und zugleich immer den Brückenschlag zum hier und jetzt zu wagen. Das Ergebnis ist beeindruckend, nahe gehend und mitreißend.

The Fountain [Darren Aronowsky]

(USA, Schweiz 2006)

Weitaus abstrakter, kryptischer und artifizieller verhält es sich mit Darren Aronowskys „The Fountain“. Die drei ineinander verwobenen Handlungsstränge, die einen Bogen über 1000 Jahre schlagen, belassen es meist bei vagen Andeutungen, hermetischen Bilderrätseln und generieren zwischen den Zeilen viele weiße Stellen, die den Zuschauer herausfordern einen eigenen Sinn zu generieren. Dennoch weiß The Fountain zu faszinieren, insbesondere durch seine epische, bildgewaltige Sprache, seinen überbordernden Symbolismus, und die Freude am überambitionierten Surrealen und Phantastischen. Ein Film, der die Gemüter spaltete, der sich irgendwo zwischen größenwahnsinnigem Fail und meisterlicher Kompositionskunst bewegt und allein schon wegen seiner dreisten, narzistischen Eigenartigkeit sehenswert ist.

It’s all about Love [Thomas Vinterberg]

(Dänemark 2003)

Ebenfalls symbolistisch und abstrakt ist die futuristische Liebesgeschichte „It’s all about Love“ vom Dogma95-Regisseur Thomas Vinterberg (Das Fest). In dieser dystopischen Vision stirbt die Menschheit an Liebesmangel, die physikalischen Gesetze beginnen sich ins Gegenteil zu verkehren und Menschen werden Opfer einer perfiden Klon-Industrie. So auch Elena (Claire Danes), die zusammen mit ihrem Ex-Mann (Joaquin Phoenix) vor den bedrohlichen Auswüchsen der Zivilisation flieht. Der Titel ist hier programmatisch, denn die beiden Protagonisten begeben sich auf eine hoffnungslose Suche nach der Liebe. Inszeniert wird diese faszinierende Parabel Dogma95-untypisch mit ästhetitizistischen Hochglanzbildern und schwermütigen symbolträchtigen Aufnahmen. Der Film begeistert jedoch besonders durch seine naive Nachdenklichkeit, seine Fülle an Themen und Subthemen und seinem letzten Endes ganz intimem Blick, der nicht der Zukunft sondern allein der menschlichen Emotion gilt.

Cypher [Vincenzo Natali]

(Kanada 2002)

Bodenständiger ist Vincenzo Natalis Hochglanz Science Fiction Agententhriller Cypher. Auch dieser taucht mit stolz geschwellter Brust in eine verschachtelte, komplexe Geschichte ein, wendet diese jedoch geschickt zu einem wohlwollenden, alle offenen Fragen klärenden Ende. Dabei ist die voller Plot Twists steckende Narration perfekt arrangiert, spielt mit vielen doppelten Böden und überraschenden Wendungen, verliert dabei aber nie die Übersicht. Heraus kommt ein packender Mind Fuck Thriller in einer nachvollziehbaren Science Fiction Umgebung und mit viel nostalgischem Spionagecharme, der auch ganz gerne mal ironisch mit den Augen zwinkert.

District 9 [Neill Blomkamp]

(Neuseeland, Südafrika, USA 2009)

Blomkamps futuristische Asyl- und Migrationsparabel über Alien-Imigranten „District 9“ ist ein spannender, nervenzerfetzender Science Fiction Thriller, der nicht nur dank seiner (mitunter etwas plakativen) Botschaft zu begeistern weiß. Vor allem die Inszenierung, die mockumentarisch hereintaumelt, über diverse Actionszenen stolpert um schließlich in einem furiosen High Tech Thriller Showdown anzukommen, ist massiv unterhaltsam, springt dem Zuschauer förmlich im Genick, um ihn einmal komplett durch die Mangel zu drehen. Schnell geschnitten, laut, fulminant und ständig auf Adrenalin gerät das eigentliche Anliegen so zwar etwas zur Nebensache, aber gerade dadurch kann sich die dramatische, Actiongeschichte voll und ganz austoben. 1A Adrenalinkino, zudem mit interessantem Subtext ganiert. Was will man mehr?

Star Trek [J.J. Abrams]

(USA 2009)

Jau! Zum Abschluss eine mehr als ordentlich wiederbelebte Franchise. Natürlich hat J.J. Abrams (LOST) Star Trek Neuinterpretation mitunter wenig mit dem Original gemeinsam. Kein Weltraum Föderation Schmus, keinen Charme von unendlichen Weiten und Gesprächen auf dem interstellaren politischen Parkett. Stattdessen herrlich ungezwungene Action, eine frische (Retro)-Crew, ein bissel Zeitreise-Firlefanz und vor allem viele Zutaten, die zu einem ordentlichen Science Fiction Actioneer gehören. Star Trek ist alles andere als tiefgründig, verzichtet auf den glatten Charme früherer Franchiseableger und widmet sich voll und ganz seiner krachigen Stärke. Aber er funktioniert dabei wunderbar als perfekt unterhaltendes Science Fiction Actionkino im Cinemascope-Format.

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Erstveröffentlichung: 2010