Schlagwort: Taika Waititi

Jojo Rabbit (2019) und die Transzendenz der Hitler-Parodie

Der jüngste Film des Regisseurs Taika Waititi Jojo Rabbit (2019) ist keine Hitler-Parodie. Diese Feststellung scheint erst einmal kontraintuitiv, darf doch Adolf Hitler auf dem offiziellen Kinoplakat mit alberner Grimasse dem jungen Protagonisten Hasenohren zeigen. Und in den Trailern zu dem Film scheint seine Figur auch mehr als prominent platziert. Aber nein, Jojo Rabbit ist weder Parodie noch Travestie des wohl berühmtesten Tyrannen in der Geschichte der Menschheit. Stattdessen gelingt der im Nationalsozialismus angesiedelten Komödie etwas anderes, etwas viel wichtigeres: Sie nimmt sich den Kult um die Person Hitler zur Brust und transzendiert diese. In ihrem Mittelpunkt steht nicht die Veralberung des Bösen sondern viel mehr eine Veralberung von dessen Überhöhung, von dessen Glorifizierung. Wenn überhaupt, dann ist Jojo Rabbit eine Auseinandersetzung mit der Hitler-Rezeption, eine Auseinandersetzung, die ebenso historisierend wie ahistorisch daherkommt. Sie ist ein Spiel mit der Ästhetik des Nationalsozialismus und ein bisschen auch ein poppiger „Was wäre wenn…“-Entwurf. Was ihr in diesem Spiel gelingt ist dabei deutlich mehr wert, als das, was unzählige Hitler-Parodien in den letzten Jahrzehnten versucht haben: Sie macht mit den Mitteln des heutigen Pop die Hitlerverehrung nachvollziehbar, weckt sogar Empathie für die Hitlerverehrer und lässt den historischen Nationalsozialismus dadurch so nah erscheinen, wie er schon lange nicht mehr war.

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5 Zimmer Küche Sarg und die albernen Seiten des Vampirmythos – What We Do in the Shadows (2014)

Wenn es um die am meisten vergessenen Vampirfilme des 21. Jahrhunderts geht, kommt mir am ehesten die deutsche Indie-Mockumentary Kevin – Die Vampirdoku (2008) von Christian von Aster in den Sinn. Dabei handelt es sich nicht um ein Meisterwerk, aber dieser kleine Streifen ist trotz aller Schnitzer und der nicht zu leugnenden Low Budget Ästhetik eine wirklich originelle Satire auf große und kleine Vampirmythen, die recht gekonnt Gothic Grusel Klischees in unsere Zeit transferiert und den Vampirismus als allgemein anerkannte Krankheit inszeniert. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Taika Waititi (Jojo Rabbit) diesen kleinen, deutschen Rohdiamanten gesehen hat. Aber erwähnt werden sollte von Asters Film (in dem immerhin Sebastian Krumbiegl von den Prinzen einen Cameo-Auftritt hat) dennoch an dieser Stelle, ähnelt ihm Waititis Horrorkomödie 5 Zimmer Küche Sarg (2014) (selten dämliche Eindeutschung des Originaltitels What We Do in the Shadows) doch in vielfacher Hinsicht. Auch hier geht es um eine Zerlegung des Mythos in der modernen Welt. Auch hier geht es um die komischen, nervigen, oft übersehenen Seiten des Vampirdaseins. Und auch Waititis Film arbeitet mit den Mitteln einer fiktiven Dokumentation. Und ebenso wie sein deutsches Pendant bewegt sich What We Do in the Shadows irgendwo zwischen albern, dumm, clever, holprig und extrem unterhaltend.

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