Kategorie: Tragikomödie

Die besten Filme 2022: Triangle of Sadness von Ruben Östlund

Mensch, da hat der Herr Östlund uns aber allen ein Schnippchen geschlagen und mit Triangle of Sadness nicht nur einen, sondern praktisch gleich drei Filme veröffentlicht (als wäre der Titel eine fiese Prophezeiung des Kommenden): Zurückhaltende aber pointierte Beziehungskomödie mit tragikomischem Anstrich; bitterböse Bizarrerie, die fast ins Surreale abgleitet; und dann auch noch zynische Sozialparabel, auf die auch ein George Orwell mehr als stolz wäre. Und das wirklich Unfaire daran, man kann über die Dreiteilung seines neuen Filmes nur schwer reden, ohne arg in Spoiler-Territorien abzurutschen. Daher an dieser Stelle eine kleine Vorwarnung: Auch wenn ich in folgender Rezension größtenteils auf Spoiler verzichten werde, schaut euch diesen Film an, ohne zuvor zu viel darüber gelesen zu haben. Ja, dieser Aufruf ist ein beliebtes Trope, meistens leider ein Klischee der Filmkritik; in diesem Fall passt die Warnung aber wirklich wie Arsch auf Eimer. Triangle of Sadness macht am meisten Spaß, wenn man so wenig wie möglich weiß, worauf man sich einstellen muss, auch wenn der Film neben seinen Twists und Turns noch genug andere Vorzüge aufzuweisen hat.

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Everything Everywhere All At Once (2022) – Und das Kino explodiert…

Auf die Frage „Wie viel Inhalt lässt sich in einen nicht ganz fünfzehnminütigen Kurzfilm packen?“ haben die beiden Daniels – Das amerikanische Regieduo Daniel Kwan & Daniel Scheinert – einfach mit „Ja“ geantwortet und mit Interesting Ball (2014) einen der wohl irrsten, bizarrsten, überambitioniertesten und grandiosesten Shorts der Filmgeschichte abgeliefert. Den kann man sich auch auf Youtube reinziehen, und es macht durchaus Sinn dies zu tun, bevor man sich Everything Everywhere All At Once (2022) gibt, allein schon, um eine gewisse Vorstellung davon zu haben, was auf einen zukommt. Auch im zweiten Langfilm der Daniels nach Swiss Army Man (2016) geht es um ein ähnliches Thema wie in Interesting Ball: Um die Verknüpfung von Lebensrealitäten und Geschichten, um die Macht des Unvorhergesehenen, um die Macht des Schicksals: „It’s inevitable“, „Es ist unvermeidlich“, wie eine der Hauptfiguren in Interesting Ball zu unmöglichen Geschehen anmerkt. Aber es sind nicht nur die Themen und Motive, in denen sich die beiden Filme gleichen wie Geschwister: Es ist auch die Haltung, mit der die Daniels diese Motive auf die Leinwand bringen. Denn auf die Frage „Wie viele verschiedene Stimmungen kann man in einem Film unter einen Hut bringen?“ antworten die beiden auch mit Ja und machen munteres Genre- und Atmosphären-Hopping: Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt, aber auch von absurd surreal bis hin zu elegisch pathetisch. Von albern, infantil, bis monumental actionreich… von …. naja, von allem über alles eben… überall… und das gleichzeitig… all at once…

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Soul (2020) – Pixar goes Jazz

In mehr als nur einer Hinsicht ist Jazz das amerikanische und vor allem afroamerikanische Pendant zur klassischen Musik Europas. Nicht nur was Variationsvielfalt und historische Bedeutung betrifft, nicht nur was das Andocken an ein bildungsbürgerliches Publikum angeht, sondern auch seine Rolle als Genre, dass sich einem Mainstreampublikum entzieht, während es die Kenner*Innen zum Schwärmen verleitet. Jazz ist eigentlich – für mich und für viele andere wahrscheinlich auch – typische „Sollte ich mal öfter hören“-Musik. Eine musikalische Gattung, die faszinieren und begeistern kann, aber eben auch eine musikalische Gattung, die sich wegen ihrer schieren Größe dem einfachen Zugang entzieht. Ein bisschen scheint seine Rezeption damit verbunden, dass man das Gefühl hat, dazu erst einmal mehrere Semester Musik studieren zu müssen, ob dieses Gefühl nun gerechtfertigt ist oder nicht. Nichtsdestotrotz haben sich seit jeher Menschen daran versucht, die Faszination am Jazz an ein größeres Publikum zu vermitteln: In Fachbüchern, in Sachbüchern, in Infotainment-Formaten, in Romanen und nicht zuletzt auch in Filmen. Gerade fiktionale Stoffe haben dabei die beste Chance, die Großartigkeit der Musik zu vermitteln, ohne dabei zu didaktisch und pädagogisch rüberzukommen. Und wenn es einen Meister im Vermitteln schwieriger Stoffe und Motive im leichten Gewand gibt, dann ist es ohne Zweifel Pixar. Immer wieder wenn sich die Disney-Tochter an komplexe Inhalte wagt, überrascht sie damit, diese leicht und dennoch mit der notwendigen Tiefe auf der Leinwand umzusetzen: Egal ob Depressionen,Trauer, Umweltverschmutzung oder der Tod an und für sich. Heiße Eisen werden in den Händen Pixars zu Butter. Gerade das letztgenannte heiße Eisen – der Tod – war in den letzten Filmen dauerpräsent und ist es auch in Soul (2020). Und dann auch noch angereichert mit dem komplexen musikalischen Genres des Jazz… Klingt schwierig, aber wie meistens bei Pixar erwartet man gerade deswegen eigentlich nur das beste.

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Jojo Rabbit (2019) und die Transzendenz der Hitler-Parodie

Der jüngste Film des Regisseurs Taika Waititi Jojo Rabbit (2019) ist keine Hitler-Parodie. Diese Feststellung scheint erst einmal kontraintuitiv, darf doch Adolf Hitler auf dem offiziellen Kinoplakat mit alberner Grimasse dem jungen Protagonisten Hasenohren zeigen. Und in den Trailern zu dem Film scheint seine Figur auch mehr als prominent platziert. Aber nein, Jojo Rabbit ist weder Parodie noch Travestie des wohl berühmtesten Tyrannen in der Geschichte der Menschheit. Stattdessen gelingt der im Nationalsozialismus angesiedelten Komödie etwas anderes, etwas viel wichtigeres: Sie nimmt sich den Kult um die Person Hitler zur Brust und transzendiert diese. In ihrem Mittelpunkt steht nicht die Veralberung des Bösen sondern viel mehr eine Veralberung von dessen Überhöhung, von dessen Glorifizierung. Wenn überhaupt, dann ist Jojo Rabbit eine Auseinandersetzung mit der Hitler-Rezeption, eine Auseinandersetzung, die ebenso historisierend wie ahistorisch daherkommt. Sie ist ein Spiel mit der Ästhetik des Nationalsozialismus und ein bisschen auch ein poppiger „Was wäre wenn…“-Entwurf. Was ihr in diesem Spiel gelingt ist dabei deutlich mehr wert, als das, was unzählige Hitler-Parodien in den letzten Jahrzehnten versucht haben: Sie macht mit den Mitteln des heutigen Pop die Hitlerverehrung nachvollziehbar, weckt sogar Empathie für die Hitlerverehrer und lässt den historischen Nationalsozialismus dadurch so nah erscheinen, wie er schon lange nicht mehr war.

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Patti Cake$ – Queen of Rap (2017): Deutlich mehr als ein weiblicher 8 Mile

Zwei Genres, die spätestens seit den 80er Jahren oft eng miteinander verwandt sind, sind der Musikerfilm und der Sportlerfilm. Zumindest wenn es um die klassischen Aufsteigergeschichten geht: Ein Sportler oder eine Sportlerin, ein Musiker oder eine Musikerin, gerne mit Außenseiterstatus und aus schwierigen Verhältnissen stammend kämpft für einen meistens kleinen, manchmal auch größeren Erfolg. Oft sind es Geschichten aus der Arbeiterklasse, vom White Trash, von Menschen am Rande der Gesellschaft: Rocky, der als einfacher Arbeiter und Amateurboxer die einmalige Chance für einen Weltmeisterkampf erhält, Eminem, der sich als weißer Detroiter bei einem großen Battlerap-Contest Ansehen in der Szene errappt. Alex, eine Schweißerin, der es gelingt bei einem renommierten Konservatorium vorzutanzen, Hilary Swank als Kellnerin, die durchs Boxen zum Million Dollar Baby wird. Die Parallelen sind vielfach gegeben: Es geht um den Kampf gegen die widrigen Umstände, in denen man lebt, auch ein wenig um den amerikanischen Traum, meist ist der Erfolg gar nicht so wichtig sondern das Streben nach mehr: Eminem wird in 8 Mile kein Rap-Superstar sondern verschafft sich einfach Respekt bei einem lokalen Battle, Rocky darf den entscheidenden Kampf verlieren und bei Million Dollar Baby endet die Karriere sogar in der Katastrophe. Es ist nicht wichtig, mehr zu bekommen, sondern mehr zu wollen… das ist es, was uns diese Filme erzählen. Genau in diese Sparte fällt auch die Coming-of-age Tragikomödie Patti Cake$ – Queen of Rap (2017), die Geschichte einer Rapperin, die ganz weit unten lebt, die Hoffnung und den Kampf für etwas Besseres, Größeres aber nie aufgibt.

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Die besten Tragikomödien der 80er Jahre IV

So. Ein Lächeln mit einer Träne gibt es noch, bevor wir zu den Dramen-Schwergewichten weiterziehen. Im letzten Teil der tragikomischen 80er Retrospektive blicken wir auf ein Frühwerk Jim Jarmuschs mit Down by Law und auf viele Werke von Regisseuren in ihrer mittleren Schaffensphase: Peter Greenaway hatte sich bereits vor Der Koch der Dieb seine Frau und ihr Liebhaber in der unabhängigen Filmszene einen Namen gemacht, diesem exzentrischen Glanzstück sollten jedoch noch viele weitere folgen, auch Jonathan Demme war bereits vor Gefährliche Freundin ein Regieveteran, sollte jedoch erst in den 90ern mit Das Schweigen der Lämmer größeren Ruhm ernten. Mike Nichols‘ Karriere reicht gar bis in die 60er Jahre zurück, aber auch diese Filmikone war mit Sodbrennen noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Und Barry Levinson changierte schon damals zwischen Kritikerdarling und Kritikerspotttölpel, und schuf mit Rain Man wohl einen Film, der beide Seiten der Medaille recht gut hervorblitzen ließ. Die besten Tragikomödien der 80er Jahre, auf zur letzten Runde.

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Die besten Tragikomödien der 80er Jahre III

Back in the USA. War die letzte tragikomische Retrospektive vom internationalen Kino dominiert, werfen wir nun wieder einen Blick auf die amerikanische Variante der Kombination von Tragik und Komik. Nicht nur stammen alle hier genannten Filme aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, auch ihre Thematik und Motivik ist durch und durch amerikanisch. So setzt sich American Diner mit den Träumen und Hoffnungen junger Highscool-Absolventen auseinander, Magnolien aus Stahl thematisiert Prunk, Kitsch und Wirklichkeit großer amerikanischer Familienzeremonien und Miss Daisy und ihr Chauffeur wirft einen Blick auf Rassismus und Antisemitismus im Südosten der USA in den 50er Jahren. Ein Hauch Nostalgie schwingt auch immer mit, sind doch drei der vier hier vertretenen Filme deutlich vor ihrer eigentlichen Produktionszeit angesiedelt. Jepp, Sentimentalität und Nostalgie konnten die 80er Jahre ausgesprochen gut, insbesondere im Rückgriff auf vermeintlich leichtere oder zumindest harmonische Zeiten, bis hin zu den Radio Days der 30er und 40er Jahre. Vielleicht war es auch ein wenig die Schuld Ronald Reagans, dass Nostalgie und Konservatismus dabei stets Hand in Hand gingen… aber Gott, hat uns diese Sehnsucht nach der Vergangenheit großartige Filme beschert!

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Die besten Tragikomödien der 80er Jahre II

Haben wir uns in der letzten tragikomischen Retrospektive noch sehr stark auf das amerikanische Kino, vor allem die Erben New Hollywoods, gestürzt, wird es dieses Mal deutlich internationaler. Mit Wish you were here begegnen wir dem stärksten britischen Dramedy-Beitrag der Dekade, mit Pauline am Strand holen wir ein bisschen französisch nostalgische Romantik in diese schwere Zeiten. Wir leiden und lachen mit der australischen Naturgewalt Sweetie, erleben in Spanien Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs und blicken in russischitalienische Schwarze Augen. Dabei sind die Filme dieser Auswahl nicht nur internationaler, sie sind auch deutlich mutiger und kurioser als ihre amerikanischen Wegbegleiter. Und bei fast allen von ihnen ist die Perspektive eine dezidiert weibliche; auch alles andere als selbstverständlich in diesem doch sehr testosterongesteuerten Jahrzehnt.

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Die besten Tragikomödien der 80er Jahre I

„Mit einem Lächeln und vielleicht mit einer Träne“ …Mit seinem Eingangszitat zu The Kid (1921) hat es Charlie Chaplin auf den Punkt gebracht und im Grunde genommen alles gesagt, was zum Genre der Tragikomödie gesagt werden muss. Dass sich die 80er Jahre nicht 100% daran halten würden, konnte er ja nicht voraussehen. Der tragikomische Film sollte in dieser Dekade nämlich in vielen Fällen ein besonderer Film sein, einer der Grenzen sprengte und Genres vermischte. Seine besten Auswüchse waren gut 60 Jahre nach Chaplins Genreverortung nicht einfach nur Kombinationen von Lächeln und Tränen, sondern ebenso Vermischungen mit dem Thriller (King of Comedy), dem magischen Realismus (Arizona Junior), dem Surrealismus (Stardust Memories) dem Biopic (Garp wie er die Welt sah) oder dem anekdotisch Literarischen (Hotel New Hampshire). Vielleicht waren sie in ihrer amerikanischen Iteration sogar die letzten würdigen Erben des New Hollywood, gepflegt von Altmeistern wie Martin Scorsese und Woody Allen und bereits unterwandert von jungen aufstrebenden Talenten wie den Coen Brüdern, die dem lahmenden Mainstream- und Blockbusterkino den Kampf ansagten. Genau diesen Genresprengern soll in dieser ersten Retrospektive gedacht werden …with a smile — and perhaps, a tear.

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Die besten Filme 2017: I, Tonya und das Vexierspiel der Perspektiven

Im Jahr 1994 war ich 12 Jahre alt und habe mich – ich bin versucht „selbstverständlich“ zu sagen – nicht im geringsten für Eiskunstlauf interessiert. Aber ich erinnere mich dennoch an die Bilder der weinenden Nancy Kerrigan, nachdem dieser mit einer Eisenstange die Knie zerschlagen worden waren. Ebenso erinnere ich mich an das kollektive Aufatmen der medialen Sportöffentlichkeit, nachdem diese trotz des Anschlags bei den olympischen Spielen in Lilehammer die Silbermedaille gewann. Ich erinnere mich auch vage an den damaligen Gossip rund um ihre Rivalität mit Tonya Harding; und ohne irgendwas zu den Hintergründen zu wissen, wusste ich damals doch sehr wohl, wer die Gute – Kerrigan – und wer die Böse – Harding – in diesem Spiel war. Es war ein bisschen so wie die fast zeitgleich stattfindende Rivalität zwischen Henry Maske und Graciano Rocchigiani oder Bret Hart und Jerry Lawler. Wir waren jung und verstanden wenig von medialen Sportevents, aber die Sportfilme der 80er Jahre hatten uns gelehrt, dass es bei Rivalitäten immer einen Helden und einen Bösewicht geben musste. Zweiteres war Tonya Harding im Eiskunstlauf: Die Eishexe, die gnadenlose Attentäterin, die Unsportliche, die Verlogene; und natürlich auch die, die drehbuchreif am Ende mit ihren Intrigen nicht durchkam und bei den olympischen Spielen 1994 nur den achten Rang belegte.

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Die besten Filme 2019 – Der Oscar-Abräumer Parasite von Bong Joon-ho

Endlich! Über fünf Jahre nach dem großen Erfolg beim westlichen Publikum mit der Dystopie Snowpiercer und zwei Jahre nach dem Netflix-Achtungserfolg Okja ist Bong Joon-ho endlich da angekommen, wo er schon immer hin gehörte. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Erstens, ziemlich offensichtlich, bei der höchsten Mainstreamehrung, die sich ein Regisseur überhaupt vorstellen kann. Auch wenn es sich immer noch ein wenig surreal anfühlt, ist es doch Wirklichkeit: Bong Joon-hos neuester Streich, Parasite (2019) hat 2020 bei den Oscars abgeräumt. Aber so richtig: Nicht nur als bester fremdsprachiger Film, sondern als bester Film, als erster fremdsprachiger Film in der Geschichte der Oscars überhaupt. Darüber hinaus bestes Originaldrehbuch und beste Regie. Vier Academy Awards für eine rabenschwarze südkoreanische Komödie. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb: Die Oscars waren in den letzten Jahren doch für so manche positive Überraschung gut. Positiv ist die Überraschung nicht zuletzt auch deswegen, weil Parasite ein Film ist, der jedes Lob und jeden Hype um ihn im letzten Jahr mehr als verdient hat. Zweitens ist Bong Joon-ho nämlich nach diversen Genreabstechern auch endlich in dem Rahmen angekommen, der ihm am besten liegt: Der schelmische, makabere, parabolische und grotesk ironische Rahmen. Entfesselt von jeglichen Genrevorgaben erzählt er in diesem Rahmen eine bittersüße, urkomische Geschichte über Auf- und Abstieg, über starre Gesellschaftsstrukturen und darüber wie diese aus den Angeln gehoben werden.

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Die besten Filme 2017: The Disaster Artist von James Franco

Schlechte Filme kommen und gehen. Und manche bleiben für die Ewigkeit. Was in den 50er Jahren Ed Wood und was in den 90ern Troll 2 und Showgirls war, dürfte zu Beginn des neuen Jahrtausends ohne Zweifel Tommy Wiseaus The Room (2003) gewesen sein: Nicht einfach ein schlechter Film, sondern ein Film, der so schlecht ist, dass er – auf eine zweifellos bizarre Weise – als unterhaltsam, sehenswert und irgendwie auch gut wahrgenommen werden kann. In seinem Buch The Disaster Artist: My Life Inside The Room, the Greatest Bad Movie Ever Made (2013) verarbeitete der damals beste Freund von Wiseau – und Nebendarsteller in dem Film – Greg Sestero seine Beziehung zu dem Regisseur sowie die chaotischen Dreharbeiten, die schließlich in den monumentalen „So bad it’s good“-Film münden sollten. Eine solche Geschichte ist eigentlich praktisch eine Einladung zu Spott und Häme. Dass weder Buch noch die Verfilmung unter dem Titel The Disaster Artist (2017) in diesen Niedrigkeiten verloren gehen, liegt vor allem an zwei Dingen: Ihrer ehrlichen Faszination an dem in der Tat äußerst schräg agierenden Wiseau und an der Empathie, die sie für alle Protagonisten und Protagonistinnen des cineastischen Jahrhundertdesasters mitbringt.

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Netflix-Filmempfehlung: Der Mann ohne Gravitation (2019)

Es gibt ein Subgenre im Bereich der romantischen Komödie oder des romantischen Dramas, das sich nicht erst seit Twilight großer Beliebtheit erfreut. Die Rede ist vom Liebesfilm mit fantastischem Twist. Und so formal das Romcom-Genre generell ist, so formal ist auch seine fantastische Unternische. Filme wie Die Frau des Zeitreisenden (2009), Der seltsame Fall des Benjamin Button (2008) oder Winter’s Tale (2014) folgen alle mehr oder weniger dem gleichen Muster: Kind mit irgendeiner übernatürlichen Eigenschaft zwischen Gabe und Fluch (praktisch immer männlich) verliebt sich in normales Kind (praktisch immer weiblich); sie verbringen wundervolle Kindheitstage miteinander, aber irgendwann trennen sich ihre Wege, bis sie sich im Erwachsenenalter wieder treffen. Dabei wird der Mann als der fantastische/begabte Part der Konstellation stets überhöht, die Frau wird mehr oder weniger zur Statistin im Leben des zentralen Protagonisten, der nicht nur lernt, mit seiner Außergewöhnlichkeit umzugehen, sondern in ihr auch die wahre Liebe findet. Ein nicht zu unterschätzendes Moment dieser Formalität ist, dass diese Filme – obwohl sie sich selbst eher an ein weibliches Zielpublikum adressieren – konsequent aus der männlichen Perspektive erzählt sind, selbst wenn sie in ihrem Titel mit einer weiblichen Perspektive werben oder ihre literarische Vorlage beide Perspektiven gleichberechtigt behandelt (beides ist bei der Frau des Zeitreisenden der Fall). Auch das italienische Netflix-Release Der Mann ohne Gravitation (2019) fällt in das Genre des Liebesfilms mit fantastischem Twist (Oder Fantasyfilms mit romantischem Fokus), und doch gelingt es diesem magisch realistischen Märchen sich in vielen Punkten von seinen amerikanischen Geschwistern abzuheben… im wahrsten Sinne des Wortes.

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Once upon a time in Hollywood… – Quentin Tarantino der Märchenonkel

Once upon a time… Der Titel von Quentin Tarantinos – nach selbstgewählter Zählweise – neuntem Film sagt bereits, wohin die Reise geht. Tarantino schreibt schon lange keine Geschichten mehr, er schreibt Geschichte um. So ließ er in Inglorious Basterds (2009) in einem fulminanten, komplett von der Realität entfremdeten, Showdown, Hitler und all seine Nazischergen in einem Massaker umkommen, so ließ er in Django Unchained (2012) einen einsamen schwarzen Helden auf radikale Weise die Sklaverei mit einem Handstreich zerstören und so feierte er in The Hateful Eight (2015) in einem dramatischen Blutbad die Versöhnung zwischen dem schwarzen und dem weißen Amerika. Tarantino ist schon lange nicht mehr einfach nur der postmoderne Brutaloprovokateur, er ist viel mehr so etwas wie der Märchenonkel des postmodernen Referenzkinos. Und im Grunde genommen war er das schon immer. Hat er nicht bereits in Kill Bill die Kinogewalt praktisch unter einer Tonne Comicsauce begraben? Hat er nicht bereits in Pulp Fiction und Jackie Brown aus dem Gangsterkino eine Nummernrevue gemacht, inklusive Tanz- und Gesangseinlagen? Und hat er nicht selbst bereits in seinem Debüt Reservoir Dogs das Narrativ über dem Geschehen triumphieren lassen, indem er Zeit einfach zu erzählter Zeit werden ließ. Das mag etwas verklärt und zurecht gerückt wirken, aber wie könnte man auch anders, wenn er in Once upon a time in Hollywood (2019) derart selbstverständlich wie ein Märchenonkel daherkommt. Es war einmal… und das ganz ohne Zynismus und derbe Note… Naja… fast… schließlich handelt es sich hier ja immer noch um Quentin Tarantino.

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Rezension zum 2019er Oscar Bait Successor Green Book

Direkt ins Deutsche übersetzt bedeutet to bait so viel wie ködern. Ein Oscar Bait Movie ist ein Film, der – unabhängig von seiner Qualität – weniger ein Film als viel mehr ein Köder ist, der ausgeworfen wird in der Hoffnung, dass die Academy zubeißt. Oscar Bait ist mehr als nur ein eigenes Genre, es ist eine Herausforderung, vielleicht sogar eine Art Religion für viele Regisseure und Produktionsstudios. Dabei muss man den Academy Awards der 2010er durchaus zu Gute halten, dass ihre Jurys nicht immer bei diesen Bait Movies anbeißen, gerne auch mal die filmischen Köder ignorieren (ohnehin waren die Oscars in den letzten Jahren weitaus besser als ihr ruf): 2015 zum Beispiel gewann eben nicht das epische Drama Whiplash den Award für Best Picture, sondern der deutlich grimmigere, surreale Birdman. 2017 konnte sich der zurückhaltende Moonlight gegen das pompöse Hollywood-Märchen/Musical La La Land durchsetzen, und 2018 – ein unfassbar starkes Jahr, wenn man sich die Nominierten ansieht – siegte The Shape of Water gegen Chris Nolans oscarreifes Weltkriegsepos Dunkirk. Heuer war – abgesehen von Blackkklansman – ein Jahr mit eher schwacher Konkurrenz und so durfte (endlich mal wieder?) der wohl oscarbaitigste Film des Vorjahres Green Book (2018) gleich mehrere Preise, inklusive bester Film, abräumen. Aber hat er die Auszeichnung, der beste Film des Jahres 2018 zu sein, auch verdient?

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Marry Poppins im 21. Jahrhundert: Rezension zu Jason Reitmans Tully (2018)

Vor 55 Jahren kam ein Musical-Märchen in die Kinos, dass nicht nur sein Publikum verzauberte, sondern dessen Titelfigur darüber hinaus zum Sinnbild für die Retterin von festgefahrenen Familienstrukturen wurde. Marry Poppins (1954) war so etwas wie die Manic Pixie Dream Nanny der 50er Jahre, ein zauberhaftes Kindermädchen, das mehr als nur seinen Job tat; sie sorgte für frischen Wind im Leben des gesamten Haushalts und reparierte mit einem Fingerschnippen (und einigen wundervollen Songs) so ziemlich alles, was es in einer 50er Jahre Familie zu reparieren gab. Als die Walt Disney Company sich tatsächlich traute, 2018 eine Fortsetzung dieses Märchens auf die Leinwand zu bringen, war die Erwartungshaltung entsprechend groß: Würde es neue Akzente geben? Könnte Marry Poppins sich im 21. Jahrhundert überhaupt wohlfühlen? In dieser ganz anderen Zeit neue Wege aufzeigen? Oder wäre sie im Familienbild ihrer Zeit gefangen geblieben? Würde sie wie ein Anachronismus wirken? Oder gar im schlimmsten Fall, längst überholte Erziehungs- und Lebensweisheiten wieder aufwärmen? Bei all diesen Fragen zum Release der Marry Poppins Rückkehr im November wurde vollkommen übersehen, dass sie eigentlich überhaupt nicht mehr notwendig war, hatte doch gut ein halbes Jahr früher ein ganz anderer Film bereits das Konzept einer Manic Pixie Dream Nanny auf die Leinwand gebracht; deutlich tiefer auf dem Radar, aber für das Kinojahr und das Grundkonzept dieses Narrativs mindestens ebenso beachtenswert, wenn nicht gar beachtenswerter. Tully (2018) vom Juno-Regisseur Jason Reitman macht all das, was Marry Poppins ein halbes Jahrhundert vor ihm tat. Nur ohne die Musicaleinlagen, dafür aber um einiges realistischer, skurriler, authentischer und nicht zuletzt mutiger.

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Die besten Filme der 90er Jahre: Hat Forrest Gump da was verloren?

Um erst einmal Klarheit zu schaffen: Natürlich ist Forrest Gump ein absoluter Klassiker des 90er Jahre Kinos… und noch mehr: Robert Zemeckis Tragikomödie von 1994 ist zu einem festen Bestandteil der Filmgeschichte geworden. Allein ein Blick in die Mem- und Zitatenkiste genügt, um sich das deutlich vor Augen zu führen. Sei es die Eröffnungsszene mit der schwebenden Feder, seien es die unzähligen Sätze von „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie was man kriegt.“ über „Dumm ist der, der dummes tut.“ bis hin zu „Mein Name ist Forrest Gump. Mich nennen alle Forrest Gump“ oder sei es das prägnante Bild des cleveren Tölpels, der samt Koffer und Pralinenschachtel auf einer Parkbank sitzt. Forrest Gump ist das perfekte Beispiel für eine visuellen, auditive und inhaltliche Memschleuder. Immer wieder gerne zitiert, immer wieder gerne parodiert und regelmäßig in diversen Best-Of-Listen weit vorne. Aber was steckt wirklich in dieser cineastischen Pralinenschachtel?

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Die besten Tragikomödien der 90er Jahre IV

Ein letztes Mal: Lachen, weinen, auf ein versöhnliches Ende hoffen… Im letzten Teil unserer Tragikomödienretrospektive werden wir noch einmal international und historisch. Wir wandern von Amerika nach Europa, streifen französischen Lebenschic, werden mit den dunklen Seiten der italienischen Geschichte auf tragikomische Weise konfrontiert und finden komplexe gesellschaftliche Strukturen im Spanien des 20. Jahrhunderts. Ein nostalgischer Blick zurück in die 60er Jahre der USA und eine schrille Konfrontation mit Neurosen und Ängsten… aber eben auch das Überwinden der selben. Et voilà. Alles wird gut!

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Die besten Filme der 90er Jahre: Gedanken zu American Beauty (1999)

Das wird kein „Warum der und der Film da nicht reingehört“-Artikel wie zum Beispiel bei Saving Private Ryan oder Basic Instinct. Genau genommen mag ich American Beauty ziemlich gerne. Er ist ein hervorragender Film… und ja, er gehört auch irgendwie zu den besten Filmen der 90er Jahre. Dennoch habe ich mit Sam Mendes Vorstadtsatire mein ein oder anderes Problem, auf das ich in diesem Text eingehen möchte. In der entsprechenden Bestenliste habe ich ja schon ziemlich deutlich ausgedrückt, warum American Beauty ein Anrecht auf eine Top-Platzierung hat, hier soll es indes um anderes gehen. Folgerichtig richtet sich dieser Text an Leser die den Film bereits kennen. Eine Zusammenfassung der Handlung oder Kurzumschreibung wird es keine geben, sehr wohl werde ich aber auf wesentliche Storyelemente eingehen. Wer den Film noch nicht gesehen hat und nicht gespoilert werden will, sollte an dieser Stelle daher nicht weiterlesen.

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Die besten Tragikomödien der 90er Jahre III

Ja… wir haben noch ein paar Tragikomödien, die das cineastische Jahrzehnt der 90er entscheidend mitgeprägt haben und auch heute noch unbedingt sehenswert sind. Wie schon die letzten Male aufgefallen sein dürfte, ist in diesem Genre vieles möglich: mal kippt es fast komplett zur Tragödie um, mal obsiegt das Lachen eindeutig, mal hält es die Waage und ein anderes Mal flirtet es mit surrealen, grotesken Momenten. So jedenfalls in der australischen Farce Bad Boy Bubby und Woody Allens sarkastischem Biopic Harry außer sich. Friedvoller, traditioneller geht es dagegen in den humanistischen Tragikomödien Grüne Tomaten und EDtv zu, auch wenn diese beiden ebenso eine ordentlich gesellschaftskritische Komponente besitzen. Diese spielt ohnehin in fast allen Filmen dieses Artikels eine Rolle. Egal ob als sarkastische Vorstadtsatire wie in Happiness oder als schillernde Auseinandersetzung mit Transgender-Topoi wie bei Priscilla – Königin der Wüste. Die besten Tragikomödien sind eben auch oft politisch oder zumindest gesellschaftskritisch motiviert, jedoch ohne, dass sie von ihren Themen inhaltlich erschlagen werden…

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Die besten Tragikomödien der 90er Jahre II

Weiter geht es mit dem lachenden und weinenden Auge sowie der Königin aller Genre-Mashups. In dieser Liste taucht gleich zweimal Jim Carrey auf; einmal als unfreiwillig Gefangener in einer dystopischen, gigantischen Reality TV Serie, einmal als Comedylegende Andy Kaufman. Darüber hinaus ein Beitrag zum American Dream der 90er Jahre, der sich nie so ganz zwischen Zynismus und Melancholie entscheiden kann, ein Wes-Anderson-Klassiker und ein gehässiger Brite, der nicht nur Tragikomödie, sondern auch Groteske, Thriller und noch vieles mehr ist.

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Die besten Tragikomödien der 90er Jahre I

So, sechs Komödienretrospektiven haben wir hinter uns gebracht (Parodien, Grotesken, Slacker, Lachen, Lachen und noch mehr Lachen…). Wenden wir uns nun der gekonnten Mischung aus Tragik und Komik zu. Wie schon bei den Komödien aufgefallen, ist es gar nicht so leicht das Genre der Tragikomödie einzugrenzen. Gelungene Komödien bieten immer auch tragische Momente, große Dramen haben auch oft genug ihre komischen Seiten. Und was sich dann genau dazwischen abspielt, ist eben oft auch eine Frage des persönlichen Geschmacks und Empfindens. Egal, diese Filme bieten – jeder für sich – genug fürs Herz, für die Sinne, zum Schmunzeln, manchmal auch zum Lachen und selbstverständlich zum Weinen. Komisch schön, tragisch schön, einfach nur schön… die besten des Jahrzehnts. Mit einem Lächeln und einer Träne Teil 1…

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Die besten Slacker-Komödien der 90er Jahre

Irgendwann sind sie dann doch erwachsen geworden, die Teenager der 80er Jahre, die nichts anderes zu tun hatten, als die Schule zu schwänzen, kreativ unproduktiv zu sein, zu saufen, zu kiffen und die Zeit totzuschlagen. Typen wie Ferris Bueller, Hoops McCann oder John aus Breakfast Club. Aus ihnen wurden schließlich Twenties, die nichts anderes zu tun hatten, als die Arbeit zu schwänzen, kreativ unproduktiv zu sein, zu saufen, zu kiffen und die Zeit tot zu schlagen. Aus den High School Outsidern der 80er Jahre wurden die Slacker der 90er (aus denen schließlich die Nerds der 00er erwachsen sollten, aber das ist eine andere Geschichte). Kaum ein Stereotyp war in den Independentfilm Komödien der 90er Jahre derart angesagt wie der des jungerwachsenen Herumlungerers, der nicht genau weiß was er mit seinem Leben anfangen soll, der das macht, was ihm gefällt, der sich seiner Faulheit nicht schämt und diese zugleich dazu benutzt, sich selbst zu verwirklichen. Und Regisseure wie Richard Linklater und Kevin Smith haben diesen Typen – die sinnbildlich für eine wesentliche Attitüde der Generation X stehen – filmische Denkmäler gesetzt. Die Besten und Größten der Faulsten… Unzeitgemäß, antriebslos, auf ihre eigene Art rebellisch und dabei meistens urkomisch, wenn auch fast immer mit einer tragischen Komponente…. Viel Spaß.

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Die besten Tragikomödien der 2000er Jahre I

Falls die Genre- und Gattungspräferenzen der 00er Retrospektiven noch unklar waren, sollten sie so langsam Kontur gewinnen. Nach der äußerst dünnen Action– und Komödienausbeute bekommen die tragikomischen Filme, die Dramödien und Tragikomödien mit einem lachenden und weinenden Auge gleich zwei Artikel spendiert. Vieles  Gutes hat uns aus diesem Genre im vergangenen Jahrzehnt erreicht, sowohl aus den USA als auch vom Rest der Welt. Man durfte lachen, man durfte weinen, man durfte hervorragende Filme genießen. Die ersten mal bitter mal komischen Werke folgen auf den Fuß. Teil 2 wird so schnell wie möglich nachgereicht.

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Rezension zu Noah Baumbachs 2005er Drama "Der Tintenfisch und der Wal"

Einen Film über Familienprobleme und Scheidung zu drehen, dürfte wohl mit zu den schwierigsten Aufgaben überhaupt gehören. Immerhin muss der zuständige Regisseur den schmalen Grad zwischen Spannung und Realismus, zwischen Alltag und Tragik beherrschen, ohne dabei in Kitsch oder Beliebigkeit abzurutschen. Und dann gibt es natürlich noch das Problem mit dem Referenzwerk: Was damals bei „Kramer gegen Kramer“ für Aufsehen sorgte, ist mittlerweile nicht nur überholt, sondern gar als abgedroschen definiert, umso schlimmer, da sich Filme zu dem Thema nach wie vor an dem 80er Drama messen müssen. Eine Hürde, an der schon viele große Regisseure gescheitert sind. Noah Baumbachs „Der Tintenfisch und der Wal“ gelingt es, diese Probleme zu meistern, obwohl oder gerade weil er in seiner teils drastischen, teils lakonischen Darstellung sich erheblich von dem Referenzwerk unterscheidet, und auf seine ganz eigene Art zu den anrührendsten Dramen der 00er Jahre gehört. „Der Tintenfisch und der Wal“ ist eine bitterböse, süße Tragikomödie, die sich nicht nur mit „Kramer gegen Kramer“ messen kann, sondern diesen in einigen Punkten sogar problemlos überflügelt.

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Die andere Seite der Hoffnung (2017) von Aki Kaurismäki – Die Utopie am Rande

Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki gehört zu den letzten großen sozialen Romantikern und Utopisten des europäischen Kinos. Seit den 90ern setzt er sich in seinen Filmen mit Randgruppen und Randfiguren der Gesellschaft auseinander, rückt diese ins Licht der Kamera und lässt all ihre Hoffnungen und Träume sichtbar werden. Dabei präsentiert er den sozialen Rand nicht als düsteres Moloch, in dem der Mensch des Menschen Wolf ist, sondern als utopischen Raum, in dem unterschiedliche Menschen zusammenfinden, sich miteinander solidarisieren und eine Gesellschaftsordnung neben der bestehenden Ordnung schaffen, die diese in vielerlei Hinsicht, vor allem aber aus humanistischer Perspektive, überfügelt. Dass seine Filme dabei eine gewisse Repetition aufweisen? Geschenkt. So lange Meisterwerke wie Der Mann ohne Vergangenheit oder zuletzt Le Havre dabei herauskommen, kann man gut und gerne darüber hinwegsehen. In letzterem hatte er sich schon zu Beginn des Jahrzehnts mit der Flüchtlingsthematik auseinandergesetzt, zu einer Zeit als das Thema bei weitem noch nicht so sehr im Fokus des öffentlichen Diskurses stand wie heute. Insofern macht es Sinn, dass er sich in seinem jüngsten Film – Die andere Seite der Hoffnung (2017) – noch einmal dezidiert mit des selben Themas annimmt; wieder am Rand der Gesellschaft, wieder mit trockenem Humor, wieder mit einer Kombination aus Romantik und Augenzwinkern. Kann die Kaurismäki’sche Formel auch noch 2017 im Angesicht von Flüchtlingskrisen, erstarkendem Rechtspopulismus und gesellschaftlicher Spaltung funktionieren?

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Frank (2014) – Eine Ode an die experimentelle Musik

Die Bühne ist ebenso düster wie die ersten musikalischen Töne, die auf ihr erklingen. Wir sehen vier Gestalten versteckt hinter einer grotesken Maskierung: Schwarze, enge Masken, die über das ganze Gesicht gezogen sind, riesige Pupillen, die den gesamten Kopf verdecken… ebenso grotesk wie die Maskierung sind die Bewegungen ihrer Träger; irgendwie hypnotisierend, irgendwie abstoßend… ebenso grotesk wie die Bewegungen ist auch die Musik, die sich während dieser Performance entwickelt: Experimentell, avantgardistisch, schwer verdaulich, wie ein Monolith aus Genialität und Kakophonie. Die Experimentalband The Residents zum ersten Mal zu sehen, ist – wie man es auch deutet – ein Ereignis. Vielleicht eines der positiven, vielleicht eines der negativen Sorte, aber auf jeden Fall ein Ereignis, das man nicht so schnell vergisst. Und so ist es mit vielen Experimentalbands, denen ihr Auftreten und ihre Performance ebenso wichtig sind wie ihre Musik. Sie erschaffen besondere Erlebnisse, treffen in die Nische zwischen hoher Kunst und Dilettantismus und sind als Schöpfer immer gleichrangig mit ihrer Schöpfung. Die britische Indie Tragikomödie Frank (2014) von Lenny Abrahamson ist eine tiefe Verbeugung vor dieser Art von Band: Vor ihrem Schaffen, vor ihrer Kunst, vor ihrer Außenwirkung, aber auch vor ihren Macken, vor ihrem Narzissmus und ihrem vielfältigen Scheitern.

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Die besten Filme 2014: Force Majeure – Höhere Gewalt, traditionelle und dekonstruierte Rollenbilder

Gott oh Gott, wo sind wir da nur reingeraten! Wir hätten ja eigentlich ahnen müssen, als die Dekonstruktivisten und Postmodernen sich auf den Feminismus, die Geschlechtstheorie und Sexualitätsforschung gestürzt haben, dass da nichts gutes dabei rauskommen kann. Spätestens als dann Judith Butler um die Ecke kam und die Binarität der Geschlechter rundheraus in Frage stellte, war Hopfen und Malz verloren. Und wo sind wir jetzt gelandet? Keine klaren Kategorien mehr, Jungs die rosa tragen und mit Einhörnern kuscheln, Mädchen in Jeans mit kurzen Haaren, die sich an der Weltrettung versuchen… und dazwischen ein Haufen armer, alter, weißer Männer, die jeden Tag weiter unter die Räder kommen. Geschlechterkategorien wurden gesprengt und werden wohl nie wieder zu retten sein. Goodbye, holde Weiblichkeit, goodbye kraftstrotzende Männlichkeit, hallo du postmoderne Dystopie für jeden binär denkenden, auf feste Rollenmuster stehenden Menschen. Gibt es noch Hoffnung für die Frauen, die einfach nur gerettet und vom maskulinen Prinz auf einem Pferd davon getragen werden wollen? Gibt es noch Hoffnung für die Männer, die ganz klassisch ihre Männlichkeit beweisen, indem sie ihrer Angebeteten die Welt vor die Füße legen und ihr anschließend so viel Sicherheit geben, dass sie nicht mehr für sich selbst denken muss? Vielleicht. Vielleicht braucht es nur eine kleine Katastrophe, ein wenig Höhere Gewalt (2014), um auf diese Grundbedürfnisse aufmerksam zu machen und die überlebenswichtige Grundordnung wieder herzustellen… vielleicht aber auch nicht.

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Die besten Filme 2012 – Frances Ha von Greta Gerwig und Noah Baumbach

Es gab ein – filmhistorisch betrachtet relativ kleines – Zeitfenster, in dem schwarzweiße Bilder so etwas wie ein Aushängeschild des gehobenen Independentkinos waren. Gemeint ist die Zeit der mittleren bis späten 80er bis weit in die 90er Jahre hinein. Eine Zeit, in der der Schwarzweißfilm im Mainstreamkino keine Rolle mehr spielte und entweder sehr bewusst als ästhetisches Stilmittel im Arthaus eingesetzt wurde oder eben in genannten Indie-Produktionen. Im Gegensatz zum Arthaus handelte es sich bei jenen Filmen jedoch nicht um eine ästhetische sondern meist eine budgettechnische Entscheidung. Bevor der digitale Film herausragende Kameras auch für unabhängige Produktionen erschwinglich machte, mussten die Regisseurinnen und Regisseure ohne großes Studio im Rücken gezwungenermaßen technische Abstriche machen. Und wer gute Bilder über den Low Budget Film hinaus produzieren wollte, machte diese Abstriche dann meist im Bezug auf die Farbe. Im Grunde genommen wusste man damals als Kinogänger bereits, wenn man einen Indiefilm in schwarzweiß sah, dass sich der Regisseur Gedanken gemacht hatte, wie er seine Vision mit seinem schmalen Geldbeutel am besten auf die Leinwand bringen konnte: Jim Jarmuschs Down by Law (1986), Kevin Smiths Clerks (1994) oder Christopher Nolans Following (1998) dürften zu den retrospektiv bekannteren Werken dieser Ära gehören. Wenn ein Indieflick jüngeren Datums auf dieses Stilmittel setzt, besteht schnell die Gefahr, dass dies prätentiös wirkt, versucht es doch einen aus Notwendigkeit geborenen Charakter des klassischen Indiekinos zum bewussten Stilmittel zu erklären und sich mit Einsatz dieses Stilmittels selbst bei den Ahnen einzureihen. Um das gleich vorwegzuschicken: Dies ist bei Greta Gerwigs und Noah Baumbachs gemeinsamen Projekt Frances Ha (2012) nicht der Fall, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Geschichte um die umtriebige wie phlegmatische Frances durch und durch eine Reminiszenz an das unabhängige Slackerkino der 90er Jahre darstellt, dabei aber äußerst charmant dessen Prototypen und Stereotypen auf die Generation der Millennials überträgt.

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Klassiker des selbstreflexiven Kinos: Francois Truffauts „Die amerikanische Nacht” (1973)

Francois Truffaut gehörte schon immer zu den Leichtgewichten der Nouvelle Vague. Wenn ein Louis Malle bei „Die Liebenden“ eine Dreiecksbeziehung in eine schwere Tragödie münden und am Ende die wahre Liebe in einem pathetischen Ausklang gewinnen lässt, inszeniert Truffaut seine Menage a Trois in „Jules und Jim“ als leichtfüßige Tragikomödie mit viel Savoir Vivre. Wo bei Jean-Luc Godard sich surreale Phantastereien ihren Weg bahnen und das Kino gar für tot erklärt wird, da macht Truffaut keinen Hehl aus seiner Begeisterung für amerikanische Vorbilder und generiert liebevolle Komödien wie „Schießen sie auf den Pianisten“ und Appelle an die Menschlichkeit wie „Der Wolfsjunge“ . Truffaut ist das warmherzige Epizentrum des avantgardistischen Kinos aus Frankreich… und dann gibt es auch noch Eine amerikanische Nacht (1973), den selbstreflexiven, leichtfüßigen Kontrapunkt zu Godards Le meprís und eine Liebeserklärung an das Kino und seine Schaffenden an und für sich.

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