Die besten Komödien der 90er Jahre I: Parodien, Spoofs und Persiflagen

Langsam kommen wir schon zu den Hauptkategorien, was allerdings noch nicht viel zu heißen hat. Denn auch hier tummeln sich haufenweise Subgenres und Nebenkategorien… wie zum Beispiel Parodien und Persiflagen, die bei den Komödien eine gewisse Sonderstellung einnehmen: Meistens mit einer hohen Gagdichte, mit mindestens einer großen Referenz; nebenher vielen  kleinen Filmzitaten… Und eigentlich fast immer vollkommen Over The Top, absurd und ohne Rücksicht auf die Realität. ZAZ haben es in den 80ern vorgemacht – und auch in den 90ern so manchen Treffer gelandet. Here they come, ein ganzer Sack voll komischer Metafilme. Nach dem Klick…

Hot Shots! [Jim Abrahams]

(USA 1991)

Mit Hot Shots! hat Jim Abrahams das Parodieprinzip zu Beginn der 90er auf ein neues Level gehoben. Waren zuvor die parodierten Vorlagen in Filmen wie Airplane! noch recht überschaubar und beschränkten sie sich meist auf ein Genre, wird hier aus dem Vollen geschöpft: Der Mit dem Wolf tanzt, Superman, 9½ Wochen, Die fabelhaften Baker Boys… und noch einiges mehr auf einem grundsoliden Top Gun Fundament. Vollkommen zurecht wurde Hot Shots! auch als die Mutter aller Filme beworben. Was hier an kleinen und großen Persiflagen aufgefahren wird, ist ein Fest für alle Filmgeeks und Kinonerds. Aber auch darüber hinaus ist Hot Shots! Dank seiner stimmigen Mischung aus Slapstick, absurdem Gaga-Humor und vielfach zu entdeckenden Hintergrund-Gags (unbedingt mehrmals ansehen!) eine herausragende Komödie, die dem Zucker/Abrahams-Prinzip (mindestens drei Pointen pro Minute) vollends gerecht wird.

 

Hot Shots! Der zweite Versuch [Jim Abrahams]

(USA 1993)

Bei dem großen Erfolg von Hot Shots! war eine Fortsetzung nur logisch: Der zweite Versuch geht weg vom Flightmovie und stürzt sich direkt in den Krieg. Vor allem Rambo 2 und 3 werden hier  permanent auf die Schippe genommen. Dazwischen rutschen noch Casablanca, Basic Instinct, Apocalypse Now (Mit einem denkwürdigen Cameo von Charlie Sheens Vater Martin Sheen), Star Wars und Terminator 2. Hot Shots! Part Deux zeigt keine Ermüdungserscheinungen, protzt mit einer ungeheuren Gagdichte, noch mehr Filmpersiflagen und zeigt allen langweiligen und nervigen Epigonen der 00er Jahre wo der Hammer hängt. Eine perfekte Komödie zwischen cineastischem Puzzle, lautem Gaga Humor, deftigen Zoten und ganz ganz viel Blödsinn.

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Die nackte Kanone 2½ [David Zucker]

(USA 1991)

Freunden, Kollegen und Brüder im Geiste von Jim Abrahams sind die Zucker-Brüder, für deren Naked Gun Saga er das Skript schrieb. Und auch wenn der zweiten Teil rund um Frank Drebin nicht ganz an das 80er Original heranreicht, ist er immer noch eine geniale, irrwitzige und oft genug mehr als dämliche Komödie. Im Gegensatz zu Hot Shots! sind die persiflierten Filme nicht ganz so zahlreich: Auf dem Fundament der klassischen Polizeiserien-Verarsche werden unter anderem E.T., Ghost – Nachricht von Sam und Casblanca veralbert. Weitaus stärker steht bei dem bekloppten Polizisten allerdings der wilde Slapstickhumor im Vordergrund, der sich bar jeder Vernunft entwickelt und dem Geschehen mehr als einmal eine fast schon surreale Note gibt. Auch hier stimmt die Gagdichte. Und selbst wenn nur 50 – 70% aller Gags zünden, kann man doch noch mehr als einmal pro Minute lachen ZAZ eben. Genial, doof, doofgenial!

Robin Hood – Helden in Strumpfhosen [Mel Brooks]

(USA 1993)

Nachdem er in den 80ern schon mit der Star Wars Parodie Spaceballs Spaß hatte, durfte Mel Brooks die 90er ebenfalls unsicher machen, diesmal mit seiner vollkommen Over The Top Robin Hood Persiflage „Men in Tights“. Ähnlich wie Zucker und Abrahams setzt auch der Meister des absurden Humors auf eine ungeheure Gagdichte, viel übersteuerten surrealen Blödsinn und die ein oder andere Filmverballhornung. Neben dem großen „Vorbild“ König der Diebe (Hier gibts übrigens eine wunderbare Anspielung auf Kevin Costners grauenhaften Akzent, die der deutschen Synchro zum Opfer fiel) finden sich hier noch Der Pate, Kevin allein zu Haus und Malcom X ein. Daneben gibt es ein paar locker eingestreute Metaebenen, viel dämlichen Nonsens, noch mehr großartigen Nonsens und zahlreiche Albernheiten jenseits von Gut und Böse.

Austin Powers [Jay Roach]

(USA 1997)

Yeah! Ein Mashup von James Bond und Flower Power ist an und für sich ja erst einmal eine vollkommen bescheuerte Idee. Spätestens wenn Mike Myers als Austin Powers dann aber zum ersten Mal über den Bildschirm …ähmm… groovt, ist klar, dass diese Mischung nur aufgehen kann. Die irrwitzige Komödie Austin Powers ist eine tolldreiste Agentenfilmparodie, die weder ihr Sujet noch ihre Protagonisten noch sich selbst auch nur in einer Minute ernst nimmt. Stattdessen türmen sich die absurden und grotesken Gags übereinander, stattdessen wird munter aus dem Thriller- und Heistfundus zitiert und ein skurriles Over The Top Schauspiel aufgefahren. Im Gegensatz zu den ZAZ Filmen referiert der International Man of Mystery weniger direkt und übt sich eher in subtilen Filmzitaten. Daher vielleicht sogar das spannendere, anspruchsvollere Suchspiel für Cineasten, in erster Linie aber auch natürlich eine vollkommen überdrehte, kaputte Komödie.

Mars Attacks! [Tim Burton]

(USA 1996)

Wo wir gerade bei subtilen Referenzen sind… Die B-Movie-Hommage Mars Attacks! von Tim Burton sticht schon ein wenig heraus aus dieser Sammlung an Pointenkloppern und Sekundenlachern. Burton verneigt sich mit Mars Attacks! tief vor dem Science Fiction Exploitation Kino der 50er Jahre, nur um dies im nächsten Moment genüsslich durch den Kakao zu ziehen. Konkrete Filmzitate gibt es dabei eher weniger, stattdessen aber wunderbare ästhetische Spielereien, geniale satirische Einfälle und herrlich überzeichnete Reißbrettfiguren. Auch ist die Pointendichte bei weitem nicht so hoch wie bei den anderen hier genannten Filmen… und ja… Mars Attacks! hatte es nie leicht bei Kritik und Publikum. Und das liegt vor allem daran, dass er sich scheinbar(!) zu ernst nimmt: Im Gegensatz zu anderen Parodien erzählt Burtonmit dem Angriff der Marsianer tatsächlich eine Geschichte, inklusive rotem Faden und Spannungsbogen. Und diese ist… naja… trashy, over the Top, unglaubwürdig… eben genau wie die zitierten Vorbilder. Das Problem von Mars Attacks! ist, dass er fast schon zu chiffriert persifliert, dass er sich vordergründig als alberne Science Fiction Komödie gibt, dass er zahllose Inszenierungsmängel beinhaltet…. die allerdings perfekt den Geist der Vorlagen einfangen und damit genau ins Schwarze treffen. Vielleicht die Anspruchsvollste der hier genannten Persiflagen und zudem ein Film dem viel Unrecht getan wurde. Das ist doof, hat nen merkwürdigen Rhythmus und da passiert so wenig…? Das muss so sein!

Galaxy Quest [Dean Parisot]

(USA 1999)

Und noch so ein Film, der ein wenig aus der Reihe tanzt… Genau genommen ist Galaxy Quest keine klassische Parodie im ZAZ oder Mel Brooks Stil. Dafür steht die eigentliche Story viel zu gleichberechtigt neben den Gags, dafür gibt es zu wenig absurde Aufbrechungen des Geschehens, dafür wird die Metaebene viel zu stark reflektiert. Und dennoch funktioniert diese spannende und temporeiche Science Fiction Komödie hervorragend als liebevolle Parodie beziehungsweise gehässige  Hommage an Star Trek und Konsorten. Galaxy Quest nimmt sich, seine Protagonisten und die Haupthandlung zwar ernst, dies hält ihn allerdings nicht davon ab, Klischees und Dummheiten der SciFi-Klassiker perfekt pointiert durch den Kakao zu ziehen. Allein die ersten zwanzig Minuten Convention – inklusive fanatischen Fans und genervten Altdarstellern – sind pures Gold wert. Eine gelungene Science Fiction Komödie, die auch als Genreverballhornung und Meta-Comedy zu überzeugen weiß.

Loaded Weapon [Gene Quintano]

(USA 1993)

Okay… eine klassische Parodie im Geiste Zucker / Abrahams haben wir noch. Und die ist… naja… sehr speziell. Die Verarschung von Lethal Weapon, angereichert mit Verballhornungen von Das Schweigen der Lämmer über Stirb Langsam bis hin zu Waynes World ist blöd. Das steht außer Frage. Total blöd. So blöd, dass der Film von der Kritik vernichtend abgestraft wurde, dass er es selbst auf der Hot Shots! Erfolgswelle schwer hatte… Er ist dämlich, oft genug – viel zu oft unlustig – bescheuert und dabei irgendwie so… Ahhhh! Verdammt nochmal, dieser Film ist so dämlich, dass er schon wieder Spaß macht. Er nimmt weder seine Vorbilder noch sich selbst ernst. Er badet tief in Slapstick und Nonsens, er kämpft mit unfairen Mitteln gegen sein Publikum, reizt jeden Witz aus, stolpert von Pointe zu Pointe… und diese fangen irgendwann tatsächlich an zu sitzen. Loaded Weapon ist mitunter schreiend komisch, gerade mit seinem aggressiven Humor unnachgiebig. Erinnert ihr euch an den lauten Klassenclown, über dessen Witze niemand so recht lachen wollte. Genau ein solcher Klassenclown ist Loaded Weapon. Und ich kann über seine blöden Witze vorzüglich lachen… vielleicht auch nur über ihn selbst. Aber was macht das schon?

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Erstveröffentlichung: 2011