Die besten Komödien der 80er Jahre II

Comedy gehört zu jenen Genres, die am schlechtesten altern. Vielleicht ist es sogar das Genre überhaupt, an dem der Zahn der Zeit am meisten nagt: Nicht Science Fiction (was naheliegend wäre), nicht Fantasy und auch nicht die großen Dramen. Nein, die Komödien sind es, die über die Jahrzehnte immer mehr an Wirk- und Strahlkraft verlieren. Was die eine Generation noch urkomisch fand, lässt womöglich bereits die kommende Generation mit der Nase rümpfen. Und selbst unser persönliches, ganz eigenes Humorverständnis ändert sich mit dem Lauf der Zeit. Bei den kontroversen Filmen der 80er Jahre habe ich bereits über die Problematik der Kontroverse und der Polarisierung a posteriori gesprochen, aber so extrem muss es gar nicht kommen. Oft reicht es, dass die Komödien vergangener Zeiten in der Retrospektive wie die schlechten Witze des einen Onkels wirken, der auf Familienfesten immer zu laut und zu angestrengt witzig war und für dessen Pointen man ein paar Jahre später nur noch ein Kopfschütteln übrig hat. Umso beeindruckender ist es, wenn eine Komödie mal zeitlos wirkt oder gar dreißig Jahre später noch zum Schmunzeln und Lachen verführen kann. Die Filme hier können das alle auf die ein oder andere Weise: Als schwarzhumorige Spiegel der damaligen Gesellschaft (Die Zeit nach Mitternacht) oder Medienlandschaft (Ginger und Fred), als Mockumentary-Klassiker (Zelig), als ohnehin aus der Zeit Gefallene (Zwei hinreißend verdorbene Schurken) oder schlicht und ergreifend als zeitlose, universelle tragikomische Parabeln (Sein oder Nichtsein). Vielleicht bleiben heute ein paar mehr Augen trocken, großartige Unterhaltung sind die hier versammelten Komödien aber immer noch.

Die Zeit nach Mitternacht [Martin Scorsese]

(USA 1985)

Zur Hälfte groteske Komödie zur Hälfte kafkaesker Alptraum ist Martin Scorseses After Hours ein verrücktes Diorama des städtischen Lebens nach Mitternacht. Dabei gelingt es dem New Hollywood Veteran auf beeindruckende Weise zwischen lustiger Katastrophenabfolge und absurder Abwärtsspirale zu pendeln, bis der Film dann in seinem letzten Drittel vollends in zweiteres abdriftet. Das ist dann auch schon mehr als eine nachtschwarze Komödie und verwandelt sich bei aller Komik zum soliden Horrortrip, mit akzentuierter gesellschaftskritischer Schlusspointe. Ein herrlicher Abgesang auf eine chaotische Zeit, der 1985 produziert perfekt in die Mitte der Dekade passt.

Zelig [Woody Allen]

(USA 1983)

Gott sei Dank: Ein Woody Allen Film, bei dessen Besprechung man nicht über Woody Allen reden muss: Zelig sticht nämlich durch etwas anderes als seinen – sagen wir mal exzentrischen – Regisseur hervor: Durch sein Genre. Zelig ist wohl eine der raffiniertesten Mockumentaries der Filmgeschichte, und das wohlgemerkt in einer Zeit, in der das Genre kaum bekannt und kaum genutzt wurde. Anhand der Dokumentation eines – mal mehr mal weniger freiwilligen – Trickbetrügers (natürlich gespielt von Woody Allen selbst) zeichnet Zelig ein makaberes Zeitporträt des frühen 20. Jahrhunderts und labt sich an einem wilden Ritt durch alle Klassen und gesellschaftlichen Schichten: Vom kleinen Mann der Straße über die High Society durch das Gangstermillieu bis hin zur politischen Elite autoritärer Regimes. Dabei findet die falsche Dokumentation stets den richtigen Ton zwischen Tragik und Komik, zwischen Karikatur und Realismus, Satire und Groteske. Ein ganz und gar fantastischer Scherz.

Zwei hinreißend verdorbene Schurken [Frank Oz]

(USA 1988)

Manchmal können Remakes auch einfach besser sein als ihre Vorlage. Dies gelingt dem hinreißenden Ganovenstück Dirty Rotten Scoundrels, ein Remake der Marlon Brando Komödie Bedtime Story (1964) überraschend und ausgesprochen gut. Und das liegt in erster Linie an drei Namen: Frank Oz, Michael Caine und Steve Martin. Großartiger Geschichtenerzähler trifft auf großartigen Charakterdarsteller trifft auf großartigen Comedian. Heraus kommt ein herrliches Lausbubenstück, ein kleiner filmischer Streich, der sich nie allzu ernst nimmt und Comedy, Heist-Krimi und Buddy Movie zu einer eleganten Mischung verbindet. Im besten Sinne des Wortes altmodisch, aus der Zeit gefallen und nostalgisch und genau dadurch zeitlose Unterhaltung.

Sein oder Nichtsein [Alan Johnson]

(USA 1983)

Remakes von herausragenden Filmen sind immer so eine gefährliche Sache. Man will ja nicht zu viel kopieren, will sich aber auch nicht aufschwingen, besser als das Original zu sein, und trotzdem will man einen Film abliefern, der der Vorlage gerecht wird. Im Remake des gleichnamigen Ernst Lubitsch Films To be or not to be (1942) liefert Komödienveteran Mel Brooks zusammen mit seinem Choreographen Alan Johnson (hier in seinem Regiedebüt) diesbezüglich einen absolut soliden Job ab. Mehr noch, es gelingt ihm, das skurrile und absurde Moment des Originals überzubetonen und dadurch den eigentlich tragikomischen Stoff, der zur Zeit der nationalsozialistischen Besetzung Polens spielt, in eine waschechte Komödie zu verwandeln. Das mag dann vielen Freunden des Originals gegen den Strich gehen, andererseits erhält so auch das Remake seine Existenzberechtigung, die über eine bloße Verbeugung vor dem Klassiker hinausgeht. Brooks ist hier ganz in seinem Element, badet in Skurrilitäten, vergisst aber nie, wo sein Stoff herkommt und in welche großen Fußstapfen er bei der Inszenierung treten muss. Das Ergebnis ist fast auf Augenhöhe des Originals (nur von einer anderen Seite blickend) und darüber hinaus ein kleines Komödienjuwel für sich selbst.

Über das Original aus dem Jahre 1942 und den Vergleich zur 83er Version haben wir auch in unserem Podcast gesprochen.

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Ginger und Fred [Federico Fellini]

(Italien 1986)

Es ist kein Geheimnis, dass viele europäische Arthausregisseure dem Fernsehmarkt und vor allem dem TV-Massenmarkt äußerst kritisch gegenüberstanden. In seinem Spätwerk Ginger und Fred darf Regielegende Federico Fellini (Achteinhalb, La Strada) ein letztes Mal so bitterböse gegen die Fernsehunterhaltung schießen, wie es nur möglich ist. Und davon macht er ordentlich Gebrauch: Flankiert von absurden Werbespots, absurden Entertainmentversatzstücken und grotesken Showeinlagen erzählt diese Satire von einem alt gewordenen Tanzpaar (nicht die wahren Ginger Rogers und Fred Astaire), das sich ein letztes Mal in einer tolldreisten Fernsehshow behaupten soll. Das Ergebnis ist ein irres TV-Panoptikum und eine äußerst treffsichere Karikatur des postmodernen Showbusiness. Auch ein bisschen mit einem weinenden Auge, in erster Linie aber mit viel Spott, Gehässigkeit und Gift und Galle.

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