Die besten Filme der 80er Jahre: Die Reise ins Ich

Beim Wühlen durch mein Text-Archiv bin ich auf eine kleine Rezension gestoßen, die noch aus Popcultures-Zeiten stammt, die sich als Abschluss der 80er Action-Retrospektive aber auf jeden Fall gut eignet. Es geht um einen meiner liebsten 80er Jahre Filme, Die Reise ins Ich, den ich tatsächlich als Kind schon geliebt habe und der mir mit der Zeit erst peu à peu offenbart hat, wie viele Skurrilitäten und makabere Anspielungen in ihm stecken. Nur logisch, dass ich ihn vor einigen Jahren ordentlich textuell abgefeiert habe. Und auch wenn die folgende Rezension keine tiefgreifende Analyse, keinen besonderen Interpretationstwist und keine kritischen Gedanken bereithält, ist sie doch ein ganz schönes Dokument dafür, wie sehr ich die klassischen Blockbuster liebe, einfach, weil sie weitaus mehr Herz, Verstand und vor allem Mut besitzen als so mancher aktueller Hollywood-Schinken: Es folgt der Text von vor ungefähr fünf Jahren, nur leicht korrigiert, ich stehe aber nach wie vor 100% hinter jedem Begeisterungsschwall, der in ihm wohnt:

Regisseur Joe Dante dürfte spätestens seit den knuddelig-mörderischen Gremlins zu den angesehensten B-Film-Regisseuren der 80er Jahre zählen. Ein großer Verdienst von ihm ist es insbesondere, dass er trotz seiner Arbeit fürs Hollywood-Action- und Comedykino nie die Freude an skurrilen Handlungen und Personen verloren hat, mehr noch, dass er seinen Filmen immer den gewissen Funken Originalität gibt, der sie von anderen Popcorn-Produktionen abhebt. Damit schaffte er es zwar nie zum angesehenen Genre-Regisseur, und auch ein Ruf wie ihn ein Genius wie Terry Gilliam besitzt, blieb ihm bis heute verwehrt, aber immerhin gelang es ihm kleine Perlen zu zaubern, so wie die bissige Vorstadt-Satire „Meine teuflischen Nachbarn“, die schon erwähnten Knuddelmonster oder eben den Actionkracher Die Reise ins Ich, ein Quasi-Remake des Fantasyfilms „Eine phantastische Reise“, ausgestattet mit allen technischen Möglichkeiten der späten 80er und mit einer Menge bissigem Humor, halsbrecherischer Action und absurden Situationen ausgestattet.

Tuck Pendleton (Dennis Quaid) war früher ein angesehener US-Navy-Pilot, doch sein ausschweifendes Leben zwischen Alkohol und diversen Liebschaften ließ ihn nicht nur seinen Job verlieren, sondern vergraulte auch seine Freundin Lydia Maxwell (Meg Ryan, süß wie immer aber mitunter überraschend knallhart). In dieser misslichen Lage heuert er gezwungenermaßen als Pilot für ein gewagtes Experiment an: Tuck soll auf mikroskopische Größe geschrumpft und in den Körper eines Kaninchen injiziert werden, um dort diverse Forschungsarbeiten vorzunehmen. Als der geschrumpfte Pilot bereits in seiner Spritze auf den Beginn der Reise wartet, wird das Labor jedoch von einem brutalen Konkurrenzunternehmen unter Führung der eiskalten Femme Fatale Dr. Margaret Canker (Fiona Lewis) überfallen. Im Trubel dieses Geschehens wird Tuck in die Blutbahn des paranoiden, hypochondrischen und von Selbstzweifeln geplagten Supermarktkassierers Jack Putter (irre komisch: Martin Short) injiziert. Da Tuck um sein Leben zu retten den Rückvergrößerungschip braucht, der sich in den Händen der Verbrecher befindet, bringt er den widerspenstigen Jack dazu ihm zu helfen und sie geraten so in ein chaotisches Abenteuer.

War der Handlungsort in der phantastischen Reise noch primär die Blutbahn, bzw. der Körper der Person, in der sich die Forscher bewegten, so stoßen hier gleich zwei Szenarien aufeinander. Während die Reise Tucks durch Jacks Blutbahnen und Wahrnehmungsorgane mit phantastischen, organischen Bildern aufwartet, spielt sich das eigentliche Geschehen außerhalb des menschlichen Körpers ab. Und diese Geschichte hat es wirklich in sich: Ein irrwitziger Genre-Mix aus Action, Komödie, Science Fiction und High Tech-Thriller. Obwohl sie quasi nie zusammen im Bild zu sehen sind, geben Dennis Quaid und Martin Short ein hervorragendes Team ab. Nachdem sich Tuck mit dem Gehör von Jack verbunden hat, häufen sich die gewitzten Schlagabtausche, die irren Dialoge und die ständigen Anfeuerungen des selbstbewussten Tucks, der versucht aus dem nervösen Jack einen echten Helden zu machen. Neben dieser Buddy-Movie-Komponente liefert der Film gleich einen ganzen Haufen rasanter Szenen. So gibt es nicht nur die klassischen Action-Film-Trademarks wie Verfolgungsjagden, Kämpfe, Explosionen und Schusswechsel zu bestaunen sondern auch eine ganze Reihe irrwitziger Situationen.

Da wäre z.B. der ominöse Cowboy, ein Schmuggler und Hehler, kongenial überzeichnet verkörpert von Robert Picardo, der dieser Figur genau die passende anachronistische und hedonistische Überzeichnung gibt. Da wäre der Haupthandlanger der Bösewichter, der mit Beißerchen in bester James Bond Manier ausgestattet ist und seine Armprothese gerne mal durch Pistolen, Flammenwerfer, Klingenwaffen oder Dildos ersetzt. Da wären die durchgeknallten Wissenschaftler, die das Schrumpfprojekt überwachen, da wäre die zuckersüße und knallharte Meg Ryan, die Jack nicht nur hilft an den Chip zu kommen, sondern sich auch noch Hals über Kopf in seine Worte (die ihm von ihrem Ex-Freund ins Ohr diktiert werden) verliebt, da wären diverse Schrumpf-Aktionen, Slapstick-Szenen und und und…

Denn „Die Reise ins Ich“ ist tatsächlich im besten Sinne des Wortes vollgepackt, mit allem was einen vergnüglichen Kino-Abend ausmacht. Natürlich herrscht hier Schwarz-Weiß-Malung vor, natürlich ist die Geschichte ziemlich eindimensional und mitunter haarsträubend unlogisch und natürlich ist das Geschehen mitunter viel zu überladen und überzeichnet, aber dieser Film macht verdammt nochmal verdammt viel Spaß. Man ist fast gewillt ein paar nostalgische Wehmutstränen zu vergießen, denn diese kleine Actionfantasy-Perle scheint aus einer Zeit zu stammen, in der auch im Popcorn-Kino Spaß und Leidenschaft noch an erster Stelle stand. Schaut man sich dagegen die tristen Effektorgien eines „Fluch der Karibik“ an, wirken diese trotz der besseren Effekte, bunteren Ausstattung und des höheren Budgets wie lieblose Dutzendware von der Stange im Vergleich zu diesem bunten, durchdachten und vollblütigen Leinwandspektakel. Jeder, der auch nur ein bisschen Freude an knackigen Actionkomödien, derber Situationskomik und fantastischen Geschichten hat, sollte sich diesen Film schnellstens zu Gemüte führen. Action-Kino vom feinsten und für Genre-Fans absolutes Pflichtprogramm.

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Erstveröffentlichung: 2015