Die besten Science Fiction Filme der 80er Jahre III

Falls jemand noch auf einen Artikel wartet, der sich mit nur einer Spielart des 80er Jahre Science Fiction beschäftigt… Dieser wird nicht mehr kommen. Auch im dritten Teil gibt es einen munteren Sprung durch alle Spielarten und Abarten des Genres: Philosophisch Abstraktes in Ridley Scotts Blade Runner, noch Philosophischeres und Abstrakteres und vor allem Dystpopischeres in Lars von Triers Filmdebüt The Element of Crime, trashig angehauchte Unterhaltung im putzig naiven Zeitreise-Fantasy Hybriden Das Philadelphia Experiment, großes Space Opera Kino in Teil 2 5 der Star Wars Saga, Das Imperium schlägt zurück und gehässige Endzeitfantasien, mal satirisch, mal actionreich in Mad Max II und Robocop. Und damit genug der einleitenden Worte: Die Vergangenheit der Zukunft und die Zukunft der Vergangenheit warten.

The Element of Crime [Lars von Trier]

(Dänemark, 1984)

Brocken… anders kann man den Erstling Lars von Triers (und gleichzeitig ersten Teil dessen Europa-Trilogie) nicht bezeichnen. Das düstere Post-Noir-Werk The Element of Crime mäandert verstörend zwischen Dystopie, kafkaesker Science Fiction, Psychothriller und hypnotischem Alptraum in höllischen, irrealen Sepia-Tönen. In einer von sich selbst verseuchten, ausweglosen Stadt fahndet ein Polizist nach einem Serienmörder und nutzt die Identifikation mit diesem, um seine Identität zu verschlüsseln… bis er schließlich sukzessive selbst zum Verbrecher wird. So viel zur Oberfläche: Was sich dahinter, davor und drum herum abspielt ist ein wahnwitziger eklektischer Trip zwischen Tarkowski, Lynch, Kafka und Orwell: The Element of Crime wühlt sich durch die Symbolismen des Noir und der Dystopie, umgibt sich mit eskapistischen Schwarztönen, verliert sich in der eigenen ästhetizistischen, subversiven Bildverliebtheit und ertrinkt im kryptischen Anspruch seiner Dramaturgie: Ein kontroverser, brisanter, manchmal auch all zu selbstverliebt konspirativer Höllentrip, aus dem das ganze Talent und die ganze Exzentrik Lars von Triers bereits zu Tage treten.

Das Philadelphia Experiment [Stewart Raffill]

(USA, 1984)

Von einem ganz anderen Schlag ist der im besten Sinne des Wortes niedliche Science Fiction Abenteuerfilm Das Philadelphia Experiment, in dem zwei US-Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg unfreiwillig auf eine Zeitreise ins Amerika der 80er Jahre geraten. Ob und wie sie wieder nach Hause in ihre Zeit finden, wird in einem schwungvollen, liebenswerten Hybriden aus Sci-Fi, Action und Verschwörungsthriller erzählt, in dem auch Humor und Romantik nicht zu kurz kommen. Das Philadelphia Experiment gewinnt dabei durch seine unglaublich frische Unbedarftheit, sein herzzerreißend komisches Aufbäumen gegen Ernst und Logik, den in an großartige Science Fiction B-Movies der 50er Jahre erinnern lassen. Klar, das war damals schon irgendwie out of date und ist gerade deswegen so wunderbar zeitlos, charmant und sympathisch. Wie gesagt, ein kleiner, verquerer, immer etwas alberner B-Movie, der aber als nostalgische Zeitreise-Unterhaltung so verdammt gut tut, dass er mit Fug und Recht in jeden 80’s Kanon aufgenommen werden darf.

Blade Runner [Ridley Scott]

(USA, 1982)

Tja… welche Version hätten’s denn gerne? Den Kinofilm von 1982, gekürzt und mit Voice-Over versehen, dadurch stringenter, klarer und an klassische Noir-Filme erinnernd? Oder den Director’s Cut ohne Voice-Over und mit düstererem Ende, dadurch philosophischer, versponnener und abstrakter? Oder doch den zu Beginn dieses Jahrtausends unter kräftiger Mithilfe von Ridley Scott erstellten Final Cut, der der Vision des Regisseurs am nächsten kommt? Zu meiner Schande – und gegen alle Nerd-Direktiven – muss ich gestehen, dass ich die 82er Kinoversion bevorzuge. Auch wenn diese nicht im Sinne Scotts ist und weitaus weniger subversiv als die späteren Versionen daherkommt, passt die Erzählstimme einfach zu perfekt in das dunkle Post-Noir-Szenario, in dem sich ein Detektiv auf die Jagd nach künstlichen Menschen – Replikanten – begibt. Die Mischung aus Cyberpunk, Krimi und philosophischem Dissoziations-Drama ist in der geschliffenen, Blockbuster-Form zwar etwas dünner, bietet aber immer noch reichlich – mehr als genug – Subtexte und begeistert als in sich verlorener, nostalgischer und zugleich endzeitlicher Science Fiction Trip.

Nichts gegen die düstereren Vexierspiel-Versionen, die folgen sollten, aber auch das „Original“ ist bereits ein faszinierendes – im Vergleich zu den „richtigen Cuts“ unterschätztes Meisterwerk, in dem Dystopie, High-Tech, Noir und Humanismus eine offene, anspruchsvolle Melange eingehen, ergänzt durch fantastische, hypnotische Bilderwelten. Aber eigentlich egal… echte Sci-Fi-Nerds sollten ohnehin alle drei Versionen gesehen haben. Das lohnt sich in diesem Fall tatsächlich, denn in jeder einzelnen gibt es andere Schwerpunkte zu verdauen, andere Narrations-Ebenen zu verstehen und bildgewaltige Dramaturgien zu erleben. Nicht nur was die 80er betrifft, kommt jeder Cineast an diesem Meisterwerk nicht vorbei.

Das Imperium schlägt zurück [Irvin Kershner]

(USA, 1980)

Es kann gar nicht oft genug gesagt werden: The Empire Strike Back ist der beste Film der gesamten Star Wars Saga. Punkt. Aus dem fantastischen, mitunter ziemlich naiven Ambiente des ersten Teils Krieg der Sterne (1977) destiliert diese große, große Space Opera den düsteren Kern, etabliert die dunkle Seite endgültig als tragisches Spiegelbild der hellen Seite der Macht, lässt gigantische Weltraum-Schlachten auf kalten Eisplaneten austragen, den zuvor noch glatten Luke Skywalker in der Ausbildung bei (dem damals noch alles andere als niedlichen) Yoda sich selbst verlieren (indem er sich selbst findet) und zerschlägt die Hoffnung, die der Vorgänger noch ausstrahlte mit grimmig inszeniertem Verrat, sci-fi-politischen Paranoia und einem wirklich abgründigem Plot-Twist, bei dem die Fäden aller späteren Filme – die das früher erzählen – zurecht gesponnen werden. Klar, Star Wars V ist immer noch ein Blockbuster der Marke George Lucas, ein großes Science Fiction Epos, gewaltig inszeniert, pathetisch, komisch, romantisch, actionreich… und dennoch, wie in keinem anderen Teil der Saga besitzt dieser Klassiker einen düsteren, apokalyptischen Kern, der erst durch die Ewoks in der Fortsetzung erfolgreich weggeknuddelt werden konnte.

Mad Max II – Der Vollstrecker [George Miller]

(Australien, 1981)

Endzeitfilme sind einfach großartig… Endzeitfilme der 80er Jahre meistens jedoch stümperhafte B-Movie-Produktionen… und das ist dann halt ihre Blaupause, ein gottverdammtes Meisterwerk. Vollkommen unbeeindruckt von den Geschehnissen aus Teil 1 Mad Max (1979) inszeniert dieser dreckige, gemeine Bastard von einem apokalyptischen Actionfilm seine ganz eigene Zukunftsversion: Brutal, zynisch, gehässig, psychedelisch, schrill und vor allem waghalsig temporeich und laut. Gesprochen wird nicht viel in diesem Reißer, dem es trotz großen Budgets gelingt, wie ein astreiner, auf alle cineastischen Konventionen spuckender Exploitation-Bastard daherzukommen, der sich nicht um Publikum, Marketing oder Befindlichkeiten zu kümmern braucht. Mad Max ist die vergoldete Version des Midnight-Movie Trashs, ein postapokalyptischer Western, in dem große Jungs für kleine Jungs Cowboy und Indianer spielen und dabei über Leichen gehen. Vielleicht sogar der konsequenteste Spätwestern überhaupt und unbedingt sehenswert.

RoboCop [Paul Verhoeven]

(USA, 1987)

Passt. Denn so weit sind Mad Max und RoboCop gar nicht voneinander entfernt. Der düstere Science Fiction Kracher um einen Cop, der nach einem für ihn ungünstig verlaufenden Einsatz aus Metall neu zusammen gebaut wird und sich als Cyberware-Kampfmaschine fortan auf Verbrecherjagd begibt, ist ebenso wie Mad Max eine wüste Mischung aus Science Fiction, Endzeitthriller, Action und vor allem beißend ätzender Gesellschaftskritik. RoboCop lebt geradezu von seinen gehässigen, satirischen Spitzen, sei es auf amerikanisches Konsumverhalten, Law & Order Wahn oder die verzweifelte Suche nach Ikonen und Superhelden. Aber keine Sorge, geschossen, gekämpft und explodiert wird nebenbei auch noch mehr als genug… So ein bisschen Popcorn-Kino für gehässige Menschen mit einer dunklen Seele, und dabei einfach perfektes, dreckiges 80er Jahre Kino, das den 80ern ordentlich gegen das Schienbein tritt.

Ähnliche Artikel

Erstveröffentlichung: 2012