Besser als sein Ruf: Masters of the Universe (1987)

Im Grunde genommen lässt sich die ganze Tragik der Verfilmung von Mattels berühmter Spielzeugreihe und dazugehöriger Zeichentrickserie in einer Erkenntnis zusammenfassen: Es ist unmöglich es nicht falsch zu machen! Wem soll man es auch recht machen? Den Filmkritikern? Klar, die winken schon ab, wenn sie nur von der Idee hören. Den Kindern, die das Spielzeug lieben? Klar, viel Spaß bei der Produktion eines infantilen 90minütigen Werbeclips für Plastikschrott. Den Fantasy-Nerds und Space Opera Fans? Klar, viel Spaß beim Messen mit Star Wars, der unendlichen Geschichte und Star Trek. Nein, zu holen gibt es bei diesem Stoff nicht viel. Kein Wunder also, dass sich Cannon Films der Verfilmung der Spielzeugsaga annahm, eine Produktionsfirma, die in den 80er Jahren vor allem durch Action B-Movies mit Chuck Norris und Charles Bronson auf sich aufmerksam gemacht hatte und folgerichtig keinen Ruf besaß, den sie ruinieren konnte. Als Regisseur wurde der No Name Gary Goddard installiert und die Hauptrolle des He-Man bekam ein hoffnungsvolles Nachwustalent namens Dolph Lundgren, der ein Jahr zuvor als russischer Gegenspieler von Rocky seine Muskelkraft demonstrieren konnte. Dass von da an nichts mehr nicht schief gehen kann, scheint eine ausgemachte Sache zu sein. Doch, Überraschung, Masters of the Universe (1987), Flop an den Kinokassen, Hassobjekt von Kritikern, ist ein unerwartet launischer, unterhaltsamer und ziemlich bombastischer Film.

Auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich mit dem Stoff nicht in die Nesseln zu setzen, gehen Cannon Film einen bequemen, nachvollziehbaren aber zu Ende gedacht ziemlich obskuren Weg. Sie machen aus Masters of the Universe eine „Fish out of Water“-Geschichte, indem sie He-Man (Dolph Lundgren) und seine Gefährten Man-at-Arms (Jon Cypher), Teela (Chelsea Field) und den obligatorischen witzigen Koboldsidekick Gwildor (Billy Barty) in unsere Welt, in unsere – beziehungsweise die damalige – Zeit schicken. Bequem ist der Weg deshalb, weil er alles andere als originell ist und sich gar nicht so viele Jahre zuvor bereits bei Star Trek IV als äußerst publikummagnetisch erwiesen hatte. Bequem und nachvollziehbar auch deshalb, weil man damit eben genau jenes Dilemma umschifft, es Fantasyrecken und Spielzeugfans recht machen zu müssen. Wenn 90% des Films nicht auf Eternia spielen, kann sich kaum jemand darüber beschweren, dass ästhetisch und inszenatorisch die Vorlage nicht getroffen wurde. Außerdem spart es natürlich eine Menge Budget, wenn einfach in den Straßen New Jerseys gedreht werden kann und nicht opulente Fantasykulissen errichtet werden müssen. Obskur ist der Weg vor allem deshalb, weil die beiden Protagonisten der Erdenhandlung zwei Teenager kurz vorm Erwachsenenalter sind, also so weit weg vom He-Man-Zielpublikum, wie es nur irgendwie geht.

Diese beiden Teenager (ein junger Robert Duncan McNeill und eine junge Courtney Cox, die drei Jahre zuvor mit Bruce Springsteen im Dunkeln getanzt hatte) finden den so genannten kosmischen Schlüssel, der es dem Besitzer, der weiß wie dieses magische Instrument zu spielen ist, ermöglicht, durch Raum und Zeit zu reisen. Oberschurke Skeletor (Frank Langella) hatte ihn zuvor genutzt, um Castle Grayskull zu erobern, He-Man hatte ihn zwar kurzfristig zurückgewonnen, auf der Flucht durch Raum und Zeit ist er aber verloren gegangen und eben im New Jersey der 80er Jahre gelandet. Während He-Man und sein Team versuchen, den Schlüssel zu finden, um das Universum zu retten, schickt auch Skeletor seine Söldner auf die Erde. Und so wird der galaktische Kampf zwischen Gut und Böse in den USA der 80er Jahre ausgetragen…

…und das tatsächlich zwischendurch mit ungewöhnlichem Ernst. Wie gesagt, ein wenig obskur ist der Weg schon, den die Produzenten hier gehen. Denn tatsächlich orientiert sich Masters of the Universe in vielen Punkten an klassischen, ernst gemeinsten Science Fiction und Fantasystoffen der damaligen Zeit. Dazu gehört zwar auch ein lustiger Sidekick in Form des Kobolds und Erfinder des kosmischen Schlüssels Gwildor, aber derart humoristische Interludes gab es auch bereits in den Star Wars Filmen zu sehen. Und ähnlich wie in der immer wieder durchscheinenden Inspirationsquelle geht es auch in der He-Man-Saga um viel… verdammt viel. Angepeitscht von dem opulenten Soundtrack Bill Contis (der mit seinem goldenen Händchen für symphonische Klänge bereits die Rockyfilme veredeln durfte) kämpfen Weltraumbösewichte und Weltraumhelden hier einen erstaunlich epischen Kampf um die Zukunft der Galaxie. Gerade weil diese „Masters of the Universe“-Interpretation vieles beiseite liegen lässt, was Spielzeugreihe und Zeichentrickserie auszeichneten, ist sie an vielen Stellen ein angenehm bombastisches Fantasywerk, das gar nicht so schlecht tumbe Barbarenaction mit Weltraum-Gaga und Monsterfantasy kreuzt. Die ironische Selbstreferenz (oder selbstreferenzielle Ironie) kommt dabei allerdings auch nicht zu kurz. So darf das He-Man-Heldenteam bei seiner Ankunft auf der Erde mit Kühen kommunizieren (oder dies zumindest versuchen), über das barbarische Moment des menschlichen Fleischkonsums diskutieren und sich mit einem grimmigen, übereifrigen Polizisten anlegen.

Dieser Detective Lubic wird auf grandiose Weise von James Tolkan verkörpert, bekannt aus der Back to the Future Reihe, und einfach mal ein Schauspieler, der weiß, wie man gekonnt grimmige Autoritätsfiguren verkörpert. Ohnehin, das Schauspiel! Gold wert! Während die zentralen Akteure der He-Man-Truppe, allen voran Dolph Lundgren, noch so spielen, als wüssten sie nicht, was sie in diesem Szenario verloren haben, reißen die anderen Schauspieler den Film aus der B-Movie-Ecke raus. Fantastisch, Frank Langella als cholerischer Skeletor mit dramatischem Bewegungsrepertoire, noch fantastischer Meg Foster als steife, dunkle Femme Fatale Evil-Lyn; zum Quietschen, Billy Barty als kauziger Erfinder Gwildor; hier scheinen fast alle Schauspieler ihre Rolle ernst zu nehmen, gerne auch zu ernst, wie zum Beispiel Anthony De Longis als Schurkensöldner Blade, der spielt, als sei seine Rolle viel wichtiger als sie im Kontext des Films tatsächlich ist. Aber das Overacting, das Überzeichnen, das Überdrehen, das Überambitionierte machen eine Menge des Charmes dieses Films aus. So wie Bill Conti seinen Soundtrack komponiert, als hätte er hier ein zweites Star Wars vor sich, so wie David Odell Dialoge schreibt, als müsse er ins Korsett des Films noch ein bewegendes Coming-of-age-Drama um Trauer, Schuld und Verdrängung quetschen, so wie Kameramann Hanania Baer Bilder wählt, als würde er den biblischen Kampf zwischen Himmel und Hölle auf die Leinwand zaubern… alle machen ein bisschen zu viel, dafür, dass es sich bei Masters of the Universe immer noch um die Verfilmung einer Spielzeugreihe handelt.

Das macht dieses von Beginn an zum Scheitern verurteilte Projekt verdammt liebenswert. Klar, Masters of the Universe ist schon irgendwie Schund. Die Special Effects sind alles andere als überzeugend, die meisten Figuren sind ziemlich eindimensional, es wird viel zu viel Zeit für die Geschichte der Erdenbürger verschwendet. Aber die He-Man-Verfilmung ist verdammt unterhaltsam, gerade weil sie mehr will als bloß cineastisches Vehikel für die Spielzeugproduktion zu sein. Weil sie wirklich ein ernstzunehmendes Science Fiction Fantasy Epos erzählen will. Weil sie keine Angst vor ironischen Brüchen hat und dennoch ihr Konzept und ihren obskuren Fahrplan gnadenlos bis zum Ende durchzieht; bis zu den Post Credits in denen sogar eine Fortsetzung angeteasert wird (die nie umgesetzt wurde). Leider wurden diese Qualitäten 1987 nicht erkannt, und der Erfolg blieb sowohl beim Publikum als auch der Kritik aus. Mittlerweile hat er – absolut verdient – einen kleinen Kultstatus errungen, wird aber noch viel zu oft beim Blick auf die interessantesten Fantasyfilme der Dekade übergangen. Ja, Masters of the Universe ist kein Meisterwerk, aber er ist weitaus mehr als der Oddball von Film, als der er auch in der jüngsten Rezeption gesehen wird. Er ist ein warmherziges, überambitioniertes, ziemlich trashiges Fantasyepos, mit gelungener Selbstironie, nie zu viel unfreiwilliger Komik und sehr sehr viel Erhabenheit trotz seiner albernen Entscheidung. Ein sehenswerter Film und ohne Zweifel weitaus besser als sein Ruf.

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