Die besten Abenteuerfilme der 80er Jahre II

Weiter geht es mit den besten Abenteuerfilmen der 80er Jahre, dem letzten Jahrzehnt, in dem dieses Genre tatsächlich noch eine gewisse Relevanz sowohl für Arthaus- und Independent- als auch das große Blockbuster-Kino hatte. Wer weiß, vielleicht erleben wir ja demnächst doch noch einmal ein etwas größeres Revival abseits von lahmen Piratenfilm-Ablegern. Bis dahin denken wir wehmütig an die gute alte Zeit zurück, als Indiana Jones und der letzte Kreuzzug sowie die Jugendversion des Abenteuer-Popcorn-Kinos Die Goonies Fantasy, Epik und Action perfekt unter einen Hut brachten, als Mosquito Coast, Greystoke und Wenn die Wölfe heulen sich in Zivilisationskritik und Überhöhung des natürlichen, kreatürlichen Leben übten, und die Zeit in der Im Rausch der Tiefe die Standards für ein beeindruckende Naturaufnahmen und herausragende Kameraführung neu definierte. So viel Nostalgie muss sein…

Die Goonies [Richard Donner]

(USA, 1985)

Yes, Sir! So sieht es aus, wenn ein Abenteuerfilm für Jugendliche sein junges Publikum und dessen Bedürfnisse ernst nimmt und sich nicht übermäßig darum schert mit erhobenem Zeigefinger zu wedeln oder gar gesellschaftliche Prozesse in Märchenform zu parabolisieren. Nope, die Goonies, auf der Suche nach einem Schatz um den Ort ihrer Kindheit zu retten und im Kampf gegen eine obskure Mafiafamilie entwickeln eine rasante Abenteuergeschichte für Jugendliche und scheinbar auch von Jugendlichen… Anders lassen sich diese Rasanz, dieses Tempo, diese überbordernden, großartigen Ideen jedenfalls nicht erklären. The Goonies ist so etwas wie ein nerdy Adventure-Trip für Kids, ein Film, der nicht nur aus deren Sicht sondern auch für deren Sicht erzählt wird, ein Film, in dem clevere Jungs einfach mal den Tag retten dürfen und die Erwachsenen zur reinen Staffage verkommen. Good old 80’s Kids Adventures. Diese Zeiten kommen nie wieder zurück…

Indiana Jones und der letzte Kreuzzug [Steven Spielberg]

(USA, 1989)

Indy, Klappe die Letzte… und Beste. Wo Jäger des verlorenen Schatzes noch eine große Hommage an 50er B-Movies ist und Tempel des Todes zur einzigen Pulp Achterbahnfahrt verkommt, findet Der letzte Kreuzzug die perfekte Balance zwischen Unterhaltung, Reminiszenz und Storytelling. Dagegen wirken dann die beiden – zweifellos hervorragenden – Vorgänger beinahe auch wie nichts anderes als simples B-Movie-Kino. Tatsächlich hat dieser Film nicht nur das Blockbuster-Feeling, das Popcorn, den Spaß und Eklektizismus auf seiner Seite sondern ebenso den Witz, die Intelligenz und ja, auch die Tiefe. Dass dadurch der verschmitzte 50’s Flair verloren geht…? Verschmerzbar. Stattdessen gibt es eine spannende Jagd nach dem heiligen Gral, einen tapferen Kampf gegen Nazis und wissenschaftliche Fanatiker sowie ein überraschend wenig naturbelassenes Szenario. Macht aber auch nix, denn Katakomben, Städte und Luftschiffe stehen Indy mindestens genau so gut wie Dschungel und Wüstenlandschaften. Hier stimmt ohnehin einfach alles: Action Top, Cast Top, Story Top, Humor Top… und selbst der mitunter etwas angestrengte christlich mythologische Pathos sitzt wie angegossen. Thumbs up für den besten Film rund um den abenteuerlustigen Archäologen.

Der Indiana Jones Reihe widmen wir ganze 3 Episoden unseres Podcasts.

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Im Rausch der Tiefe [Luc Besson]

(Frankreich, 1988)

Zwei Kontrahenten, zwei Freunde… die Grenzen des menschlichen Körpers auf die Probe gestellt in den Tiefen des Meeres… Ein Kampf um Anerkennung und Unsterblichkeit… Besonders komplex ist die Geschichte nicht, die Luc Bessons Le grand Bleu erzählt. Aber wofür braucht es schon eine intelligente Handlung, wenn ein Film stattdessen durch Bilder solch atemberaubender Schönheit taumeln, tanzen und tauchen kann. Im Rausch der Tiefe nimmt sowohl seinen französischen Originaltitel als auch die deutsche Übersetzung mehr als ernst: Im Rausch hypnotischer Synthesizerklänge führt er hinab ins tiefste Blau, in die Schönheit und Poesie des Meeres, in das reine, existenzialistische Moment des „Unter Wasser“. Le grand bleu ist mehr als nur ein Abenteuerdrama über zwei extreme Menschen, er ist ein poetischer Trip in Schönheit und Gefahren des maritimen Lebens, ein filmisches Gedicht: Überstilisiert, eskapistisch, ästhetisiert, artifiziert… einfach nur grandios.

Greystoke – Die Legende von Tarzan, Herr der Affen [Hugh Hudson]

(Großbritannien, 1984)

Braucht es einen weiteren „Herr des Urwalds“-Film? Diese Frage muss sich jede weitere Verfilmung der berühmten Tarzan-Geschichten (1912 – 1995) von Edgar Rice Burroughs gefallen lassen, gibt es von diesen doch unzählige. Im Fall Hugh Hudsons Greystoke darf die Frage dennoch bedingungslos mit ‚Ja‘ beantwortet werden, verzichtet das naturalistische, düstere Abenteuerdrama immerhin vollkommen auf die kitschige „Ich Tarzan, du Jane“-Romantik und die pulpige Verspieltheit früherer Adaptionen und kehrt die dunklen Seiten der Tarzan-Legende hervor. Der Herr der Affen in Greystoke lebt von seiner realistischen Zeichnung, seiner hervorragenden Darstellung durch Christopher Lambert, die Geschichte atmet durch ihren Realismus, durch ihren gnadenlosen Zusammenprall des kreatürlichen Lebens mit der britischen Adelsgesellschaft und über allem schwebt der Geist der Zivilisationskritik und der Abrechnung mit vermeintlichen zivilisatorischen Errungenschaften. Das ist weder kitschig, noch plump, aber auch nie unangenehm pathetisch sondern stattdessen der optimale Cocktail für einen großartigen, epischen Bastard aus Abenteuerfilm, Drama und tiefsinnigem Sittengemälde.

Wenn die Wölfe heulen [Carroll Ballard]

(USA, 1983)

Menschliches allzu Menschliches, Kreatürliches allzu Kreatürliches… auch in Wenn die Wölfe heulen wird die Zivilisation auf die Probe der Natur gestellt. Die Geschichte eines Biologen, der in der arktischen Tundra zuerst mit Angst und Abscheu gegenüber Wölfen konfrontiert wird und schließlich deren Lebensweise kennen und verstehen lernt, ist ein poetisches, natürliches und zugleich stilisiertes Abenteuerdrama, in dem der Weg des Menschen durch die Natur, zu sich selbst und über sich selbst hinaus in eindrucksvollen Bildern und Episoden empathisch geschildert wird. Dabei entwirft der Film nicht nur ein plausibles Szenario im artifiziellen Gewandt, sondern reflektiert dieses auch, fällt immer wieder auf sich selbst zurück und findet schließlich zu einer versöhnlichen – pathetischen, aber nie allzu kitschigen – Botschaft. Eine gewisse Affinität zu Öko-Kunstwerken wird zwar vorausgesetzt, aber auch darüber hinaus funktioniert Never Cry Wolf perfekt als spannender Trip in arktische Gefilde und in Welten, in denen Mensch und Natur so dicht beieinander liegen, dass sie sich selbst als ihresgleichen erkennen können.

Mosquito Coast [Peter Weir]

(USA, 1986)

Der Mensch in poetischer Eintracht mit der Natur? Von wegen! In Mosquito Coast wird das in den 80ern beliebte Aussteiger-Märchen anders, vollkommen anders, erzählt. Der nach natürlicher Eintracht suchende Mensch wird zum Tyrannen, wird zur Gefahr, sowohl für die vermeintlich natürlich lebenden Menschen, zu denen er aufschließen will, als auch für seine Familie. Der Trip zu den Ursprüngen entwickelt sich zum unberechenbaren Alptraum, in dem sowohl Natur als auch der Mensch selbst zur Bedrohung werden. Die Mär vom natürlichen Leben wird als Farce entlarvt, der Städter in seiner Suche nach dem reinen Sein der Lächerlichkeit preisgegeben und all dies mündet in einen brutalen Trip in die ursprünglichsten menschlichen Abgründe. Mosquito Coast inszeniert dieses verquere Anti-Öko-Märchen zwischen Abenteuer, Slapstick, Thriller und Tragikomödie, immer bereit die Geschehnisse zu kippen, immer dazu in der Lage die absurde Situation in Schrecken zu wandeln, der Gewalt das Skurrile abzugewinnen und in der religiösen, pathetischen Überhöhung ein befreiendes Lachen auszustoßen. Ein verstörender, ungewöhnlicher, nahezu grotesker Abenteuerfilm, der vieles anders macht als seine Genrekollegen und gerade dadurch zu einer ganz eigenen, besonderen Hochklassigkeit findet.

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Erstveröffentlichung: 2013