Die besten Epen und Historienfilme der 80er Jahre III

Einen über Episches und Historisches aus den 80ern habe ich noch, auch dieses mal mit gewisser Schubladen- und Kategorien-Unschärfe. Natürlich ist Highlander dann doch auch ziemlich viel Fantasy-, Action- und Blockbuster-Kino. Natürlich ist Fitzcarraldo auch irgendwie Abenteuerfilm und Drama. Natürlich kann man über die Historizität von Am Anfang war das Feuer streiten. Und natürlich ist Au revoir, les enfants in erster Linie eine Tragödie historischen Ausmaßes gespiegelt in einem sehr persönlichen Kindheitsporträt. Zumindest auf das epische Moment von Die Bounty können wir uns einigen, oder? Auch wenn sich da natürlich wiederum eine Diskussion über die Qualität von Roger Donaldsons Historienepos anbietet. Well, ohne Streit wäre es ja auch ziemlich langweilig.

Fitzcarraldo [Werner Herzog]

(Deutschland, 1982)

Ja ich weiß: Hatten wir schon bei den besten Abenteuerfilmen. Was ist damals eigentlich in mich gefahren? Die bildverliebte, gewaltige Geschichte eines fanatischen Abenteurers, der Schiffe über Hügel ziehen und Opernhäuser im Dschungel errichten will, ist natürlich episches Kino par Excellence. Und das liegt keineswegs an dem im wahrsten Sinne des Wortes fanatischen Spiel Klaus Kinskis. Nope, dafür ist ganz allein die große, über subjektive Kategorien hinausgehende Inszenierung von Werner Herzog verantwortlich. Fitzcarraldo nimmt eine im Grunde genommen sehr persönliche Tragödie zum Anlass um eine universell gültige Geschichte von Obsession, Gier und Größenwahn zu erzählen: Das Subjekt verschwindet hinter dem gewaltigen menschlichen allzu menschlichen Kosmos, da kann Kinski noch so um Aufmerksamkeit kämpfen. Zurück bleibt eine allgemein gültige, große Geschichte vom Menschen… Nicht als autonomes Wesen sondern im Kosmos seiner Bedürfnisse, seiner Ängste und seiner Suche nach Größerem.

Am Anfang war das Feuer [Jean-Jaques Annaud]

(Kanada, Frankreich, USA, 1981)

Die Geschichte der menschlichen Evolution: Neanderthaler versus Homo Erectus, eine Liebe über jegliche Grenzen hinaus und schließlich die Technik des Feuermachens als Beginn unserer Zivilisation. Ohne Frage stochert Jean-Jaques Annaud bei der universellen Erzählung dieser historischen Ereignisse weit im Dunkeln, verlässt sich all zu gerne auf Spekulationen und kinotaugliche Dramatisierungen. Dementsprechend funktioniert La guerre du feu weniger als akkurater Historienfilm sondern viel mehr als düsterer, utopischer Thriller, der zwischen universellem Humanismus und spannendem Abenteuerfilm oszilliert. Gerade durch dieses Aufbrechen klassischer historischer Kategorien und seine bewusste Anti-Faktizität wird er jedoch zum beeindruckenden und bildgewaltigen Meisterwerk, das nicht einfach nur die Frühgeschichte der Menschheit skizziert sondern den Menschen als solchen sowohl affirmativ als auch kritisch darstellt.

Highlander – Es kann nur einen geben [Russell Mulcahy]

(USA, Großbritannien 1986)

Fantasy… ohne Frage. Action… zweifellos. Und dennoch geht der erste (und einzig gute) Highlander-Film weit über die Grenzen des traditionellen Genre-Kinos hinaus. Die Geschichte von unsterblichen Kriegern, die um das Anrecht der Einzige zu sein kämpfen, führt den Zuschauer von den schottischen Highlands des Spätmittelalters hinein in das New York der Moderne und vermischt dabei auf grandiose Weise epische Bilder von historischer Gewalt mit großer Blockbuster-Action mit Fantasy-Anleihen und einer gigantischen Mythologie, die sich weder für Pathos noch schrägen Humor noch Opernhaftigkeit (begleitet vom pathetischen Queen-Score) zu schade ist. Highlander löst die Grenzen auf: Von klassischem Fantasykino, von Mainstream-Action, von Horror und von Epos und findet dabei seine ganz eigene höchst unterhaltsame Bildsprache und Narration. Das ist nicht einfach nur ambitionierte Unterhaltung für die Massen sondern die konsequente Fortsetzung des traditionellen Hollywood-Monumentalfilms mit den Strukturen und Werkzeugen der 80er Jahre. Als Popcorn-Kino viel geehrt, als gewaltiges Epos jedoch allzu oft unterschätzt und dabei schlicht ein Meilenstein des effektiven, affektiven, überbordernden Fantasykinos.

Auf Wiedersehen, Kinder [Louis Malle]

(Frankreich, BRD, Italien, 1987)

Ganz und gar einem einzigen Moment der Geschichte, der doch wie kaum ein anderer für die Tragik der Moderne steht, widmet sich Louis Malle in seinem Drama Au revoir, les enfants. Im Mittelpunkt stehen das Leben eines Jungen im besetzten Frankreich, die Vorboten des Holocaust und die Flucht in klassische Abenteuer- und Heldenliteratur. Nouvelle Vague Regisseur Louis Malle beweist erneut, dass er sich wie kaum ein anderer darin versteht, historische Topoi mit fantastischen Motiven, historische Themen mit zeitgenössischer Rezeption und erzählerische Genauigkeit mit Fiktionalität zu spiegeln. Auf Wiedersehen, Kinder ist beides: Persönliches Porträt und universell menschliche Narration, dichte empathische Dramaturgie und historische Allegorie. Ein mitreißendes Spätwerk, das zwischen den Polen von Drama, Tragödie, nostalgischem Porträt und epischer historischer Auseinandersetzung pendelt und in allen Kategorien eine hervorragende Figur abgibt. Meine Hochachtung Mr. Malle.

Die Bounty [Roger Donaldson]

(USA, Großbritannien, 1984)

Als Kontrastprogramm zum französischen Autorenkino, auf das sich wohl alle Cineasten irgendwie einigen können, ein etwas weniger geachteter Vertreter des epischen Historienkinos. Die Bounty ist nur eine von unzähligen Verfilmungen  und künstlerischen Bearbeitungen der Meuterei auf der Bounty. Und mit Sicherheit nicht die beste… Dennoch gelingt es Regisseur Donaldson das beste aus dem Beschreiten der großen Fußstapfen herauszuholen: Die Bounty ist ein schillernder, monumentaler Kostümfilm, unterhaltsam, mit viel Esprit und Gewitztheit erzählt, durchaus auch intelligent, in erster Linie jedoch fantastische, überambitionierte Unterhaltung für anspruchsvolle Blockbuster-Liebhaber. Was spricht dagegen? Nichts! Mit seinen wundervollen Sets, seinen herausragenden Darstellern und seiner epischen Detaillverliebtheit ist Die Bounty im besten Sinne des Wortes eine Liebeserklärung an den Monumentalfilm hollywodd’scher Prägung, ein Rausch von einem Epos und die perfekte Unterhaltung an einem epischen Filmabend.

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Erstveröffentlichung: 2012