Die besten Epen und Historienfilme der 80er Jahre: Fackeln im Sturm?

Ja…. was ist eigentlich mit Fackeln im Sturm (1985)? Viele, die wie ich in den 80ern und 90ern groß geworden sind, werden wohl kaum an diesem TV-Mehrteiler vorbeigekommen sein, sei es, weil die Eltern gebannt vor dem Fernseher saßen, als die epischen 90Minüter über den Bildschirm flimmerten oder sei es, weil man sich von den großartigen Kriegsimpressionen und dem Interesse am amerikanischen Sezessionskrieg verführen ließ. Unglaublich viele Jungs und Mädels meiner Generation haben die Geschehnisse um Nord und Süd in sich aufgesogen, die Serie bis zum bitteren Ende verfolgt und nicht wenige werden mit viel Wehmut und Nostalgie an die großen Ereignisse um Orry Main und George Hazard zurückdenken. Aber hält das gewaltige Drama um Liebe und Hass auch heutigen Sehgewohnheiten Stand…? Oder war es vielleicht sogar damals schon ziemlicher Mist und wird nur durch die rosarote Nostalgiebrille verklärt…? Oder haben wir es gar mit einem unterschätzten Meisterwerk des Historienfilms zu tun? Auf zum Direktcheck.

Nach einem wirklich beeindruckenden Intro, inklusive monumentaler Musik und schönen Charakterskizzierungen beginnt die erste Episode (von insgesamt 15) im Jahre 1842 mit… zwei kleinen Mädchen, die über eine Südstaaten-Plantage spazieren, sich um ein Vogelei streiten und schließlich ihren Bruder Orry verabschieden, der zu seiner militärischen Ausbildung nach West Point aufbricht. Okay, man könnte hier natürlich schon ausholen: „What the Fuck, ich will epische Schlachten sehen!“ oder auch „Das soll der Beginn eines großen Epos sein?“ … Ist aber gar nicht notwendig. Diese erste Szene ist aus einem ganz anderen Grund symptomatisch für die Dramaturgie und Struktur der gesamten Franchise: Zwei Mädchen, eine blond, unschuldig, rechtschaffend. Eine schwarzhaarig, durchtrieben, aggressiv, hinterhältig… Bringen wir es auf den Punkt: Eine ist gut und eine ist böse. Durch und durch. Differenzierte Charakterzeichnung, ethisch moralische Entwicklung oder Mehrdimensionalität? Nicht in „Fackeln im Sturm“: Hier gilt, entweder ist ein Charakter gut oder böse. Ohne Kompromisse.

Es gibt die guten Südstaatler, wie den progressiven, romantischen und ehrgeizigen Protagonisten Orry Main (Patrick Swayze). Und es gibt die bösen Südstaatler wie den sadistischen, selbstverliebten und gehässigen Justin LaMotte (großartiges Overacting von David Carradine). Es gibt die guten Nordstaatler wie den aufrichtigen Lebemann und Protagonisten Nummer 2 George Hazard (James Read), und es gibt die bösen Nordstaatler wie dessen schwächlichen, erfolgssüchtigen und unter Minderwertigkeitskomplexen leidenden Bruder Stanley (Jonathan Frakes). Und dann gibt es natürlich noch die richtig bösen Charaktere wie den von Ehrgeiz zerfressenen, mordlustigen Ausbilder  Elkanah Bent (ein Musterbeispiel an eindimensionaler Charakterzeichnung). Mehrschichtige, ambivalente Charaktere muss man im Universum von Fackeln im Sturm mit der Lupe suchen, auch wenn es sie tatsächlich gibt (wenn auch an einer verstümmelten Hand abzählbar, aber dazu kommen wir später).

Die ersten Folgen der Serie handeln von der Freundschaft zwischen Orry und George, die sich bei der militärischen Ausbildung kennen lernen, beste Freunde werden und später gemeinsam in den mexikanischen Krieg ziehen. Nebenbei gibt es noch eine Menge wesentlicher und unwesentlicher Subplots zu erzählen. Den größten Raum nimmt dabei die Romanze zwischen Orry und Madeline Fabray ein, die mit dem brutalen Antagonisten Justin vermählt wird und dennoch an der Liebe zu Orry festhält. Nebenbei behaupten Protagonisten sich die beiden gegen den brutalen Bent, tauschen Differenzen zwischen Nord und Süd aus und lassen sich ihre Freundschaft auch nicht durch die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe vermiesen. In den späteren Folgen erweitert sich die Geschichte auf die gesamte Familie Main und Hazard: Die Schwestern Orrys (die wir bereits aus der Eröffnungsszene kennen), Orrys Schwager, der sich mit Georges Bruder anfreundet, dessen Schwester die für die Sklavenbefreiung kämpft und so weiter. Vom Jahre 1842 bis zum Ende des amerikanischen Bürgerkriegs 1865 erzählt Fackeln im Sturm von Liebe und Hass, von Freundschaft und Feindschaft und verortet persönliche Schicksale im Kontext der amerikanischen Geschichte des 19. Jahrhunderts.

Dabei nehmen die Romanzen – wie sich schon in den ersten zehn Minuten erahnen lässt – eine zentrale Stelle in der Serie ein. Fackeln im Sturm bemüht sich um den Spagat, sowohl für (stereotyp gedachte) Jungs als auch (stereotyp gedachte) Mädchen perfekte Unterhaltung zu bieten. Dementsprechend alterniert die Umsetzung von John Jakes Romantrilogie permanent zwischen (stereotyp gedachten) Jungsthemen wie Kampf, Ehre, Krieg und Politik sowie (stereotyp gedachten) Mädchenthemen wie Liebe, Freundschaft und Fürsorge. Nebenbei versucht sie sich tatsächlich an der vagen Thematisierung von sozialpolitischen Themenfeldern wie Sklaverei, Sezession und Demokratie. Nichts für ungut, aber das geht fast jedes Mal in die Hose. Dank der Eindimensionalität der Charaktere gelingt es nicht im geringsten, tatsächlich eine Positionierung zu den Topoi des 19. Jahrhunderts einzunehmen: Wenn es die guten und die bösen Sklavenhalter, die guten und die bösen Abolitionisten, die guten und die bösen Konföderierten und die guten und die bösen Unionisten gibt, wird es unmöglich auch nur einen differenzierten Standpunkt auszumachen. In den schlimmsten Szenen findet gar beinahe eine Apologie der Sklavenhaltung ab, insbesondere, wenn auf unangenehm unkritische Weise der Traditionalismus der Südstaaten glorifiziert wird.

Aber diese moralische Bewertung wird noch nicht einmal benötigt, um vom Grundkonzept von Fackeln im Sturm spätestens nach zwei Folgen vollständig genervt zu sein. Durch die fehlende Ambivalenz der Charaktere wird die gesamte Dramaturgie in Mitleidenschaft gezogen. Es ist einfach mal anstrengend, sich in ein Geschehen reinziehen zu lassen, wenn bei jeder neu eingeführten Figur bereits „Thumb up!“ oder „Thumb down!“ über den Kopf geschrieben steht. Die Ergebnisse sind ohnehin klar: Früher oder später erhalten die bösen Charaktere ihre gerechte Strafe und die Guten leben entweder happily ever after oder opfern sich für eine gute Sache. Spannend ist das nicht, eher vorhersehbar und öde. Der einzig interessante Charakter, George Hazards abolitionistische Schwester Virgilia (wirklich auch sehr gut gespielt von Kirstie Allie) und deren angenehm spannende Beziehung zu Orry (zwischen Anziehung und Hass gegenüber dem sklavenhaltenden Südstaatler) wird vom Drehbuch peux à peux doch in eine unangenehme Richtung gezwängt. Wo wir gerade bei den Frauencharakteren sind: Diese sind durch die Bank hübsches Beiwerk. Frauen, die ihrer Angebeteten harren, diese unterstützen und lieben und scheinbar ohne sie nicht überlebensfähig sind. Einzige Ausnahme ist die (natürlich böse) Schwester von Orry, Ashton (ebenfalls gut gespielt von Terri Garber in einer doch ziemlich überzeichneten Femme Fatale Rolle) sowie in den späteren Folgen die sich autonomisierende Madeline. Ansonsten bleibt die Handlung trotz Romanzen und weiblicher Subplots ganz und gar auf die männlichen Protagonisten fokussiert, selbst in den „weiblichen“ Momenten.

Also warum mache ich mir überhaupt die Mühe, hier rumzulästern? Ganz einfach, trotz dieser zahllosen Schwächen, obwohl Fackeln im Sturm bei genauer Betrachtung narrativ ziemlicher Schund ist, gehört die epische Serie zu meinen bevorzugten Guilty Pleasures. Immer und immer wieder. So albern die Geschichten auch sein mögen, so kitschig die Inszenierung ist, das Sittengemälde von Nord und Süd funktioniert auf einer trashigen Ebene irgendwo zwischen Epos und cineastischer Fremdscham. Denn trotz Blendenpornos, blumiger Bilder und nerviger Subplots besitzt die Serie einfach mal Atmosphäre: Seien es die detailverliebten Settings, die monumentale Inszenierung der Schlachten, die bildverliebte Darstellung des Amerikas des 19. Jahrhunderts oder die epische Ausbreitung der Familienschicksale über Jahrzehnte hinweg. Irgendwie macht Fackeln im Sturm doch alles in allem Spaß. Die all zu kitschigen Episoden und Subplots lassen sich gut skippen, über die Eindimensionalität der Charaktere kann man sich mit sehr viel Vergnügen lustig machen, und es gibt eben doch genug Momente, die beeindruckend und mitreißend sind:

Die ganze Ausbildungszeit in West Point ist herrlich nostalgisch und zugleich dramatisch erzählt, es macht einen Mordsspaß den Bösewichtern bei ihren Intrigen zuzuschauen, die Darstellung der Südstaatenplantage ist stilvoll und elegant, die Kriege klotzen ordentlich mit ner Menge Statisten in tollen Kostümen, der später eingeführte Vetter von Orry – Charles – ist ein ungemein sympathischer Tunichtgut (ja, dieses antiquierte Wort trifft es hier am besten), die politischen Interludien werden mitunter erstaunlich akkurat wiedergegeben (auch wenn es übertrieben scheint, dass die Protagonisten hier immer irgendwie irgendworan beteiligt sind) und es macht einfach Spaß die zahllosen Gastauftritte dieses Ensemble-Monsters zu bewundern (unter anderem Johnny Cash, Hal Holbrook, Elizabeth Taylor, Robert Mitchum und Lloyd Bridges).

Fackeln im Sturm ist alles andere als ein Meisterwerk, summa summarum aber schön trashige Big-Budget-Unterhaltung, Edel-Trash könnte man auch sagen, definitiv aber ein herrliches und zugleich episches – schalt verdammt nochmal das Hirn aus! – Vergnügen. Gehört irgendwie zu meiner Kindheit, funktioniert immer noch und kann Fans von monumentalen Serien durchaus empfohlen werden. Mit simpler Charakterzeichnung, kitschigen Interludien, viel Pathos und unfreiwillig komischer Übertreibung sollte man allerdings klar kommen, dann kann man mit dem Mist wirklich sehr glücklich werden.

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Erstveröffentlichung: 2013