Die besten Liebesfilme der 80er Jahre III

Einmal greifen wir noch in die Vollen des romantischen Kinos und einmal noch werfen wir dabei auch einen Blick weit über den großen Teich, direkt hinein in die Erzeugnisse der amerikanischen Traumfabrik. Es gab in Hollywood mit Sicherheit bessere Jahrzehnte für Liebesfilme als die 80er Jahre… und doch stammen aus der Zeit so manche zeitlose Klassiker, die auch heute noch die Rezeption wert sind. Ein Offizier und Gentleman ist einer davon, ebenso das große Afrika-Epos Jenseits von Afrika. Auch Die fabelhaften Baker Boys stehen für perfekte amerikanische Filmunterhaltung. Ein wenig europäischer wird es mit der äußerst gelungenen Kundera-Verfilmung Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins und mit dem wundervollen Teenie-Drama Pauline am Strand kommen wir schließlich doch wieder beim herausragenden französischen Kino der 80er Jahre an. And last but not least: Ein schwungvolles, berührendes literarisches Gesellschafts- und Liebesporträt made in Britain in der vorzüglichen Literaturverfilmung Zimmer mit Aussicht. Liebe und Romantik im Zeichen der 80er Jahre, die letzte. Nach dem Klick.

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins [Philip Kaufman]

(USA, 1988)

Hollywood-Wunderwerk die Erste: Natürlich ist die Verfilmung von Milan Kunderas Erfolgsroman über die Liebe und das Leben in Zeiten des Prager Frühling Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins (1984) eine gnadenlose Amerikanisierung des tschechischen Topos. Die philosophisch, gesellschaftskritischen Aspekte der feingeistigen Vorlage werden zurückgeschraubt und machen großen Emotionen Hollywood’scher Prägung Platz. So what!? Auch der Roman ist trotz aller politischen Dispositionen in erster Linie eine Liebesgeschichte und deren Essenz wird von Philip Kaufman perfekt eingefangen und behutsam – wenn auch nicht maßstabsgetreu – in einen spannenden, zeitpolitischen Kontext gerückt. Kritiker des Films vergessen all zu gerne, dass auch Kundera ein Gespür für Sentimentalitäten und emotionale Momente bis zum Kitsch hatte, nutzen die Romanverfilmung gerne um zu einem universellen Kampf Literatur versus Filmindustrie aufzurufen. Das hat dieses wundervoll romantische, nachdenkliche und poetische Drama beim besten Willen nicht verdient, gelingt es ihm doch auch kongenial Handlung, Reflexion und allumfassendes Gefühl in eine große Narration zu betten. Mit Sicherheit eine der umstrittensten aber auch eine der schönsten Literaturverfilmungen überhaupt und definitiv einer der besten  realistisch romantischen Filme des Jahrzehnts.

Die fabelhaften Baker Boys [Steven Kloves]

(USA, 1989)

Hollywood-Wunderwerk die Zweite: Die fabelhaften Baker Boys ist ein im besten Sinne des Wortes altmodischer Film, der die klassischen Sujets und Stilmittel des großen US-Liebesfilms aufgreift und zu einem wundervoll stilistischen, sexy Romantic Movie verbindet. Die Dreiecksgeschichte zwischen einer aufreizenden Sängerin und zwei Brüdern, die als Barpianisten arbeiten steckt voller nostalgischem Charme und swingender Eleganz. Gott sei Dank verzichtet Steven Kloves auf all zu tumbe Dreiecksklischees und entwirft stattdessen eine authentische und stimmungsvolle Romanze, die Themen wie Liebe ebenso verarbeitet wie Freundschaft und gegenseitige Überwerfung. Dabei bedient sich Die Fabelhaften Baker Boys auf kongeniale Weise bei der Ästhetik der klassischen Traumfabrik, irgendwo zwischen Swing, Jazz, Screwball und gediegener RatPack-Tradition. Nicht nur ein herausragender Liebesfilm sondern eine Liebeserklärung an und für sich: An die Musik, an das Leben und an die unendliche Eleganz des amerikanischen Bohemian.

Ein Offizier und Gentleman [Taylor Hackford]

(USA, 1982)

Hollywood-Wunderwerk, die Dritte… jepp, und hier kommt man dann auch nicht drumherum festzuhalten, dass Ein Offizier und Gentleman auch – aber nicht in erster Linie – ganz ähnlich wie Top Gun ein großer US Army Werbeclip ist. Die Wandlung eines liederlichen Schnösels zum verantwortungsvollen Soldaten und Piloten fährt alles auf, was der militärische amerikanische Traum zu bieten hat; beinahe als Antithese zu Stanley Kubricks Full Metal Jacket wird das Militär als Chancenfabrik für alle mutigen, konsequenten und ehrbaren Bürger dargestellt. Abgehakt. Was in diesem Fall zählt, ist die nicht nur nebenbei erzählte Liebesgeschichte, die ebenfalls nicht mit Aufsteiger-Mythen geizt, dabei aber ungemein authentisch, echt, einfach glaubwürdig daherkommt. Die Romanze zwischen Soldat und Arbeiterin funktioniert perfekt, spart auch nicht an Darstellungen der Schattenseiten und findet in ihrer sachten Entwicklung zu einer Konklusion, die mit zu den schönsten (und entsprechend oft zitierten) Enden der Filmgeschichte gehört. Ein Offizier und Gentleman ist ein absolutes, konsequent optimistisches Sozial- und Liebesmärchen, ein Wohlfühlfilm (mit einem fast schon brutalen, realistischen und düsteren Ausreißer), der sich perfekt für einen romantischen Filmabend eignet. Die politischen Dispositionen außen vor gelassen, kann man mit dieser hinterrücksen, unglaublich gekonnt manipulativen Verzauberung sehr glücklich werden… Ja und manchmal sollte das auch in der Filmrezeption durchaus möglich sein.

Jenseits von Afrika [Sydney Pollack]

(USA, 1985)

Hollywood-Wunderwerk die Vierte. Und da haben wir ihn, den Casablanca der 80er Jahre, vielleicht auch den Vom Winde verweht der 80er Jahre, zweifellos aber DAS große Liebesepos des Jahrzehnts, das historische, politische, soziale und natürlich auch universell romantische Topoi unter einen Hut bringen will. Zu 100% gelingt Out of Africa die Versöhnung zwischen Epoché und Subjekt nicht, verrennt er sich doch immer wieder in seinen ästhetizistischen Spielchen, seiner episodischen Narration und eskapistisch romantischen Bildern. Kein zweiter Casablanca, dafür aber ein bedingungslos gigantomanischer Liebesfilm, der seine eigene Epochalität großzügig – bis jovial – zurückschraubt, um sich ganz den Liebenden zu widmen. Und hier verlässt er dann auch Gott sei Dank – genau wie die Vorbilder – die Wege der naturalistischen Narration und findet sein Heil stattdessen in einem magischen Realismus, in welchem die Romantik das universelle Gut schlechthin ist, in welchem das einzelne Leben über die Schicksalsschläge und über die Geschichte triumphiert, in welchem das Subjekt zum letzlich Wertvollsten des gesamten Kosmos wird. Ein großer, edler und romantischer Film, ein poetisches Anti-Epos, das sich voll und ganz dem Humanismus – im ursprünglichsten, pathetischsten Sinne des Wortes – verschreibt und diesen über jedes fatalistische, existenzialistisches und zynisch pessimistisches Weltbild siegen lässt.

Zimmer mit Aussicht [James Ivory]

(Großbritannien, 1985)

Im Vergleich dazu kommt der Hybrid aus Liebesfilm und Sittengemälde Zimmer mit Aussicht angenehm zurückhaltend und bescheiden daher. James Ivory erzählt die Geschichte einer Liebe, die Vorurteile und gesellschaftliche Schranken überwindet, die in einem einfachen Hotelzimmer ihren Anfang nimmt und dort auch zu ihrer letztendlichen Bestimmung findet. Die Verfilmung von E. M. Forsters Roman A Room with a View (1908) ist eine respektvolle Transformation des literarischen Gesellschaftsstück der frühen Moderne in die filmischen Erzählkonventionen des britischen Kinos der 80er Jahre. Dadurch, dass James Ivory sowohl seinem Sujet Respekt zollt, als auch keine Angst vor Modernisierung und Transferierung hat, entsteht ein angenehm leichtfüßiger Film, der das beste beider Welten vereint: Poesie, Tragikomik, Charme, Esprit und einen akribischen Blick auf gesellschaftliche Feinheiten und Unfeinheiten.

Pauline am Strand [Éric Rohmer]

(Frankreich, 1983)

Ähnlich angenehm zurückhaltend, minimalistisch und zugleich akribisch beobachtend arbeitet auch Éric Rohmer im dritten Teil seines Zyklus Komödien und Sprichwörter (1981 – 1986). Die unkonventionelle Mischung aus Tragikomödie, Coming-of-Age-Drama, Gesellschaftsporträt und episodisch anekdotischem Liebesreigen erzählt leichtfüßig, erfrischen pathosfrei und ohne Rückgriff auf stereotype Muster von den Liebeskonstellationen und den Leidenschaften unterschiedlichster Menschen im Umfeld der 15jährigen Pauline, die als genaue Beobachterin aber auch Romantikerin das Herzstück dieses launigen Films bildet. Dabei benötigt Pauline am Strand keine überbordernde Emotionalität, keine theatralischen Dramen, keine schillernde Poesie. Stattdessen verlässt er sich voll und ganz auf seine vor Witz sprühenden Dialoge, sein raffiniertes Schauspiel und seine dichte Narration, die sich nie von der Wirklichkeit entfernt. Gerade wegen seines befreienden, beglückenden Stoizismus einer der schönsten Liebesfilme des Jahrzehnts und auch darüber hinaus eine der angenehmsten, authentischsten Geschichten vom Leben an und für sich.

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