Die besten Erotikfilme der 80er Jahre

Keine Sorge, wir kommen im Text gleich zu den besten Erotikfilmen der Dekade, aber ich möchte diese Einleitung trotzdem noch kurz von einer anderen Seite aufziehen: DU! Ja genau, DU bist gemeint! Du brauchst dich gar nicht so verschreckt hinter deinem Monitor zu verstecken. DU hast „Erotikfilme“ gegoogelt, vielleicht auch „Die besten Erotikfilme“ meinetwegen auch „+80er +Erotikfilm„, meinetwegen auch über Bing oder Yahoo gefahndet, aber das ist eigentlich auch zweitrangig. Denn DU hast nach Erotikfilmen und nur nach Erotikfilmen gesucht (keine Sorge werte Stammleserschaft, die ihr ohnehin jeden Artikel anklickt, ihr seid nicht gemeint)! Das ist eigentlich auch kein Problem – es sei denn du hattest die Hoffnung auf irgendwelche illegalen Porno-, oder Erotikstreams, aber das ist ein anderes Thema. Es ist schließlich ein offenes Geheimnis, dass die Erotikfilm-Artikel auf dieser Seite immer am meisten Page Impressions ernten. Die Sache ist nur, diese machen nur einen geringen Teil dieser Seite aus (irgendwo im 0,x% Bereich). Und es gibt hier so viel mehr zu entdecken. So viel mehr Genres, so viel mehr Filme, so viel mehr Rezensionen.

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Verstanden? Okay, danke, dann können wir jetzt ja über den erotischen Film der 80er Jahre reden. Wie schon in den vorangegangenen Dekaden gehört das Genre rund um Sex und Erotik wohl mit zu den Schwierigsten. Einen guten Erotikfilm zu machen, ist alles andere als einfach, und dementsprechend mau ist auch wieder die Ausbeute des Jahrzehnts. Ein paar echte Highlights haben sich jedoch auch hier herauskristallisiert. David Hamilton perfektioniert seine zuckersüße Weichzeichner-Erotik im inhaltsleeren, eskapistischen Bilderrausch Ein Sommer in St. Tropez, in China Blue, Die öffentliche Frau und Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen werden die dunklen, obsessiven und morbiden Seiten der Leidenschaft entlarvt, während Ganz normal verrückt mit dem exzessiven Leben der Beatniks spielt. Hochglanz 80er Erotik bietet dann noch der schwül elegante 9 1/2 Wochen, und der japanische Genrevertreter Irezumi erzählt rund um den erotischen Körperkult der Tätowierungen ein spannendes und leidenschaftliches Drama um Begehren und Leidenschaft. Ich wünsche sinnlichen Genuss…

Die öffentliche Frau [Andrzej Żuławski]

(Frankreich, 1984)

Wie weit kann ein Mensch gehen, um seine Familie zu ernähren? Wo beginnt Macht im erotischen Spiel und wo kehrt sie sich ins Gegenteil? Wie viel Öffentlichkeit verträgt der menschliche Körper? Und wann wandelt sich Abhängigkeit in blinden Hass? Anhand dieser Fragen erzählt Die öffentliche Frau auf hyperekstatische, teilweise surreal und hoch artifizielle Weise die mitreißende Geschichte entgleitender Leidenschaften und Begehrlichkeiten. Der Körper der Protagonistin ist hier sowohl Lust- als auch Kultobjekt, Werkzeug, Waffe und dionysischer Abgrund. Der Sprung vom heißen Liebesakt zum Mord ist nur ein kurzer und jedes Begehren, jede sexuelle Lust wandelt sich früher oder später in beängstigende Ohnmacht. Andrzej Żuławski erzählt nicht einfach nur, er parabolisiert, spitzt zu, radikalisiert und findet dabei doch immer wieder fesselnde Bilder von hypnotischer Gier… Ein Meisterwerk zwischen Erotik und Anti-Erotik, zwischen sexueller Exegese und dämonischer Wollust.

Ein Sommer in St. Tropez [David Hamilton]

(Frankreich, Deutschland 1983)

Über Inhalte brauchen wir bei David Hamilton gar nicht erst zu reden. Umso wohltuender, dass er im Vergleich zu seinen früheren Filmen in Une été à Saint-Tropez gleich konsequent ganz auf diese verzichtet. Statt wie zuvor auf pseudomoralische, plumpe Geschichten zu setzen inszeniert er eine filmische Exegese seiner fotografischen Arbeit: Hübsche, junge Frauen in Weichzeichner-Bildern, mal neckig verspielt, mal mit der Kamera flirtend, mal sich protosexuellen Spielen hingebend. Dabei fixiert sich dieser 80er Jahre Film dankenswerterweise ebenfalls weniger auf die – nach wie vor vorhandenen – pubertären Aspekte der Hamilton’schen Erotik, wodurch der Vorwurf, „Bildfutter für Päderasten“ zu liefern, schon im Keim erstickt wird. Trotzdem bleibt St. Tropez ein Jungs-Film, inszeniert für kleine Jungs von einem kleinen Jungen, der wie seine Bilder nie erwachsen geworden ist. Hamilton ist schlicht und einfach der Peter Pan unter den erotischen Filmmachern: Das darf man dann naiv, kitschig, pubertär und fernab jeglicher Realität finden. Schön und betörend erotisch ist es trotzdem.

Irezumi – Die tätowierte Frau [Yōichi Takabayashi]

(Japan, 1981)

Inhaltlich weitaus gehaltvoller ist da schon das japanische Arthaus-Drama Irezumi, das aber ebenfalls nicht mit sinnlicher Erotik geizt. Eine junge Frau lässt sich von einem Meister-Tätowierer den Körper gestalten, doch dieser kann seine Arbeit nur in reinster Perfektion ausführen, wenn das Medium seiner Kunst in vollkommen ruhiger Stellung verharrt… beim Liebesspiel mit seinem Schüler. Der in Schmerz und Erotik verwobene Schöpfungsakt wird zur universellen körperlichen und geistigen Entwicklung, die entstehende Kunst wirkt sich auf das Liebesspiel aus, dieses wiederum auf Künstler und Medium und diese Entwicklung spiegelt sich wiederum im sexuellen Akt wieder. Irezumi ist ein hypnotisches Erotikdrama, das die richtige Balance zwischen Sujet und sinnlichen Bildern findet und sich schließlich gar noch zu einer konfliktreichen Tragödie zuspitzt. Leidenschaft, Schönheit, Tragik und Dunkelheit, perfekt vereint und zur körperlich-geistigen Konklusion gebracht. So edel, betörend und fesselnd wie ein Tattoo-Motiv auf reiner Haut.

Ganz normal verrückt [Marco Ferreri]

(Italien, Frankreich 1981)

Basierend auf Charles Bukowskis Kurzgeschichtensammlung Erections, Ejaculations, Exhibitions and General Tales of Ordinary Madness (1972) erzählt Storie di ordinaria follia (OT) die Geschichte eines heruntergekommenen und zugleich hedonistischen Schriftstellers, der zwischen Exzessen, intellektuellen Spielereien und subversiver Lebensmüdigkeit torkelt. Jepp, wir befinden uns mitten drin im Leben zwischen Beat Generation und aufkommendem Gonzo-Lifestyle, zwischen Obsession, Lebensgier und akademischer Selbstreflexion, die sich für ein wenig Anarchie nie zu schade ist. Dass daraus trotzdem in erster Linie ein hoch angespanntes, sexuell hedonistisches Abenteuer wird, liegt an der exquisiten, gehässigen und herrlich obszönen Inszenierung Marco Ferreris, der bereits mit Das große Fressen (1973) Subversion, Sex und Gewitztheit originell unter einen Hut brachte. Der perfekte postmoderne Decadence-Trip zwischen USA und europäischem Autorenkino.

9 1/2 Wochen [Adrian Lyne]

(USA, 1986)

Wollen die Amerikaner keine Erotik? Können sie keine Erotik? Gerade in den 80er Jahren macht es doch stark den Eindruck, als ob der Sexfilm nicht das Genre der USA wäre. Vielleicht liegt es an der allzu glatten Sauberkeit des amerikanischen Kinos, die sich auch in einem der wenigen Highlights wiederspiegelt. 9 1/2 Weeks ist kein Meisterwerk des erotischen Kinos, die Inszenierung befindet sich oft am Rande der Lächerlichkeit, die Musik ist seicht bis nervtötend und das gesamte Szenario ist unglaublich öde auf Hochglanz gebürstet. Das Spiel zwischen sexueller Leidenschaft und Abhängigkeit funktioniert dennoch, was schlicht an seinen beiden Hauptdarstellern liegt. Kim Basinger und Mickey Rourke umspielen sich, kämpfen miteinander, lieben und begehren sich, ziehen sich an und stoßen sich ab… und das alles so glaubwürdig wie es nur selten im Kino zu sehen ist. Vergiss die Dialoge, die Musik, die Kamera, das Drumherum! Allein das erotische Vabanque-Spiel der beiden ist es wert gesehen zu werden. Auch wenn 9 1/2 Wochen beileibe kein Meisterwerk ist, gehört er doch zurecht zu den Kultfilmen des Genres, für den Dank seiner beiden Spieler eine Empfehlung ausgesprochen werden kann.

China Blue bei Tag und Nacht [Ken Russell]

(USA, 1984)

In den 80ern kristallisierte sich bereits das Genre des Erotikthrillers als kassenmagnetisches Subgenre des Erotikfilms heraus… nicht zuletzt Dank Ken Russells düsterem China Blue bei Tag und Nacht, der in den USA unter dem stimmigeren Titel Crimes of Passion in den Kinos lief. Die Geschichte der Modedesignerin, die nachts zur Prostituierten wird, um als China Blue alle Wünsche ihrer perversen Freier zu erfüllen, spielt und kämpft mit den Grenzen der Sexualität: Rollenspiele, sadomasochistische Fantasien, Vergewaltigungen und schließlich der Übergang von sexueller Obsession zu Gewalt und Mord. Wo die Auslebung ungewöhnlicher sexueller Wünsche aufhört, wo die Perversion beginnt lässt China Blue lange offen, ergötzt sich stattdessen lieber am Rausch der Grenzüberschreitung, am überspitzten Geschehen, an seinem karikaturistischen Umgang mit Sexualität. Keine leichte Kost, aber einer der besten Erotikthriller überhaupt… Basic Instinct kann dagegen sowas von einstecken.

Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen [Jean-Jacques Beineix]

(Frankreich, 1986)

Der destruktiven Seite von Liebe, Leidenschaft und Sexualität widmet sich auch die – im wahrsten Sinne des Wortes – krasse Tragödie Betty Blue, 37°2 le matin. In der Geschichte eines Paares, das darum bemüht ist sein Miteinander in den Griff zu bekommen, kulminieren Leidenschaft, Obsession, Selbsthass und bedingungslose Abhängigkeit in einer düsteren, nahezu apokalyptischen Zweisamkeits-Farce. Borderline fungiert hier nicht nur als psychologisches Krankheitsbild sondern auch als universelle, beziehungstechnische Konstante: Die sexuelle Gier ist immer nur einen Schritt von der Selbstverletzung entfernt, die Fleischeslust wird zur Selbst- und Fremdzerfleischung, der Rausch, der den gesamten Film trägt, ist nicht nur ein sexueller, zügelloser, sondern ebenfalls einer, der direkt hinein ins Verderben führt. Ein edles und zugleich düsteres, amoralisch moralisches Sittengemälde, in dem der Mensch von seiner eigenen Leidenschaft erdrückt wird.

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Erstveröffentlichung: 2013