Die besten Erotikfilme der 2000er Jahre

Vom Spaß an der Überwindung der Wirklichkeit in den besten Fantasyfilmen des Jahrzehnts, über das blanke Grauen der besten Horrorfilme zum puren Genuss des erotischen Kinos. Gerade der erotische Film war schon immer eine ambivalente Geschichte: Einerseits ist der Fokus klar: Erotik, Sex, nackte Haut… Andererseits wünscht man sich als Zuschauer dennoch einen interessanten, fesselnden, auch unabhängig von seinen Schauwerten funktionierenden Film zu sehen. Denn ähnlich wie bei Actionfilmen steht auch bei diesem Genre das Sujet derart im Mittelpunkt, dass die Narration oft ins Hintertreffen gerät und der Cineast unbefriedigt zurück bleibt. Aber es gibt sie: Die guten Filme des erotischen Kinos, Filme die mehr sind als Masturbationsvorlagen und mit interessanten Perspektiven auf die menschliche Sexualität zu begeistern wissen. Aber auch Filme die dennoch erotisieren und erregen können und ihr Sujet nicht verschämt und verklemmt verbergen müssen. Hier haben wir die größten Werke dieses Genres von 2000 – 2009 zusammengestellt.

Lucia und der Sex [Julio Médem]

(Spanien, 2001)

Völlig ungeniert und unaufgeregt widmet sich der spanische Film Lucía y el sexo seinem Sujet. Dabei steht keineswegs der Coitus im Mittelpunkt. In dem elliptisch erzählten Drama geht es um das Erinnern und das Widerergreifen vergangener Chancen. Die Narration gibt sich selbst die Möglichkeit zu ihren Anfangs-, Mittel- und Höhepunkten zurückzukehren, dort zu verweilen und deren Genuss auszuschöpfen. Untermalt wird diese Geschichte von wunderbar erotischen Szenen und einer verführerischen Bravourleistung der ausgezeichneten Paz Vega. Ein leichtfüßiger und dennoch tiefgründiger Genuss auf höchstem Niveau.

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Die Träumer [Bernardo Bertolucci]

(Italien, Frankreich 2003)

Paris 1968. Zwischen Studentenunruhen und gesellschaftlichen Veränderungen treffen drei junge Leute aufeinander und leben ihre cineastischen und sexuellen Fantasien aus. Die Träumer sind ebenso hedonistisch wie nachdenklich und träumen sich in die Filmwelten des glorreichen Hollywood und der experimentierfreudigen Nouvelle Vague. Der fantastisch bebilderte Film von Regiealtmeister Bernardo Bertolucci ist eine Reminiszenz an die Macht des Kinos, der Phantasie und der erotischen Träume. Ein wunderschöner Meta-Film, der sowohl Erotikgourmets als auch Cineasten bestens munden sollte.

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Shortbus [John Cameron Mitchell]

(USA, 2006)

Sex gibt es in John Cameron Mitchells Film Shortbus reichlich zu sehen. In allen Variationen, in allen Farben, zwischen allen Geschlechtern und in allen möglichen Formen. Tatsächlichen Sex, nicht simuliert, nicht gespielt, sehr wohl aber hervorragend inszeniert und auf Zelluloid gebannt und das wohlgemerkt fernab von pornografischen Schmuddeleinstellungen. Shortbus ist eine vorzügliche, entspannte und wilde Verbeugung vor der anarchischen, libertären New Yorker Subkultur zwischen Transgender, Transsex und postmodernem Erotikspielplatz. Ein hitziges, schwungvolles Vergnügen, bei dem Sex ausnahmsweise mal nicht das Problem sondern die Lösung ist.

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The Band [Anna Brownfield]

(Australien, 2009)

Vom Kino zur Videothekenschmuddelecke und zum einzigen genuinen Porno, der in diesem Artikel zu finden ist. Anna Brownfields „The Band“ ist zwar in erster Linie ein astreiner Hardcore Sexfilm, der Korpulationen in allen gängigen Varianten zeigt, zugleich ist er aber auch eine bissige und trashige Tragikomödie über die sexualisierte Seite des Rock N Roll. The Band spielt mit seinem eigenen Schmuddelimage, lebt und atmet den Punk und zeigt auf raue, dreckige und dennoch erotisierende Weise deftigen Vintage Porn, verziehrt mit einem dicken Augenzwinkern. Das ist herrlich raubeinisch, schmuddelig, obszön, derb und durch und durch spaßversprechend.

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Intimacy [Patrice Chereau]

(Frankreich, 2001)


Wir bleiben bei expliziten, unsimulierten Sexszenen. In Patrice Chereaus Intimacy wird die Geschichte einer heimlichen, anonymen Affäre, ganz in der Tradition von Bertoluccis „Der letzte Tango in Paris“ erzählt. Und auch hier geht es wenig zimperlich dafür umso expliziter zur Sache. Trotzdem ist Chereaus Drama keineswegs voyeuristisch. Die Sexszenen und ungefilterten Intimitäten stehen voll und ganz im Dienste der Geschichte um Gesagtes und Ungesagtes, Privates und Öffentliches und den omnipräsenten Zwiespalt zwischen dem Recht auf Distanz und dem Bedürfnis nach Intimität und Nähe.

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Ken Park [Larry Clark]

(USA, 2002)

Und noch einmal provokant. Fotograf und Filmemacher Larry Clark muss sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, in seinen Bildern und Filmen die Welt der Jugend zu romantisieren und auf heikle Weise zu erotisieren. Das war auch bei Ken Park nicht anders, der fast die gesamte Laufzeit über auch nur schwer als Erotikfilm zu bezeichnen ist. Es gibt zwar mehr als genug Explizites und nackte Haut zu sehen, allerdings keineswegs in einem erotischen Kontext: Stattdessen geht es um Macht, Wahn, Verzweiflung und die trostlose Welt der Jugend in der amerikanischen Vorstadt. Aber dann gibt es diese letzten zehn Minuten, diese wunderschöne Menage à trois, in der Clark dem Sex seine Unschuld zurück gibt. Und allein wegen diesem naiven – alles andere als voyeuristischen -, hochästhetisch erotischen Ende, verdient es Ken Park hier aufgenommen zu werden… auch wenn mit Sicherheit weitaus mehr für diesen Film spricht als seine vermeintliche Erotik.

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Eyes wide shut [Stanley Kubrick]

(USA, 1999)

Abschließend ein kurzer Blick zurück in die ausgehenden 90er. Stanley Kubricks Verfilmung der Traumnovelle von Arthur Schnitzler teilt sein Schicksal mit vielen Filmen (und anderen Kunstwerken), die kurz vor der Jahrtausendwende veröffentlicht wurden: Zu spät für die 90er Reminiszenzen, zu früh für das neue Jahrtausend steht er in einem Nimbus zwischen den Jahrzehnt-Kanonisierungen. Ebenso steht er zwischen den Stühlen: Das Altwerk, das letzte Werk einer Regielegende. Eine inkonsequente Umsetzung Arthur Schnitzlers Psychoanalyse. Weder Fisch noch Fleisch, mal akribisch den O-ton der Traumnovelle in unsere Zeit übertragen, mal unnötig narrativ erweitert und entzaubert. Geliebt, gehasst, verlacht, vergessen. Diesem Film ist so ziemlich alles widerfahren. Und auch wenn er seine literarische Vorlage gegen Ende entzaubert, wenn er mitunter etwas albern, kurz vor der unfreiwilligen Komik steht, ist er doch alles in allem ein würdiger Abschlussfilm der beeindruckenden Kubrick-Vita und zudem ein hochästhetisierter, artifizieller erotischer Traumgenuss.

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Erstveröffentlichung des Textes: 2011