Kurzrezensionen: Bedways, Daybreakers, Für immer Shrek, Rampage

Zeit für einen weiteren kleinen Filmabriss: Dieses Mal mit dem spröden Independent-Sexdrama Bedways, dem überraschend gefälligen Vampirthriller Daybreakers, einem vermeintlich guten Film von Uwe Boll und dem wohl endgültig (hoffentlich) allerletzten Teil der Shrek-Franchise…

Bedways [RP Kahl]

(Deutschland 2010)

Arthaus-Dramen mit unsimulierten Sexszenen sind ja schon so was wie ein alter Hut, der insbesondere durch das französische Kino der New French Extremity in vielfacher Form durchdekliniert wurde. Wenn es einen deutschen Film mit ähnlicher Disposition gibt, ist allerdings durchaus Neugierde angebracht. Bedways erzählt vom Dreh eines Arthaus-Dramas mit unsimulierten Sexszenen, oder besser noch, von der Vorbereitung dieses Drehs, bei der sich alles um das Beziehungsdreieck  zwischen der Regisseurin und den beiden Darstellern dreht. Und in diesem kann Bedways dem Genre tatsächlich neue Impulse geben; nicht nur als Metafilm, der die Frage nach sexuellen Handlungen vor der Kamera zur Grenzfrage werden lässt, sondern auch als spannendes, sprödes Independent-Drama, dass zwischen Voyeurismus, Exibitionismus, Kontrolle und Kontrollverlust pendelt. Klar, dass der philosophische Überbau spätestens mit der Zitierung Foucaults ein wenig überstrapaziert wird. Aber das kann kaum stören, wenn der Film ansonsten eine derart packende Diskursanalyse, eingerahmt von einsamen, kargen und düsteren Bildern bietet.

Die unsimulierte Sexszene (es gibt tatsächlich nur eine relativ kurze) bildet zwar das Zentrum des Films, aber der pornographische Anteil hält sich bei dieser in engen Grenzen. Stattdessen gibt es ausufernde Seelenstripteases, Sprachlosigkeiten, das Spiel mit dem Spiel im Spiel und außerhalb des Spiels und eine packende Masturbationsszene, in der zuerst die distanzierte Kamera zum Partner später der Mensch selbst zum Objekt der Begierde wird. Bedways ist ein mitreißender Beitrag zur Pornographisierung der Kunst, an nur wenigen Stellen tatsächlich erotisch, dafür aber umso packender, intelligenter und in seiner scheinbaren Improvisation ein gewitztes Meta-Statement. Man würde sich öfter solchen Filmemachermut im deutschen Filmgeschäft wünschen.


Daybreakers [Michael Spierig, Peter Spierig]

(Australien 2009)

Eine verlockend schlüssige Prämisse die in einer nahen Zukunft angesetzt ist: Da alle Menschen entweder ausgesaugt oder mutiert sind, wird fast die gesamte Erde von Vampiren bevölkert. Die wenigen übrigen Menschen befinden sich – sofern sie nicht auf der Flucht oder im Widerstand sind – in riesigen industriellen Blutfarmen, wo von ihnen lebenswichtige Nahrung für die Blutsauger abgezapft wird. Allerdings herrscht wegen des Aussterbens der menschlichen Spezies ein akuter Blutmangel, den der Vampirwissenschaftler Edward (Ethan Hawke) im Auftrag der Regierung zu bekämpfen versucht. Bis er schließlich eine erschreckende medizinische Entdeckung macht.

Gerade zu Beginn löst Daybreakers auch die Versprechungen der interessanten Disposition ein. Zwischen fantastischem SciFi/Horror-Gesellschaftsporträt und düsterem, dystopischem Thriller pendelnd kostet er sowohl sein Setting als auch die darin schlummernden Möglichkeiten vollends aus. Leider lässt die Qualität des Films dann von Minute zu Minute nach.

Dass hier eher mit Low Budget gedreht wurde, fällt so gut wie kaum auf, dann doch eher, dass sukzessive auf bekannte Genreversatzstücke zurückgegriffen wird: Ein wenig Blade, ein bisschen Blade Runner, ein bisschen Underworld… Trotz der spannenden Grundlage gibt es im Daybreakers-Universum nicht viel neues zu sehen. Immerhin ist die Umkehrung des Zombieprinzips – gegen Ende noch einmal auf die Spitze getrieben – amüsant. Auch ansonsten ist Daybreakers sauber inszeniert, hat gute Schreckmomente und eine ordentliche Spannungskurve zu bieten, so dass man ihm so manche dramaturgischen Schnitzer und Plotholes verzeihen kann. Neue Impulse für das Genre vermag er zwar neben seiner Ausgangssituation nicht zu setzen, alles in allem ist er aber ein überraschend ordentlicher kleiner Science Fiction Thriller, der zwar oberflächlich und profillos bleibt, aber zumindest 90 Minuten lang die Spannung recht gut halten kann. Solider, knapper Überdurchschnitt und gefällige sinnfreie Unterhaltung für den Videoabend.


Für immer Shrek [Mike Mitchell]

(USA 2010)

Wir haben ja schon vor kurzem attestiert, dass Dreamworks seit Shrek (Die besten Animationsfilme der 00er Jahre) nichts mehr wirklich Großartiges im Bereich der Computeranimation hervorgezaubert hat. Und auch der Goldoger wurde von Film zu Film lahmer und vorhersehbarer. Keine gute Ausgangssituation für den vierten und wohl (hoffentlich) endgültig letzten Teil der Franchise. Und dafür ist Shrek Forever After erstaunlich gut geworden. Was man nicht erwarten darf: Den alten Shrek zwischen bissiger Satire und familiengerechter Fantasyunterhaltung. Was man erwarten darf: Eine mitunter erstaunlich erwachsene, gar düstere Reinterpretation der grünen Legende. Im Paralleluniversum, das vom bösen Rumpelstilzchen ausgeheckt wurde, kommen noch einmal alle bekannten Charaktere (Fiona, Esel, der Lebkuchenmann…) zum Einsatz, natürlich unter der Prämisse „Was wäre wenn Shrek die Prinzessin nie gerettet hätte?“. Dieser muss dann alles wieder gerade biegen…

…und entwickelt tatsächlich wieder so etwas wie Drive, vor allem für jene Zuschauer, die den ersten Teil lieben. Satirische Spitzen und Märchenparodien gibt es zwar weniger, dafür aber eine gefällige Geschichte, ein sehr erwachsenes Setting und einige mal mehr, mal weniger gelungenen Gags. Das ganze taugt dann auch eher weniger als Familienunterhaltung, dafür aber umso mehr als spannendes Abenteuer für erwachsene Freunde der Franchise. Tausendmal besser als der vollkommen vermurkste dritte Teil, ganz dicht dran an der Qualität des Zweiten. Wegen der niedrigen Erwartungen damit durchaus eine positive Überraschung. Kann man sich guten Gewissens ansehen… und beten, dass das Shrek-Kapitel von Dreamworks damit ein für alle Mal abgeschlossen wurde. Einen würdigen Abgang gönnt man dem sympathischen Antihelden ja schon. Und so lebten sie…


Rampage [Uwe Boll]

(Kanada 2009)

Okay, Uwe: Letzte Chance! Wenn man nach einem guten Boll Film fragt, erntet man entweder lange Gesichter, oder von irgendwem wird eben der Titel Rampage in den Raum geworden. Dieser kleine Actionbastard, der fast nur davon handelt, dass ein Ü-20er mit einem selbstgebastelten Killeranzug auf Menschenjagd geht. Und, ähmmm, ja, Rampage hat durchaus seine Momente, kann damit aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ein prolliger, infantiler Möchtegernschocker ist. Wir fangen trotzdem mit dem Positiven an. Ja, Boll hat Eier, ein solches Thema derart filmisch umzusetzen. Und ja, er hat vollkommen Recht, wenn er sich über die BJPS und deren kruden Änderungswünsche Rampage gegenüber beschwert. Ja, mitunter funktionieren die satirischen Aspekte des Films, so zum Beispiel wenn unser Amokschütze eine Bingo-Halle betritt und die dort ansässigen Scheintoten mit einem müden Lächeln verschont. Und auch die Morde sind teilweise eiskalt und bitterböse inszeniert: Der Protagonist steht vor einer jungen Frau, die um ihr Leben bettelt. Lakonisch sagt er „Gleich gehts los“, lädt in aller Ruhe sein Gewehr und erschießt sie kaltblütig. Das tut zumindest weh, bleibt sogar haften und erzielt einen gewissen Effekt; im Gegensatz zu alten Boll-Schockern wie Amoklauf, die nur unfreiwillig komisch waren. Und ja, die Shaky Cam und die unsauberen Schnitte – ob gewollt oder nicht – passen hier auch ganz gut zum Geschehen.

Das wars dann aber auch schon. Die Prämisse ist infantile Kleinkinderphilosophie, scheinbar den Träumereien eines jugendlichen Aussenseiters entsprungen. Und das betrifft sowohl die Motivation des Täters als auch die des Films an für sich. Die Action ist redundant, langweilt ab einer gewissen Zeit nur noch, gerade wegen ihrer ermüdenden Brutalität. Ohnehin kann der Film sich nicht entscheiden, ob er sich an Geballer und Explosionen ergötzen oder mit dem misanthropisschen Töten von Menschen schockieren will. Unbeholfen pendelt er zwischen beiden Extremen. Die Darsteller sind Boll-typisch ungemein hölzern inszeniert, die Dialoge bewegen sich auf unterstem Niveau, die Schnitte sind wie eh und je unintuitiv gesetzt, lassen mitunter einfachste Grundsätze des filmischen Handwerks vermissen. Die Geschichte ist blöd, die Charaktere sind blöd, das Ende ist vorhersehbar und blöd, die satirischen Spitzen kommen mit dem Holzhammer, werden ewig in die Länge gezogen, bis man glaubt, Boll halte sein Publikum für blöd. Die Musik ist wie immer ein nerviger Teppich, ohne Gefühl für Timing. Szenen die Tempo erfordern, sind zu langsam inszeniert, Szenen die länger gehalten werden sollten, werden zu schnell unterbrochen… Rampage stinkt, zwar nicht ganz so sehr wie andere Boll-Filme, hat sogar wahre Lichtblicke zu bieten, bleibt aber in seiner Quintessenz ein infantiler, prolliger Antiwitz über den man weder sich aufregen möchte noch lachen kann. Knapper Unterdurchschnitt kurz vor mies… und damit tatsächlich so etwas wie der beste Boll-Film bis dato. Letzte Chance… vorbei!

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Erstveröffentlichung: 2011