Die besten Actionfilme der 70er Jahre II
Nachdem in der letzten Actionretrospektive vor allem die Exploitationseite und auch so manche düstere Ausgeburt des spektakulären Kinos die Liste dominierte, wird es dieses Mal deutlich leichtfüßiger und auch leichtherziger. Die Vertreter in dieser Liste könnten (teilweise fast, teilweise gut und gerne) auch dem Subgenre der Actionkomödie zugeordnet werden. Ihre Actionszenen werden ergänzt von einem gewitzten Augenzwinkern und einer ordentlichen Portion Humor, der jedoch nie zu böse oder gehässig daherkommt. Gerade Burt Reynolds war damals für so manchen spaßigen, albernen Actioneer gut und ist in dieser Liste gleich zweimal vertreten: Als Autonarr Bandit in dem prototypischen Car-Chase-Movie Ein ausgekochtes Schlitzohr und als grimmiger Stuntman Hooper in Um Kopf und Kragen. Aber auch Clint Eastwood – eigentlich alles andere als bekannt für seine humoristische Seite – darf in Der Mann, der niemals aufgibt beweisen, dass er durchaus Spaß verstehen kann, auch wenn dieser Film dann doch zu mitreißend ist, um als bloße Action/Comedy durchzugehen. Und in Convoy offenbart Countrysänger Kris Kristofferson nicht nur seine komödiantische sondern auch seine melodramatische Seite, und darf dabei sogar ein bisschen politisch werden.
Der Mann, der niemals aufgibt [Clint Eastwood]
(USA 1977)
Clint Eastwood hat besitzt jetzt nicht unbedingt den Ruf, die größte Spaßkanone zu sein. Vor allem in den 70ern war er dann doch eher als grimmiger Texaner oder verschlossener und aggressiver Dirty Harry bekannt. In einer seiner frühen Regiearbeiten, beweist er dann aber doch, wie viel Spaß er in einem Actionszenario haben kann. In The Gauntlet (so der englische Originaltitel) spielt er einen abgewirtschafteten Polizisten, der bei der vermeintlichen Routineüberführung einer festgenommenen Prostituierten in riesige Probleme gerät. Plötzlich hat er eine ganze Kohorte Polizisten gegen sich, arbeitet aber unermüdlich weiter, den ihm auferlegten Job zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Der Mann, der niemals aufgibt ist ein ungemein sympathischer und augenzwinkernder Road Movie, der deutlich mehr Ironie im Gepäck hat, als das stereotype Filmplakat vermuten ließe: Mit lockeren Sprüchen, eine superben Chemie zwischen Eastwood und Sondra Locke und einem tollen Gespür für kleine Outsider-Anekdoten taugt er nicht nur als Cop-Actioneer sondern ebenso als durchtriebene Actionkomödie, als Road Movie und Buddy Movie und nicht zuletzt als bissige Satire, in deren Zentrum eine absurd überzeichnete Polizeimacht steht.
Ein ausgekochtes Schlitzohr [Hal Needham]
(USA 1977)
Achja, Burt Reynolds und Hal Needham, Dreamteam der konservativ libertären Actionkomödie amerikanischer Bauart. Mit Smokey and the Bandit sollte ihre beispiellose Serie beginnen, zu der unter anderem der auch hier vertretene Hooper oder auch Auf dem Highway ist die Hölle los gehören. Ich werde immer einen soft spot für ihre Filme haben, schlicht und ergreifend, weil ich sie als Kind geliebt habe. Aber machen wir uns nichts vor: Das Gesellschaftsbild, das Frauenbild, die politische Kultur, die in ihren Filmen vermittelt werden sind unter aller Sau. Dabei ist Ein ausgekochtes Schlitzohr nicht einmal offen politisch, aber es sind die kleinen Spitzen, die immer wieder durchdringen und ohne jeden Zweifel lassen, wo sich dieser Film verortet. Das beiseite geschoben ist die Geschichte des Autonarren Bandits, der vierhundert Kisten Bier von Texas nach Atlanta schmuggelt und dabei unfreiwillig eine Braut vorm Altar rettet, wirklich ein großes Vergnügen für alle Liebhaber von Road Movies, Car Chase Movies und der tendenziell harmlosen Mischung aus Action und Comedy. Insbesondere Jackie Gleason sorgt als übereifriger Polizist Sheriff Buford T. Justice für jede Menge guter Laune in kindlicher Slapstick-Action, aber auch die Chemie zwischen Burt Reynolds und der flüchtigen Braut Sally Field passt perfekt. Der Rest ist oberflächliche, inhaltsleere, leichtfüßige und oft auch ziemlich alberne Actionunterhaltung, die aber den perfekten Rhythmus besitzt, ne Menge grandioser Stunts zu bieten hat und sich nie allzu ernst nimmt.
Hooper – Um Kopf und Kragen [Hal Needham]
(USA 1978)
Needham und Reynolds die Zweite. Die Kritik am Gesellschaftsbild von Smokey and the Bandit kann man 1:1 auf Hooper übertragen. Im Zentrum dieser machoitischen, konservativen Actionkomödie steht der Beruf des Stuntman, und Reynolds darf diesem mit seinem gewohnten. Charme, seinem mitunter infantilen Humor und mit seinem Gott sei Dank immer präsenten Augenzwinkern ein wundervolles Denkmal setzen. Auch Hooper ist leichtfüßig, wird nie zu dramatisch, nie zu reißerisch und balanciert geschickt zwischen den Genres Action, Comedy und spektakulärem Stunt-Feuerwerk. Noch mehr als sein Vorgängerfilm hat er das Herz am rechten Fleck und weiß, dass das, was er inszeniert, eigentlich ziemlich alberner Blödsinn ist. Umso mehr macht es Spaß, seiner abstrusen Geschichte und deren kindlich naiven Figuren zu folgen. Viel zu erzählen hat diese freilich nicht, nimmt sich dafür dann aber umso mehr Zeit für große Stuntszenen und unterhaltsames Spektakel. Wer das ausgekochte Schlitzohr mochte, wird hier ebenfalls verdammt viel Spaß haben.
Convoy [Sam Peckinpah]
(USA 1978)
Alle bisher genannten Filme haben gemeinsam, dass sie doch ziemlich genau wissen, zwischen welchen Genres sie balancieren wollen: Leichtfüßige Car Chase Action, charmante – manchmal auch alberne Komödie – und spektakuläre Stuntshow. Auch wenn sie einen Genrespagat wagen, geht dieser doch nie zu weit. Bei dem Truckerspektakel Convoy ist das ein wenig anders. Kein Wunder, führt in diesem Neowestern doch Sam Peckinpah das Regiezepter, jener Sam Peckinpah, dem wir in unserer Retrospektive an der ein oder anderen Stelle schon begegnet sind. Jener Sam Peckinpah, der keine Angst vor schweren Themen, vor Gesellschaftskritik und düsterer Dramatik hat. Convoy dürfte einer seiner leichteren Filme sein, und dennoch sind auch in diesem die Insignien des New Hollywood tief eingezeichnet. Erzählt wird die Geschichte des Truckerfahrers Martin „Rubber Duck“ Penwald, der sich mit der Obrigkeit verkörpert durch korrupte und übereifrige Polizisten anlegt. Bis dahin nichts besonderes. Auffallend ist jedoch wie politisch der Kampf des kleinen Mannes gegen die Staatsmacht in diesem Actionfilm wird. Und wie dramatisch. Auch Peckinpah verzichtet nicht auf spaßige Momente, auf launige Sprüche und leichte Action, die immer mit einer gehörigen Portion Slapstick einhergeht. Aber er will mehr, und er macht mehr: Und so werden nicht nur staatliche Willkür, sondern auch Rassismus, Klassismus und politischer Protest thematisiert. So wird aus einer einfachen Flucht mehrerer Trucks Richtung Mexiko eine beeindruckende Demonstration für die Rechte des kleinen Mannes, inklusive Pathos und Melodramatik. Convoy gehört der seltenen Spezies der Actiontragikomödie an, und so merkwürdig dieser Genrespagat klingen mag, er gelingt ihm ausgezeichnet. So darf Convoy Spaß machen, mit Spannung mitreißen, laut auflachen und im nächsten Moment wieder todernst werden. Nicht zuletzt dank der exquisiten Inszenierung und dem herausragenden Cast (allen voran Kris Kristofferson als kämpferischer Truckfahrer, Ali MacGraw als Love Interest, die eindeutig mehr als nur Eye Candy ist, und Ernest Borgnine als fieser Antagonist) vielleicht der beste Action Comedy Road Movie der Dekade.