Die besten Thriller der 80er Jahre V

Thriller der 80er Jahre, die Fünfte. Thriller der 80er Jahre die Letzte. Ausschussware soll hier trotzdem nicht präsentiert werden. Stattdessen ein enervierender Mix aus klassischem Actionthriller-Flick und raffinierten Tricksereien in F/X – Tödliche Tricks, eine vorzügliche Hitchcock-Verbeugung im Post-Suspense Streifen Frantic, asiatische Genre-Kunst im knallharten „A Better Tomorrow“ Quasi-Nachfolger City on Fire, ein elegantes Kammerspiel im französischen Thrillerdrama Das Verhör und den wundervollen Style over Substance Reißer von Brian de Palma Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren.

F/X – Tödliche Tricks [Robert Mandel]

(USA 1986)

Wenn die Special Effects Verliebtheit Hollywoods als Leinwand für einen coolen, doppelbödigen Thriller benutzt wird, ist das nicht nur eine herrliche – auf der Metabene stattfindende – Auseinandersetzung mit der Filmproduktion in den 80er Jahren, sondern darüber hinaus auch noch die perfekte Vorlage für einen spannenden Thriller voller Fallhöhen. Diesbezüglich macht F/X alles richtig, spielt mit seinen Protagonisten ebenso wie mit seinem Publikum, verblüfft mit ideenreichen Tricks und Kniffen und erzählt ganz nebenbei noch astreine Genre-Unterhaltung um Betrug, Korruption, Gier und die Verbindungen von Recht und Gesetz mit der Welt der organisierten Kriminalität. Wer sich gerne täuschen lässt ist in diesem Furiosen Actionthriller um einen Special Effects Künstler, der unfreiwillig in eine große Verschwörung hineingezogen wird, genau an der richtigen Adresse.

Frantic [Roman Polanski]

(USA, Frankreich 1988)

Mit seiner Disposition, einem einfachen US-Bürger, der im Ausland – in diesem Fall Paris – ohne eigenes Zutun in einen großen Komplott verwickelt wird, ist Roman Polanskis Frantic natürlich ganz nah dran an den Genre-Klassikern eines Alfred Hitchcock wie Der Mann der zuviel wusste (1934, 1956). Dem Wahleuropäer hier aber ideenlose Epigonie vorzuwerfen ist alles andere als angebracht. Immerhin gelingt es Polanski in einem sehr geradlinigen, traditionellen Setting eine wirklich beklemmende Atmosphäre aufzubauen, die sich hier und da bei Kafka bedient und durch ihren agoraphobischen Charme weit über die Atmosphäre traditioneller Thriller-Hausmannskost hinaus geht. Ja, auch hier obsiegt der Stil das ein oder andere Mal zu oft zu Lasten der Substanz, die gehobene, düstere Inszenierung macht aber so manche Story-Schlichtheit wett und lässt den Film als spannende urbane Schnitzeljagd im goldenen Glanz des Post-Hitchcock Suspense-Kinos erstrahlen.

City on Fire [Ringo Lam]

(Hong Kong 1987)

Wer wissen will, wo Quentin Tarantino so manchen inszenatorischen Trick lernte, kommt an dem asiatischen Genrebastard City on Fire nicht vorbei. Im Porträt eines Undercover-Cops entwerfen Regisseur Ringo Lam und sein Hauptdarsteller Chow Yun-fat eine vitale Mischung aus Action, Thriller, Drama und Comedy, und kreuzen dabei knochentrockene asiatische Crime-Unterhaltung mit einem nicht zu knappen Augenzwinkern. Gewalt baut sich auf, wird gebrochen, wird in großen visuellen Pathos verwandelt und gleich darauf einmal durch die Dekonstruktionsmühle gedreht, während gleichzeitig den großen Vorbildern, vom Spaghettiwestern über das Cop-Drama bis zum Hong Kong Actioneer gehuldigt wird. Ein großer Film, ohne den das zitatreiche Independent Genre-Kino der 90er Jahre – sprich so ziemlich alle tarantinoesken Filme – wohl nie möglich gewesen wäre.

Das Verhör [Claude Miller]

(Frankreich 1981)

Aus einer komplett anderen Richtung des Thriller-Genres stammt Claude Millers Kammerspiel „Das Verhör“. Wo andere Thriller mit zahllosen Ortswechseln, unzähligen Zitaten und Reminiszenzen für Furore sorgen, fokussiert sich dieser elegante Ermittlungsfilm voll und ganz auf das schlichtest mögliche Set-up: Ein Polizeirevier, ein knapp bemessener Zeitraum von ein paar Stunden und die Frage nach dem Mörder zweier Mädchen reichen Miller aus, um einen hochkonzentrierten Hybriden aus Psychodrama, Dialogfilm und spannendem Thriller voller Wendungen zu erzählen. Nicht bloß die Frage nach Schuld und Unschuld wird hier verhandelt, sondern zugleich sämtliche Facetten der menschlichen Psyche, immer mit der Prämisse „Welche Abgründe, wie viel Dunkelheit lauern hinter einer gutbürgerlichen Fassade?“. Ein dichtes, mitreißendes Kammerspiel, das sich zurecht voll und ganz auf das geschickt konstruierte Drehbuch, die intensive Inszenierung und vor allem die großartige Schauspielkunst seiner Protagonisten – darunter Romy Schneider in einer ihrer letzten Rollen – verlässt.

Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren [Brian de Palma]

(USA 1981)

Der Brian de Palma schon wieder… der hat ja durchaus ein Händchen dafür klassische Stoffe, Motive und Kultformate zu nehmen und diese in seine ganz eigene extravagante Form des Blockbusterthrillers zu pressen. Bei Blow Out bedient er sich ausgerechnet – wie immer ziemlich frei – bei Michelangelo Antonionis schwindelerregendem, hypnotischen, surrealen – als Krimi getarnten -Experimental/Kultfilm Blow Up (1966) und transferiert dessen Sujet – wie zu erwarten war – in einen astreinen 80er-Thriller. Dass dabei sämtliche bizarren Ecken und Kanten der Vorlage verloren gehen? In diesem Fall geschenkt. De Palma gelingt es nämlich seine ganz eigene Version der Antonionischen Topoi zu etablieren: Auch hier geht es um die Trägheit der menschlichen Wahrnehmung, um die Möglichkeit diese zu täuschen, um die Macht der medialen Übermittlung… und doch letzten Endes vor allem um spannende Crime-Unterhaltung. Ja, wieder einmal Style over Substance, ja, wieder einmal viel zitiert und dabei viel beschnitten, ja, wieder einmal vor allem lupenreine Thrillerkost ohne große Schnörkel… aber gerade in letztem Punkt ist de Palma immer noch ein Meister seines Faches, dem niemand so schnell etwas vormacht.

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Erstveröffentlichung: 2015