Monat: März 2020

Why 4 Blocks sucks… a little bit

Es ist mal wieder Zeit, eine – in diesem Fall von den Deutschen – heiß geliebte Serie ein wenig zu zerreißen. 4 Blocks (seit 2017), mittlerweile drei Staffeln mächtig, ist seit seiner ersten Staffel 2017 die große Serienhoffnung der deutschen TV-Landschaft. Staffel drei des von TNT Serie produzierten Clan-Thrillerdramas befindet sich derzeit noch hinter Bezahlschranken und nach der doch etwas dahingeschludert wirkenden zweiten Staffel ist meine Motivation Geld in weitere Folgen zu investieren eher gering ausgeprägt. Tatsächlich hat ja die zweite Staffel ganz generell bei Kritik und Publikum bei weitem nicht den den Anklang gefunden wie Staffel Nummer eins, der eine Zeit lang nachgesagt wurde, das beste zu sein, was die deutsche TV-Landschaft in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Aber auch Staffel 1 ist alles andere als flawless, und bei all der Begeisterung scheint mir die Kritik doch einige ihrer Schwächen übersehen – oder wohlmeinend ignoriert – zu haben. Auch wenn ich sehe, wo die Liebhaber der deutschen Sopranos herkommen, meiner Meinung nach war die ganze Produktion von Anfang an overhyped. Vielleicht lag es daran, dass das Feuilleton glücklich darüber war, mal andere Crime Serienkost als den überspielten Tatort zu sehen zu bekommen, vielleicht lag es daran, dass das Thema Clankriminalität für viele Deutsche der Inbegriff von unterhaltsamem Thrillerporno darstellt, vielleicht lag es auch daran, dass endlich mal wieder eher das Tätermilieu denn das Ermittlermilieu im Fokus einer Produktion stand… egal, dieser Serie wurde auf jeden Fall viel zu viel unkritische Liebe geschenkt. Und der muss hier was entgegengestellt werden. Aber ich bleibe den Konzept meiner Reihe treu: 4 Blocks rockt auch irgendwie, hat viel Gutes zu bieten und hat mich prächtig unterhalten. Warum es trotzdem – auch jenseits von Nitpicking – an dieser Serie ne Menge auszusetzen gibt, folgt jetzt.

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Die besten Filme 2017: Dave Made a Maze (Splatter/Horror/Fantasy/Comedy-Hybrid)

Es ist nicht das erste Mal, dass ich mir Gedanken über die Folgen des Videothekensterbens für die „Direct to DVD“ oder „Best Performance on DVD“- oder noch allgemeiner Indie-Filmkategorie mache. Und es wird mit Sicherheit nicht das letzte Mal sein. Ich glaube auch nach wie vor, dass die langfristigen Folgen dieses Prozesses noch nicht vollkommen zu überblicken sind, und dass ebenso noch nicht ausgemacht ist, ob es sich um positive oder negative Folgen (oder von beidem ein bisschen was) für diese Nische der Filmwelt handelt. Streaming ist die neue Realität, mit der sich alle „Direct to DVD“-Produzenten und darüber hinaus alle Filmproduzenten überhaupt auseinandersetzen müssen. Insbesondere, weil durch den Wegfall der Videotheken nicht einfach ein Verbreitungskanal wegfällt, sondern vor allem einer, der ganz bestimmten Gesetzen zu gehorchen schien, von denen viele Filme profitieren konnten. Manche, zum Beispiel die deren Hauptvermarktungsstrategie der „Fehlgriff“ im Videothekenregal zu sein schien (* Hust Asylum), etwas mehr, andere etwas weniger. Leid tun kann es einem vor allem um jene engagierten unabhängigen Werke, die – selbst wenn sie einen Kinorelease hatten – schon immer davon lebten, im Videothekenregal (wieder-)entdeckt zu werden und dort durch Mund-zu-Mund-Propaganda von der unbekannten Indie-Perle zum Kultfilm aufzusteigen: Filme wie Evil Dead oder Donnie Darko (wahrscheinlich einer der letzten dieser Art), die offene Videothekenbesucher brauchen, die auch mal neben die üblichen Verdächtigen greifen. Und genau ein solcher Film, dem ein Videothekenrelease mit Sicherheit extrem gut getan hätte, der nun aber in einer Streamingwelt um die Aufmerksamkeit des Publikums kämpfen muss, ist Dave made a maze (2017), der gut zwei Jahre brauchte, um überhaupt in Deutschland anzukommen.

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Die besten Filme 2017: The Disaster Artist von James Franco

Schlechte Filme kommen und gehen. Und manche bleiben für die Ewigkeit. Was in den 50er Jahren Ed Wood und was in den 90ern Troll 2 und Showgirls war, dürfte zu Beginn des neuen Jahrtausends ohne Zweifel Tommy Wiseaus The Room (2003) gewesen sein: Nicht einfach ein schlechter Film, sondern ein Film, der so schlecht ist, dass er – auf eine zweifellos bizarre Weise – als unterhaltsam, sehenswert und irgendwie auch gut wahrgenommen werden kann. In seinem Buch The Disaster Artist: My Life Inside The Room, the Greatest Bad Movie Ever Made (2013) verarbeitete der damals beste Freund von Wiseau – und Nebendarsteller in dem Film – Greg Sestero seine Beziehung zu dem Regisseur sowie die chaotischen Dreharbeiten, die schließlich in den monumentalen „So bad it’s good“-Film münden sollten. Eine solche Geschichte ist eigentlich praktisch eine Einladung zu Spott und Häme. Dass weder Buch noch die Verfilmung unter dem Titel The Disaster Artist (2017) in diesen Niedrigkeiten verloren gehen, liegt vor allem an zwei Dingen: Ihrer ehrlichen Faszination an dem in der Tat äußerst schräg agierenden Wiseau und an der Empathie, die sie für alle Protagonisten und Protagonistinnen des cineastischen Jahrhundertdesasters mitbringt.

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Aus aktuellem Anlass: Sehenswerte Pandemiefilme

Tja… wollen wir so etwas überhaupt gerade sehen? Gute Frage. Ich denke durchaus. Wenn man schon zu Hause eingeschlossen ist, sei es eine echte Quarantäne wegen einer tatsächlichen Corona-Infektion, sei es wegen der derzeit völlig angebrachten Reduzierung sämtlicher sozialen Kontakte, dann kann man die Zeit auch nutzen, ein wenig in der Filmgeschichte zu stöbern, um aus dieser etwas für die eigene aktuelle Situation zu extrahieren. Denn auch wenn Covid-19 in vielfacher Hinsicht ein absolutes Novum in der Geschichte der viralen Pandemien darstellt, so gibt es Seuchen und den Kampf gegen diese doch so lange es die Menschheit gibt. Und folgerichtig haben sich schon zahllose Kunstschaffende mit dem Thema auseinandergesetzt. Hier also eine kleine, ziemlich subjektive, ziemlich unvollständige Liste an Filmen, die dabei helfen die Zeit ohne Kino zu überbrücken. Beileibe nicht die besten Pandemiefilme aller Zeiten, aber doch eine Kollektion sehenswerter Filme. Eine Kollektion, die taugt, um Panik zu schüren, Panik abzubauen oder einfach ein bisschen tiefer in das Thema „Die Menschen und das Virus“ einzutauchen.

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Die besten Filme 2019 – Systemsprenger: Realismus und Expressivität

Benni ist neun. Benni ist unberechenbar. Benni hat einen langen Weg hinter sich, scheint aber nie irgendwo anzukommen. Und für Benni scheint es auch keine Hoffnung zu geben. Aber das sind bloß Sätze, Versuche der Charakterisierung, die ins Leere laufen. Um Bennis Verhalten zu verstehen oder wenigstens ein bisschen einordnen zu können, muss man es erlebt haben. Und nichts anderes macht Systemsprenger (2019) von Nora Fingscheidt: Er stellt nicht einfach dar, zeigt und charakterisiert nicht einfach Bennis Innenleben und Bennis Kampf mit sich selbst und der Außenwelt. Er macht dies zum Erlebnis. Nicht zu einem jener Erlebnisse, bei denen man genüsslich sein Popcorn in sich hineinstopft und nebenbei ein bisschen Sozialporno geliefert bekommt; nein, eines jener Erlebnisse, die ihre Zuschauer – oder besser gesagt ihre Erfahrenden – in den Kinosesseln drücken, sie durchschütteln, durchrütteln und auf sie einprügeln, so dass ihnen Hören und Sehen vergeht. Benni – fantastisch gespielt von Helena Zengel – leidet an sich, an der Welt und entzieht sich zugleich allen Rettungsversuchen. Wen sie allerdings brutal in ihre Welt hineinzieht, sind die Zuschauerinnen: Sei es durch die Farben, sei es durch den hektischen Schnitt, sei es durch ihre bloße Präsenz. Bennis Innenleben ist nicht den ganzen Film über präsent, wenn es das ist, gibt es allerdings kein Entkommen.

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Die besten Horrorfilme 2019: Midsommar – Wie viel Horror steckt in Ari Asters neuestem Geniestreich?

Wir leben in goldenen Zeiten für Horrorfilmliebhaber. Seit schon längerer Zeit kommen praktisch jedes Jahr mindestens ein oder zwei Filme heraus, die das Genre nicht einfach nur bedienen, sondern erweitern, ergänzen und seine Grenzen sprengen. Post-Horror ist in diesem Fall das Zauberwort. Und egal, ob man diesen Begriff für einen großen Spuk der Kritikerschar hält oder für eine legitime neue Subgenre-Schublade, man muss zweifellos anerkennen, dass der Horror der ungewöhnlichen Art gerade blüht und gedeiht. Eine der größten Hoffnungen dürfte dabei Ari Aster sein, wurde sein letztjähriger Genrebeitrag Hereditary (2018) nicht einfach nur gefeiert, sondern vom Feuilleton gleich zum besten Horrorfilm der Dekade gekürt. Und irgendwie ist es ja auch nachvollziehbar: Hereditary war eine verflucht mitreißende, verflucht angsteinflößende Mischung aus Familiendrama, Tragödie und brutalem Okkulthorror: Schmerzhaft, kompromisslos und der Beweis, dass Horror auch im 21. Jahrhundert noch verdammt gut zu erschrecken weiß. Entsprechend neugierig war die Zuschauerschaft auf Asters Nachfolgewerk, Midsommar (2019), genau ein Jahr nach Hereditary, ebenfalls im Horrorgenre beheimatet und ebenfalls mit dem Potential, Genregrenzen neu zu definieren. In der Tat weiß der Sektenthriller ebenfalls – nicht nur aber auch Freunde seiner Vorgängerin – zu überraschen; nur eben wiederum auf ganz andere Weise.

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Die besten Filme der 80er Jahre: Die Reise ins Ich

Beim Wühlen durch mein Text-Archiv bin ich auf eine kleine Rezension gestoßen, die noch aus Popcultures-Zeiten stammt, die sich als Abschluss der 80er Action-Retrospektive aber auf jeden Fall gut eignet. Es geht um einen meiner liebsten 80er Jahre Filme, Die Reise ins Ich, den ich tatsächlich als Kind schon geliebt habe und der mir mit der Zeit erst peu à peu offenbart hat, wie viele Skurrilitäten und makabere Anspielungen in ihm stecken. Nur logisch, dass ich ihn vor einigen Jahren ordentlich textuell abgefeiert habe. Und auch wenn die folgende Rezension keine tiefgreifende Analyse, keinen besonderen Interpretationstwist und keine kritischen Gedanken bereithält, ist sie doch ein ganz schönes Dokument dafür, wie sehr ich die klassischen Blockbuster liebe, einfach, weil sie weitaus mehr Herz, Verstand und vor allem Mut besitzen als so mancher aktueller Hollywood-Schinken: Es folgt der Text von vor ungefähr fünf Jahren, nur leicht korrigiert, ich stehe aber nach wie vor 100% hinter jedem Begeisterungsschwall, der in ihm wohnt:

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Die besten Actionfilme der 80er Jahre III

Nach ihnen die Sintflut… die 80er Jahre waren das letzte Jahrzehnt, in dem Action noch so richtig dumm, moralisch verkommen und vor allem over the top sein durfte. Mit den 90ern folgten die gebrochenen, jungen Helden, die nichts mehr von der Perfektion der 80er Kampfmaschinen besaßen. Und im neuen Jahrtausend dann schließlich wurde der Realismus derart aggressiv in das Genre hineingedrängt, dass für übertriebene, alberne Awesomeness kein Platz mehr war. Die 80er markieren damit als Actionjahrzehnt auch die letzte Dekade der Unschuld des Genres, der machoistischen Naivität und apolitischen Überhöhung. Wenn es einen Film gibt, der sich bestens zur Stützung dieser Kategorisierung eignet, dann ist es Commando, in dem sich sämtliche Genreklischees der Zeit wiederfinden. Aber auch der gutgelaunte, charmante James Bond in Sag niemals nie (der letzte Auftritt Connerys als 007) wirkt fast wie ein Konterpart zum aktuellen, düsteren und tragischen Agenten ihrer Majestät Daniel Craig. Allerdings beweisen Filme wie Runaway Train und Black Rain – in ihrer Düsternis und Charakterzeichnung beinahe Vorboten des aktuellen Actionkinos – dass auch in den 80ern Platz für schwere und tragische Töne innerhalb des Genres war. Und mit dem knallharten Actionthriller Ausgelöscht fand das Jahrzehnt sogar noch die Zeit ein wenig den Actionhelden der 70er Jahre zu gedenken, bevor diese komplett in der Versenkung verschwanden. Die besten Actionfilme des Jahrzehnts, Klappe die Letzte:

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Sequenz/Verknüpfung/Anarchie – Orphea von Alexander Kluge und Khavn

Wer Alexander Kluges Œuvre in den letzten Jahrzehnten verfolgt hat, weiß, dass er sich schon vor längerer Zeit vom traditionellen cineastischen Erzählen entfernt hat. Unzweifelhaft beeinflusst von seinen Fernseharbeiten mit der dctp ist sein Stil schon lange fragmentarisch, zwischen Fakten und Fiktionen pendelnd und angelehnt an Sehgewohnheiten, die sich im Fernsehen der 80er Jahre entwickelt haben: Kluge liebt den Schnitt zu etwas völlig anderem, er liebt die Verknüpfung von Dokumentation und Fiktion, er liebt die Reihung und das Offenlassen. Kluges segmentierte Filme lesen sich auch immer wie eine Reihung von Cliffhangern, die aufeinander aufbauen, aber nie zu einem Abschluss kommen. Prinzip Serie als Film. Das ist auch bei Orphea (2020) der Fall. Der größte Unterschied zu seinen letzten Werken: Mehr als jemals zuvor muss sich Kluge mit seinem Regiepartner – dem philippinischen Experimentalregisseur und Künstler Khavn – und seiner Hauptdarstellerin, der Schauspielerin und Sängerin Lilith Stangenberg, auseinandersetzen. Denn diese haben ähnliche und doch ganz andere Ziele als die Ikone des neuen deutschen Films.

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