Kurzrezensionen: Framing Britney Spears, Army of the Dead, Oxygen, We summon the Darkness

Ich schreibe wirklich gerne positive Dinge über gute Filme. Und da es mir mit der Zeit immer schwerer fällt, negativ oder mit einer gewissen „meehh“-Grundhaltung über schlechte, durchschnittliche oder gerade mal okaye Filme zu schreiben, könnte man zumindest hier im Blog dem Irrtum erliegen, ich würde diese gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Aber tatsächlich sehe ich ne Menge davon, oft mehr als mir lieb ist. Und um dem vielen Überschwang und Lob, die ich hier wöchentlich verteile, ein bisschen Negativität entgegenzustellen, kommt hier mal ne kleine Sammlung von Kurzrezensionen zu ein wenig „Ausschussware“, die ich in den letzten Wochen gesehen habe. Zumindest bei einem Film in dieser Reihe ist der Begriff „Ausschussware“ dann doch ziemlich ungerecht, da für ihn durchaus eine Sehempfehlung ausgesprochen werden kann. Und bei einem zweiten Film reicht es allemal für ein „Kann man machen!“. Ansonsten ist das hier rezensierte Material aber ziemlich unterwältigend. Nichts, was wirklich schlecht wäre, aber auch nichts, was das Publikum umhauen könnte. Aber um wenigstens einmal kurz – zumindest für einen Artikel – im Jahr 2021 wirklich über aktuelle Filme zu schreiben… hier ein paar 2021er Werke, kurz rezensiert, kurz abgefertigt und der Vollständigkeit halber… Viel Spaß.

Framing Britney Spears [Samantha Stark]

(USA 2021)

Natürlich ist es ein nobles Ansinnen, das Leben und Schaffen eines der größten Popstars des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts aus einem neuen Blickwinkel zu beleuchten. Und wenn die New York Times dahinter steht, darf man sich natürlich auch auf eine hervorragende journalistische Arbeit einstellen. Das Problem von Framing Britney Spears liegt dann auch weniger am Inhalt als viel mehr an der Ausführung. Samantha Stark erzählt streng chronologisch vom Aufstieg und Niedergang Britney Spears‘ und rückt dabei vor allem die Vormundschaft durch ihren Vater, die in den letzten Jahren durch die #freebritney-Bewegung eine gewisse Öffentlichkeit erhalten hat, in den Mittelpunkt. Das Thema ist spannend, zweifellos, und Die Geschichte – wenn sie denn so in allen Einzelheiten stimmt – ist in der Tat ein großer Skandal, in dem sich sehr viele Parteien, von Spears‘ Familie über die Musikindustrie bis hin zur Klatschpresse schuldig gemacht haben.

Framing Britney Spears gelingt es allerdings nicht die emotionale Gewalt dieser toxischen Einflüsse von Außen spürbar zu machen. Dafür ist er zu sehr kühle Reportage und zu wenig Dokumentarfilm, zu viel TV und zu wenig Kino. Außerdem füllt er seine Handlung mit einer Menge Raunen und vielen Kommentaren von Außenstehenden. Der Titel ist dabei wörtlich zu nehmen: Nach Ansicht der Dokumentation fand in den letzten 20 Jahren ein sehr spezifisches, ein falsches Framing von Spears statt, und folgerichtig will sie diesem Narrativ ihr eigenes, das richtige Framing entgegensetzen. Der Bogen wird dabei hin und wieder überspannt, das Raunen zu stark, die Positionierung zu einseitig. Wenn sich eine ganze Reihe Beteiligter allerdings vehement gegen die journalistische Aufarbeitung wehren und an dieser nicht einmal mit Statements mitwirken wollen, bleibt eben auch nur Fleisch aus einer Ecke übrig. Insgesamt haben wir mit dem Film von Samantha Stark eine gehobene Fernsehreportage vor uns, mehr allerdings nicht. Wer an dem Thema interessiert ist (und sich gerne über Musikbusiness und Klatschpresse aufregt), darf gerne einschalten. Es bleibt allerdings der bittere Nachgeschmack, dass der Film letzten Endes genau das macht, was er dem Gossip vorwirft: Er spekuliert, emotionalisiert und seziert die psychische Befindlichkeit eines Menschen, den er nicht kennt. Dass er dies nicht im geringsten reflektiert, gehört zu den größten Versäumnissen dieses sonst geradlinigen journalistischen Filmstücks.

Army of the Dead [Zack Snyder]

(USA 2021)

Immer wenn ich mich frage, warum ich Zack Snyder so furchtbar nervig finde, kommt ein Film wie Army of the Dead und zeigt mir eindeutig auf: Ach ja, genau! Deswegen! Und es ist wirklich haargenau so wie immer: Auf dem Papier klingt das ganze erst einmal großartig. Heist meets Zombieflick. Nachdem Las Vegas von Untoten überrannt wurde, heuert der Casinobesitzer Tanaka eine Gruppe von Söldnern an, um sein eigenes Casino in der Zombiemetropole auszurauben, bevor die Stadt – und alles Geld im Tresor – von einer Atombombe der US-Regierung plattgewalzt wird, um der Pandemie Herr zu werden. Ein super Konzept und ein Garant für ne Menge Spaß… wäre da eben nicht die Snyder’sche Umsetzung. Der gute Zack hat nämlich wie so oft wieder einmal ne Bitterness Pill geschluckt und gibt sich reichlich Mühe diese total alberne Story mit viel Pathos, Stil und Symbolik zu inszenieren. Und das funktioniert bei diesem Setup einfach nicht. Dabei besteht am Anfang sogar noch ein wenig Hoffnung: Die Eröffnungsmontage, in der wir auch einige unsere Heldinnen und Helden kennenlernen ist wirklich gut montiert und spaßig geschnitten. Videoclips kann der gute Zack halt einfach. Nur verliert er sich danach komplett in seiner typischen Sauce aus pathetischer Action, elegischer Düsternis und bemühter Coolness.

Dabei ist nicht alles schlecht hier. Dave Bautista spielt mal wieder so überraschend gut, dass man es eigentlich schon nicht mehr als überraschend bezeichnen kann. Die Idee, eine tatsächliche Zombiegesellschaft, einen Zombiestaat zu erzählen, in dem es Hierarchien und Gesetze gibt, gehört auch eher zu den originelleren Momenten des Films, und so manche Bilder aus dem postapokalyptischen Spieleparadies sind wirklich gut gestaltet. Nur nützt das alles eben überhaupt nichts, wenn das drumherum keinen Spaß macht. Army of the Dead ist schlicht zu eitel, zu selbstverliebt, um zu akzeptieren, dass er großer Trash ist. Er will mehr sein, will emotional bewegen, will immersiv sein und mitreißen, schielt viel zu sehr Richtung griechischer Tragödie und zu wenig Richtung spaßiger Exploitation. Ausgerechnet Matthias Schweighöfer sorgt als exzentrischer, teutonischer Safeknacker für ein bisschen ironisches Augenzwinkern, steht aber zwischen all den bierernsten Charakteren und Plots auf ziemlich verlorenem Posten. Wieder einmal hat Snyder nicht begriffen, was er da veranstaltet und macht sich damit seine eigenen Ideen und sein – zweifelsohne vorhandenes – Inszenierungstalent zunichte. Army of the Dead begeht den größten Fehler, den ein solcher Film machen kann: Er langweilt als drüber Actionschinken, wo er doch eigentlich witzig, bunt und infantil sein sollte.

We Summon the Darkness [Marc Meyers]

(Kanada 2019)

Noch so ein Film, der eigentlich ne ganz schnieke Idee hat, aus dieser aber viel zu wenig macht. Marc Meyers betreibt wie so viele seiner Genrefreunde in den letzten Jahren große 80er Jahre Nostalgie, macht dies aber ziemlich geschickt. We Summon the Darkness spielt nämlich nicht nur in dem entsprechenden Jahrzehnt und hat auch nicht nur dessen Ästhetik ganz gut verinnerlicht, er spielt auch mit sehr viel Freude mit den Topoi und Klischees des Horrorfilms der damaligen Zeit. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe von Teenie Girls, die auf einem Metalkonzert eine Gruppe zwielichtiger Typen aufreißt und wider besseren Wissens in ihre schicke Villa einlädt. Was die perfekte Vorlage für einen traditionellen Home Invasion Slasher ist, kehrt seine Prämisse in der Folge einmal um 180° und wirft dann ein bisschen Torture Porn, Satanismus, Sektenhorror und Psychothriller in den Ring. Eigentlich eine gute Mischung, und so mancher Witz, so manche Referenz, so manche dekonstruktive Brechung sitzt dann auch perfekt. Aber es reicht nicht.

We summon the Darkness verliert nämlich seine witzige Prämisse zu früh aus den Augen und will dann solider Thriller sein. Dafür fehlen ihm aber die sympathischen und interessanten Charaktere, weil er sich einfach im ersten Drittel große Mühe gegeben hat, wirklich alle Protagonisten und Protagonistinnen unsympathisch erscheinen zu lassen. Folgerichtig gibt es dann auch nichts zum Mitfiebern, nichts zum Mitleiden. Keine Spannung ohne Empathie. Das wäre kein Problem, würde der Film als gehässige Satire funktionieren, im Gegensatz zu wirklich gelungenen Metakommentaren wie Scream ist er dann aber doch zu geradlinig, zu sehr simpler Genrefilm. Schade, da wäre mit Sicherheit mehr drin gewesen; aber um ehrlich zu sein hat sich das ganze 80er Retro/Mystery/Fantasy-Ding mittlerweile auch ziemlich abgenutzt. Stranger Things Fans können hier ja mal reinschnuppern, und von Marc Meyers kann in Zukunft durchaus mehr erwartet werden. Bis dahin reicht es gerade mal so für ein wenig Spaß an einem „Wir finden nix anderes“-Streaming-Abend.

Oxygen [Alexandre Aja]

(Frankreich, USA 2021)

Zweifellos der beste Film dieses Artikels: Dabei bin nicht einmal ein besonders großer Alexandre Aja Fan. Der gute Mann hat mit dem „The Hills have Eyes“-Remake einen überzeugenden Treffer gelandet, davor und danach aber eher durchschnittliche Horrorkost abgeliefert. Mit Oxygen entfernt er sich nun ein wenig von dem Genre, in dem er sonst so gerne zu Hause ist und inszeniert eine sehr solide Mischung aus klaustrophobischem Thriller und Mystery mit Science Fiction Elementen. Oxygène ist das, was man gemeinhin als High Concept oder Gimmick Film bezeichnet. Eine Frau wacht in einer sarggroßen Gyrokammer auf, ohne Erinnerung daran, wer sie ist oder wie sie in diese Lage geraten konnte. Ihr Sauerstoff geht zu neige und es scheint keine Möglichkeit zu geben, aus der Kammer auszubrechen. Die einzige Hilfe, die ihr zur Verfügung steht, ist die künstliche Intelligenz MILO, die die Kältekammer kontrolliert und äußerst fürsorglich mit der Protagonistin umgeht, aber bestimmte Dinge zu verschweigen scheint. Außerdem gelingt ihr tatsächlich ein Anruf bei der Polizei, mit der sie hin und wieder kommunizieren kann, während fieberhaft nach ihr gesucht wird.

Wie wohl wenig überraschend sein dürfte, lebt Oxygen nicht nur von seinem simplen Konzept sondern auch diversen Plottwists, die mehrmals das Wissen des Publikums und der Protagonistin komplett auf den Kopf stellen und den Film auch partiell immer wieder in eine andere Richtung lenken. Gott sei Dank sind nur wenige der diversen Finten und Epiphanien vorhersehbar, und es bleiben immer genug Überraschungen übrig, um Zuschauende bei der Stange zu halten. Er kippt dabei auch nie ins Absurde oder Überzeichnete. Wenn der Nebel sich lichtet haben wir eine ziemlich runde, plausible und in sich abgeschlossene Geschichte vor uns, auch wenn wir dabei auf so manchen pathetischen Moment verzichten könnten. Aber Oxygen würde auch ohne die Twists funktionieren, denn das simple Setup, die klaustrophobische Enge und die freundliche und zugleich dubiose K.I. sorgen für verflucht viel Spannung und gehobene Atmosphäre. Er ist dabei nicht ganz so gekonnt minimalistisch wie der artverwandte Buried (2010), dafür holt er aus seinem geringen Budget aber ne Menge heraus und kann trotz beengtem Setting auch mit so manchem visuell beeindruckenden Einfall glänzen. Auch Mélanie Laurent macht ihre Sache sehr gut und es so ziemlich leicht trotz Anonymität mit ihrer Figur mitzufühlen, sich sogar in sie hineinzuversetzen. Oxygen ist spannend, wartet mit vielen Ideen auf, sieht gut aus und fährt solide ins Ziel. Ein gelungener Genrefilm für den gehobeneren Streamingabend.

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