Alle James-Bond-Filme der 70er Jahre – Wie sehenswert sind sie?

Sein Name ist Bond, James Bond. Eigentlich sollte an dieser Stelle eine Top-Liste der besten Agentenfilme und Spionagethriller der 70er Jahre folgen. Diese sei noch einmal kurz hinten angestellt, weil ich bei der entsprechenden Recherche festgestellt habe, dass ich die James Bond Filme des Jahrzehnts überhaupt nicht mehr sortiert und qualitativ zugeordnet kriege. Was macht man in so einem Fall und Lockdown-geschädigt also? Natürlich Binge Watching. Ich habe mir nochmal alle Verfilmungen der Agentensaga von Ian Fleming angeschaut, dabei festgestellt, dass ich einige Bond-Movies der 70er Jahre noch gar nicht kannte, und versuche nun im Folgenden diese einzuordnen. Dabei stehen die Fragen im Raum: Worum geht es im jeweiligen Film? Wie ist er? Und für wen ist er sehenswert beziehungsweise nicht sehenswert? Insgesamt fünf 007-Filme (hauptsächlich mit Roger Moore in der Rolle des Geheimagenten) gibt es auf diese Fragen abzuklopfen. Und da diese ohnehin ihr eigenes Genre bilden (Nicht so wirklich Thriller, nicht so wirklich Action, nicht so wirklich Spionagefilm) wollen wir keine weitere Sekunde verschwenden und uns gleich ins Agentengetümmel stürzen.

James Bond 007 – Diamantenfieber [Guy Hamilton]

(Großbritannien 1971)

Worum geht es? James Bond lauert dem Superschurken und S.P.E.C.T.R.E. Boss Blofeld auf, um sich am Mord seiner Ehefrau zu rächen. Nachdem er den Antagonisten vermeintlich umgebracht hat, wird er beauftragt, dem Diebstahl eines ganzen Haufen Diamanten hinterherzuforschen. Getarnt als Diamantenhändler Peter Franks reist er nach Amsterdam und Las Vegas, erfährt, dass hinter dem Raub deutlich mehr als bloße Geldgier steckt und wird überraschend mit einem alten Widersacher und dessen Klonarmee konfrontiert.

Was ist erwähnenswert? Nachdem Sean Connery für den letzten Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät (1969) das 007-Zepter an George Lazenby weitergereicht hatte, meldete er sich 1971 noch einmal zurück, um den berühmten Agenten ein vorerst letztes Mal zu verkörpern. Lazenby kam aus unklaren Gründen als Bond nicht mehr in Frage und die Produzenten wollten unbedingt Connery wieder haben, der sich aber ziemlich lange ziemte noch einmal die ikonische Rolle zu verkörpern. Am Ende von zähen Verhandlungen stand ein gewaltiger Paycheck für den schottischen Darsteller. Gleichzeitig sollte Diamantenfieber sein letzter Auftritt bis zum (erneuten) Comeback in Sag niemals nie (1983) werden.

Wie ist er? Ziemlich unspektakulär. Spannend ist vor allem der Anfang, an dem wir einen deutlich düsteren, rachsüchtigen Bond erleben. Ansonsten ist die Story aber zu konfus, die Inszenierung zu pathetisch und es fehlen die gediegenen Gags des 60er Jahre 007s. Gute Actionszenen gibt es kaum. Hervorzuheben sind vor allem eine Pseudoweltraum-Actionszene (sechs Jahre vor Moonraker), in der Bond mit einem Mondbuggy aus einem Forschungslabor flieht und durch die Wüste Nevadas brettert. Die Idee der bösen Klone ist ebenso witzig wie gaga, wird aber viel zu wenig ausgenutzt. Hätten diese und der Blofeld-Part mehr Raum bekommen, hätte Diamonds are forever ein richtig guter Bond werden können. So bleibt er in der Tat Mittelmaß, dem irgendwie anzusehen ist, dass Sean Connery sein Zenit als 007 überschritten hat.

Wer sollte ihn sehen? Connery-Fans und Nostalgiker, die den letzten „echten“ Bond sehen wollen, um sich anschließend über Roger Moore ärgern zu können. Wer Bonds dunkle Seiten mag, dürfte hier auch Freude haben.

Wer sollte ihn nicht sehen? Wer die James Bond Filme wegen ihres Humors, ihrer Action und ihres süffisanten Tones schätzt.

James Bond 007 – Leben und sterben lassen [Guy Hamilton]

(Großbritannien 1973)

Worum geht es? Mehrere Agenten des Secret Service verschwinden auf mysteriöse Weise oder werden kaltblütig ermordet. Die Suche nach den Schuldigen führt James Bond nach New Orleans und in die Karibik, wo er mit dem Diplomaten Kananga und dem Verbrecherboss Mr. Big konfrontiert wird. Diese planen einen großen Coup mit einer Menge Heroin, unterstützt von einer mysteriösen Wahrsagerin.

Was ist erwähnenswert? Der erste Auftritt von Roger Moore als James Bond, der bereits in den 60ern ein Favorit des Autoren der Romanvorlagen Ian Flemming war. Der Titelsong Live and Let Die von Paul McCartney und Linda McCartney zählt zu den bekanntesten Bond-Titelstücken. Für den restlichen Score wurde McCartneys Ex-Beatle-Partner George Martin verpflichtet.

Wie ist er? Etwas besser als sein Ruf! Aber auch ein ungewöhnlicher, aus der Reihe tanzender Bond, der vielleicht nicht unbedingt der beste Einstandsfilm für einen neuen Darsteller ist, da das Publikum hier ohnehin für 007-Verhältnisse mit ner Menge Fremdartigem konfrontiert ist: Eine deutlich überzeichnetere, comichaftere Herangehensweise, viel Pulp, viel Exploitation und Blaxploitation, eine Menge Voodoo und Exotismus… In dieser karikierten Form sind das alles andere als solide Bond-Zutaten. Der Film nimmt sich aber Gott sei Dank nicht zu ernst, Moore wirkt manchmal ein bisschen orientierungslos in dem ganzen Chaos. Das wird aber ausgezeichnet von dem coolen, generell etwas waghalsigeren Tempo aufgefangen. Die Wahrsagerin Solitaire ist ein schickes Bond-Girl, der Superschurke Mr. Big ist ziemlich uninteressant, dafür wiederum ist sein Handlanger mit der Eisenklaue absurd witzig und fast so etwas wie ein Prototyp des Beißers.

Wer sollte ihn sehen? Jeder, der mit den comichafteren, albernen Seiten von Bond etwas anfangen kann. Freunde des 70er Jahre Blaxploitation-Kinos, die keine Angst vor ein bisschen mehr Trash und (unfreiwilliger) Komik haben. Alle, die keine Rettung der ganzen Welt brauchen und natürlich jeder, der sich für den ersten Roger Moore Auftritt interessiert.

Wer sollte ihn nicht sehen? 60er Jahre Nostalgiker, für die Sean Connery der einzige Bond ist und für die die Formel der klassischen 007-Filme so wenig wie möglich geändert werden sollte. Alle, die sensibel auf Exotismus und (rassistsiche) Stereotype reagieren: Die Darstellung der Black Community in New Orleans, des Voodoo und des Lebens in der Karibik ist größtenteils einfach nur daneben und wirkt mit ihrem verdeckten und offenen Rassismus größtenteils wie ein Relikt aus einer (Gott sei Dank) überwundenen Epoche.

James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt [Guy Hamilton]

(Großbritannien 1974)

Worum geht es? 007 erhält vom mysteriösen Superverbrecher und Killer Scaramanga eine goldene Kugel zugesandt, was vom Secret Service als Drohung eines Anschlags auf den Topagenten interpretiert wird. Dieser denkt aber gar nicht daran, unterzutauchen, um der Gefahr zu entgehen. Stattdessen reist er Scaramanga hinterher, von Beirut über Macau und Hongkong bis zu dessen Unterschlupf auf einer geheimen Insel. Dort muss er sich einem obskuren Duell auf Leben und Tod stellen.

Was ist erwähnenswert? Mit Christopher Lee wurde eine echte Horrorfilmgröße für den Superschurken gecastet. Passend zu der Horrorthematik sollte ursprünglich Alice Cooper den Titelsong singen, die Produzenten entschieden sich aber schlussendlich für die schottische Popsängerin Lulu.

Wie ist er? Nicht gut… wirklich überhaupt nicht gut. Wahrscheinlich der schwächste Bond der 70er Jahre und zudem merkwürdig unausgeglichen. Zum einen ist er total drüber: Inklusive Martial Arts Szenen und einem abstrusen Geisterbahnshowdown. Zum andern ist er aber unheimlich dröge: Das hin und her Gereise von Bond ist größtenteils langweilig, und seine diversen Zielorte scheinen vor allem als Eye Candy zu dienen. Roger Moore versucht hier deutlich stärker Sean Connery zu imitieren, vielleicht eine Reaktion auf die Kritiken an seinem ersten Bond-Auftritt. So fehlt komplett der schrullige Humor, den Moore in dieser Rolle sonst ausstrahlt. Das Bond-Girl ist wirklich dumm und nichtssagend, und selbst Christopher „Dracula“ Lee bleibt als Schurke mit Hang zur theatralen Mystik ziemlich blass.

Wer sollte ihn sehen? Vielleicht Mysteryfans. Vielleicht Freunde von etwas unspektakulären Bonds. Vielleicht alle, die Christopher Lee mal nicht in einem Hammer-Horrorfilm sehen wollen.

Wer sollte ihn nicht sehen? Wer auf Spaß, Action und Unterhaltung in einem deftigen Bond steht.

James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte [Lewis Gilbert]

(Großbritannien 1977)

Worum geht es? Da sowohl den Russen als auch den Briten innerhalb kürzester Zeit Atom-U-Boote gestohlen wurden, fühlen sich der MI6 und der sowjetische Geheimdienst verpflichtet, bei der Aufklärung der Verbrechen zusammenzuarbeiten. James Bond und die Spionin Anya Amasova reisen zu den Pyramiden von Gizeh und nach Sardinien und kommen schließlich dem Oberschurken Karl Stromberg auf die Spur. Dessen Ziel ist es, einen nuklearen Schlagabtausch zwischen den USA und der UDSSR auszulösen.

Was ist erwähnenswert? Erster Auftritt des überdimensionalen und mit Stahlzähnen bewaffneten Handlangers Beißer / Jaws (gespielt von Richard Kiel), der sich zum absoluten Publikumsliebling mauserte und daher im Nachfolger Moonraker noch einmal auftreten durfte.

Wie ist er? Richtig, richtig gut. Und hochwertig. Man sieht The Spy Who Loved Me sofort an, dass sein Budget fast doppelt so hoch war wie das bei vorherigen Bond-Filmen. Er wirkt stylisher und gigantischer als alles zuvor von 007 gesehene. Die Actionszenen sind Top Notch, die Set Pieces sind umwerfend. Mitunter neigt er zwar etwas zu sehr zum großen Hollywoodpathos, aber mit Anya gibt es endlich mal wieder ein cooles Bond-Girl zu sehen, und mit dem Debüt des Beißers lernen wir hier den fantastischsten Bond-Bösewicht ever kennen, der zudem noch in einem großartigen Finale einen Hai mit bloßen Zähnen besiegen darf.

Wer sollte ihn sehen? Jeder, der auf das gewisse Mehr steht: Mehr Action, mehr Pathos, mehr Budget. Alle denen es nichts ausmacht, wenn Bond sich ein bisschen weg vom trockenen, britischen Stil und hin zum Hollywoodbombast bewegt.

Wer sollte ihn nicht sehen? Fans der trockenen und lakonischen Seiten von 007. Bond-Puristen dürften auf die ein oder andere gewaltige Szene auch etwas irritiert reagieren.

James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim [Lewis Gilbert]

(Großbritannien 1979)

Worum geht es? Der Raumgleiter Moonraker wird bei einer Flugzeugüberführung aus der Luft gestohlen und verschwindet spurlos. 007 forscht dem Verbleib des Space Shuttles hinterher und verdächtigt sehr früh den Erfinder Hugo Drax, seine eigene Erfindung gestohlen zu haben. Nach einer Reise von Kalifornien über Venedig bis nach Rio de Janeiro gelingt es ihm mit der Spionin Holly Goodhead zum Hauptquartier des Superschurken gelangen, das nicht weniger als eine gigantische Raumstation bevölkert von Superhumanoiden ist.

Was ist erwähnenswert?Mit 34 Millionen Dollar wurde das Budget im Vergleich zum für Bond-Verhältnisse bereits teuren Vorgänger noch einmal mehr als verdoppelt. Vor allem dem Erfolg von Star Wars und der unheimlichen Begegnung der dritten Art ist es zu verdanken, dass sich die Produzenten für den neuesten Bond für ein Science Fiction Setting entschieden (geplant war ursprünglich eine Verfilmung von For Your Eyes Only). Der Beißer hatte hier seinen zweiten (und leider letzten) Auftritt als Handlanger. Dank seiner Beliebtheit durfte er gegen Ende des Films gar die Seiten wechseln und bekam zudem noch ein zuckersüßes „Jaws-Girl“ zur Seite gestellt.

Wie ist er? Soooo verflucht viel besser als sein Ruf, und frankly wahrscheinlich der beste Bond-Film des Jahrzehnts. Regisseur Lewis Gilbert hat einfach verstanden, was James Bond Filme sind: Kinderfilme für erwachsene, Pulp-Streifen für kleine Jungs bar jeder Vernunft und Realität. Und so gibt es bei Moonraker von allen albernen Bond-Trademarks eine gute Portion mehr: Mehr absurde Action, mehr infantiler Humor, mehr easy Sex, und mehr Weltvernichtung von einem übertriebenen Superschurken. Das ist so Over the Top, dass es einfach nur Spaß macht und zudem ein toller Spiegel, der der gesamten Franchise vorgehalten hat. Kein Wunder, dass Moonraker gemeinhin als schwächster (oder einer der schwächsten) 007 gilt, ist er doch die perfekte Karikatur einer vergötterten Filmreihe, die voller Flaws und Albernheiten gibt. Aber neben seinem albernen Größenwahn gibt es hier auch noch den fucking Beißer (eine Schande, dass der danach nicht mehr auftauchen durfte), ein großartiges Bond-Girl, wahrscheinlich sogar das erste Bond-Girl, das eine echte intelligente Kämpferin und nicht bloß Eye-Candy ist, sowie ein herrlich überambitioniertes Finale im Weltraum.

Wer sollte ihn sehen? Jeder, der weiß, wie albern der gesamte Bond-Kosmos ist, und davon nicht genug kriegen kann. Alle, die Spaß an überzogenen Action-Produktionen und viel freiwilligem und unfreiwilligem Humor haben. SciFi-Liebhaber und Beißer-Fans.

Wer sollte ihn nicht sehen? Alle, die Angst vor einem weiteren Guilty Pleasure aus den 70er Jahren haben und einem Lieblings-Bond, der von der Kritik und der 007-Fanbase verachtet wird. Wie schon beim Vorgängerfilm des selben Regisseurs dürften Bond-Puristen von dem ganzen Bombast und Irrsinn ziemlich abgetörnt sein… aber auch nur, weil sie nicht akzeptieren, dass Bond genau so schon immer war.

Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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