Überraschend gut – Jumanji: Willkommen im Dschungel (2017)

In einer Liste von „Filmen, die nun wirklich kein Remake brauchen“ würde Jumanji (1995) vielleicht nicht ganz oben stehen, vorhanden wäre er aber ohne jeden Zweifel. Irgendwie scheint er dafür doch zu sehr Kind seiner Zeit zu sein, als tierreicher Fantasyflick, als klassisches 90er Jahre Post-Jurassic-Park CGI Effektgewitter, als brave familientaugliche Komödie mit nervigen – ziemlich nutzlosen – Kindern und natürlich als Vehikel für Robin Williams, der als Kind im Körper eines Erwachsenen albern lustige Akzente setzen darf. Außerdem gab es bereits mit Zathura (2005) einen ziemlich misslungenen Abklatsch als „Jumanji in Space“, Robin Williams ist mittlerweile verstorben und Remakes genießen heutzutage – Dank der letzten Filmjahre – alles andere als einen guten Ruf. Thema abgehakt, Danke, Nächster bitte… …

… Okay… nochmal auf Anfang. Jumanji: Welcome to the Jungle (2017) ist – hurra? – kein Remake, sondern versteht sich viel mehr als Fortsetzung; oder als Film, der im selben Universum wie Jumanji spielt; oder zumindest als Film, der Titel und Prämisse benutzt, um etwas neues zu erzählen. Ganz sicher ist sich Regisseur Jake Kasdan da wohl selbst nicht so. Ist aber auch nicht so wichtig. Denn trotz Remake-Attitüde und „fehlende Originalität“-Stigma gehört Jumanji zu den überraschendsten guten Blockbustern des Jahres und tatsächlich zu den besseren Remakes Reboots Whatever der letzten Zeit.

Kenntnis des Originals ist hier nicht Voraussetzung, schaden tut es in diesem Fall aber auch nicht. Es sind gut 20 Jahre vergangen, seitdem Jumanji sein letztes Opfer forderte, und da sich Kinder und Jugendliche unserer Zeit nicht mehr ganz so wie damals für Brettspiele erwärmen lassen, muss auch dieses magische Spiel mit der Zeit gehen. So verwandelt es sich in ein Videospiel und fällt den Teenagern Spencer, Bethany, Fridge und Martha in die Hände, die eine Ansammlung von prototypischen Teenagern sind, wie sie der Breakfast Club nicht besser hätte entwerfen können: Spencer ist der unsichere Nerd, der die Hausaufgaben für den coolen Sportler/Bully Fridge erledigt. Bethany ist die klassische selbstverliebte Prom-Night-Queen und Martha die nur scheinbar selbstbewusste Außenseiterin. Vom Direktor ihrer High School zum Nachsitzen verdonnert entdecken die vier das geheimnisvolle Videospiel im Rümpelraum der Schule. Schnell ist das Game in Gang gesetzt und jeder hat sich einen Avatar zum Spielen ausgesucht; ein großer Fehler, wie sich kurz darauf herausstellt. Das Spiel entwickelt ein Eigenleben und zieht die vier Kids in sich hinein. Diese finden sich in einem gewaltigen Dschungel wieder, versetzt in die Körper der selbstgewählten Avatare. Der zuvor schmächtige Spencer ist plötzlich ein Muskelprotz und Actionheld (Dwayne „The Rock“ Johnson), die hübsche Bethany ein übergewichtiger Wissenschaftler (Jack Black), Fridge ein kleiner, geekiger Assistent (Kevin Hart) und Martha eine kämpferische Amazone (Karen Gillan): Wenn sie zurück in ihre Welt wollen, müssen sie einen gut bewachten Juwel finden, zurück an seinen Platz bringen und den Fluch Jumanjis brechen. Das ist allerdings alles andere als einfach, weil der Dschungel und seine Bewohner nach ihrem Leben trachten.

Willkommen im Dschungel… in der Tat. Nachdem Jumanji sich nicht lange mit der Etablierung der stereotypen Charaktere aufgehalten hat, wirft er sie direkt ins Abenteuer und wird dabei zu einer herrlich albernen Actionkomödie. Klar, die Klischees, sowohl Out- als auch Ingame sind bekannt und werden dabei gnadenlos überreizt. Genau das macht aber auch den besonderen Charme dieses Streifens aus. Denn Jumanji hat diebische Freude daran, sein „Fish out of water“-Szenario mit bissigem Körpertausch-Humor zu ergänzen. Und in diesem Körpertauschszenario dürfen alle Darsteller zeigen, was sie auf dem Kasten haben. Großartig zum Beispiel, wie Dwayne „The Rock“ Johnson ständig zwischen selbstzufriedener Actionpose und dem tumben Gebaren eines nerdigen Teens mit Selbstbewusstseinsdefizit pendelt, großartig wie Kevin Hart in jeder Szene die Verzweiflung über den Verlust seines footballgestählten Körpers bejammert; und am großartigsten überhaupt, wie Jack Black die selbstverliebte High School Diva mimt, die ausgerechnet im beleibten Männerkörper landen musste. Es ist einfach sau komisch, wie bekannte High-School-Klischees mit ebenso bekannten Actionfilmklischees kontrastiert und in den Zweikampf geschickt werden. Dadurch ist Jumanji: Willkommen im Dschungel stets gut gelaunt, witzig und in seinen besten Momenten sogar bitterböse satirisch.

Aber auch in seinen Actionszenen weiß diese unterhaltsame Abenteuerkomödie wie man Spaß hat. Dort sind es dann vor allem die Videospielklischees, die für so manchen Lacher, aber auch so manche spannenden Momente sorgen: Dumme NPCs, eine begrenzte – in manchen Situationen äußerst nützliche – Anzahl an Leben, übertriebene Stuntmomente, über die nicht nur die Zuschauer sondern auch die Protagonisten den Kopf schütteln dürfen, und natürlich eine Menge Feuerwerk und Explosionen. Die Actionszenen – vor allem die, die sich um ein wenig mehr Ernsthaftigkeit und Suspense bemühen – sind allerdings auch die Momente, an denen Jumanji am meisten von seinem Drive einbüßt. Will er tatsächlich bedrohlich, spannend oder gar unheimlich wirken, verliert er eine Menge seines zuvor aufgebauten chaotischen Charmes. Das liegt auch daran, dass er sein Konto, was Game- und Filmreferenzen betrifft – aber einem gewissen Punkt überzogen hat und von da an relativ lustlos und klischeereich Richtung Finale stolpert. Schade, dass er in diesen Momente ausgerechnet das kolportiert, worüber er sich zuvor lustig gemacht hat; andererseits kennt man das auch einfach vom satirisch motivierten Blockbusterkino: Es verliebt sich viel zu schnell in sein Sujet und vergisst darüber seinen satirischen Charakter. Das betrifft auch das moralische Grundgerüst des Films, das natürlich – wie vieles zuvor – Breakfast Club (1985) referenziert und zu dem Topos „Lasst uns die Klischees auflösen“ nicht wirklich etwas Neues zu erzählen weiß.

Dennoch ist Welcome to the Jungle ein überraschend guter Film geworden, ein Blockbuster-Spaß mit einer Güte, mit der so nicht so rechnen war. Es ist einfach ein großes Vergnügen, The Rock, Jack Black, Karen Gillan und Kevin Hart dabei zuzusehen, wie sie mit ihren eigenen Klischees flirten und diese unterminieren und dabei gleichzeitig durch ein wildes, albernes Actionszenario geschubst werden. So sicher wie das Amen in der Kirche wird es dazu eine Fortsetzung geben, und dass das ganze in Zukunft zu einem Home-Video-Classic-Hit für die ganze Familie werden wird, dürfte auch feststehen. Und das hat sich dieser bunte, urkomische Streifen auch redlich verdient.

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