Funktioniert immer noch ganz gut: Jumanji 2 – The Next Level (2019)

Zu den größten Überraschungen des Remake-, Reboot-, und Sequelwahns des letzten Jahrzehnts gehört ohne Zweifel die Quasi-Fortsetzung und Neuinterpretation des 90er Jahre Fantasyklassikers Jumanji (1995), die unter dem adrenalingeladenen Titel Jumanji: Welcome to the Jungle (2017) im Kino lief. Eigentlich besitzt der Film alles, was nach einem kompletten Desaster schreit: Die Nostalgie des Vorläufers komplett über Bord geworfen, aus dem Brettspiel ein Videospiel gemacht, kreischende Action und kreischende Comedy, gegen die das Original fast schon subtil wirkt, und Wrestler Dwayne „The Fucking Rock“ Johnson in einer Lead Role. Umso überraschender, wie spaßig, unterhaltsam und auch selbstironisch dieser Fantasyflick zwischen Blockbusteraction und alberner Komödie geworden ist. Dank eines augenzwinkernden The Rock Auftritts, Dank eines unvergesslichen Jack Black im Genderswap, Dank zahlloser Referenzen und dekonstruktiver Momente ist Welcome to the Jungle deutlich spaßiger und mitreißender, als zu erwarten war. Und da der Film Dank eines Box Offices von über 950 Millionen Dollar verflucht erfolgreich war, ist es nur logisch, dass er mit einer Fortsetzung bedacht wird. Und da ist sie auch schon, nur zwei Jahre später unter dem verheißungsvollen Titel Jumanji: The Next Level (2019). Und wieder denkt man sich nicht nur klammheimlich: Dieses Mal müssen sie es aber verkacken. Die Fortsetzung eines Quasi-Reboots mit noch lauterem Titel? Noch mehr Edgyness? Noch mehr Action? Noch mehr The Rock? Das kann doch nur schief gehen.

Zwei Jahre sind vergangen, seitdem Spencer (Alex Wolff) mit seinen Freunden in das verfluchte Videospiel Jumanji gezogen wurden, wo sie sich erfolgreich von Level zu Level kämpfen mussten, um lebend dem Dschungel zu entkommen. Und eigentlich hatten damals alle ein wenig mehr über sich selbst gelernt und in den Körpern von heroischen Abenteurern und Abenteuerinnen mit ihren Klischees gebrochen, um zu besseren Menschen zu werden. Nur ausgerechnet bei Spencer scheint dies nicht lange angehalten zu haben: Geplagt von Selbstzweifeln hat er sich in der Zwischenzeit von Martha (Morgan Turner) getrennt und sehnt sich in die Zeit zurück, in der er als tapferer Dr. Bravestone (Dwayne Johnson) ein echter Held sein durfte. Als er beim ersten geplanten Treffen seit einem Jahr nicht auftaucht, ahnen seine Freunde schon, dass er nichts gutes im Schilde führt. Und tatsächlich, Spencer hat Jumanji wieder gestartet und ist im digitalen Dschungel verschwunden. Martha, Anthony (Ser’Darius Blain) und Bethany (Madison Iseman) beschließen kurzerhand, ebenfalls wieder nach Jumanji zu reisen, um ihren Freund aus dem Spiel zu befreien. Bei der Aktivierung geht jedoch etwas schief, und nicht nur die College Kids landen im Spiel, sondern ebenfalls Spencers Großvater Eddie (Danny DeVito) sowie sein Ex-Geschäftspartner Milo (Danny Glover), mit dem ihn eine tiefe gegenseitige Abneigung verbindet. Zudem hat Jumanji einmal den Zufallsgenerator angeworfen, und so finden sich die Spieler in den denkbar ungünstigsten Avataren wieder. Eddie steckt im Körper von Dr. Bravestone, Milo ist der schwache Gehilfe Mouse Finbar (Kevin Hart) und Anthony muss mit dem Körper des kurvigen Wissenschaftlers Shelly Oberon (Jack Black) Vorlieb nehmen. Außerdem wurde der Schwierigkeitsgrad erhöht, den alten Herren fehlt jegliche Erfahrung im Umgang mit Videospielherausforderungen und von Spencer fehlt jede Spur. Schnell ist klar, dass dieses Abenteuer deutlich gefährlicher wird als das Letzte…

Die Stärke des Vorgängers Welcome to the Jungle war ohne jeden Zweifel sein fantastisches Gespür für komödiantisches Timing. Mit einer Menge Selbstironie, viel Rollentausch-Madness und behutsam eingeflochtenen Albereien war er in erster Linie ein großes Comedy-Feuerwerk. Um das gleich an dieser Stelle zu sagen: Die hurmoristische Klasse des ersten Teils erreicht The Next Level nicht. Das ist insbesondere deshalb schade, weil er sehr darum bemüht ist, den Comedy-Faktor noch einmal ein gutes Stück nach oben zu schrauben. Waren die Protagonisten und Protagonistinnen in Teil Eins noch mehr oder weniger archetypische Teenager, wird hier durch die Einführung der beiden alten Haudegen bewusst auf albernere, skurrile Charaktere gesetzt, die zudem in der Spielwelt deutlich überforderter sind als ihre jungen Weggefährten. Dies sorgt dann auch für manchen wirklich grandiosen Moment. Insbesondere Dwayne Johnson spielt wieder viel zu gut für die doch recht alberne Prämisse seiner Figur. Es ist schon erstaunlich, wie leichtfüßig es dem Wrestling-Schwergewicht gelingt Danny DeVito zu spielen, der versucht den toughen Actionhelden zu mimen. So wechselt er teilweise sekündlich zwischen tatterig desorientiert und stolz wagemutig, ohne dass es je unglaubwürdig wirkt. Wie schon im Vorgänger ist die Dynamik zwischen ihm und Kevin Hart (Obwohl sie größtenteils komplett andere Charaktere spielen) einfach nur der Wahnsinn. Auch Jack Black ist wieder erstklassig, dieses Mal in der Verkörperung des Sportlers Anthony, der sich einfach nicht damit abfinden kann, immer in den falschen Avataren zu landen.

Wo die Personendynamik eine Schippe drauflegt, was Humor betrifft, geht der Geschichte und Handlungsdynamik viel von der Komik ab, die den ersten Teil auszeichnete. Vielleicht liegt es daran, dass dieser im Grunde genommen schon alles an bizarrem Witz aufgefahren hat, was das Setup „Everyman landet als Held in Videospiel“ hergibt. Viel von dem Witz, den Jumanji – The next Level evozieren will, wirkt konserviert, die Pointen können nicht im geringsten so überraschen wie die in Welcome to the Jungle. Irgendwie scheint das ganze Teil – naja – schon durchgespielt, und beim zweiten Durchlauf gibt es einfach nicht mehr viel zu entdecken, außer ein paar Bonuspunkte, die sich abstauben lassen. Aber es ist nicht nur das. Gerade weil der zweite Teil sich so auf die Situationskomik der Charaktere stürzt, fehlt ihm einiges von der Selbstironie, die sein Vorläufer noch aufbringen konnte. Um es auf den Punkt zu bringen: Jumanji – Welcome to the Jungle hat sich mehr über sich selbst lustig gemacht; Jumanji – The next Level macht sich mehr über seine Figuren und Charaktere lustig. Dadurch besitzt der Humor des ersten Teils deutlich mehr Sprengkraft, ist deutlich intelligenter und gewitzter, wohingegen der Humor von Teil Zwei biederer und Blockbuster-tauglicher daherkommt. Vielleicht liegt es daran, dass Welcome to the Jungle für alle Beteiligten ein kleines Experiment mit ungewissem Ausgang war. Hätte man mich kurz vor Veröffentlichung des Films gefragt, wäre ich fest davon ausgegangen, dass er ein gewaltiger Flop wird. Nachdem er ein riesiger Publikumserfolg geworden ist, geht die Fortsetzung ein wenig mehr auf Nummer sicher, präsentiert eine Form von Humor, die keinem wehtut, der aber eben auch Ecken und Kanten fehlen. Natürlich war Welcome to the Jungle keine subversive Satire, aber er besaß doch einen gehörigen Biss, während The next Level zahmer und friedlicher daherkommt.

Dafür stimmt hier etwas anderes. Während Teil Eins von seinem Humor lebt, und alles andere sich diesem unterordnet, steht bei Teil Zwei die Action im Mittelpunkt. Sie gehört nicht nur zu den großen Stärken des Films, sondern überflügelt auch in so manchen Momenten ohne Probleme die Action des Originals. Dank Spencers neuen Avatars, der Diebin und Kletterin Ming (gespielt von der Rapperin Awkwafina), gibt es deutlich mehr Athletik und Akrobatik zu bestaunen. Die Verlegung des Szenarios in die Wüste und die Etablierung unterschiedlicher Handlungsorte eröffnet – im wahrsten Sinne des Wortes – ganz neue Horizonte: Eine irrsinnig schnelle Straußenjagd, und die Attacke einer Affenhorde sind nur zwei der zahllosen Highlights dieses Actionfeuerwerks. In seinen schnellen und hektischen Szenen ist The next Level in der Tat der große Wurf, der auf seinen Vorläufer noch eine ganze Schippe draufpacken kann. Alles scheint etwas größer, etwas intensiver und etwas pathetischer als zuvor sein. Gerade der Pathos zieht sich dann auch nicht nur durch die fulminanten Actionsequenzen, sondern ist darüber hinaus tief in der Story verwurzelt. Waren es zuvor noch klassische Teenagerfilm-Geschichten, die ausgehandelt wurden – so dass der Film auf der emotionalen Ebene beinahe wie ein Breakfast Club im Dschungel daherkam -, so sind es nun mehrere Story Arcs, die miteinander konkurrieren: Das bekannte Coming of Age Thema und der Bruch mit High School Stereotypen findet ebenso Platz wie die Thematisierung des unsicheren Post High School Lebens, und mit dem Konflikt zwischen Spencers Großvater und dessen ehemaligen Freund darf auch eine etwas erwachsenere Dramaturgie abgehandelt werden.

Dieses Mehr an Action, mehr an Drama, mehr an Pathos passt ins Gesamtbild. Jumani – Welcome to the Jungle war bei allem Blockbuster-Appeal ein Experiment mit ungewissen Ausgang. Und so erlaubten sich Cast und Crew mehr Blödeleien, mehr Subversion, während die Fortsetzung als garantierter Blockbuster etwas mehr auf Nummer sicher geht. Gerade der Erfolg des ersten Teils sorgt ironischerweise dafür, dass sich The Next Level weniger rausnimmt, weniger dreist und unverschämt albern ist und mehr versucht einem großen (größeren) Publikum zu gefallen. Diese Gefälligkeit lässt ihn im Vergleich zum Erstling schon ein wenig abstinken. Und obwohl es immer noch genug alberne, trashige und selbstironische Momente gibt, ist diese Anschmiegsamkeit an ein großes Publikum doch eine kleine Enttäuschung. Erwartbar, ja. Aber es wäre schöner gewesen, wenn The Next Level auch beim Mut eine Schippe draufgepackt hätte und nicht nur bei den klassischen Blockbuster-Ingredienzen.

Summa Summarum funktioniert die Jumanji-Formel auch 2019 erstaunlich gut. Gerade durch den Erfolg des Vorgängers hätte es in die ein oder andere Richtung deutlich schlimmer kommen können. The Next Level ist ein unterhaltsamer Flick zwischen Abenteueraction, Fantasy und Spoof, der sich ein wenig zu ernst nimmt, aber Gott sei Dank immer noch weiß, dass er eigentlich eine ziemlich alberne Geschichte ist. Mit viel Popcorn im Gepäck und in der richtigen Stimmung immer noch ein absolut sehenswertes Kinovergnügen.

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