Die besten Science Fiction Filme der 70er Jahre III

Wir sind endlich in der Mitte der Dekade angekommen und damit auch beim Genre-definierenden Schwergewicht, der Space Opera Star Wars, nach der Science Fiction im Kino nie wieder das sein sollte, was es zuvor war. Und gleich daneben finden wir dann auch Disneys Versuch einen Star Wars Konkurrenten zu schaffen: Das schwarze Loch, ein Film, der immer noch viel zu wenig Beachtung erhält und deutlich besser als sein Ruf ist. Davor werfen wir aber noch einmal einen kurzen Blick in dystopische Welten: Einmal als raues und rohes Actionspektakel in Rollerball, einmal als klinische Schreckensvision mit der Flucht ins 23. Jahrhundert. Achja, und ein wenig Zeitreisesspaß gab es in dem Jahrzehnt auch, hier vertreten mit H.G. Wells und einer Flucht in die Zukunft.

Rollerball [Norman Jewison]

(Großbritannien 1975)

Norman Jewison, der in den frühen 70ern mit Anatevka und Jesus Christ Superstar eher für Hollywood Musicalunterhaltung stand, liefert mit Rollerball einen faszinierenden Hybriden aus effektgeladenem Actionflick, Sportdrama und politischer Dystopie ab. So spektakulär und reißerisch die Actionszenen sind, die einen zentralen Part in der Geschichte um eine peu à peu brutaler werdende zukünftige Sportart einnehmen, so gewinnt Rollerball doch vor allem in den Momenten, in denen er sich als gehässige düstere Science Fiction Parabel mit morbidem Antlitz gibt. Der Film wahrt stets eine gute Balance zwischen Faszination an der Gewalt und Verurteilung der Gewalt und ist dabei deutlich weniger affirmativ als Verhoevens SciFi Parabeln Robocop und Starship Troopers, denen Rollerballs Beschaffenheit zwischen Satire, Action und Dystopie in vielerlei Hinsicht als Inspiration gedient haben dürfte. Rollerball ist so ein bisschen der dreckige, laute Bastard des 70er Jahre Science Fiction Kinos, indem er sich wenig um Konventionen schert, düstere und schockierende Momente geschickt platziert und dennoch nie auf die Freude an Pathos und unterhaltsamer Action verzichtet.

Flucht in die Zukunft [Nicholas Meyer]

(USA 1979)

Lustig, dass ausgerechnet die amerikanische Produktion Time after Time von Nicholas Meyer deutlich britischer daherkommt als der zuvor genannte britische Rollerball. Mehr noch, die Flucht in die Zukunft dürfte einer der britischsten Science Fiction Filme der 70er Jahre sein: Ist ja auch gar nicht anders möglich, steht hier doch einer der größten Science Fiction Autoren des Königreichs – H.G.Wells – im Mittelpunkt. Dieser reist mit der Zeitmaschine, die auch in seinem berühmten Roman vorkommt, in die Zukunft (die Gegenwart der ausgehenden 70er Jahre), um den Serienmörder Jack the Ripper zur Strecke zu bringen. Time after Time macht mit dieser albernen Prämisse genau das richtige und geriert sich als ironischer Zeitreisetrip, der sich zu keinem Zeitpunkt zu ernst nimmt. Trotz der spannenden Thrillerhandlung lebt er in erster Linie von dem Clash of the Cultures, dem Wells – superb gespielt von Malcolm McDowell – im San Francisco des Jahres 1979 ausgesetzt ist. Dazu gehört auch ein wenig Zivilisationskritik, dazu gehören auch ein paar alberne awkward moments, und dazu gehört natürlich auch die obligatorische Situationskomik, wenn Wells mit den technischen Errungenschaften des späteren 20. Jahrhunderts zu kämpfen hat. Alles in allem ein exquisiter, galanter SciFi-Krimi mit viel Charme, Humor und Spannung.

Flucht ins 23. Jahrhundert [Michael Anderson]

(USA 1976)

Dass die 70er Jahre Dystopien können, sollte mittlerweile bekannt sein. Einer der feinsten Vertreter des Subgenres ist dabei Logan’s Run, der in Deutschland unter dem Titel Flucht ins 23. Jahrhundert firmierte. Im Mittelpunkt steht hier keine am Boden liegende, kurz vor der Zerstörung stehende Menschheit, sondern eine obskure, hedonistische Wohlstandsgesellschaft, die nicht wenig Inspiration von Brave New World erfahren hat. Der düstere Twist dieser jungen, zufriedenen Welt: Menschen, die das 30. Lebensjahr erreicht haben, werden eiskalt exekutiert. Damit bietet sich Logans Run natürlich primär als überspitzte Parabel auf unreflektierte Genusssucht, Jugendwahn und egozentrische Gesellschaftsideale an. Der Film verharrt allerdings nie bei seinen symbolischen Spitzen, sondern präsentiert sich als spannender und temporeicher Thriller, in dem Flucht und Verfolgung, sowie der aussichtslose Kampf gegen eine gnadenlose technische wie gesellschaftliche Maschine mit viel Esprit und Geist zelebriert werden. Ästhetisch und atmosphärisch auf höchstem Niveau ist Logan’s Run vor allem ein großes Abenteuer in einer und gegen eine sterile Welt; mit dem Herz am rechten Fleck und einer ordentlichen Portion Pathos in der Hinterhand.

Krieg der Sterne [George Lucas]

(USA 1977)

Here it is. Die große Space Opera der 70er Jahre. Der Genre-definierende Hit, nicht nur für Science Fiction sondern für das fantastische Kino generell. Gibt es überhaupt etwas, was man sagen kann zu Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (um zumindest einmal den heute üblichen Titel zu verwenden), was nicht bereits tausendmal gesagt wurde? Anmerkenswert ist auf jeden Fall, dass es durchaus gute Argumente gäbe, dass Werk nicht im Science Fiction zu verorten, sondern im Bereich des Fantasyfilms, der Märchen, Mythen und Sagen. Denn auch wenn A New Hope in einem SciFi-Setup angesiedelt ist, steckt er doch voller traditioneller Fantasymotive, inklusive Sword & Sorcery, Samurai, spirituellem Märchen, Halbgöttersaga, etc. pp. Außerdem kann an dieser Stelle ruhig nochmal erwähnt werden, dass es sehr faszinierend sein kann, Krieg der Sterne nicht als Teil einer großen Saga zu schauen, sondern als das, was er damals war: Ein herrliches, für sich stehendes Science Fiction Spektakel, ein eklektischer Spaß zwischen albernem Trash und übermotivierter, überambitionierter Saga. Ein Abenteuerfilm, der alles besitzt, um ein großes Publikum mitzureißen, der aber auch im kleinen herausragend funktioniert, der sich gerade durch seine Andeutungen, durch seine weißen Stellen (die von Lucas & Co. in den kommenden Filmen leider komplett getilgt wurden) immer etwas Mysteriöses, Mystizistisches bewahrt. Und zu guter Letzt sei noch angemerkt, dass Star Wars ein extrem experimentierfreudiger Film ist, dem Grenzen des Genres, des Publikums, der damaligen Blockbusterkonventionen ziemlich egal sind, und der eine deutlich aufgeschlossenere Fanbase verdient, als er heute teilweise hat.

Das Schwarze Loch [Gary Nelson]

(USA 1979)

Bevor Disney einfach die komplette Star Wars Franchise gekauft hat, haben sie schon versucht so etwas wie Star Wars zu erschaffen; mit mäßigem Erfolg, aber dennoch überraschend gutem Ergebnis. Über The Black Hole wurde sich damals viel lustig gemacht und auch heute gilt der Film – trotz langsam etabliertem Kultstatus – immer noch eher als Obskurität seiner Zeit, als misslungener Star Wars Klon. Das tut diesem eigenständigen SciFi-Werk Unrecht. Klar, Disney plagiiert hier so manche Elemente, die die große Weltraumsaga so besonders macht: Knuffige Roboter, opulente Weltraumstationen, viel Lasershooting-Action… Was aber wirklich heraussticht, sind die originären Momente dieses bunt zusammengewürfelten Films, der sich nie so ganz entscheiden kann, wie ernst, wie düster oder wie familienfreundlich bunt er denn sein will. Und seine stärksten Momente sind dann die, in denen er jeden Versuch der Familienfreundlichkeit sein lässt und eine durch und durch düstere Geschichte erzählt, die von Einsamkeit und Wahnsinn in den Weiten des Alls, und von der Vermählung von Mensch und Maschine handelt. Der entscheidende Plottwist steht dabei in seiner Düsternis berühmten SciFi-Plottwists wie der Beschaffenheit von Soylent Green in nichts nach. Und wie der Film mit diesem Plottwist im Folgenden umgeht, lässt ihn zu weit aus mehr als einem bloßen Gimmick werden. Hier gibt es dann sogar Parallelen zu Weltraumhorror-Visionen und zu philosophischen Science Fiction Traktaten wie 2001 – A Space Odyssey. Auch wenn Das Schwarze Loch aufgrund seiner albernen, kitschigen, infantilen Momente deren Qualität nie ganz erreicht, so ist er für eine Space Opera doch erstaunlich böse, mutig und nachdenklich. Ein etwas vergessenes, leider oft auf seine dummen Momente reduziertes Meisterwerk, das wenn es dunkel glänzt, viele Konkurrenzwerke der kommenden Jahre hinter sich lässt.

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