Die besten SciFi-Horrorfilme der 70er Jahre

In der letzten Science Fiction Bestenliste der 70er Jahre habe ich noch darüber lamentiert, dass ich nicht weiß wo ich Alien einsortieren soll. Science Fiction? Horror? Slasher? Dabei ist die Antwort so simpel: In allen drei Genres. Und Ridley Scotts Horrorfilm im Weltraum ist keineswegs der einzige Genreüberflieger der Dekade. Wie sich herausstellt gibt es genug Hybriden aus Science Fiction und Horror, um damit eine eigene Liste zu füllen. Neben Weltraummonstern, die selbst auf Opferjagd gehen, gibt es auch noch die Aliens, die sich eine menschliche Fassade suchen, um ihren Blutdurst zu stillen: Dazu gehören vor allem die Bodysnatcher aus Die Körperfresser kommen. Die unheimliche transzendentale Psychose in God Told Me To dagegen lässt den Menschen selbst zum Killer im außerirdischen Auftrag werden. Ansonsten ist vor allem die medizinische Forschung, ist der medizinische Fortschritt eine Ursache für visionären Schrecken. In Embryo – Brut des Bösen entstehen durch medizinische Experimente unheimliche Wesen, und in Shivers – Parasiten-Mörder wird der Mensch, heimgesucht von gezüchteten Parasiten, selbst zum Monster. Düstere zukünftige Aussichten…

Alien [Ridley Scott]

(USA 1979)

Puh… was mache ich denn jetzt mit diesem Film? Science Fiction? Horror? Ein Klassiker, ein Meisterwerk, keine Frage. Aber welches Genre? Na Gut, packen wir ihn zum Horror-Kino, denn da gehört er verdammt nochmal rein: Er mag zwar im Weltraum spielen, aber unabhängig davon besitzt er wenige Trademarks eines klassischen SciFi-Streifen. Viel mehr ist Alien ein Slasher wie er im Buche steht, passenderweise im selben Jahr veröffentlicht wie der Genre-Prototyp Halloween. Darüber hinaus haben wir es natürlich mit Monsterhorror zu tun, nur – das sollte nicht unter den Teppich gekehrt werden – dieses Monster wischt mit so ziemlich allen anderen traditionellen Filmmonstern den Boden auf. Das außerirdische Geschöpf in Alien – der Xenomorph – ist die Verkörperung des puren Schreckens: Geboren, indem es sich den Menschen als Wirt aussucht (und bei der Geburt brutal abschlachtet), ein lautloser, intelligenter Killer, der weder Zurückhaltung noch Gnade kennt. Alien ist Monsterhorror, Bodyhorror, Slasherhorror in Perfektion, ein beängstigender, brutaler Horrorfilm, der zu den besten Werken seines Genres gehört.

Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

JETZT REINHÖREN

Die Körperfresser kommen [Philip Kaufman]

(USA 1978)

Ebenfalls um eine außerirdische Bedrohung geht es in der Invasion of the Body Snatchers vom Indiana Jones Co-Autoren Philip Kaufman. Hier findet die Bedrohung jedoch nicht in den Weiten des Alls statt, sondern direkt im urbanen Kalifornien. Das ist auch schon eine der wesentlichen Änderungen zum 1956er Original von Don Siegel, das seinen Horror in einer kalifornischen Kleinstadt verortet. Abgesehen davon bleiben diese Körperfresser ihrem Vorbild in vielerlei Hinsicht treu: Die Geschichte von einem außerirdischen Organismus, der Menschen tötet, um perfekte Klone von ihnen zu schaffen, ist ein Paranoiathriller par excellence: Nicht nur die Frage „Wer ist der nächste? Kann ich diesem oder jenen Menschen überhaupt noch trauen?“ steht hier im Mittelpunkt, sondern ebenso die Frage: „Wie können wir dieser stetig wachsenden Gegnerschar entkommen?“. Zwischen Science Fiction, mysteriöser Allegorie auf menschliche Verwahrlosung und Zombiehorror antizipiert Die Körperfesser kommen Topoi, die auch später noch oft im Genre eine wesentliche Rolle spielten: Von John Carpenters The Thing bis zu jüngeren Horrorfilmen wie Jordan Peeles Us.

Embryo – Frucht des Schreckens [Ralph Nelson]

(USA 1976)

Im Vergleich zum paranoiden Invasion of the Body Snatchers und zum zeitgeistigen Slasher Alien kommt Ralph Nelsons Embryo sehr traditionell, fast schon bieder, daher. In der Tat spielt der in Deutschland auch unter dem Alternativtitel Die Brut des Bösen firmierende Film vielfach mit ganz klassischen Horrormotiven und ist zusätzlich in seiner Inszenierung noch äußerst stark in den 60er Jahren verwurzelt. Von dieser oberflächlichen Altbackenheit sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Unter der Fassade von Embryo steckt ein düsterer, pessimistischer Hybrid aus Science Fiction und Gothic-Horror, eine Transformation klassischer Horrortropes ins 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht hier vor allem die genetisch manipulierte Frau Victoria (Barbara Carrera), die ebenso sympathisch und verführerisch wie unheimlich und schließlich auch monströs ist. Sie ist nicht bloß eine Fortsetzung des Frankensteinmotivs, sondern bringt einen ganz neuen Twist in das Narrativ vom Gott spielenden Menschen. Die Schöpfung wird hier selbst zu einer Art Gott, zu einer Göttin, die gerade weil sie ihre dunklen Seiten so gut hinter ihrer Übermenschlichkeit verbergen kann, eine deutlich unheimlichere Bedrohung darstellt als so viele offensichtlich unheimliche Monster. Ein großer Gewinn für den Gruselfilm und ein Genrebeitrag, der gerade in seiner Traditionalität auch heute noch zu begeistern weiß.

God Told Me To [Larry Cohen]

(USA 1976)

Der Low Budget Streifen God Told me To kommt zu Beginn eigentlich gar nicht wie ein Science Fictioneer daher. Viel mehr scheint es sich um einen düsteren, religionskritischen Bastard aus Psychothriller und Mystery Murder Puzzle zu handeln. Dass sich die Geschichte komplett anders entwickelt, als vom Publikum erwartet werden kann, gehört zu den größten Stärken dieses verworrenen und zugleich ziemlich gehässigen Horrorstückes. Larry Cohen spielt gekonnt mit Versatzstücken seiner Genres, läuft auch mal durch Noir Sequenzen, flirtet mit übernatürlichem Sektenhorror und trägt peu à peu mehr Science Fiction Momente in dieses pessimistische, dunkle Szenario. Dabei bleibt er jedoch stets auf einer unheimlichen allegorischen Ebene, die das titelgebende „God told me to!“ wie eine gehässige Abrechnung mit jeder Form des Glaubens vor sich her trägt. Der Film war damals alles andere als ein Kritikerliebling und hat es nie nach Deutschland geschafft, hat sich aber in den letzten Jahrzehnten einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Vollkommen verdient, gehört er doch mit seiner trockenen, düsteren Atmosphäre, seinen Genresprüngen und seinem konsequenten Ende zu den unheimlichsten Hybriden aus Mystery, Thriller, Science Fiction und Horror.

Shivers – Parasiten-Mörder [David Cronenberg]

(Kanada 1975)

Ein Regisseur der immer zwischen den Genres Science Fiction, Mystery und Horror oszilliert ist ohne Frage David Cronenberg. Shivers gehört dabei neben seinem Remake von Die Fliege zu seinen Filmen, die am engsten mit dem Science Fiction Genre verwandt sind. Das bedeutet aber keineswegs, dass der Horror hier zu kurz kommen würde. Im Gegenteil: Parasiten-Mörder (Passender Alternativtitel: They came from within) ist ein krasser, radikaler und unheimlicher Trip zwischen Ekel, Bodyhorror, Monstergeschichte und surrealem Gesellschaftsporträt. Kein Wunder, dass der Film im prüden Kanada der 70er Jahre für so manchen Schock sorgte. Von der Rechten angegriffen, von Sittenwächtern heftig kritisiert ist Shivers tatsächlich alles andere als leicht verdaulich mit seiner Kombination von Sex, Gewalt und Widerlichkeiten. Aber er ist auch eine großartige, groteske Auseinandersetzung mit den bizarren Kehrseiten der Wissenschaft, mit den unvorhersehbaren Folgen des menschlichen Fortschritts, und ebenfalls ein sarkastischer Blick auf die Ergebnisse der Urbanisierung, des engen menschlichen Miteinanders. Ein absurder, böser und abartiger Film, ohne Zweifel. Aber wahrscheinlich der intelligenteste absurde, böse und abartige Film, den man in diesem Jahrzehnt finden kann.

Ähnliche Artikel