Filme der 90er Jahre: Stay Tuned

Nur die besten Filme der 90er zu würdigen, wäre doch etwas wenig… Es folgen ab sofort immer mal wieder kleine Artikel zu Filmen, die mich in irgendeiner Form in den 90ern cineastisch beeinflusst haben: Filme, an die ich mich abwechselnd mit wohligem Schauer und blankem Entsetzen zurück erinnere. Filme, mit denen ich ne Menge Nostalgie verbinde, die zugleich aber in keine Kategorie der offiziellen Retrospektive so richtig reinpassen wollen. Stay Tuned (1992) ist ein solcher Fall: Bei weitem nicht gut genug, um bei den besten Komödien des Jahrzehnts gelistet zu werden, nicht trashy genug, um bei den Trash-Filmen ein Wörtchen mitzureden, aber auch eben nicht schlecht genug, um bei den schlechtesten Filmen aufzutauchen. Im Grunde genommen eine klassische, durchschnittliche 90er-Komödie made in USA. und doch verbinde ich mit dem Film schöne Erinnerungen. Und ja, er gehört auch irgendwie zu meiner cineastischen Sozialisation. Und ja, trotz seiner … naja … Durchschnittlichkeit ist der Film doch sehenswert: Einfach als perfekte Parodie auf den TV-Wahn und die kruden Fernseherzeugnisse des Jahrzehnts.

Die Story ist doch recht schnell erzählt. Roy Knable (John Ritter) ist eine prototypische 90er Couchpotatoe, wie sie im Buche steht. Nach seinem verhassten Job und Erledigung der notwendigsten Alltagsarbeiten, lässt er sich abends genüsslich in seinen TV-Sessel fallen, von dem aus er bis spät in die Nacht in die Glotze schaut. Seine Frau Helen (Pam Dawber) ist von dieser einseitigen Freizeitgestaltung weniger angetan und so wird das lästige Fernsehgerät von ihr kurzerhand eines Tages voller Wut zertrümmert. Aber Rettung naht in Form des zwielichtigen Vertreters Spike (Jeffrey Jones), der Roy kurzerhand ein neues riesiges TV-Gerät inklusiver gigantischer Satelittenanalage aufschwatzt. Das versprochene Fernseh-Erlebnis des Lebens gestaltet sich jedoch anders als erwartet. Spike ist nämlich auf Seelenfang und hat sich die Knables als neues Opfer ausgesucht. Das Entertainmentcenter saugt das Ehepaar auf und schickt es auf eine höllische Reise durch obskure Sendungen, vom Slapstick-Cartoon über ein Wrestling-Match bishin zu düsteren Film-Noir-Thrillern. Der Deal: Überleben die beiden 24 Stunden in der (im wahrsten Sinne des Wortes) teuflischen TV-Landschaft, werden sie freigelassen. Wenn nicht wandern sie vom Fernsehen auf direktem Weg in die Hölle.

Stay Tuned lebt infolge dessen primär von den satanischen TV-Verballhornungen, durch die die Knables und Zuschauer geschickt werden: „Drei Männer und Rosemaries Baby“, „Hell TV“, „You can’t win“… kein TV-Format oder Film ist vor verteufelten Wortspielen und höllischen Umdeutungen sicher. Das funktioniert in einigen Momenten richtig gut. So zum Beispiel wenn aus „Driving Miss Daisy“ kurzerhand „Driving over Miss Daisy“ wird, ein Film in dem es hauptsächlich darum geht, eine alte Frau immer und immer wieder platt zu fahren. Auch die Reinterpretation von Waynes World zu „Duanes Underworld“ (natürlich bei „Saturday Night DeaD“) ist urkomisch gelungen. Leider nutzt Stay Tuned dieses kalauerische Potential nicht vollends aus. Die Reise der Knables führt diese nicht nur durch satirische Spitzen gegen die TV-Landschaft sondern auch ganz klassische Alptraumszenarien: So werden sie in Alaska von Wölfen angegriffen oder müssen in den Wirren der Französischen Revolution um ihren Kopf fürchten. Das Potential für bitterböse, schwarzhumorige Medienszenarien wäre da gewesen, leider wird es immer nur in Ansätzen tatsächlich ausgenutzt.

Drumherum baut Regisseur Peter Hyams dann auch ein fast schon erschreckend konventionelles 90er Fantasy-Family-Comedy-Szenario. Spätestens wenn die – außerhalb des Fernsehers befindlichen – Kinder der Knables mit ins Spiel kommen, ist kein Klischee zu abgenutzt, um nicht zum Vorantreiben der Geschichte eingesetzt zu werden. Natürlich darf der zwölfjährige Eierkopf den Tag retten, indem er kurzerhand eine Möglichkeit entwickelt in das Fernsehgeschehen einzugreifen, während die 15jährige Tochter hauptsächlich als hysterisches Fashion-Girl dargestellt wird. Nebenbei wird Roy Knable selbstverständlich geläutert, darf nicht nur seinen Hals sondern auch seine Ehe und die Beziehung zu seiner Familie retten. Und ein moralisch sauberer Schlusspunkt wird leider auch dem herrlich fiesen – vollkommen überzeichneten – Spike gegeben. dadurch reduziert sich der Fiesheitsgrad von Stay Tuned auf ein Minimum. Das satirische Moment hat keine Chance mehr gegen die aalglatte US-Fantasy-Narration, die ideenlos bis zum Schluss runtergenudelt wird.

So weit so durchschnittlich. Aber es sind doch eben immer wieder erstaunliche Höhen, die den Film partiell mehr als sehenswert werden lassen. Wenn John Ritter kurzerhand in die Serie „Herzbube mit zwei Damen“ befördert wird (in der er tatsächlich selbst als Schauspieler mitwirkte) und darauf nur mit einem lauten Schrei reagieren kann, ist dies eine selbstreflexive Dekonstruktion der eigenen Karriere der Extraklasse. Auch die Zeichentrickepisode macht sich herrlich über klassische Cartoonversatzstücke à la „Tom und Jerry“ lustig und gehört ebenso wie das Musikvideo von Salt N Pepa definitiv zu den Highlights des Films. Selbiges gilt für den leider etwas unterbeschäftigten Eugene Levy (American Pie), der hier den herrlich schmierigen aber auch sarkastischen Assistenten Spikes mimen darf. Ohnehin gibt sich die „böse“ Seite keine Blöße: Jeffrey Jones spielt den Mephisto des Fernsehens herrlich over the Top, finster und zugleich lächerlich und gibt Stay Tuned einen ordentlichen Trash-Faktor, während die Settings und Sprachwitze inenrhalb der einzelnen Sendungen auch auf hohem parodistischen Niveau arbeiten.

Summa Summarum ist Stay Tuned zwar kein Meisterwerk aber eine nette, durchschnittliche US-Fantasykomödie, mit allem was wir an den 90ern lieben und hassen können. Und darüber hinaus noch mit einigen großen, großen – für diesen mittelmäßigen Film eigentlich viel zu großen – satirischen Highlights und bitterbösen Spitzen gesegnet. Kann man sich locker ansehen und ne Menge Spaß dabei haben.

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