Die besten TV-Serien der 90er Jahre III

Ich glotz TV, die Dritte. Auch dieses Mal gibt es eine exquisite Mischung aus tollen Kindheitserinnerungen und heute noch bestens funktionierenden Serien. Die Simpsons haben beides zugleich zu bieten, während die beiden Mystery-Serien Sliders und Outer Limits doch sichtlich gealtert sind, auch wenn sie immer noch zu unterhalten wissen. Familie Heinz Becker fällt wohl eher in die Ecke „nostalgischer Regionalstolz“, während South Park bereits seine spätere globale Klasse erahnen lässt. Achja und mit Roseanne hat sich doch tatsächlich wieder eine Sitcom eingeschlichen, eine ganz ganz klassische sogar, die im Gegensatz zu vielen anderen Comedy-Programmen der 90er aber überraschend würdevoll gealtert ist. Warum, lest ihr nach dem Klick.

Outer Limits – Die unbekannte Dimension [Diverse]

(Kanada 1995 – 2000)

{7 Staffeln, 154 Episoden à 45 Minuten}

Die Königin der 90er Jahre Mystery-Serien hatten wir bereits in Teil 2 mit den X-Files an der Reihe. Gegen die kann Outer Limits nicht anstinken. Und dennoch ist nicht nur das Konzept verführerisch sondern auch oft genug – wenn auch nicht immer – dessen Umsetzung. Das Grundgerüst besteht prinzipiell aus der Narrenfreiheit, wie sie seit dem Original der 50er Jahre und Twilight Zone bekannt ist: Outer Limits ist weniger fortlaufende Serie als viel mehr eine Kurzfilmreihe. Jeder der 154 Dreiviertelstünder hat eine eigene Story, ein eigenes Setting und eigene Charaktere: Mal Science Fiction, mal Spukgeschichte, mal klassische Mystery… von Zeitreisen über unzählige Weltuntergänge, Geheimnisse im Weltraum bis hin zu obskuren Krankheiten ist alles dabei. Dementsprechend variiert auch die Qualität der Episoden von cheesy über albern bis hin zu genial. Ein paar gute Plot-Twists hatten die besten Folgen auch immer im Programm, und wenn es zur Meisterklasse kam sogar bedenkenswerte philosophische, ethische und moralische Fragen. Ja, es ist nicht alles gut im Outer Limits Kosmos, aber manche Folgen sind doch wahre Mystery-Meisterwerke, die es wert sind hier genannt zu werden und die man als Genre-Fan nicht verpasst haben sollte.

South Park [Trey Parker, Matt Stone]

(USA 1997 – heute)

{15 Staffeln, 216 Episoden à 25 Minuten}

Ganz so ausgereift wie heute waren die ersten drei Staffeln von South Park – die in den 90ern liefen – noch nicht. Und doch lässt die anarchische Zeichentrickserie bereits in der Urform ihre Weltklasse erahnen: Rabenschwarzer sarkastischer Humor, unzählige Vulgaritäten und bereits damals ein nicht zu leugnendes Gespür für politische Provokation und Gesellschaftssatire. Klar, erst im kommenden Jahrzehnt sollte das fiese kleine Zeichentrickjuwel seine volle Stärke entfalten, die bis heute anhält, aber mei hat das schon damals Spaß gemacht! Gerade als Jugendlicher, mit der Freude an zahllosen Tabubrüchen und an den Aufregungen der selbst ernannten Medienwächter über den bösen Zeichentrick made in USA, mit dem (richtigen) Gefühl, dass South Park trotz seiner obszönen Gnadenlosigkeit ganz ganz großes Fernsehen ist.

Sliders [Tracy Tormé, Robert K. Weiss]

(USA 1995 – 1999)

{5 Staffeln, 88 Episoden à 45 Minuten}

Habe ich gerade cheesy Mystery gesagt? Davon hat Sliders auch eine ganze Menge zu bieten. 90er Jahre Look, unglaublich billige Special Effects, viel albernen Humor und manche Ungereimtheiten in den durchlöcherten Plots… geschenkt! Die Disposition ist einfach zu spannend: Durch die Dimensionen reisen, in den unterschiedlichsten Welten ankommen, auf Versionen unserer Erde stoßen, die von den Kommunisten komplett dominiert werden, die ohne moderne Medizin auskommen, in denen Frauen Bärte tragen, in denen Zauberei zum Alltag gehört oder die Monarchie nie überwunden wurde. Klar, manche der jeweils eingefangenen Dimensionen sind einfach nur hohl und gaga, manche aber wiederum schlicht genial. Und die Verlockungen des nächsten Abenteuers, der nächsten Idee der Autorenschaft haben mich doch Woche um Woche vor den Bildschirm gezwungen. Ab Staffel drei wurde es dann immer cheesiger immer verbissener und blöder; und spätestens mit dem Ende der 90er einfach nur noch dämlich. Aber die ersten Staffeln gehören – Augenzwinkern des Zuschauers vorausgesetzt – mit zu den spaßigsten Mystery-Erlebnissen der 90er Jahre. Funktioniert heute nur noch als museale Attraktion und ironische Nostalgie-Veranstaltung… in diesem Rahmen aber optimal.

The Simpsons [Matt Groening]

(USA 1989 – heute)

{23 Staffeln, 487 Episoden à 25 Minuten}

Muss zu der gelben Fernsehfamilie wirklich noch was gesagt werden? Kann zu ihr überhaupt noch etwas gesagt werden, was noch nicht gesagt wurde? Ich liebe sie, habe sie schon immer geliebt. Bereits als Kind im öffentlich Rechtlichen, als ich nur 50% aller Witze verstanden habe, auch als Jugendlicher, als ich miterleben konnte, wie die Mischung aus anarchischer Zeichentricksatire und links-moralischer Narration von Folge zu Folge besser wurde, und ebenfalls als junger Erwachsener, als ich die Qualität der 90er Jahre Episoden im O-Ton wieder ganz neu für mich entdecken durfte. Die Simpsons haben mich über meine ganze Jugend begleitet, haben mich bis heute geprägt, haben wahrscheinlich eine ganze Generation begleitet… Nein, das ist keineswegs übertriebener Pathos! Auch, wenn die Serie in den letzten Jahren sichtlich an Qualität eingebüßt hat – nur um in unmittelbarer Vergangenheit wieder an Qualität zurück zu gewinnen – auch wenn ihr South Park, Family Guy und die Konkurrenz aus eigenem Haus Futurama den Platz an der Spitze heute streitig machen, so bleibt sie doch ein TV-Monument, ein Meisterwerk der Trickfilm-Unterhaltung, nicht weniger als eine der beeindruckendsten, größten und erinnerungsüwrdigsten Serien überhaupt… Nee, an die lasse ich nix kommen. Die haben sich ihren Platz im kulturellen Konsens und in jedem verdammten Kanon mehr als verdient.

Familie Heinz Becker [Gerd Dudenhöffer]

(Deutschland 1991 – 2003)

{7 Staffeln, 42 Folgen à 30 Minuten}

Geh foat! De Becker Heinz! Lokalstolz unn so. Was dann sunscht? Ei Nä! Awwer doch, irgendwie, ei jo! Aach drüwwer hinaus, is Heinz Becker, zumindescht in de erschte Staffele (bevoar es Hilde ausgetauscht genn is) echt mo e Beischpiel für e guddie deutschie Sitcom. Das war escht sau kloar, lustisch, maschmol ach e bissje alwern, manschmo änfach nur näwe da Spur… unn fier Leit, die känn saarländisch schwätze aach schwär zu verschtehn… awwer es hat halt Spaß gemacht, war ach immer gudd gesellschaftskritisch, ohnehin mit me unglaabliche Blick fier die Gewohnheite vunn de Saarlänner geseeschnet unn aach irgendwie so e Schtick deitschie Mentalität inngefang… awwer egal. Angugge, dalli, dalli.

Roseanne [Matt Williams]

(USA 1988 – 1997)

{9 Staffeln, 222 Folgen à 25 Minuten}

Uff… Anfang der 90er wurden der amerikanische und deutsche TV-Markt geradezu überschwemmt von Sitcoms, die im Nachmittags- und schließlich auch Frühprogramm rauf und runter liefen. Nur wenige von diesen sind mit Würde gealtert, und die meisten taugen maximal noch für nostalgische Videoabende. Roseanne gehört zu den wenigen Ausnahmen: Die anarchische, chaotische und mitunter ungemein lustige Serie hob sich nicht nur damals von der Konkurrenz ab: Wohltuendes sarkastisches Kontrastprogramm zum zuckersüßen (und grauenvollen) Full House oder „Wer ist hier der Boss?“, aber auch angenehm ehrliche und authentische Antipode zum überzeichneten „Eine schrecklich nette Familie“. Roseanne hat das Herz am rechten Fleck, scheut sich aber dennoch nicht vor mutigen Themen und bitterbösen, schwarzhumorigen Interludien. Die perfekte unperfekte Familie, immerhin durch über 200 Folgen konsequent anarchisch durchgezogen. Und trotz und gerade wegen der unglaublich schrägen, bitteren und verwirrenden letzten Staffel, Dank der skurrilen Aufbrüche der dritten Wand („They say she is the same, but she isn’t the same!“), Dank dem Spiel mit Liebe und Abneigung innerhalb des familiären Kosmos und Dank dem Mut zu Chaos auch heute noch ein großes Sitcom-Vergnügen.

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Erstveröffentlichung: 2011