Die besten TV-Serien der 80er Jahre I

Die 80er Jahre waren ein merkwürdiges TV-Jahrzehnt. Die Serienlandschaft war noch weit entfernt von den erstklassigen seriellen Produktionen unserer Zeit (die ja selbst in den 90ern nicht einmal in den Kinderschuhen steckten). Gleichzeitig wäre es komplett verfehlt von einer wilden, experimentellen Fernsehzeit zu sprechen. Viel mehr sind die 80er Jahre ambivalent, was Progress, Stilstand und sogar Regress betrifft: Ja, es gab das Experimentelle, das Wilde, den Versuch, mit Traditionellem aufzuräumen. Aber es gab mindestens genau so stark das Traditionelle, das Konservative, ja, wenn man es böse meint, könnte man sagen „Das Feige“. Wirklich experimentell ist in dieser ersten 80er Serienretrospektive eigentlich nur ein Format, das bizarre Historienstück Blackadder von und mit Rowan Atkinson. Dass aber auch im Konservativen eine Menge Qualität und Zeitlosigkeit möglich ist, beweist Das A-Team mit seinem charismatischen, ironischen Actionschauspiel. 21 Jump Street dagegen ist komplett auf den Zeitgeist der späten 80er Jahre zugeschrieben und funktioniert dennoch hervorragend als Hybrid aus Coming of Age und Krimiserie. Und dann sind da natürlich noch die beiden Senioren, Angela Lansbury in Mord ist ihr Hobby und Andy Griffith als Ben Matlock. Die sind so traditionell wie man es sich nur vorstellen kann und dennoch und gerade deswegen höchst charmant und qualitativ deutlich hochwertiger als viele Jungspunde der damaligen Ära.

21 Jump Street – Tatort Klassenzimmer [Stephen J. Cannell, Patrick Hasburgh]

(USA 1987-1991)

{5 Staffeln, 103 Folgen à 45 Minuten}

Da sind sie also, die jungen Wilden… oder zumindest eine Idee davon. Tatsächlich darf man nicht unterschätzen, wie ungewöhnlich es für eine Krimiserie der 80er Jahre war, jugendliche, bzw. gerade erwachsen gewordene Protagonisten in den Mittelpunkt zu rücken. All die Miami Vices, die Magnums und die Columbos der damaligen Zeit waren gestandene Männer, (praktisch immer männliche) Helden in der Mitte ihres Lebens, ohne große Zweifel, immer mit der richtigen Idee, was zu tun, was das Richtige ist. 21 Jump Street dagegen umarmt die Unsicherheit der Adoleszenz, lässt seine Heldinnen und Helden straucheln, zweifeln und auch verzweifeln. Natürlich wird dadurch aus der – oft sehr bemüht – coolen Serie noch lange kein Teenage Angst Drama, aber doch gibt es hier deutlich mehr Menschlichkeit, Fehlbarkeit und jungen Zorn als in vergleichbaren Krimiserien der Zeit. 21 Jump Street ist spannend und mitreißend und trifft mit seiner Mischung aus Coolness und Anspannung genau jenen Spät-80er-Zeitgeist zwischen Pop und den Vorboten des 90er Jahre Grunge. Keine Serienrevolution, aber immerhin ein gutes Stück Zeitgeschichte und auch heute noch überraschend spannend und unterhaltsam.

Matlock [Dean Hargrove]

(USA 1986-1995)

{9 Staffeln, 195 Folgen à 45 Minuten}

Da ist er also, der wilde Alte… oder so etwas in der Art. Zu behaupten, Matlock würde nicht voll und ganz von der charismatischen Hauptfigur leben, wäre eine glatte Lüge. Dieser grummelige, charmante, geizige und zugleich warmherzige Working Class Hero im schlecht sitzenden Anzug ist einfach mal eine Sensation; und das wohlgemerkt nicht nur für Senioren. Wir oft wurden Witze über diese Serie gemacht, dass sie nur auf ein älteres Publikum zugeschnitten sei, Rentnerfernsehen wäre. Nichts könnte von der Realität weiter entfernt sein. Ja, unser Protagonist befindet sich im Seniorenalter, was soll’s. Was zählt, ist sein Charisma, seine unvergleichliche Art, fast so als wäre er die Personifizierung von Smooth Jazz. Und was noch mehr zählt, ist die Art, wie er an seine Fälle herangeht, wie er sich im Gerichtssaal bewegt und ein ums andere Mal erfolgreich ist. Matlock hat unsere – niedlich stereotype, herrliche naive – Vorstellung von (TV-)Gerichtsprozessen auf Jahrzehnte geprägt, inklusive Kreuzverhör und der eindeutigen Wahrheit die am Schluss doch noch ans Licht kommt. Und Matlock hat uns gezeigt, dass Anwälte durchaus erden, bodenständig und durch und durch sympathisch sein können. Da ist natürlich viel Fiktion und Wunschdenken dabei, aber verflucht sympathisches, spaßiges und hochwertiges Wunschdenken.

Mord ist ihr Hobby – Immer wenn sie Krimis schrieb [Peter S. Fischer, Richard Levinson, William Link]

(USA 1984-1996)

{12 Staffeln, 264 Folgen à 45 Minuten}

Da ist sie also die wilde Alte… oder viel mehr die intelligente Alte, die allen jungen aufstrebenden, selbstverliebten Ermittlern haushoch überlegen ist. Okay, machen wir uns nichts vor, natürlich ist Murder, She Wrote (der Titel verrät es bereits) eine amerikanisierte Version der berühmten Hobby-Ermittlerin Miss Marple von Agatha Christie. Und dennoch wäre es eine Schande diese auf Details versessene, behutsam und akribisch ermittelnde Jessica Fletcher als bloße Epigonin der berühmten Rentner-Kriminologin zu bezeichnen. Dafür ist sie viel zu energisch, zu gewissenhaft und vor allem zu wenig schrullig. Anstatt als resolute, putzige Rentnerin aufzutreten ist die Protagonistin hier eine reflektierte, nachdenkliche Frau, die weiß, wie sie sich Gehör verschafft und wie sie sich in ihrem Fall peu à peu vorwärts arbeiten kann. Das braucht dann auch keine merkwürdigen Comedy-Interruptionen, keine ständigen Alters-Rekursionen und keine überzeichnete Exzentrik. Die Mordgeschichten in Mord ist ihr Hobby funktionieren auch so perfekt als sympathische Mysteryrätsel, als unterhaltsame Kriminalfälle, intelligent verwoben und mit einem guten Gespür für Kriminalistik und Forensik. So gesehen ist Mord ist ihr Hobby die wissenschaftliche, akkurate Variante des Konzepts „Alte Dame löst Kriminalfälle“ und daher trotz großer Fußspuren, trotz offensichtlicher Inspiration auch als eigenständiges Werk ein Hochgenuss.

Das A-Team [Stephen J. Cannell, Frank Lupo]

(USA 1983-1987)

{5 Staffeln, 98 Folgen à 45 Minuten}

Knight Rider, Airwolf, ein Colt für alle Fälle… Die 80er Jahre waren voll von schnell produzierten, simplen Actionserien für das junge Publikum. Heraus sticht hierbei ohne Zweifel die Chaotentruppe um das A-Team. Woran es liegt? In erster Linie daran, dass sich die Serie Gott sei Dank zu keinem Zeitpunkt zu Ernst nimmt. Klar, auch hier gibt es ne Menge Testosteron, Schießereien und Explosionen. Mindestens genau so wichtig sind aber die wundervollen Inkognito-Auftritte der Helden. Mindestens genau so wichtig sind die zahllosen Schrullen der Crew, die Verrücktheit eines Murdock, die Flugangst eines B.A. Baracus (Mr. T), die genialen Coups und nicht zuletzt die fantastischen Bastel- und Baumontagen, die mitunter selbst einen MacGyver neidisch machen würden. Klar, das ändert nichts daran, dass wir es hier mit großem, großspurigen machoistischem Actionprogramm zu tun haben, aber in seiner naivsten, unschuldigsten und lustigsten Form. Wenn man weiß, worauf man sich einlässt, kann man hier verflucht viel Spaß haben, allein schon deswegen weil es das A-Team einem mit seiner Over the Top Attitüde und seinem albernen Auftreten praktisch unmöglich macht, es nicht ironisch zu rezipieren.

Blackadder [Rowan Atkinson, Richard Curtis]

(Großbritannien, 1983 & 1986-1989)

{4 Staffeln, 24 Folgen à 30 Minuten}

Das schwarze Schaf dieser Liste und vielleicht die einzige Serie dieser Aufstellung, die komplett zeitlos ist und auch ohne Nostalgie und 80’s-Bezug heute noch hervorragend funktioniert. Blackadder ist eine fantastische, historische Bizarrerie, ein Ritt durch die Jahrhunderte, vom 15. Jahrhundert bis zur Zeit des ersten Weltkriegs. Angeführt von einem unfassbar gut agierenden Rowan (Mr. Bean) Atkinson erleben wir Bösartigkeiten und Intrigen, teuflische Pläne und absurde Vorhaben, kämpfen mit dem britischen Humor und der englischen Sprache (denn O-Ton ist hier in der Tat Pflicht!) und lassen uns ein ums andere Mal mitreißen von dieser wüsten Mischung aus Slapstick, Satire, schwarzer Komödie und historischem Reigen. Blackadder ist ein Epos der menschlichen Abgründe und zugleich ein Vexierspiel um Fakten und Fiktionen, Geschichte und deren Auflösung in purer Situationskomik. Eine Herausforderung, keine Frage, aber eine Herausforderung, die es wert ist gemeistert zu werden. Und schlicht und ergreifend mit das beste, was das britische Fernsehen je zu Stande gebracht hat.

Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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