Die besten Filme der 90er Jahre: „Wo bleibt denn Four Rooms?“

Na, das haben sie sich aber mal fein ausgedacht. Vier Regisseure, die allesamt für die Popularisierung des Independentkinos, bzw. die Verzerrung des Popcornkinos stehen, haben sich im Jahre 1995 zusammengefunden um einen kleinen Episodenfilm zu drehen: Allison Anders, Alexandre Rockwell, Robert Rodriques und Quentin Tarantino, das liest sich ja schon mal recht gut, quasi das who-is-who des postmodernen Unterhaltungskinos, das nicht mit Fremd- und Selbstreferenzen geizt. Jeder Regisseur schreibt schnell ein Drehbuch und führt bei der entsprechenden Episode auch gleich Regie. Dann suchen sich die Verantwortlichen irgendeinen gerade so passenden Hauptplot aus, der die einzelnen Geschichten so gut wie möglich zusammenschweißt und fertig ist der Silvester-Hit.

Four Rooms – Silvester in fremden Betten also, wie üblich eine ziemlich dämliche Titelergänzung des deutschen Filmverleihs. Wir beobachten den tollpatschigen, exzentrischen und leicht überdrehten Hotelpagen Ted (Tim Roth), wie er in seiner ersten Arbeitsnacht an Silvester durch das Hotel stolpert und dabei alle möglichen absurden Abenteuer erlebt. In der ersten Episode, für die sich Allison Anders verantwortlich zeigt, (Honeymoon-Suite: Die fehlende Zutat) trifft er auf einen Orden von nymphomanischen Hexen (u.a. Madonna), die scharf auf sein Sperma sind. In der zweiten Episode, Zimmer 404 – Der falsche Mann, hat er es mit einem psychopathischen Pärchen zu tun und wird zum unfreiwilligen Nebenbuhler des verrückten Ehemannes. In der dritten Episode, für die Robert Rodriques verantwortlich ist, (Zimmer 309 – Die Ungezogenen) muss er für einen Mafiapaten (Antonio Banderas) auf dessen hoffnungslos verzogenen Kinder aufpassen. Nicht nur die nervigen Gören machen ihm dabei das Leben zur Hölle, sondern auch die Leiche einer Prostituierten, die unter dem Bett munter vor sich hinwest. In der abschließenden Episode, der Tarantino-Geschichte Penthouse – Der Mann aus Hollywood (u.a. mit Bruce Willis und Quentin himself), geht es schließlich um eine absurde Wette und Teds Aufgabe mit einem Hackebeil, einem Holzbrett und einem Kübel Eis die Wettschulden von einem gewissen Norman einzutreiben.

Vier Regisseure, vier große bis mittelgroße Namen, groteske Geschichten, viel Popcorn-Charme… ein tarantinoesker 90er Spaß also? Von wegen! Auf das Namedropping sollte nicht reingefallen werden! Obwohl sich sowohl namhafte Regisseure als auch exzellente Schauspieler für das Projekt verpflichten ließen, macht der Film nicht besonders viel Spaß. Geradezu penetrant aufgehetzt kommen die ersten beiden Episoden daher. So skurril die Geschichten auch sein wollen, so sehr langen sie mit ihrer aufgesetzten Absurdität daneben. Noch schlimmer ist, dass die von Tim Roth gespielte Hauptfigur, beim Zuschauer weder Sympathien noch Antipathien wecken kann. Der Page Ted nervt einfach nur in seiner penetrant grotesken Überzeichnung und ist so als Protagonist denkbar ungeeignet, um durch die Episoden zu führen. Ist das herbeigesehnte Ende der ersten beiden Episoden endlich erreicht, wird es allerdings auch nicht wesentlich besser. Die Rodriques-Folge hebt sich zwar angenehm vom vorangehenden Esoterik-Psychosex-Schmu ab, sorgt allerdings auch nur für bedingte Lacher. Holprig inszeniert und vorhersehbar wünscht man sich endlich das große Finale herbei, das dann auch tatsächlich das Komischste an der Episode des Südamerikaners ist.

Also ruhen die Hoffnungen auf der letzten Geschichte, die immerhin von Wunderkind Tarantino geschrieben und abgedreht wurde. Hier gibt es dann auch tatsächlich den spannendsten und unterhaltsamsten Teil des Films zu bestaunen. Cool lässige Dialoge, wie man sie von Tarantino kennt, ein paar eingestreute Querverweise und ein saucooles Finale. Trotzdem versprüht auch dieser Teil nicht den Witz und Esprit, der erhofft werden konnte. Außer Tarantino-Standard-Coolness hat diese Folge nicht sehr viel zu bieten. Ein bisschen Popcorn und ein paar Blutspritzer, ein wenig Lachen über Gewaltnonsens, und das wars auch schon. Mit einem netten Knalleffekt endet dann der Film, aber das restliche Feuerwerk ist ausgeblieben.

Four Rooms sind 4 Episoden, die zu einfach, zu belanglos und teilweise sogar nervtötend gestrickt sind, um zu unterhalten und es daher wohl auch bitter nötig haben mit den Namen ihrer Regisseure hausieren zu gehen. Der versprochene Silvesterabend entpuppt sich als Schlaftablette, die bereits vor Mitternacht wirkt und den Zuschauer zum Eindösen verleitet. Weder Kult noch absurdes Fest… Nicht auf diese Mogelpackung reinfallen!

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Erstveröffentlichung: 2011