High Frame Rate – Gimmick oder Zukunft der Bildtechnik?

Vor drei Jahren habe ich hier zwei Artikel veröffentlicht, in denen ich mich mit der 3D-Technik auseinandergesetzt habe, die Dank Avatar damals einen enormen Popularitätsschub erlebte. So wie James Camerons Science Fiction Blockbuster quasi die Geburtsstunde einer New Wave of 3D-Cinema war, könnte nun auch Der Hobbit von Peter Jackson die Geburtsstunde einer vollkommen neuen Bildtechnik sein. High Frame Rate ist das Zauberwort: 48 Bilder pro Sekunde, doppelt so viele wie im gewohnten Kino. Die Verfechter dieser Technik versprechen fantastische, so niemals gesehene Bilder, eine enorme Verbesserung der 3D-Technik und mit beidem verbunden eine Immersion, die sich deutlich von allen vorherigen cineastischen Erlebnissen abhebt. Die Kritiker und Skeptiker lästern über Soap- und Theaterfeeling, machen Witze über Benny-Hill-Effekte und sehen in der neuen Technik, ähnlich wie zuvor beim 3D, nichts weiter als ein überflüssiges Gimmick, das zudem der Immersion eher abträglich ist. Nachdem meine Eindrücke vom Hobbit (Kritik folgt) und der neuen Technik noch ziemlich frisch sind, bietet es sich doch an, das ganze HFR-Ding genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich versuche dabei thesenartig vorzugehen, allein schon weil sich ein wirklich endgültiges Urteil wegen der Frische des Prinzips verbietet. Dabei will ich sowohl auf die Technik als solche, als auch deren Wirkung auf die Zuschauer und nicht zuletzt auch auf deren Potential und Zukunft eingehen. Wie immer natürlich absolut objektiv, dabei höchst subjektiv gefärbt und komplett unvoreingenommen voreingenommen…

Bevor ich zu meinen Thesen komme, zumindest ein oder zwei Worte zur Technik als solche: Für Spielfilme, Serien etc. ist mittlerweile schon seit ewigen Zeiten der Framerate-Standard von 24 fps (bzw. 24 Hz.) etabliert. Mit der Framerate bzw. Bildwiederholfrequenz wird erst einmal ganz banal ausgedrückt, wie viele Einzelbilder pro Sekunde aufgenommen oder auf die Leinwand projiziert werden. Während das menschliche Auge Bildfolgen bereits ab ungefähr 16fps als natürliche Bewegungen wahrnimmt (weswegen frühere Stummfilme mit diesem Standard arbeiteten), kann eine höhere Bildwiederholrate doch erheblich den visuellen Eindruck verändern. Hinzu kommt, das gerade schnell Bewegungen auch bei einer Framerate von 24fps sehr schnell abgehakt, nicht genuin wirken können. Auffällig ist dies vor allem in Actionfilmen mit schnellen Kameraschwenks, bei Videoaufnahmen von Sportveranstaltung (die deshalb fürs Fernsehen zumeist mit einer höheren Framerate aufgezeichnet werden) und insbesondere bei Zeitlupen (bei denen mittlerweile auch mit höherer Framerate gearbeitet wird, v.a. beeindruckend in Lars von Triers Filmen, in denen diese mit bis zu 1000 fps stilisiert sind). Die High Frame Rate (HFR) als Standardtechnik für Big Budget Hollywoodproduktionen ist mittlerweile auch schon länger im Gespräch und wird von Regisseuren wie James Cameron fleißig beworben. Der Hobbit von Peter Jackson ist der erste Kinofilm, der mit 48fps eine doppelt so große Bildwiederholrate aufweist wie herkömmliche Blockbuster. So ist der neuste Kino-Blockbuster der Tolkien-Franchise natürlich der perfekte Testballon für das Verfahren, sowohl für die Filmemacher als auch die Zuschauer, die Filmstudios, Produzenten und die Kinobetreiber, die Techniker und nicht zuletzt die Feuilletonisten … und damit möchte ich dann auch den Bereich des Technischen verlassen und mich voll und ganz – thesenartig – den visuellen Eindrücken des High Frame Rate Bombastes widmen:

1. Der Detailreichtum einer höheren Framerate ist in vielen Szenen tatsächlich beeindruckend

Das betrifft insbesondere Landschaftaufnahmen, aber auch solche Banalitäten wie einen reich gedeckten Esstisch oder die Gesichter der Protagonisten. Die Bewegung jeder einzelnen Falte ist zu erkennen, die Augen wirken lebendig wie nie, Gras entfernt sich weit von einer matschigen Textur hin zu einem echten Erlebnis, bei dem jeder einzelne Grashalm von den anderen zu unterscheiden ist. Das hat dann schon was von fluide animierter Fotografie, von hochaufgelöster, gestochen scharfer Abenteuerreise durch realistische, detaillierte und zugleich stilsichere Landschaftspanoramen. Für den Bildgourmet, der auf Details und visuelle Leckerbissen steht sind 48 fps ein visueller Hochgenuss.

2. Der Benny Hill Effekt ist in der Tat gewöhnungsbedürftig

Der von vielen Kritikern gebrachte Vergleich mit Zeitraffer Speed Up Aufnahmen aus der Benny Hill Show trifft insbesondere zu Beginn des Films voll ins Schwarze. Der Film lief gerade mal eine Minute, da wurde mir schon von der Seite zugeraunt: „Das Bild ist zu schnell!“ Und diesen Eindruck konnte ich nur bestätigen. Insbesondere bei alltäglichen Bewegungen wie Gehen, Schreiben, Sprechen wirken die Bilder auf den ersten Eindruck wie zu hastig abgespult. Alles scheint im Zeitraffer abzulaufen. Die Hobbits rasen durchs Bild, die Szenen wirken überhastet, die Bewegungen nicht natürlich sondern irgendwie fremdartig, ungewohnt schnell, bis hin zu dem Eindruck, man sehe eine Laserdisc im Schnellvorlauf. In Nahen bei Gesprächen verursacht dieses Speed Up gar den Eindruck, als sei das gesprochene Wort nicht synchron zu den Lippenbewegungen der Schauspieler, ein Effekt, der durch die deutsche Synchronisationen erst recht noch verstärkt wird. Aber, der entscheidende Punkt dieser These liegt bei „gewöhnungsbedürftig“: Man gewöhnt sich langsam daran (auch wenn das durchaus schmerzhafte 30 Minuten dauern kann). Spätestens gegen Ende des Films fiel mir persönlich der Benny Hill Effekt gar nicht mehr auf. Man hatte sich an das Bild gewöhnt und dann floss es auch, praktisch wie bei jedem anderen Kinofilm davor. Interessant an dieser Stelle ist vielleicht noch zu erwähnen, dass der umgekehrte Fall, die Rückgewöhnung auf 24fps, zumindest an diesem Abend keine Probleme bereitete. Als ich mir nach dem Kinobesuch noch ein paar Szenen aus Herr der Ringe anschaute, wirkten diese keineswegs zu langsam oder stockend, sondern versprühten gleich den Zauber von klassischem Fantasykino. Möglich, dass das anders aussehen würde, wären 48fps der Standard und 24fps die Ausnahme. Die enorme Rolle der filmischen Sozialisation würde ich dabei auf jeden Fall nicht unterschätzen.

3. HFR kann (!) großartig für Computeranimationen sein

Keine Ahnung, woher die ständige Kritik an den Orks, Ogern, dem Höhlensackgesicht oder Gollum kommt. Meiner Meinung nach waren die Animationen der computergenerierten Viecher im Hobbit einfach nur fantastisch, nicht zuletzt dank HFR. Noch nie habe ich in einem Kinofilm derart viele Details an einem CGI-Wesen ausmachen können. Wie in den menschlichen Gesichtern, so spiegelt sich auch in den virtuellen Mimen der potentielle Detailreichtum von HFR-Aufnahmen überdeutlich wider. Gollum sah so gut aus wie nie, der etwas alberne Ork-Höhlenkönig hatte so unzählig viele Falten, Adern, Pickel u.ä. dass es einfach nur eine ekelerregende Freude war. Gleichzeitig fiel die HFR bei offensichtlich etwas fauler animierten Figuren negativ ins Gewicht: Die Adler, die Schmetterlinge, einige der Orks… sobald animierte Wesen an Detailreichtum vermissen ließen, wirkten sie weitaus künstlicher als ihre 24fps-Pendants. Mit einer größeren Framerate stechen nicht nur Details positiver ins Auge, ebenso fällt der Mangel an Details negativ auf. Das könnte verheerend sein für CGI-Filme, denen nicht das Budget von Peter Jacksons Großprojekt zur Verfügung steht. HFR kann toll sein für virtuelle Wesen, zugleich aber auch ein Sargnagel für die Immersion, sobald diese ins Spiel kommen und nicht mit der notwendigen Liebe zum Detail gestaltet sind.

4. HFR wirkt sich positiv auf den 3D-Effekt aus

Muss nicht groß erläutert werden. Ich habe ja bereits mehrmals gesagt, dass ich 3D-Kino tendenziell eher doof und überflüssig finde, für ein albernes Gimmick halte, das die Immersion zerstört. Wenn aber 3D sein muss, dann bitte in Zukunft in HFR: Die Bilder wirken weitaus heller, die Ebenen weitaus klarer, der Effekt wirkt nicht mehr ganz so verspielt sondern tatsächlich genuin und mitunter sogar passend. Die Kombination HFR + 3D ist weitaus befriedigender für den Cineasten als bloßes 3D und konnte mich an diesem Abend sogar partiell mit dem gehassten Effekt – und der nervigen Plastikschrott-Brille – versöhnen.

5. HFR ist fantasy-untauglich

Das klingt erst einmal wie ein verdammt hartes Urteil, das allerdings nach dem Hobbit leider genau so gefällt werden muss. Um das ganze zu präzisieren: Gemeint ist klassische Mittelalterfantasy, wie sie in Tolkiens Universum stattfindet: Science Fiction, Cyberpunk, Surrealismus, Gilliam-Bizzarerien… all das kann ich mir wunderbar in HFR vorstellen, aber die vermeintlich mittelalterliche Märchenwelt. No way! Der Grund lässt sich wunderbar in einem Wort auf den Punkt bringen: Die Maske! Die verdammte Maske! Sobald ein Gesicht in der Nahen ins rechte Licht gerückt wird, ist das Puder ebenso zu erkennen wie die Lidschatten-Abdeckung. Ungemein störend fällt das bei Gandalf oder Saruman auf. Das sind keine faszinierenden, alten Magier mehr sondern geschminkte Schauspieler. Der Vergleich zur klassischen Theater-Überschminkung ist hier durchaus passend: Die Gesichter wirken künstlich, zu bedeckt, einfach zurecht gemacht, was alles in allem verheerende Auswirkungen auf die Immersion hat.

6. Mit HFR wird die Leinwand zur Bühne

Und das kann ungemein stören. Manche Kritiker haben ja gerne auf den Soap-Look des Hobbits hingewiesen, gemäkelt, dass dieser eher nach Motion Interpolation als nach genuinen 48fps ausschauen würde und darum an billige Seifenopern aus dem Fernsehen erinnere, in den die Protagonisten wie auf den Hintergrund aufgeklebt wirken. Das konnte ich zwar weniger ausmachen – vielleicht weil ich zu selten deutsche Trash-Serien schaue -, was mir aber dagegen aufgefallen ist, ist eine merkwürdige Art von Theaterfeeling. Die Hobbits, die Riesen, die Menschen, Zwerge und Zauberer: Sie alle bewegen sich mitunter wie Akteure auf einer Bühne. Der Vordergrund wird zur vermeintlichen Rampe, der Hintergrund zur falsch wirkenden Staffage. In den schlimmsten Momenten sah ich keine natürlichen Landschaften und Gebäude sondern bloße Studiokulissen und das selbst wenn ganz offensichtlich nicht in einem Studio gedreht worden war. Es ist irgendwie unfilmisch, wenn man das Gefühl hat, dass die Protagonisten tatsächlich anwesend sind, sich aber nur auf einem schmalen Pfad zwischen Leinwand und Publikum bewegen, wenn die Hintergründe auf einer anderen Ebene stattfinden als das eigentliche, primäre Geschehen im Vordergrund…

7. Die Bühne zieht dich tiefer ins Geschehen

…Aber… und dieses „Aber“ gilt im Moment mangels weiterer Erfahrungen nur einschränkend… es kann trotz und gerade wegen dieses Effekts zu einer unglaublichen Immersion kommen. Es war vor allem diese eine Szene, die mich persönlich erahnen ließ, wie viel Potential in HFR steckt, wenn man sich an den Effekt gewöhnt hat. Eigentlich ganz banal, es war nicht mehr als eine Fluchtszene aus der Orkenhöhle, ein kurzer Ausschnitt, ein Sekundenschnitt, ein Zwergenfuß, der auf eine Holzbrücke tritt, von der ein paar Balken abbrechen und nach unten fallen. Boom! Diese eine Szene fühlte sich für mich – und ich hatte das Gefühl niemand sonst im Kinosaal teilte diesen Eindruck – fantastisch an. Es war wie der Moment im Looping auf der Achterbahn, in dem man den Willen, oben oben und unten unten zu halten, aufgibt und sich einfach in den wilden Kopfüber-Ritt fallen lässt. Vielleicht hatte jeder irgendwann im Hobbit genau dieses Erlebnis, vielleicht in der selben, vielleicht in einer anderen Szene. Es war effektiv. Plötzlich war ich drin, plötzlich hatte ich das Gefühl zu verstehen – oder zumindest zu empfinden – was HFR auslösen kann. Es war ein Gefühl, als seien diese Brücke und diese zwergischen Füße direkt vor mir, als sei für den Bruchteil einer Sekunde jede filmische und mediale Kadrierung aufgehoben, als sei ein gewisser – durch filmische Sozialisation entstandener – Widerstand in mir gebrochen. Fantastisch. Ich war mittendrin, ließ mich treiben von den Actionszenen, war vom Film dort abgeholt, wo er mich von Anfang an erreichen wollte , ich konnte einfach nur noch genießen. Dass dieser grandiose virtuelle Eskapismus mit der nächsten Gandalf-Nahen zunichte gemacht wurde? Geschenkt. Für einen Moment war klar, wenn man sich darauf einlässt – den Widerstand wie im Achterbahn-Looping aufgibt – kann HFR ganz Fantastisches vollbringen.

8. HFR ist abhängig von Stil und Genre des Films

Wie schon in 5 angedeutet: Für Fantasy ist HFR ungeeignet. Wahrscheinlich nicht einmal nur wegen der Masken, sondern auch wegen des visuellen Realismus, den die Darstellung unzähliger Details evoziert. Das passt einfach nicht zu einer verschwommenen, märchenhaften Prämisse. Ich glaube, HFR braucht andere Bereiche, andere Genres, in denen es sich beweisen kann. Die fantastischen Neuseelandaufnahmen gaben im Hobbit zumindest schon einmal einen kleinen Vorgeschmack darauf, was möglich ist: Jepp, Dokumentarfilme. Konkreter: Naturfilme. Egal ob Mikro-, Meso- oder Makrokosmos. In diesen könnte HFR ein echter Gewinn sein. Ebenfalls fantastisch stelle ich mir 48fps in Science Fiction Filmen vor: Aber auch in diesem Fall eben nicht die Filme mit Fantasy- oder Märchen-Disposition, nicht die Star Wars und nicht die Avatars, aber ein neuer 2001 könnte von 48fps ganz erheblich profitieren. Einen Moon oder einen Fountain würde ich ungemein gerne in HFR sehen (ohnehin scheint das Verfahren wie geschaffen für Darren Aronofsky). Ebenfalls gerne erleben würde ich die Technik bei surrealen, grotesken Filmen (die es derzeit leider viel zu selten gibt): Nur rein hypothetisch wäre ein Stalker in HFR bestimmt fantastisch gewesen, das Kino eines David Lynch könnte davon profitieren, ebenso durchaus auch (europäische) Kunst- und Experimentalfilme wie die von Béla Tarr. Blockbuster? Ja, durchaus; allerdings nichts, was exzessive Schminke voraussetzt. Aber ein guter Michael Mann Actionstreifen, warum nicht? Ein explosives CGI-Trickspektakel? Jepp, auch. Ein neuer Terminator? Bitte. Aber, liebe Filmemacher, bitte bitte bitte nicht unbedacht jeden kommenden Popcorn-Kino-Hit mit der Technik ausstatten.

9. HFR ist nicht DIE Zukunft des Kinos

Mit dieser Bitte wäre auch These 9 ziemlich einleuchtend. DIE Zukunft des Kinos kann HFR nicht sein, einfach weil das Verfahren nicht in jeden Film passt. Es gilt mit Bedacht zu wählen, wann 48fps – oder mehr – angebracht sind und wann sie einfach nur stören und die Immersion vernichten. Da bin ich jetzt schon resolut: HFR sollte niemals vollständig die gewohnten 24 fps ablösen. Diese Bildwiederholfrequenz hat sich bewährt, funktioniert perfekt bei fantastischem, außergewöhnlichem, trivialem und originellem Kino. Es muss nicht anders gemacht werden, nur weil man es kann. Es muss noch nicht einmal zum Standard werden (nach dem Prinzip: 24fps sind reserviert für künstlerische und nostalgische Filme) und es muss und sollte erst recht nicht als Legitimation herhalten, überteuerten Gimmick-geilen Filmpalästen jeden Cent in den gierigen Rachen zu werfen. Das hat bei 3D nicht funktioniert und wird auch bei HFR nicht funktionieren. Hier gilt nach wie vor für alle Kinobetreiber: Werdet günstiger, werdet kundenfreundlicher, traut euch auch mal wieder was… dann kommen wir alle gerne zu euch. Glaubt aber nicht, dass ihr mit Schlagworten wie HFR oder 3D das korrigieren könnt, was in der Kinolandschaft in den letzten Jahren alles suboptimal gelaufen ist.

10. HFR ist mehr als ein Gimmick

Und um mit der letzten These auch zu einem versöhnlichen Schlussfazit zu kommen: Im Gegensatz zu dem derzeitigen (!) 3D-Verfahren kann HFR weitaus mehr als ein Gimmick sein. Und hier beziehe ich mich nicht nur auf 48fps sondern ganz allgemein auf das Spiel und das Experiment mit den Framerates. Das ist eine technische Spielerei, die nicht zwangsläufig – wie beim Hobbit leider schon irgendwie so ein bisschen – zu ihrem Selbstzweck betrieben werden muss, sondern eine, die sich auch in den Dienst des Films, der Geschichte, der Dramaturgie und Inszenierung stellen kann. Warum nicht auch mal während eines Films mit verschiedenen Framerates operieren und experimentieren? Ich denke dabei an ein Spiel mit den visuellen Effekten, so wie es Louis Malle in Zazie damals ganz hervorragend gelungen ist. Warum nicht wie im Wizard of Oz, verschiedene Erzählebenen mit verschiedenen visuellen Merkmalen ausstatten. Was damals der Wechsel vom schwarzweißen Kansas zum farbigen Oz war, könnte in heutigen Filmen der Wechsel von der realistischen HFR zu fantastischen 24 fps sein (oder evt. auch umgekehrt). Momente könnten hervorgehoben werden, Situationen markiert und ausgezeichnet. Framerates – und das beweist ihre Auswirkung auf die Zuschauer – sind mehr als bloße technische Fragen, sie haben erhebliche visuelle und rezeptionstechnische Auswirkungen… und diese können selbstverständlich für das Medium Film enorm sinnvoll sein.

Denn trotz aller Gewöhnungsprobleme und aller Schwächen hat mir der HFR-Hobbit doch in mehr als einer Szene gezeigt, welch spannende Effekte so ein kleiner Wechsel in der Bildwiederholfrequenz auslösen kann. In diesem Fall waren die Effekte in der Form mit Sicherheit nicht intendiert, aber allein rezeptionsästhetisch war es schon mehr als spannend, sie zu beobachten. Und wenn es kommenden Filmen gelingt, sie sinnvoll einzusetzen, jepp, dann werde ich auch immer gerne eine Lanze für sie brechen. Bleibt das Fazit: HFR, manchmal irritierend, manchmal beeindruckend, manchmal doof… Nicht die absolute Zukunft des Kinos, nicht der unbedingte neue Standard, aber auch weitaus mehr als ein bloßes Gimmick, definitiv ein faszinierendes Exempel dafür, wie einflussreich (sowohl im negativen als auch positiven Sinne) Technik für Immersion und Rezeption von Filmen sein kann.

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