Rezension zu Happy Deathday (2017)
Es gibt eine sehr bezeichnende Stelle in Happy Deathday (2017), praktisch gegen Ende des Films: Dort wird nämlich von einer Figur innerhalb des Films darüber sinniert, dass das ganze Szenario doch sehr stark an Und täglich grüßt das Murmeltier (1993) erinnern würde, während ihr Gesprächspartner zugibt, von diesem Film noch nie gehört zu haben. Happy Deathday ist ein High Concept Film: Und täglich grüßt das Murmeltier trifft Slasher-Genre und damit ist eigentlich schon alles gesagt. Dem Film, der sich seines so leicht in einer Phrase zusammenfassenden Hybridcharakters sehr bewusst ist, geht es nicht darum, aus seiner Prämisse mehr zu machen. Er möchte weder das eine noch das andere Genre dekonstruieren oder gar neu erfinden, und er möchte erst recht nicht aus der Prämisse irgendetwas Intelligentes, Ungewöhnliches zaubern. Und das ist dem Ergebnis auch durch und durch anzusehen, inklusive Formelhaftigkeit und Vorhersehbarkeit. Und was macht man als Zuschauer dann mit so etwas, das bereits nach zehn Minuten sämtliche Karten aufgedeckt hat? Naja, man versucht eben doch noch den maximalen Unterhaltungswert herauszuziehen…
…Und für den soll in diesem Fall vor allem die komplett überdrehte Protagonistin sorgen. Die Studentin Theresa „Tree“ Gelbman (Klasse: Jessica Rothe) ist wohl so etwas, was man als Bad Bitch bezeichnen könnte. Nach einer wilden durchzechten Nacht wacht sie an ihrem Geburtstag in einer nerdigen Studentenbude auf. Natürlich zeigt sie dem Typen, der sich bei ihr befindet die kalte Schulter, ebenso ihrem Vater, der ihr zum Geburtstag gratulieren will. Zurück in ihrem Verbindungshaus ignoriert sich ihre Mitbewohnerin, macht sich über ihre (mindestens ebenso verdorbene) Konkurrentin lustig und versucht schließlich den Tag zwischen Professorenaffäre, Lernverweigerung und dem Mobbing anderer Studentinnen so anstandslos wie möglich über die Bühne zu bringen. Auf dem Weg zu einer Party wird Tree von einem maskierten Fremden überfallen, der ihr in klassischer Slashermanier an die Gurgel geht… und… alles auf Anfang. Tree wacht wieder an der gleichen Stelle auf, es ist wieder ihr Geburtstag, sie begegnet den selben Leuten und außer ihr scheint niemand diese Zeitschleife wahrzunehmen. Immer und immer wieder erlebt Tree diesen Tag auf die ein oder andere Weise, jedoch immer mit dem gleichen Ergebnis: Ihrem Tod. Langsam begreift sie, dass sie, um aus der Zeitschleife zu entkommen, ihrem Tod entgehen und ihren Mörder entlarven muss, und auf dem Weg dorthin vielleicht sogar zu einem besseren Menschen werden kann.
Ja, was soll man groß dazu sagen? Slasherhorror trifft Murmeltierkomödie. Und abgesehen davon, dass diese Mischung natürlich ein tolles Konzept ist, ist an Happy Deathday nichts, aber auch so rein gar nichts, originell. Er bemüht sich nicht einmal im Ansatz im Gegensatz zum beispielsweise ähnlich gelagerten Triangle (2009) sein Szenario zu erklären oder wenigstens zum Mysterium zu machen. Sowohl Zuschauer als auch Protagonistin haben sich mit dem Setup abzufinden und darin irgendwie klarzukommen. So wirkt es auch durchaus irritierend, wie selbstverständlich sich Tree durch die ihr hier aufgedrückte Zeitschleife bewegt; Suspension of Disbelief nicht nur beim Publikum sondern auch bei einer Figur innerhalb des Films, wo sie in diesem Fall so gar nicht hingehört. Auch die Charaktere, die in das Szenario eingeweiht werden, reagieren erschreckend gelassen auf den ihnen präsentierten Irrsinn, und so weiß man schnell, dass man als Zuschauer nur eine Chance hat, diesen Mist zu genießen: Indem man all den Unfug zulässt, den einem die Inszenierung aufs Auge drückt.
Leichter gesagt als getan. Happy Deathday ist nämlich einer jenen FSK 12 Horrorfilme, die „Jugendliches Zielpublikum“ derart groß auf die Stirn geschrieben haben, dass sie nicht nur fast komplett auf Gewalt und Blut verzichten (man will ja von den Kontrollorganen durchgewunken werden), sondern auch ihren Humor und ihre Komplexität voll auf Teenie-Kompatibilität gebürstet haben. Auch wenn Happy Deathday auf einem College Campus spielt, ist er sowohl humor- als auch verhaltenstechnisch deutlich highschooliger als sein Szenario zulassen dürfte. Das Ergebnis ist ein bisschen so, wie sich 15jährige das College vorstellen und wie wohl 13jährige auf das Slasher-Genre blicken, weil für sie nicht nur Halloween sondern auch Scream und sogar Saw weniger Teil des popkulturellen Kanons als viel mehr Teil der Filmgeschichte sind. Gott sei Dank ist sich Happy Deathday dessen sehr wohl bewusst und versucht gar nicht erst ernster Horrorschinken zu sein. Stattdessen ist er durchgehend eine dreckige (allerdings eher leidlich witzige) Horrorkomödie, die ihre fehlenden Gore- und Splattermomente ganz gut durch rabenschwarzen Humor und bitterböse Situationen ausgleicht.
Ein Highlight ist dabei zweifellos Hauptdarstellerin Jessica Rothe, die ihrer Protagonistin eine Menge Badass Attitude mit auf den Weg gibt und so jede Konfrontation mit potentiellen Tätern, Opfern und Verbündeten zu einem kleinen Highlight werden lässt. Darüber hinaus hat Happy Deathday allerdings wirklich nichts, was ihn erinnerungswert macht. Zu brav, zu bieder und zu uninspiriert spielt er sein Szenario herunter, gerade so als wüsste er bereits, dass er sich auf seinem cleveren Konzept ausruhen kann. Und ja, der Erfolg gibt ihm ja auch irgendwie Recht: 125 Millionen Dollar Box Office bei einem Budget von nicht einmal 5 Millionen. Davor darf man zumindest kurz den Hut ziehen. Da das Teil so klar wie Kloßbrühe zur großen Franchise werden wird, kann man nur hoffen, dass es ihm – und seinen Fortsetzungen – gelingt, jüngere Teens auf das Horror- und Slashergenre aufmerksam zu machen. Immerhin bekommen die hier so etwas wie Scream Light (light): Weniger brutal, weniger selbstironisch, weniger witzig, weniger intelligent… aber wenigstens mit dem Herz am rechten Fleck und einer deutlich sichtbaren Liebe für das Genre. Es gibt nun wirklich schlimmeres, einen guten Film haben wir aber hier beim besten Willen nicht vor uns.
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