Die besten Horrorfilme der 80er Jahre: Warum Freitag der 13. nicht dazu gehört…

Neben Michael Myers und Freddy Krueger dürfte Jason Voorhees zweifellos zu den größten Ikonen des Slasher-Genres und des 80er Jahre Horrorkinos ganz allgemein gehören. Auf stolze zehn Teile hat es die Franchise bis heute gebracht, zuzüglich eines Mashups mit A Nightmare on Elm Street und eines Reboots, das 2009 die Geschehnisse um Jason Vorhees neu erzählte. Nicht erst seit der Adelung als Zitat in Wes Cravens Scream (1996) gehören das Original sowie seine aus der Art schlagenden 11 Fortsetzungen zum Slasher-Kanon und Dank der missglückten (und tödlichen) Quiz-Antwort von Drew Barrymore dürfte mittlerweile auch jeder wissen, dass der Mörder im ersten Teil Freitag der 13. (1980) von Sean S. Cunningham eben nicht Jason selbst sondern seine Mutter ist. Aber was hat dieser Beginn der Reihe – und Quasi-Beginn des 80er Slasher-Kinos -, was ihn zum vermeintlich zeitlosen Klassiker macht? Und warum wurde die ganze Reihe derart populär?

Um ehrlich zu sein, zumindest auf die erste Frage weiß auch ich keine gescheite Antwort. Das Original von 1980 ist kein schlechter Film, aber weit entfernt von einem Meisterwerk, wie es der Proto-Slasher Halloween (1978) darstellt. Dafür ist das Geschehen abseits der Mordszenen zu dämlich, dafür sind die Charaktere zu eindimensional, die Dialoge zu stupide, dafür ist die Dramaturgie einfach zu vorhersehbar. Trotzdem tut man Friday the 13th Unrecht, wenn man ihn auf einen bloßen Trash Killer Shock Horror reduziert. Die Mordszenen in einer ziemlich raffiniert gelösten Killer POV besitzen ordentlich Suspense und Schock-Potential, die Atmosphäre des Films besitzt einen angenehm kargen Backwood-Touch und in gewissen Momenten gelingt es dem stereotypen Horrorfilm sogar, seine Zuschauer das Fürchten zu lehren.

Allerdings stört vor allem der ungemein puritanische, konservative und reaktionäre Subtext. Die scheinbar harmlosen Teenager, die sich mit Striptease-Spielen, Alkohol, Marihuana und Sex vergnügen werden als willenlose, ihren Trieben unterworfene Naivlinge dargestellt. Eine Darstellung die insbesondere im Entwurf der Motivation für die Morde problematisch wird: So wie das verantwortungslose Verhalten zum Tode des Kindes Jason geführt hat – für den dessen Mutter dann auch Rache übt -, so legitimiert die verantwortungslose Dekadenz auch in gewissem Sinne das Grauen, das schließlich von den Morden ausgeht. Sterben müssen zuerst die, die Unzucht treiben, die sich unverantwortlich von der Gruppe entfernen und hedonistischen Vergnügen nachgehen. Dargestellt wird eine Art Post-Hippie-Dekadenz, die sowohl als Gefahr als auch Trauma etabliert wird. Jasons Mutter ist in diesem Szenario ein Racheengel des puritanischen Amerikas; nicht nur durch die Ego-Perspektive der Morde sondern auch durch das Verhalten der Opfer und durch das Ergötzen der Kamera am blutigen Treiben wird der Rachefeldzug mitunter beinahe affirmativ begleitet, mindestens jedoch mit einem gehässigen „Das habt ihr nun davon“ Unterton geschmückt.

Dass mehr drin gewesen wäre als der letzten Endes entstandene, konservative B-Movie Slasher-Flick, beweist zumindest eine Szene, die mit zum Unheimlichsten gehört, was das 80er Jahre Horrorkino zu bieten hat. Die Rede ist natürlich von der alptraumhaften, hypnotischen Abschlusssequenz, in der wir live der Geburt – oder besser gesagt Wiedergeburt Jasons beiwohnen dürfen. In diesem Moment wird der zuvor ziemlich platte, geerdete Killerhorror – inklusive grauenvoll naiven Motivs für die Mörderin – zum metaphysischen Schrecken. Ähnlich wie in Nightmare (1984) wird die zuvor als Revenge Thriller aufgelöste Schuld transzendiert und im gleichen Atemzug revitalisiert. Hat Jasons Mutter noch aus simplen Rachemotiven gemordet (was wir auch erst im letzten Drittel des Films erfahren), so wird der aus dem See auftauchende, monströse Bastard Jason zur Unmensch gewordenen Schuld und Sühne, inklusive erster, surrealer Mordtat.

Diese Szene bildet dann auch den einsamen Höhepunkt der ansonsten durchschnittlichen bis katastrophalen Filmreihe. Jason, der im zweiten Teil Friday 13th Part II (1981) Dank des entstellten Äußeren und der abstrakten Bedrohlichkeit des Wiedergängers zumindest das Potential für ordentliches Terrorkino in der Tradition der 70er Jahre besitzt – das allerdings gerade mal rudimentär genutzt wird – verkommt spätestens im dritten Teil Und wieder ist Freitag der 13. (1982) zur absurd grotesken Killer-Witzfigur, nicht zuletzt Dank seiner in diesem Film etablierten, ikonischen Eishockeymaske, die ihn zu einer Mischung aus Killer, untotem Monster und Power-Wrestler werden lässt. Im Grunde genommen darf man diesen Schritt den Machern nicht übel nehmen, hatte Jason doch zuvor als reelle Horror-Bedrohung komplett versagt, was die Flucht in die Ironie zumindest nachvollziehbar werden lässt. So schmerzt der Schritt zum killenden Komiker weitaus weniger als beispielsweise bei Freddy Krueger, der auch in der Rolle des ironielosen Schreckgespenstes begeistern konnte.

Im Folgenden gibt es dann auch nicht mehr viel zu sagen zu der Reihe. Mit erstaunlicher – und auch ziemlich beeindruckender – Regelmäßigkeit wird ein Film nach dem anderen veröffentlicht, in den 80ern beinahe in einem jährlichen Turnus, und die einzelnen Teile ähneln sich wie ein Haar dem Anderen. Jason wird irgendwie reanimiert, zieht mordend durchs Land, wird endgültig vernichtet, nur um kurz darauf in der Fortsetzung wieder reanimiert zu werden. Der vierte Teil ist tatsächlich noch so mutig sich den Titel Freitag der 13. – Das letzte Kapitel (1984) zu geben, während die folgenden sieben (!) Fortsetzungen wohl denken: Who the fuck cares!? Das Publikum weiß, was es zu erwarten hat und bekommt genau das geboten. Dabei können die Teile an launigen Filmabenden sogar durchaus Spaß machen. Zu Ernst nehmen sie sich nicht mehr, der puritanische, konservative bis reaktionäre Subtext der ersten Teile geht Gott sei Dank komplett flöten und stattdessen gibt es unsinnige, ironische Sex & Crime & Gore Spektakel, die keinem wehtun, recht unterhaltsam sind, aber auch für so viel stehen, was im Horrorkino der 80er Jahre falsch gelaufen ist.

Ich habe nicht all diese Filme gesehen, habe aber das Gefühl, dass dies kaum notwendig ist. Zumindest meiner Erfahrung nach gilt hier das Prinzip: Kennste einen, kennste alle. Friday the 13th Part VI: Jason Lives (1986) hat sogar recht wohlwollende Rezensionen geerntet (vielleicht waren die Kritiker nach der jährlichen Dauerpenetration auch einfach zu erschöpft, um weiter zu lästern), während der quasi-elfte Teil Freddy vs. Jason (2003) immerhin für ein launiges Zusammentreffen mit dem Killer der Nightmare-Franchise gut ist.

Joa… also wie gesagt: Viel falsch machen kann man nicht, wenn man sich mal einen der mittleren Teile aus der Franchise gibt. Für Teil 1 kann es nur eine – im mangelhastesten Sinne des Wortes – kanonische Empfehlung geben: Gehört nun mal zur Horrorfilm-Allgemeinbildung, während zumindest eine der Fortsetzungen angeschaut werden sollte, um zu begreifen, warum so vieles schief lief im Horrorfilm der 80er Jahre (dazu mehr im folgenden Artikel): Es ist schlicht ziemlich unterdurchschnittlicher, roher und brutaler Gore/Slasher/Splatter-Crap. Aber auch der kann ja in der richtigen Stimmung mit den richtigen Leuten recht unterhaltsam sein. Anspruch, Niveau, Stil, Intelligenz und Qualität sollte man aber bei keinem Ausleger dieser erschreckend hartnäckigen, langlebigen Jason-Serie erwarten.

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Erstveröffentlichung: 2012