Scream-Retrospektive II: Die beiden Fortsetzungen

Scream war angeblich von Anfang an als Trilogie angelegt. Ob diese Behauptung Wes Cravens und seines Stabes der Wahrheit entspricht, ist allerdings tatsächlich nur zweitrangig. Bei dem überbordernden Erfolg der Slasher-Renaissance, war es selbstverständlich, dass eine Fortsetzung folgen musste… und ein dritter Teil war schon vor dieser klar eingetütet. Ist ja auch generell nichts verwerfliches. Wobei das Slasher-Genre wie schon im ersten Teil der Retrospektive festgestellt, vielleicht prädestiniert für Fortsetzungen ist, diese allerdings meistens ziemlich müllig daherkommen. Immerhin hatte Craven bis zur Weiterführung der Scream-Franchise die Regie-Finger von Nachfolgefilmen gelassen (abgesehen von einem ziemlich gelungenen, ebenfalls mit der eigenen Selbstreferenzialität spielenden Nightmare on Elmstreet Teil). Also schauen wir uns an, wie sich die beiden Scream-Fortsetzungen im Vergleich zum ersten Teil schlagen…

Scream 2 [Wes Craven]

(USA 1997)

Gerade mal ein Jahr nach dem überragenden Erfolg von Scream schob Craven den zweiten Teil nach… Und dieser ist ihm tatsächlich überraschend gut gelungen. Obwohl sich der Film selbst damit brüstet, krasser zu sein und weiter zu gehen als sein Vorgänger, ist er doch alles in allem eine Spur braver geraten. Die Atmosphäre ist weniger grimmig, das Setting weniger düster und natürlich fehlt ein wenig die Originalität des damals trotz Nostalgiefaktors frisch wirkenden Screams. Aber die Kombination aus sattem Slasher-Horror und launiger Selbstreferenzialität funktioniert auch hier, insbesondere, da sich das Prinzip der Fortsetzung in dieser selbst zum Thema macht.

So wird in Filmseminaren (die zu den unrealistischsten cineastischen Darstellungen von Hochschulen überhaupt zählen) ausführlich über die (mangelnde) Qualität von Fortsetzungen debattiert. So werden eifrig Regeln für Fortsetzungen erläutert, um dadurch das Verhalten des Killers vorhersagen zu können. Und so wird natürlich auch eifrig auf Teil 1 und andere Horrorfilmklassiker referiert. Scream 2 ist um einiges amüsanter geraten als sein Vorgänger, aber dadurch eben auch kompromissbereiter, massenpublikumstauglicher… Geschenkt! Wenn Sidney in der fiktiven Verfilmung der Geschehnisse des ersten Teils „Stab“ von Tori Spelling verkörpert wird – was sie in Scream bereits befürchtete – eröffnen sich augenzwinkernde Metaebenen, die dem Film neben der Genre-Dekonstruktion noch einmal eine ordentliche Portion ironische Selbstreflexivität mit auf den Weg geben.

Ansonsten orientiert sich der zweite Teil der Saga etwas zu feige an der sich als funktional erwiesenen Rezeptur seines Vorgängers: Auch hier gibt es zwei Täter, auch hier gibt es die Kombination aus Motiv und metamedialem Nicht-Motiv. Auch hier gibt es die Regeln und ihre Brüche. Leider fällt in den zweiten Teil auch die unglücklichste Entscheidung der Franchise, den sympathischen Filmnerd Randy sterben zu lassen, was sich insbesondere in Teil 3 rächen wird. Alles in allem ist Scream 2 aber eine gelungene Fortsetzung. Bei weitem nicht so groß wie der Vorgänger, aber immer noch gediegene, oft genug sau spannende und vor allem humorvolle, ironisch gebrochene Slasher-Unterhaltung.

Scream 3 [Wes Craven]

(USA 2000)

Nach dem herausragenden ersten Teil und dessen guter Fortsetzung landet die Scream-Franchise mit Teil 3 schließlich doch im Mittelmaß. Nicht nur die Morde sondern das gesamte Setting lassen darauf schließen, dass den Machern so langsam die Ideen ausgehen. Immerhin vier Jahre nach Teil 1 wirkt Scream 3 schon ein wenig angestaubt. Wir haben das neue Jahrtausend, das Horrorgenre hat sich weiter entwickelt, zahllose Slasher-Epigonen wie „Ich weiß was du letzten Sommer getan hast“ haben das Genre tot inszeniert. Und irgendwie freut sich keiner so richtig auf noch einen weiteren Scream-Teil.

Löblich allemal ist, dass Scream 3 sich sichtlich bemüht, zurück zu den Wurzeln zu finden. Im Gegensatz zu Teil 2 ist er deutlich düsterer, grimmiger und orientiert sich stimmungstechnisch mehr am ersten Teil. Bringt nur überhaupt nichts, wenn keine rechte Spannung auskommen will. Die bekannten Charaktere scheinen ein Abo aufs Überleben geschlossen zu haben; da können sich die selbstreferenziellen Dialoge noch so sehr bemühen ein Bedrohungsszenario à la „Jeder kann sterben“ aufzubauen… irgendwie kauft man es ihnen doch nicht ab. Der Killer selbst agiert fast altersmüde. Gleich den halben Nebencast mit einer Bombe in die Luft zu sprengen zeugt nicht gerade von frischen Ideen für Mordszenarien. Und dann natürlich die Auflösung der Identität des Killers, die die Serie irgendwie abrunden will, stattdessen allerdings wie eine krude Zurechtkonstruierung wirkt.

Schlecht ist Scream 3 keineswegs. Dafür freut man sich zu sehr über das Wiedersehen alter Bekannter, über die Entwicklung der Charaktere, über den Cameoauftritt Randys (auf Video), über das letzte Aufbäumen von Ghostface. Aber es reicht nicht. Scream 3 ist Mittelmaß und der Großteil der Slasher-Fans dürfte froh darüber gewesen sein, dass die Serie mit diesem Film ihren Abschluss fand.

So then…

Tja… Fand sie eben nicht. Aber Wes Craven hat schon öfter unter Beweis gestellt, dass er sich auch nach mittelmäßigen Filmen wieder nach oben inszenieren kann. Durchaus denkbar, dass Scream 4 wieder ein richtig guter Film wird. Die letzten Filme von Craven waren jedenfalls seinen klassischen Schwankungen unterlegen. Unerwartetes, Gelungenes wie seine „Paris je t’aime“-Folge, aber auch Durchschnittliches wie Cursed und Zwiespältiges wie „My Soul to take“… Erwartet werden darf alles. Vom mittelmäßigen Sequel, über eine ärgerliche Verhunzung des Sujets bis zum herausragenden neuen Impulsgeber. Auf Craven war noch nie Verlass, er vermochte es immer wieder zu überraschen, sowohl im positiven als auch negativen Sinne. Bis zum Kinobesuch dürfen wir weiterhin gespannt sein…

 

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