Die besten Liebesfilme der 70er Jahre I

Nun, nachdem wir den Erotikfilm der 70er Jahre hinter uns gebracht haben, wenden wir uns dem romantischen Kino zu. Irgendwie Antipode des erotischen Kinos, aber auch – insbesondere bei den Europäern – mit Schnittmengen. Diesen wollen wir uns aber erst in der nächsten Retrospektive widmen. Im Mittelpunkt dieser Bestenliste sollen erst einmal die großen Schmachtfetzen Made in USA stehen. Liebesfilme, die auf die Emotionen eines großen Publikums zugeschnitten sind, die romantische Sehnsüchte erfüllen, zugleich aber die dunklen und tragischen Seiten des Liebeslebens thematisieren. Love Story dürfte dabei der prototypischste Vertreter dieses Genres sein, der großen Einfluss auch auf die romantischen Filme der 80er und 90er Jahre haben sollte. Aber auch die Barbara Streisand Liebesgeschichte So wie wir waren zählt zu den großen Klassikern des Genres (und ist emotional deutlich packender als der einige Jahre später das Kino tyrannisierende A Star is born). Robin und Marian indes gehört eher zu den vergessenen Liebesfilmen der Dekade, obwohl er wunderbar Abenteuerfilm und Historical Period Drama mit altersweiser Romanze in Einklang bringt. Der schräge Konterpart zu diesen Publikumsmagneten ist die Hippie-Liebesgeschichte Harold und Maude, die sich nicht nur mit der Liebe, sondern ebenso selbstbewusst mit dem Tod auseinandersetzt. If you want to sing out, sing out… And if you want to be free, be free…

Love Story [Arthur Hiller]

(USA 1970)

Und da haben wir ihn auch schon, DEN Schmachtfetzen der 70er Jahre. Nicht nur, weil er zu Beginn des Jahrzehnts steht, ist Arthur Hillers Love Story die wohl prototypischste Liebesgeschichte dieser Epoche und möglicherweise einer der einflussreichsten Filme des Genres überhaupt. Ob es sich nun um ein romantisches Meisterwerk handelt oder ein einziges Kitschfest, darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein. Fest steht, wie kaum ein anderer Film konzentriert sich Love Story auf die innige Beziehung zweier Menschen, die mit Widerstand von außen zu kämpfen haben, deren Verbundenheit aber in jeder Herausforderung enger und stärker wird. Love Story gelingt es dabei, den Kampf der Liebenden mit der Welt nicht als opulente Tragödie zu erzählen, sondern als intimes Drama, das zwar den Pathos inhaliert hat, sich an diesem allerdings nie verschluckt. Und auch wenn er schließlich den Weg der Liebestragödie geht, tut er dies mit einer angenehmen Simplizität, verliert sich nicht im Großen, greift nicht nach den Sternen, sondern findet in einem schlichten Setting die echten und ehrlichen Gefühle. Das lässt auch so manche übergroße Sentimentalität verzeihen, und am Ende kommt man nicht drumherum, zu konstatieren, dass diese Liebesgeschichte nicht nur ihren universellen – ja auch generischen – Titel sondern ebenso ihren Klassikerstatus verdient hat.

So wie wir waren [Sydney Pollack]

(USA 1973)

Wo sich Love Story mit den großen Gefühlen innerhalb einer einfachen Geschichte begnügt, holt Sydney Pollacks The Way We Were groß aus, verquickt Zeitporträt mit historisch gefärbtem Drama, mit politischen und sozialen Reflexionen mit einer im Zentrum stehenden Liebesgeschichte. Das spannende daran ist: So sehr So wie wir waren als opulenter, komplexer Gegenentwurf zum schlicht gehaltenen Love Story daherkommt, so frei ist seine Inszenierung von übertriebenem Kitsch und plumpen Sentimentalitäten. Stattdessen nimmt er den Rahmen, den er um seine Romanze entwirft, überraschend ernst, nutzt die Geschichte der 1930er Jahre, des zweiten Weltkriegs und der McCarthy-Ära nicht nur als Tableau, sondern spinnt die Referenzen auf Klassenkampf, Bürgertum, Marxismus, intellektuelle Elite, Kunst und politische Paranoia raffiniert in seine Darstellung einer romantischen Beziehung ein. So chargiert er immer ein wenig zwischen intimem Drama und traditionellem Epos, entscheidet sich aber letzten Endes auf sehr würdevolle Weise für das Persönliche und Intime. So oder so ein faszinierender Gegenentwurf sowie eine faszinierende Schwester von Love Story und ohne jeden Zweifel einer der wichtigsten Beiträge zum Genre.

Robin und Marian [Richard Lester]

(USA 1976)

Auch Robin und Marian kann sich nicht so ganz entscheiden, zu welchem Genre er sich zugehörig fühlen will. Regisseur Richard Lester, der unter anderem Musketierfilme gedreht hat – und sich später für zwei Superman-Filme verantwortlich zeichnen sollte – fühlt sich jedenfalls eher im traditionellen Abenteuerkino zu Hause. Und dennoch ist es ihm gelungen, eine äußerst ungewöhnliche Interpretation des Robin Hood Stoffes auf die Leinwand zu bringen. Wir erleben hier nämlich einen alt und auch ein wenig müde gewordenen Robin Hood, der sich zwar nach wie vor mit der Obrigkeit herumschlägt – dieses Mal auch in der Person von Richard Löwenherz -, der aber eigentlich kein Abenteurer mehr ist, sondern viel mehr mit den Entscheidungen seines bisherigen Lebens hadert. Ihm zur Seite gestellt wird eine zurückgezogen lebende Lady Marian, die das Hoheitsvolle zu Gunsten eines asketischen Lebens aufgegeben hat. Robin und Marian ist auch Abenteuerfilm, auch Historical Period Drama, auch Dekonstruktion des großen Mythos. Aber in seinem Herzen ist er eine intensive, würdevolle aber auch ironische Liebesgeschichte, in der die Chemie zwischen den beiden Liebenden – verkörpert von Sean Connery und Audrey Hepburn – einfach nur atemberaubend ist. Ihnen ist es zu verdanken, dass diese ungewöhnliche Auseinandersetzung mit dem klassischen Stoff weder zur unfreiwillig albernen Farce noch zur allzu ernsten Tragödie wird, sondern perfekt zwischen leicht und überraschend tiefsinnig pendelt. Im Gegensatz zu anderen Liebesfilmen der Epoche ein wenig in Vergessenheit geraten, ist es diese historische, märchenhafte und altersweise Liebesgeschichte auch heute wert, neu entdeckt zu werden.

Harold und Maude [Hal Ashby]

(USA 1971)

Das wohl ungewöhnlichste Paar des 70er Jahre Liebesfilms, wenn nicht gar der gesamten Geschichte des Genres, setzt sich aus einem lebensmüden jungen Mann zwischen Teenager- und Erwachsenendasein und einer alten exzentrischen Dame zusammen. Harold und Maude erzählt deren Freundschaft, die sich peu à peu zu einer Romanze wandelt, unaufgeregt aber lebendig, mit viel Witz, jedoch ohne sich je über die ungewöhnliche Konstellation lustig zu machen. Stattdessen hat er ein großes Herz für die Ticks und Skurrilitäten seiner Hauptfiguren, sei es das Schwärmen für den Tod Harolds oder die pure ungebremste Lebensfreude Maudes, die sich beide in merkwürdigen Verhaltensweisen entladen. Er liebt den Zeitgeist und die Weltsicht der Hippies, kann sich aber auch für die kulturelle Boheme erwärmen, er tanzt und feiert, grübelt aber auch, ist auch mal nachdenklich und düster, manchmal trocken und schroff. Und bei all dem bewahrt er sich immer seine Leichtigkeit, seinen Charme und Vitalismus. Harold und Maude ist einer der leichtfüßigsten Filme der Dekade, obwohl er alles andere als brav ist, er ist einer der lebensbejahendsten Filme der Dekade, obwohl er schwere Themen, Leid und Tod nicht ausspart. Er ist einer der schönsten Filme der Dekade, obwohl er sich nie in Eskapismus verliert.

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