Schlagwort: Kostümfilm

Die besten Filme der 70er Jahre: Wo packe ich dich denn hin, Morgiana?

Die osteuropäische Kultur des 20. Jahrhunderts steckt voller tragischer Geschichten und tragischer Gestalten: Künstlerinnen und Künstler, die ihre Visionen nie so umsetzen konnten, wie sie ihnen im Kopf herumspukten, die sich mit Behörden und Zensur herumschlagen und mit zahllosen Einflüssen der real sozialistischen Politik und Gesellschaft arrangieren mussten. Der tschechische Regisseur Juraj Herz gehört zu diesen tragischen Figuren. In einem westlichen Land wäre er womöglich als großer, experimenteller Genre-Autorenfilmer in Erscheinung getreten, vielleicht auch als Meister der Durchmischung von Avantgarde und Exploitation. Er ließe sich leicht in einem italienischen Giallo-Setup vorstellen, wo er sich mit Dario Argento um die märchenhafteste Dekonstruktion des Genres geprügelt hätte. Wäre Herz in Großbritannien in Erscheinung getreten, hätte er dem Vampirfilm und Gothic Horror sicher viele originelle Akzente schenken können, und in den USA hätte er womöglich irgendwo zwischen Andy Warhol und Roger Corman agiert. Aber Juraj Herz war ein Regisseur des Ostblocks, dessen bizarren Fantasien immer den Kompromiss mit den engen kulturellen Grenzen der damaligen Tschechoslowakei suchen mussten. Und so ist er vor allem hierzulande als einer der Regisseure bekannt, die für zahllose Märchenverfilmungen osteuropäischer Prägung verantwortlich sind, von den Galoschen des Glücks über den Froschkönig bis zu des Kaisers neue Kleider. Dass er deutlich mehr kann als das, durfte er nur selten beweisen: Sein makaberes Psychovexierspiel Der Leichenverbrenner (1968) gilt als einer der besten tschechischen Filme des 20. Jahrhunderts. Und der pulpige Horrorstreifen Der Autovampir (1981) würde in einer besseren Welt in einem Atemzug mit den Exploitationklassikern eines Russ Meyer genannt werden. Jurajs faszinierendster Film indes ist ein anderer: Morgiana (1972), eine diffuse Mischung aus Historical Period Drama, Düstermärchen, Psychothriller und… ja, und was eigentlich?

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Die besten Liebesfilme der 70er Jahre I

Nun, nachdem wir den Erotikfilm der 70er Jahre hinter uns gebracht haben, wenden wir uns dem romantischen Kino zu. Irgendwie Antipode des erotischen Kinos, aber auch – insbesondere bei den Europäern – mit Schnittmengen. Diesen wollen wir uns aber erst in der nächsten Retrospektive widmen. Im Mittelpunkt dieser Bestenliste sollen erst einmal die großen Schmachtfetzen Made in USA stehen. Liebesfilme, die auf die Emotionen eines großen Publikums zugeschnitten sind, die romantische Sehnsüchte erfüllen, zugleich aber die dunklen und tragischen Seiten des Liebeslebens thematisieren. Love Story dürfte dabei der prototypischste Vertreter dieses Genres sein, der großen Einfluss auch auf die romantischen Filme der 80er und 90er Jahre haben sollte. Aber auch die Barbara Streisand Liebesgeschichte So wie wir waren zählt zu den großen Klassikern des Genres (und ist emotional deutlich packender als der einige Jahre später das Kino tyrannisierende A Star is born). Robin und Marian indes gehört eher zu den vergessenen Liebesfilmen der Dekade, obwohl er wunderbar Abenteuerfilm und Historical Period Drama mit altersweiser Romanze in Einklang bringt. Der schräge Konterpart zu diesen Publikumsmagneten ist die Hippie-Liebesgeschichte Harold und Maude, die sich nicht nur mit der Liebe, sondern ebenso selbstbewusst mit dem Tod auseinandersetzt. If you want to sing out, sing out… And if you want to be free, be free…

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Die besten Erotikfilme der 70er Jahre I

Nachdem wir uns ausführlich den pornografischen Seiten der Dekade gewidmet haben, bleibt die Frage, wie es denn mit dem erotischen Kino in den 70er Jahren aussieht. Und wie schon beim Hardcore gilt auch beim Softcore: Licht und Schatten. Gerade in den 70er Jahren bedeutet dies, sehr viel Licht und sehr viel Schatten. Im Grunde genommen war dies ein großartiges Jahrzehnt für das erotische Kino. Viele wegweisende Genrebeiträge haben das Licht der Welt erblickt, und neben der Mainstreamisierung des Pornofilms gab es auch eine Pornografisierung des erotischen Films. Am deutlichsten wird dies wohl an Nagisa Ōshimas Meisterwerk Im Reich der Sinne, das ohne Übertreibung das Konzept „Unsimulierter Sex im Kinofilm“ auf ein ganz neues Level hebt. Aber auch dessen Nachfolger im Geiste, Im Reich der Leidenschaft, gelingt es, obwohl er auf die explizite Darstellung verzichtet, dem Genre zu neuen Höhen zu verhelfen. Obwohl nicht so grafisch in der Darstellung ist Bernardo Bertoluccis Der letzte Tango in Paris ebenfalls ein extremer Film, der wegen seiner drastischen Thematisierung von ungezügelter Leidenschaft in den 70ern und darüber hinaus für so manche Kontroverse gut war. Und trotzdem sind diese breit rezipierten Erotikfilme nichts gegen die Extreme, die der erotische Nischenfilm der damaligen Zeit zu bieten hat: Der japanische Anime Tragödie der Belladonna ist ein wilder Ritt zwischen Psychedelic, sexueller Gewalt und erotischer Lust, und der ungezügelte Porno Chic Film Bacchanale ist eine surreale Fiebervision zwischen Exploitation, Tiefenpsychologie und Pornografie.

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Die besten Liebesfilme der 80er Jahre I

Es musste ja irgendwann wieder so weit kommen… Das Genre, mit dem ich immer Probleme habe, in dem ich mich oft, viel zu oft ein wenig unwohl fühle. Liegt es an meinem fehlenden Romantik-Gen, an der extremen Kitsch-Allergie oder daran, dass Liebesgeschichten im Kino für meinen Geschmack oft all zu peinlich und rosarot erzählt werden? Ich weiß es nicht, habe aber auch in den 80ern das Beste versucht, aus der riesigen Fülle an mittelmäßigen Romantik Flicks die Perlen herauszufischen. Hier kommt die erste Fuhre: Düster verkopftes Kunstkino in Black Out und Ein kurzer Film über die Liebe, episch Dekadentes in Gefährliche Liebschaften, sowie politisch und sozial Durchsetztes in Reds. Traditionell romantisch dagegen arbeitet Die Waffen der Frauen und findet dennoch originelle Ansätze, um sich von der durchschnittlichen Konkurrenz abzuheben. Um das zu erreichen kann man es auch gleich wie Woody Allen in Hannah und ihre Schwestern machen, indem man nicht nur eine, sondern gleich ein Dutzend (Liebes-)Geschichten erzählt und so unangestrengt Arthaus-Anspruch mit wohltemperierter romantischer Unterhaltung verbindet. Wie gesagt, nicht mein Genre… und dementsprechend sind meine Lieblingsfilme auch die, die aus den Grenzen des Herzschmerz ausbrechen.

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Die besten Epen und Historienfilme der 80er Jahre: Fackeln im Sturm?

Ja…. was ist eigentlich mit Fackeln im Sturm (1985)? Viele, die wie ich in den 80ern und 90ern groß geworden sind, werden wohl kaum an diesem TV-Mehrteiler vorbeigekommen sein, sei es, weil die Eltern gebannt vor dem Fernseher saßen, als die epischen 90Minüter über den Bildschirm flimmerten oder sei es, weil man sich von den großartigen Kriegsimpressionen und dem Interesse am amerikanischen Sezessionskrieg verführen ließ. Unglaublich viele Jungs und Mädels meiner Generation haben die Geschehnisse um Nord und Süd in sich aufgesogen, die Serie bis zum bitteren Ende verfolgt und nicht wenige werden mit viel Wehmut und Nostalgie an die großen Ereignisse um Orry Main und George Hazard zurückdenken. Aber hält das gewaltige Drama um Liebe und Hass auch heutigen Sehgewohnheiten Stand…? Oder war es vielleicht sogar damals schon ziemlicher Mist und wird nur durch die rosarote Nostalgiebrille verklärt…? Oder haben wir es gar mit einem unterschätzten Meisterwerk des Historienfilms zu tun? Auf zum Direktcheck.

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Die besten Epen und Historienfilme der 80er Jahre II

Nachdem wir uns im letzten Artikel doch primär in mittelalterlichen und archaischen Gefilden bewegt haben, geht es nun mitten hinein in die Historie der Neuzeit. Angefangen bei der Genie-Epoche und bei den großen klassischen Musikern Wolfgang Amadeus Mozart und Niccolò Paganini, die sehr eigenwillige nichtsdestotrotz mitreißende Biografien spendiert bekommen -, über den Freiheitskampf in Indien von Gandhi, den Kampf gegen die Apartheid in Schrei nach Freiheit bis hin zum Leben von Pu Yi, Der letzte Kaiser Chinas. Und einen kleinen Schlenker in die Antike gibt es dann auch noch: Die letzte Versuchung Christi als eigenständige, originäre Interpretation des Martyrium von Jesus Christus. Es wird eigenwillig, anders, stilverliebt… und vor allem episch. Nach dem Klick.

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Die besten Filme 2017: Das baskische Historiendrama „Handia“ (Giant)

Größe ist relativ. In der Wirklichkeit wie im Film. Ein Historienepos kann pompös, kraftmeierisch und atemberaubend daherkommen, in seinem Inneren bei genauerer Betrachtung jedoch eine gähnende Leere offenbaren, die es in sich zusammenfallen lässt. Zugleich kann ein historischer Stoff als leises, poetisches Drama ohne Subtext, ohne tiefergehende Ebene erzählt werden, hinter seinem zurückhaltenden Ästhetizismus jedoch wahre parabolische Größe verstecken. Das spanische Handia (2017) – international als „Giant“ vermarktet – fällt in die zweite Kategorie. Er ist subtil, verlässt sich ganz auf seine ruhigen Bilder, erzählt seine Geschichte ohne große inhaltliche Triebfeder, mag dabei sogar etwas konservativ daherkommen, offenbart aber hinter seiner unscheinbaren Fassade wahre poetische Größe, die ganz und gar zeitlos ist. Das Historiendrama von Aitor Arregi und Jon Garaño atmet den Geist des europäischen Autorenkinos längst vergessener Zeiten, ist in seiner Suche nach dem perfekten Bild, jenseits jeglicher ästhetischer oder narrativer Subversion, fast schon radikal anachronistisch, findet aber bei all seinem inhaltlichen Straucheln genau in den richtigen Momenten genau den richtigen Ton, um zur zeitlosen, aus der Zeit gefallenen Fabel zu werden.

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Die besten Abenteuerfilme der 80er Jahre I

Neben all den großen und kleinen Genre-Irrungen und Wirrungen steht für die 80er Jahre eins fest: Sie waren die letzte Dekade der wirklich großen Abenteuerfilme des Blockbuster- und Independentkinos. Und was für ein tolles Jahrzehnt waren sie für dieses Subgenre! Schatzjagden, Erkundungen im Dschungel, in Wüsten und auf Meeren, spannende Familienunterhaltungen und düstere Reisen in die Herze der Finsternis. Es erfüllt schon mit Wehmut, dass dieses ausufernde Genre in den folgenden Jahrzehnten kaum noch Berücksichtigung geschweige denn Anerkennung fand. Abenteuerfilme, wie die hier genannten, bewegen sich immer an der Grenze zwischen Action, Spannung und Fantasy. Gerade der letzte Aspekt kann sich auf vielfache  Weise niederschlagen, sei es in mythologischen Bezügen wie im ersten Indiana Jones Jäger des verlorenen Schatzes, in tatsächlich fantastischen Szenarien wie im zweiten Teil der Reihe Der Tempel des Todes oder sei es in fantastischen Wirklichkeitsverklärungen wie in Crocodile Dundee oder Piraten. Näher an der Realität, weiter weg vom Fantastischen – aber alles andere als naturalistisch – sind da schon der vergnügte Comedy Clash of the Cultures Die Götter müssen verrückt sein sowie der spannende Ökothriller Der Smaragdwald. Für ein sehnsüchtiges in die Ferne schweifen, sind sie allesamt geeignet, und großartige Filme noch obendrein.

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Die besten Fantasyfilme und Märchen der 80er Jahre I

Die 80er waren ein Jahrzehnt der großen cineastischen Meisterwerke, aber ebenso auch ein Jahrzehnt der cineastischen Peinlichkeiten. In kaum einer anderen Dekade liegen verquaste Cheesiness und große ästhetische Reife so dich beieinander. Fast in jedem Film der Zeit findet man sie, die 80’s Ingredienzen, denen der Lauf der Zeigt nicht gut getan hat: Glitzernd, funkelnd, synthetisch albern… und retrospektiv betrachtet mitunter mehr als peinlich. Gerade das Fantasy-Genre bietet überbordernde Möglichkeiten, um all das bis zum Exzess auszuspielen, was die 80er so charmant trashig machte. Dementsprechend lautet die Frage in unserer ersten 80er Retrospektive nicht nur „Was waren die großen Meisterwerke des Fantasyfilms?“ sondern im selben Maße auch „Funktionieren diese noch in unserer Zeit?“. Und fürwahr, es gibt mehr als genug große Märchen und fantastische Filme, die man sich auch heute noch ohne Schamgefühl, mit viel Vergnügen oder gar echter Ergriffenheit geben kann… genug Meisterwerke für gleich mehrere Best-Of-Aufstellungen. In der ersten begegnen wir unorthodoxen Rotkäppchen-Interpretationen in der Zeit der Wölfe, genießen Märchen-Romantik am Tag des Falken, reisen durch die Zeit mit den Time Bandits, landen in einem alptraumhaften Paperhouse und gönnen uns größenwahnsinnige Lügenmärchen von Münchhausen persönlich.

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Die besten Filmdramen der 90er Jahre V

90er Filmdrama die Fünfte… Auch dieses Mal geht es auf eine Reise durch Länder und deren Mentalitäten. Im ersten Teil der Drei Farben Blau sucht Krzysztof Kieślowski in Frankreich nach dem Motiv der Freiheit und findet es in einer ästhetizierten Entwicklungsgeschichte. In Hitlerjunge Salomon sucht Agnieszka Holland nach den Gesichtern der Deutschen im Nationalsozialismus gesehen durch die Augen eines Juden, und in den beiden Independent-Dramen My private Idaho und Good Will Hunting versucht Gus Van Sant, sich den Außenseitern der amerikanischen Gesellschaft anzunähern. Gesellschaftliche Strukturen werden auch in Festen und Wiedersehen in Howards End aufgedeckt, in Rote Laterne führt die Unterdrückung des Ichs direkt in die Katastrophe und in Ein Herz im Winter gibt es trotz aller Fremd- und Selbstgeißelung doch wieder so etwas wie Hoffnung. Große Dramen vom Indie-Kino bis zum Historienepos, nach dem Klick.

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Die besten Filmdramen der 90er Jahre IV

Auf ein Weiteres… Im vierten Teil unserer Dramen-Retrospektive genießen wir noch einmal emotionale Feste der großen Traumfabrik. Mit Was vom Tage übrig blieb und Der englische Patient fallen die besten Eigenschaften Hollywoods und des britischen Erzählkinos zusammen. Mit Quiz Show und Apollo 13 breitet das amerikanische Kino seine Flügel aus und findet doch zum Menschen zurück. Dazwischen haben sich die europäischen Arthaus-Filme eingeschlichen: Dänemark, Island, Frankreich und Spanien liefern große Geschichten, die mal subtil und leise, mal in atemberaubender Länge, mal in drückender Schwere dem Publikum präsentiert werden. Neben den dunklen Seiten des Menschlichen in Amantes, Engel des Universums und Breaking the Waves darf in Die schöne Querulantin auch einfach nur das Leben, die Kunst, der Künstler und die Schönheit des Menschen gefeiert werden. Und am Ende werden alle ein wenig glücklicher sein… oder zumindest ahnen, was Glück bedeuten kann.

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Kurzrezensionen: Tulpenfieber, Die Verführten

Es gibt Genrekategorien, die mir immer ein Rätsel sein werden. Eines davon ist das Genre des Kostümfilms. Das Problem dieser Schublade ist vor allem, dass sie durch einen anderen Begriff nicht nur besetzt sondern auch weitaus besser repräsentiert scheint, nämlich den des Historienfilms. Sobald ein Film in einem historischen Setting spielt, gibt es selbstverständlich einen Fokus auf Kostüme und Sets, die der Zeit entsprechen; egal ob es sich um das chinesische Kaiserreich oder die deutsche Gründerzeit handelt. Warum also eine Kategorisierung benutzen, die ihren Fokus einzig auf die Kostümierung setzt und alle anderen wichtigen Eigenschaften von Filmen mit historischem Stoff ignoriert? Vielleicht, weil es manche Filme selbst so machen… Folgt man Wikipedia, dann ist ein Kostümfilm ein Film, „der sich durch überdurchschnittlich hohe Produktionswerte bei Dekorationen, Bauten, Kostümen und Requisiten auszeichnet.“. Man darf hier gut und gerne das Wort „primär“ ergänzen und man kommt der Wahrheit und dem pejorativen Moment, das in dem Begriff Kostümfilm mitschwingt schon näher. Niemand würde auf die Idee kommen, Stanley Kubricks Spartacus (1960) als Kostümfilm zu bezeichnen, einfach weil seine Größe mit Sicherheit nicht durch die hübschen Kostüme definiert wird. Andererseits fühlt es sich komisch an, den Heimatfilm-Blockbuster Sissi (1955) als Historienfilm zu bezeichnen, weil er in jeder Sekunde wirkt, als wäre den Produzenten eine schöne Optik und eine romantisierende Atmosphäre wichtiger gewesen als das akkurate Porträt einer genau genommen ziemlich düsteren und grausamen Epoche. Besonders beim historischen Heimatfilm der 50er und 60er Jahre scheint die Kategorie Historienfilm so fehlangebracht wie die Kategorie Katastrophenfilm für für das Trashwerk Sharknado.

Aber wo ist die Grenze? Wann hört der Historienfilm oder das historisch verortete Drama auf und wann beginnt der Kostümfilm? Eine eigene Betrachtung wäre vielleicht sogar das sexistische Moment der Kategorie Kostümfilm wert. Es scheint der Fall zu sein, das tendenziell Filme mit weiblichem Lead Cast und „weiblichen Themen“ gerne als Kostümfilm kategorisiert werden, selbst wenn sie weitaus eher tiefgründiges Drama sind als ihre männlichen Gegenparts. So würden wohl nicht wenige Kinogänger das herausragende Drama Sinn und Sinnlichkeit (1995) als Kostümfilm bezeichnen, während der um einiges flachere Robin Hood (1991) weitaus bessere Chancen hat, entweder als Abenteuerfilm, Actionfilm oder gar Historienfilm kategorisiert zu werden. Diese – auf jeden Fall diskutable – Beobachtung wird auch bei den folgenden Rezensionen eine Rolle spielen. Denn bei beiden Filmen handelt es sich um historisch verortete Dramen, deren Fokus eindeutig auf Frauen liegt. Und im Gegensatz zum großartigen Lady MacBeth (2017) stehen auch durchaus eher die Schauwerte in ihrem Mittelpunkt. Um es sich darüber hinaus um sehenswerte Dramen/Historienfilme/Thriller oder ähnliche handelt, folgt nach dem Klick.

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Die besten Filme 2017: Lady MacBeth

Lady MacBeth gehört wohl zu den spannendsten und zugleich furchteinflößendsten Figuren, die William Shakespeare jemals erdichtet hat. Die Lady Macbeth von Mzensk ist der Titel einer 1865 von Nikolaj S. Leskow geschriebenen russischen Novelle, die in der von Dostojewski redigierten Zeitschrift Epocha zum ersten Mal veröffentlicht wurde, 1934 zu einer Oper adaptiert und schließlich im Jahr 2016 von William Oldroyd (ziemlich frei) verfilmt. Jene letzte Adaption – erstaunlicherweise das Langfilmdebüt ihres Regisseurs – brauchte ein gutes Jahr, bis sie in die amerikanischen und deutschen Kinos kam. Und auch wenn der Film zumindest in Großbritannien einige Auszeichnungen einheimsen durfte, scheint er bei der Frage nach den besten Filmen der letzten Jahre ein wenig untergegangen zu sein. Das ist mehr als bedauerlich, verbirgt sich doch unter seiner ruhigen Fassade ein kleiner Filmjuwel und zudem eine ziemlich brutale, verstörende Tragödie, die in sich das Potential birgt, – nicht nur im positiven Sinne – kontrovers rezipiert zu werden.

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