Die besten Filme der 80er Jahre für Musikliebhaber

Ich glaube, ich habe schon in einem der letzten Artikel mit Musikliebhaberfilmen erwähnt, dass Musicals so überhaupt nicht mein Genre sind. Dementsprechend sind sie auch in dieser Retrospektive nicht besonders präsent. Müssen sie auch gar nicht: Wer Musik und gleichzeitig Filme mag, ist keineswegs auf das naheliegendste und damit auch irgendwie ödeste Genre-Crossover angewiesen: Warum nicht stattdessen großartige Slapstick-Action mit viel Coolness, viel Humor und vor allem viel Rock N Roll (Blues Brothers)? Oder überlange surreale Musikvideos (The Amazing Mr. Bickford, The Wall), gerne auch dramatisch, pathetisch und voll mit Attitüde (Purple Rain). Oder warum nicht eine der besten Mockumentarys aller Zeiten (This is Spinal Tap)? Und wenns dann doch musicaleske Unterhaltung sein soll, kann ich zumindest Forbidden Zone anbieten… das wiederum ist aber auch ein Musical wie kein Zweites und passt somit perfekt in diese Reihe schriller, verquerer und ungewöhnlicher Filme.

The Amazing Mr. Bickford (Bruce Bickford, Frank Zappa)

(USA 1987)

FRANK FUCKING ZAPPA! Muss ich überhaupt noch mehr sagen? Genie, Wahnsinniger, Prog-Legende. Im surrealen fast 60minütigen Stop-Motion-Musikvideo The Amazing Mr. Bickford darf Zuhörer und Zuschauer wieder einmal die Frage beantwortet sehen, warum Mr. Zappa einfach zu den größten künstlerischen Visionären des 20. Jahrhunderts gehört. Zusammen mit Bruce Bickford – der bereits in den 70ern mit seiner Stop-Motion-Kunst die Musik Zappas verzierte – kreiert der Musiker einen surrealen Alptraum aus Symbolismen, Dekonstruktionen und Bizarrerien, garniert mit seinem unvergleichlichen Jazzsound. Das ist dann weniger Spielfilm als viel mehr überlanges Musikvideo, weniger traditionell narratives Kino als viel mehr cineastischer Trip: Alles andere als leicht verdaulich, alles andere als klar verständlich, und gerade dadurch ein ganz besonderes Erlebnis, das komplett aus der Zeit gefallen scheint und zugleich verdeutlicht, wie sehr die 70er Jahre in den 80er Jahren fehlten.

The Blues Brothers (John Landis)

(USA 1980)

Ein Kultfilm der wohl keine größere Vorstellung benötigt: Um ein Waisenhaus zu retten müssen die Blues Brothers „Die Band“ zusammenbringen und sich auf dem Weg dahin mit der Polizei, Exfrauen, Countrymusikern und Neonazis rumschlagen. Heraus kommt eine unverwechselbare, charmante Mischung aus Roadtrip, Slapstick-Action, Musical und Coolness-Manifest, das klassisches Hollywood-Blockbuster Storytelling mit derbem Humor, viel Blues und viel Rock N Roll kreuzt und dennoch nie wie der kleinste gemeinsame Nenner wirkt. Im Gegenteil: Trotz seiner Popcorn-Affinität ist Blues Brothers ein außerordentlich dreistes und ungehobeltes Vergnügen, das keine Scheu kennt, wenn es darum geht sich über seine Protagonisten, Antagonisten und sogar über seine Zuschauer lustig zu machen. Ein furioser Mix, der auch über 30 Jahre nach seiner Entstehung nichts von seinem Charme eingebüßt hat. Gehört zum Pflichtprogramm für jeden cineastischen Musikliebhaber.

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This is Spinal Tap (Rob Reiner)

(USA 1984)

Und weil es so viel Spaß macht, gleich noch ein Kultfilm hinterher: This is Spinal Tap dürfte wohl eine der legendärsten Mockumentarys aller Zeiten sein. Porträtiert wird die ehemalige Flower Power aktuelle Heavy Metal Band Spın̈al Tap. Diese ist auf Tour, muss ihr neuestes Album promoten und sich dabei mit allerhand nervigen Sidequests auseinandersetzen: Behäbige Ticketverkäufe, Sexismusvorwürfe, Pannen vor und während der Auftritte… der übliche Rock N Roll Kram halt. Klar, dass man darin gleich ein Dutzend Bands der damaligen Zeit wiederentdecken kann (…tatsächlich gaben eine Menge Musiker zu, sich in dem Porträt widergespiegelt zu sehen). Aber es sind nicht nur die satirischen Referenzen an das Business, die Spinal Tap so besonders macht, es ist auch die Liebe zum Detail, mit der Regisseur Reiner nicht nur 70’s und 80’s Rock auf die Schippe nimmt, sondern auch gleich das ganze Genre des Konzert/Bandfilms: This is Spinal Tap ist eine herausragende Satire auf misslungene Promotion, das chaotische Rock N Roll Leben und den verzweifelten Versuch, dem Ganzen dennoch irgendeinen Sinn abzugewinnen. Vollkommen zurecht damals wie heute ein Kultfilm.

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Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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Pink Floyd – The Wall (Alan Parker)

(Großbritannien 1982)

Wo sich die ersten drei Filme der Liste nicht allzu ernst nehmen und spielerisch mit dem Genre „Musikfilm“ arbeiten, kommt es an dieser Stelle knüppeldick: Immerhin reden wir hier von Pink Floyd – Psychedelic- und Prog-Veteranen, überambitionierte Musikkünstler… irgendwie alles vereinend, was die musikalischen späten 70er und frühen 80er so grausam machen konnte. Jepp, rücken wir doch gleich raus mit der Sprache: The Wall ist ein schrecklich prätentiöses, überambitioniertes, stil- und selbstverliebtes Werk. ABER, es funktioniert. In einer unbeschreiblichen Fusion aus Bild und Ton lassen Pink Floyd die Gedanken ihres Albums The Wall Geschichte und Film werden. Irgendwo zwischen epischem Musikvideo, surrealer Parabel und pompöser Rockoper, irgendwo zwischen peinlich, erdrückend, erschlagend und begeisternd. Das ist wie ein Rausch des Genres, wie eine Achterbahnfahrt durch alles, was den Progressive Rock auszeichnet. Muss das so sein? In diesem Fall ja. Es muss nicht immer Punk sein.

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Forbidden Zone (Richard Elfman)

(USA 1982)

Wenn schon Musical, dann bitte mit einem gehörigen What the Fuck Factor: Man nehme Alice im Wunderland, packe eine gute Portion Rocky Horror Picture Show dazu und garniere das ganze mit dem schrillen Trash-Faktor des Midnight Movies. Das ganze unterlegt mit irrendem und flirrendem New Wave der Marke Oingo Bongo, einen begnadeten – und damals noch komplett unbekannten – Komponisten namens Danny Elfman mit ins Boot geholt… et voilá: Fertig ist wohl eines der wundervollsten Filmmusicals aller Zeiten. Worte können gar nicht ausdrücken, was für ein irrer, überbordernder Trip Forbidden Zone ist: Irgendwie Exploitation, irgendwie Kunst, irgendwie Pop… und irgendwie vor allem komplett dada, komplett gaga und nicht von dieser Welt.

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Purple Rain (Albert Magnoli)

(USA 1984)

Eine kurze Gedenkminute für einen der begnadetsten Popkünstler aller Zeiten…. danke. R.I.P. Prince. Im Himmel kannst du jetzt gemeinsam mit Zappa und Bowie jammen. Purple Rain – der Film, nicht der Song – mag nicht das größte Glanzstück deiner Karriere sein, und doch hast du es geschafft, in diesem Film alles unterzubringen was dich so besonders macht: Die herausragende Mischung aus Emotion und Sexappeal, den Mut, Pop mit Rock N Roll und Rock N Roll mit Pop zu denken, den Mut Genregrenzen einzureißen, und den Mut auch mal Ja zu Pomp, Kitsch und Narzissmus zu sagen. Die sehr klassische Coming-of-Age Musikerstory wird hier vom ausgesprochenen Charisma und den fantastischen Songs von Prince geadelt. Daneben darf der Film noch mit erlesenen Settings und einen gediegenen Atmosphäre punkten. Dass hier narrativ und dramaturgisch nicht alles funktioniert? Geschenkt. Purple Rain glänzt wie sein Protagonist, schämt sich nicht für seine Schattenseiten und macht en passant auch noch verflucht viel Spaß. Ein kleines und dennoch funkelndes Stück 80’s Musikgeschichte.

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Erstveröffentlichung: 2015