Die besten Filme der 2000er Jahre für Musikliebhaber I

Ein kleiner cineastischer Nachschlag für alle Musikliebhaber und Nerds da draußen. Sowohl Fiktionales als auch Dokumentarisches. Aber immer mit der Musik im Zentrum… oder dem Lebensgefühl, das sie vermittelt. Fans und Künstler, Nostalgisches und Hippes. Und weil man so viel über Musik drehen und noch mehr schreiben kann, unmöglich in einen Artikel zu quetschen. Daher in Kürze ein zweiter Teil. Die ersten besten Filme für Musikliebhaber direkt nach einer kurzen WordPress-Bridge…

Metal – A Headbanger’s Journey [Sam Dunn]

(Kanada 2005)

Wir gehen gleich in die Vollen. Die Dokumentation METAL handelt von METAL. Großgeschrieben natürlich, und nichts anderes. Sam Dunn begibt sich auf die Suche nach den Wurzeln, den Formen und Ausläufern der breiten musikalischen Subkultur, trifft sich mit Powermetal und Death Metal Ikonen ebenso, wie er sich um die dunklen Seiten des Black Metal in Nordeuropa kümmert. Dazu liefert er einen mehr als beachtlichen Überblick über die Arten, Spielarten und Abarten der Metalmusik, redet mit Protagonisten, Fans, Groupies, Musikwissenschaftlern und lässt sogar die Kritiker und Antagonisten der metallischen Musik zu Wort kommen. Eine Dokumentation nicht nur für Metalheads sondern für alle Musikbegeisterten, eine spannende Reise ins Herz der harten, testosteronschwangeren und riffreichen Musik.

Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft [Sascha Gervasi]

(USA 2008)

Wir bleiben beim Metal. Anvil! erzählt die traurige Geschichte der kanadischen Band Anvil, einst hoffnungsvolle Thrash-Ikonen, geschätzt und verehrt von zahlreichen Metallern auf der ganzen Welt, dank schlechter Managemententscheidungen und zahlreicher Hindernisse im Gegensatz zu anderen Genregrößen nie groß herausgekommen. Stattdessen touren sie auch heute noch schlecht bezahlt durch kleine Clubs, ärgern sich dort mit den Veranstaltern rum, um danach vor einer Hand voll Fans zu spielen. Anvil! ist ganz anders als die zugehörige Musik ein leiser, melancholischer, trauriger Film, der den Durchhaltewillen der Band und deren Liebe zur Musik in wunderschöne, empathische Bilder taucht. Ein Film über Verlierer, die eigentlich Gewinner sind, ein bewegendes Porträt zweier Unbelehrbarer und schlicht ein Manifest für den niemals leichten, künstlerischen Lebensweg.

The Devil and Daniel Johnston [Jeff Feuerzeig]

(USA 2006)

Ebenfalls ein außergewöhnliches Künstlerportät ist der Dokumentarfilm über den exzentrischen, manisch depressiven Liedermacher Daniel Johnston. Gezeigt wird dieser als komplizierte aber auch geniale, genialistische Künstlerpersönlichkeit. Die Kamera bleibt immer dicht dran an dem außergewöhnlichen Musiker, zeigt ihn exakt, zeigt viel von ihm, ohne ihn jemals bloßzustellen. Stattdessen verbeugt sich der Film ehrfürchtig vor seinem Sujet und macht mit jeder Minute deutlicher, wieso Daniel Johnston nicht nur zu einem der traurigsten sondern auch anbetungswürdigsten Musikern unserer Zeit gehört.

No direction home [Martin Scorsese]

(USA 2005)

Wie viele Bücher, Filme, Dokumentationen gibt es über Bob Dylan? Die Liste dürfte annähernd unendlich lang sein. Der US-Songwriter steht wie kaum ein anderer Künstler immer wieder im Fokus von Nostalgie, Wissenschaft und Narration. Martin Scorseses Dokumentation über Dylan in den beginnenden 60ern sticht dennoch hervor: Eingebettet in ein langes Interview mit dem Musiker selbst erzählt der Film anhand von Archivmaterial vom Aufstieg des jungen Mannes zum Folkhelden und bettet diese spannende Geschichte in einen historischen, gesellschaftlichen und politischen Kontext ein. So entsteht durch das geschichte Arrangement verschiedenster Aufnahmen ein mitreißendes Künstler- und Zeitporträt, das weit über bloßes Dokumentieren hinausgeht.

I’m not there [Todd Haynes]

(USA 2007)

Ein noch ungewöhnlicheres Porträt ist Todd Haynes episodischer Spielfilm I’m not there. Verschiedene fragmentarische Episoden – Songs – stellen Phasen aus dem Schaffen der Songwriterlegende nach. Es gibt hier Dokumentarisches genau so wie Fiktives  und Abstraktes, aber immer mit dem Verdikt des Fragmentarischen, Unfertigen und eben auch Diffusen. I’m not there ist sowohl realistisches Biopic als auch transzendentalisierte Kunst, ist Philosophie, Songtext, Belanglosigkeit und tiefschürfendes Essay. Ein wunderbarer Flickenteppich, ein Kaleidoskop der künstlerischen Seele Dylans und ein Porträt, das genau so offen wie universell, konkret als auch abstrakt ist.

Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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Metallica: Some Kind of Monster [Joe Berlinger, Bruce Sinofsky]

(USA 2004)

Metallica haben in den 90ern – insbesondere zu deren Ende – schwer daran geschuftet von früheren Rockgöttern zu einer der meistgehassten Bands der Metalwelt zu werden. Das Album St. Anger zu Beginn der 2000er Jahre sollte dann eigentlich so etwas wie ein kleines Tabula Rasa über das zuvor vielen Fans zu populäre, zu poppige und zu experimentierfreudige Werk sein: Schwer verdaulich, hart, mit Garagenattitüde, brutal abgemischt… irgendwie ein Back to the roots ohne ein back to the roots zu sein. Was auch immer man von dem – mitunter harsch verspotteten – Album halten mag, die Dokumentation, die dessen Entstehung sowohl künstlerisch als auch menschlich begleitet ist ein großartiger, ungeschönter Blick auf den schwierigen Schaffensprozess mehrerer Egomanen. Der verblüffte Zuschauer ist Zeuge der Zerrissenheit und Verzweiflung der Band, aber auch ihrem schierem Willen dennoch große Kunst auf die Beine zu stellen. Ein faszinierendes, irgendwie komisches, irgendwie trauriges, manchmal auch bizarres Porträt einer streitbaren, narzisstischen und hier dennoch ungewöhnlich offen menschelnden Rockstar-Band.

MC5 A true Testimonial [David C. Thomas]

(USA 2002)

Gestandene Rockstars waren MC5 nie wirklich. Dafür sind sie vor allem in der Rezeptionsgeschichte sukzessive zu Helden des Proto-Punk aufgestiegen. David C. Thomas zeichnet ihre Geschichte anhand von Archivbildern und raren Aufnahmen nach. Herausgekommen ist ein hervorragendes Rockporträt, dass den Geist der Zeit ebenso gekonnt einfängt wie den der Band und ihrer Musik. Zwischen Rebellion und schnodderigem Punkrock. Hat übrigens eine ziemlich tragische Veröffentlichungsgeschichte hinter sich und ist dadurch äußerst rar, auf DVD maximal über Ebay zu bekommen. Dafür aber über diverse nicht ganz legale Kanäle zu schauen.

Full Metal Village [Cho Sung-hyung]

(Deutschland 2006)

Metal Again! Diesmal aus dem Blick der Ethnologin. Der selbsternannte Heimatfilm Full Metal Village erzählt aus der Sicht der japanischen Dokumentarfilmerin Cho Sung-hyung vom Leben im bäuerlichen Wacken und von der langsam steigenden Aufregung, Vorfreude und Gleichgültigkeit, die die Einwohner des Nestes dem nahenden jährlich stattfindenden Wacken Open Air entgegenbringen. Wenn Bäuerlichkeit auf Metal trifft… und es scheint perfekt zu passen. Die Welten kollidieren hier keineswegs, die harmonisieren. Landluft trifft auf deutsche und internationale Headbanger, direkt im Blick einer erstaunten Journalistin. Ein cultural clash der besonderen, amüsanten, heimischen und zugleich fremdartigen Art.

Walk the Line [James Mangold]

(USA 2005)

Zurück zur Fiction… Walk the Line widmet sich nur einer kurzen Etappe aus dem reichen, vollen Leben der Countrylegende Johnny Cash. Im Mittelpunkt steht hier seine Beziehung zu der Countrysängerin June Carter. Der Film, der in enger Zusammenarbeit mit Cash und Carter entstand atmet den raubeinigen Charme des Countrys eines alternativen Amerikas, steckt voller Weisheit und Würde und hat zugleich viel Herz und Seele. Ein ebenso düsterer wie fragiler, ebenso roher wie warmherziger Film, eben genau so wie auch eine gute Folk- oder Countrynummer sein sollte.

Control [Anton Corbijn]

(Großbritannien 2007)

Und noch einmal Fragmente aus dem Leben eines Rockstars. In Control skizziert Regisseur Anton Corbijn das Leben von Ian Curtis, der mit seiner Band Joy Division die 80er musikalisch weit beeinflussen sollte und der für die Ära des Postpunk zu großen Teilen mitverantwortlich ist. In verführerischen Schwarz-weiß-Bildern wird das Leben der Ikone nacherzählt, mal tragisch, mal komisch, oft aber vor allem verdammt cool und verdammt sexy. Control atmet die Luft des Post-Punk, ist dabei mehr als nur ein Musikerporträt, nämlich ein ergreifendes Zeitzeugnis und einer fantastischer Motivfilm, der Gefühl, Beat und Attitüde seiner porträtierten Zeit lebendig werden lässt.

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Erstveröffentlichung: 2010