Die besten Kriegsfilme der 80er Jahre

Nachdem wir im letzten Artikel einen Blick auf die zivilen Kriegsfilme der Dekade geworfen haben, geht es nun direkt hinein ins Kampfgeschehen. Der Vietnamkrieg war damals noch ein großes Thema, auch und insbesondere in den 80ern und wurde in gleich zwei Meisterwerken, Kubricks Full Metal Jacket und Stones Platoon auf eindringliche Art aufgearbeitet. Auch das posttraumatische Drama Birdy lieferte wesentliche Impulse für die kulturelle Auseinandersetzung mit dem Sujet in der Reagan-Ära. Weitaus „historischer“ ist da das deutsche Kriegsfilmepos Das Boot, in dem Antikriegsfilm und Kriegsfilm auf fragwürdige und dennoch beeindruckende Art zusammenwirken. Und dass sich nicht nur der Westen mit seinen kriegerischen Konflikten auseinandersetzen kann, beweist der artifizielle mitreißende russische Film Komm und sieh. Trotz nur weniger überragender Beiträge; die 80er sind ein ungemein wichtiges Jahrzehnt für die filmische Aufbereitung militärischer Geschehnisse.

Platoon (Oliver Stone)

(USA 1986)

Vietnam No 1: Oliver Stones düsteres, reißerisches Drama erzählt den Krieg aus einer Sicht, die nur den wenigsten Filmen gelingt: Die des einfachen Soldaten. Dabei verarbeitet er Authentizität, Naturalismus und hypnotische Impressionen zu einem ungemein packenden Gesellschaftsporträt, das sich damit auseinandersetzt, wie Menschen in Extremsituationen handeln. Gut, böse, menschlich, animalisch… der Vietnamkrieg kennt viele Gesichter: Sei es das angsterfüllte Antlitz eines GIs der überleben will, sei es die hasserfüllte Fratze eines Soldaten, der seinen Sadismus ausleben kann, sei es der starre, verlorene Blick des jungen Mannes, der einfach nur durch den Krieg kommen will. Stone kennt sie alle und betrachtet sie alle, zeigt ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte, ihre Ängste, aber auch ihre Brutalität und ihren Atavismus. Dadurch wird Platoon zum klaustrophobischen Panorama einer menschlichen allzumenschlichen Truppe, die sich im Krieg selbst verliert, selbst findet und immer wieder mit der eigenen dunklen Seite konfrontiert wird.

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Full Metal Jacket (Stanley Kubrick)

(USA 1987)

Vietnam No 2: Während Oliver Stone seine Protagonisten im Dschungel aussetzt, um sie mit dem nackten Antlitz des Krieges zu konfrontieren, arbeitet Stanley Kubricks streng zweigeteilter Film mit einer dialektischen Methode: Im ersten Teil wird der Weg vom Jungen zum Soldaten gezeichnet, dokumentiert in einem mitunter brutalen, mitunter tragischen mitunter fast schon lustig bizarren Blick auf die Ausbildung der Rekruten. Im zweiten Teil schließlich gedeiht in Vietnam all der menschenverachtende Zynismus, dessen Keim vom Miltär gesät wurde. Obgleich Kubrick dies aus der Sicht eines eindeutigen Sympathieträgers erzählt, verzichtet er nicht auf Twists und Ambivalenzen und macht so deutlich, dass durch die harte Schule der Marine-Ausbildung wirklich jeder zum kriegerischen Monster werden kann. Der Film funktioniert dadurch als realistische Vietnam-Auseinandersetzung ebenso wie als kritische Parabel und Abrechnung mit dem amerikanischen Korpsgeist ganz allgemein.

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Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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Birdy (Alan Parker)

(USA 1984)

Vietnam No 3: Und damit auch gleich noch eine Nachreichung für die zivilen Kriegsfilme: Im Psychodrama Birdy geht es um zwei Vietnamheimkehrer, von denen einer traumatisiert und paralysiert durch die Kriegserlebnisse in einer Psychiatrie vor sich hinwegetiert. Der Versuch des Anderen seinen verlorenen Freund zurück ins hier und jetzt wird zum bewegenden Ritt durch Vergangenheit und Gegenwart, reflektiert die unschuldige Kindheit ebenso wie das große Trauma im Krieg und dessen Folgen. Mit viel Empathie und Gespür für Details inszeniert Alan Parker diese Zeitreise als einfühlsames Psychogramm verlorener Menschen und verlorener Generationen. Vielleicht auch so etwas wie die optimistische Antwort auf den zwei Jahre zuvor erschienenen First Blood.

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Komm und sieh (Elem Germanowitsch Klimow)

(Sowjetunion 1985)

Dass der Krieg kennt keine Helden kennt, dürfte eine ziemliche Binsenweisheit sein. Dass diese Binsenweisheit dennoch in vielen Kriegsfilmen – gerade in den 80er Jahren – komplett ignoriert wurde, habe ich bereits kurz in den Action-Retrospektiven des Jahrzehnts angerissen. Es ist alles andere als selbstverständlich, dass ausgerechnet der sowjetische Beitrag zum Genre der Zeit komplett auf Heldenstilisierungen verzichtet. Mehr noch: Geh und sieh (wie der Film in der DDR hieß) reflektiert, wie eingeimpfter und aus dem eigenen Gemüt entstandener Heldenmut an der brutalen Wirklichkeit des Krieges aufgerieben werden. Mit seiner Thematisierung des Partisanenkampfes und dem darin mitschwingenden „David gegen Goliath“-Pathos besitzt er genau das richtige Setup, um die emotionale Dialektik des Kämpfen Wollens, Kämpfen Müssens und des Kampfes selbst zu dekonstruieren und ihre düstere Wechselwirkung aufzuzeigen. Nach wie vor eines der wichtigsten Antikriegs-Epen der Sowjetära.

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Das Boot (Wolfgang Petersen)

(Deutschland 1981)

Eigentlich sollte an dieser Stelle nicht nur eine Empfehlung sondern zugleich auch eine Warnung stehen. Von Wolfgang Petersens Epos über den Zweiten Weltkrieg existieren nämlich mehrere Versionen: Eine über vier bzw. fünf Stunden dauernde TV-Fassung, die Original-Kinoversion, die etwas mehr als zwei Stunden fasst, sowie der 3 1/2 stündige Director’s Cut. So viel sei gleich gesagt: Alle vorhandenen Versionen sind sehenswert, und doch ist es die längste Fassung, die das beste und umfangreichste Charakterdrama liefert. In der originalen Kinoversion verdichtet sich die Handlung dafür zum düsteren Kriegsspektakel mit viel Action, viel Spannung und komprimierter Dramatik. Und dazwischen tummeln sich noch die auf einen Langfilm zurechtgeschnittene Fernsehfassung und der Director’s Cut, die Hybriden der jeweiligen Darbietungsformen darstellen. Egal in welcher Ausführung: Das Boot ist ein spannender Kompromiss aus Kriegs- und Antikriegsfilm, aus „unterhaltsamem“ historischen Porträt und großer menschlicher Tragödie. Nicht immer konsequent, nicht immer radikal genug, aber wahrscheinlich dann doch das eindringlichste Kriegserlebnis, das dem deutschen Mainstreamkino damals abzuringen war.

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