Die besten zivilen Kriegsfilme der 80er Jahre

Gute (Anti-)Kriegsfilme müssen nicht zwingend aktive Soldaten im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit haben. Das beweisen gleich alle fünf hier vertretenen Meisterwerke, die man mit Fug und Recht auch als „zivile Kriegsfilme“ bezeichnen könnte. Ihre Protagonisten sind einfache Bürger (The Day after), ums Überleben kämpfende Kinder (Reich der Sonne), Radiomoderatoren (Good Morning Vietnam), Reporter (The Killing Fields) und traumatisierte Kriegsheimkehrer (Rambo). In der ein oder anderen Form finden aber alle auf Schlachtfeldern statt, seien es die Postmilitärischen oder die Ungesehenen an der Peripherie. Und ebenso wie die Protagonisten sind in diesem Fall auch die Genres vielfältig: Von der Tragikomödie über das große Melodram, über den Action-Flick bis zum annähernd dokumentarischen Kriegspanoptikum ist alles dabei.

Good Morning Vietnam (Barry Levinson)

(USA 1987)

Kann man einen Robin Williams in einen Film über Vietnam packen? Man kann. In seiner Adaption der Biografie des AFN-Radiomoderators Adrian Cronauer nutzt Regisseur die Trademarks und Talente des damals vor allem noch als Comedian bekannten Williams für eine großartige Tragikomödie, die im Gegensatz zu vielen anderen Vietnam-Filmen der damaligen Zeit nicht die Kriegshandlungen in den Mittelpunkt stellt. Viel mehr beschäftigt Levinson das Zusammen- und Gegenspiel von Militär und Zivilbevölkerung, von Korpsgeist und Lebenslust, von Amerika und Asien, und natürlich – über all dem thronend – die Wechselwirkung von Tragik und Komik in einem aus den Fugen geratenen Set-up. Williams glänzt dabei als tragikomischer Clown in einer Paraderolle, die ihn seine Karriere über noch lange begleiten sollte, und beweist, dass er mehr kann, als nur den „Hampelmann“ zu spielen. Wirklich nah an der Autobiografie des tatsächlichen Cronauers ist dieses Porträt zwar nicht, dafür bietet es aber einen herausragenden Blick auf vieles, was in Vietnam schief gelaufen ist, nicht nur militärisch sondern auch diplomatisch und zivil.

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The Killing Fields – Schreiendes Land (Roland Joffé)

(Großbritannien 1984)

Die Terrorherrschaft der Roten Khmer im Kambodscha der späten 70er Jahre und die in dieser stattfindenden Massaker gehören wohl mit zu den dunkelsten Kapiteln des 20. Jahrhunderts. Aus der Sicht eines amerikanischen und eines kambodschanischen Journalisten setzt sich Joffès düsteres Gesellschaftsporträt mit den militärischen Auseinandersetzung im Zuge der Pol Pot’schen Revolution und den daraus erwachsenen Folgen auseinander. Killing Fields ist ein kompromissloses, zutiefst trauriges und auch schmerzhaftes Werk, dessen drastische Bilder und verstörenden Handlungen große Ereignisse der internationalen Politik zurück in ein humanistisches Narrativ bringen. Kein schöner Film, kein angenehmer Film… und gerade deshalb umso wertvoller.

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Rambo – First Blood (Ted Kotcheff)

(USA 1982)

Mit dem Phänomen John Rambo in First Blood habe ich mich bereits vor einigen Jahren ziemlich ausführlich auseinandergesetzt. Daher an dieser Stelle nur in aller Kürze: Die Romanverfilmung First Blood ist fast so etwas wie der Prototyp eines zivilen, postmilitärischen Kriegsfilms. Der Kampf ist vorbei, nicht jedoch im Kopf eines depressiven Vietnamrückkehrers. Dieser fühlt sich in einem eigentlich zivilen Konflikt (mit der örtlichen Polizei) gezwungen auf seine im Krieg erworbenen Überlebensstrategien zurückzugreifen. Gepeinigt von düsteren Flashbacks an die Zeit im Dschungel führt er so einen einsamen Kampf, seinen eigenen militärischen Konflikt auf zivilem Boden, bis die Grenzen zwischen Alltag und Kriegsgeschehen vollends verschwimmen. Der erste Rambo-Film ist dabei ein großartiger Hybrid aus Action, Drama und Kriegsfilm, ein Generationenporträt und eine Abrechnung mit der USA nach dem großen Trauma.

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Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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Das Reich der Sonne (Steven Spielberg)

(USA 1987)

Blockbusterregisseur Steven Spielberg versucht sich in Empire of the Sun mit der Invasion der Japaner im China der 40er Jahre an einem ernsten Stoff… und triumphiert. Auch wenn sich die Popcorn-Herkunft des Regisseurs in Empire of the Sun nie ganz verbergen lässt (vor allem in der mitunter märchenhaften narrativen Struktur), liefert er doch ein einfühlsames Porträt des pazifischen Krieges aus westlicher Sicht. Der Kampf eines Kolonilaistensohns ums Überleben in den Wirren des Krieges ist eine wahre Tour de Force durch Angst, Trauer, Orientierungslosigkeit, steckt aber auch voller Witz, Spannung und Hoffnung. Christian Bale glänzt hier als elfjähriger, verwöhnter Brite, der im Laufe des Konflikts zum cleveren, überlebenssicheren aber zugleich auch sehr ernsten jungen Mann reift. Eine exquisite Mischung aus Kriegsfilm und Epos, aus Coming-of-age Drama und allgemeiner humanistischer Parabel und eine äußerst würdevolle Verknüpfung von Traumfabrik und realistischer Erzählung des kriegerischen Schreckens.

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The Day After – Der Tag danach (Nicholas Meyer)

(USA 1983)

Die 80er Jahre waren das letzte Jahrzehnt, in dem die Angst vor einem alles zerstörenden nuklearen Konflikt greifbar war. Mit dem Ende der Sowjetunion und damit verbunden dem Ende des Kalten Krieges verschwand für viele Menschen dieses Damoklesschwert und wurde zu einem Stück Geschichte des 20. Jahrhunderts. So gesehen ist The Day After vor allem ein Zeitzeugnis: Mit seiner emotionalen, aufwühlenden Erzählung, der Gegenüberstellung von kleinstädtischer Harmonie und Schrecken nach dem Fallout, mit seiner melodramatischen, apokalyptischen Stimmung lässt er die damals omnipräsente Panik lebendig werden. Dabei schien bereits damals vieles an dem Fernsehfilm übertrieben, reißerisch und melodramatisch bis zum Kitsch. Das ändert aber nichts daran, dass er es mit seinem Vorhaben durch und durch ernst meinst und das den Zuschauer auch in jeder Sekunde spüren lässt.

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Erstveröffentlichung: 2015