Schlagwort: Parodie

Jojo Rabbit (2019) und die Transzendenz der Hitler-Parodie

Der jüngste Film des Regisseurs Taika Waititi Jojo Rabbit (2019) ist keine Hitler-Parodie. Diese Feststellung scheint erst einmal kontraintuitiv, darf doch Adolf Hitler auf dem offiziellen Kinoplakat mit alberner Grimasse dem jungen Protagonisten Hasenohren zeigen. Und in den Trailern zu dem Film scheint seine Figur auch mehr als prominent platziert. Aber nein, Jojo Rabbit ist weder Parodie noch Travestie des wohl berühmtesten Tyrannen in der Geschichte der Menschheit. Stattdessen gelingt der im Nationalsozialismus angesiedelten Komödie etwas anderes, etwas viel wichtigeres: Sie nimmt sich den Kult um die Person Hitler zur Brust und transzendiert diese. In ihrem Mittelpunkt steht nicht die Veralberung des Bösen sondern viel mehr eine Veralberung von dessen Überhöhung, von dessen Glorifizierung. Wenn überhaupt, dann ist Jojo Rabbit eine Auseinandersetzung mit der Hitler-Rezeption, eine Auseinandersetzung, die ebenso historisierend wie ahistorisch daherkommt. Sie ist ein Spiel mit der Ästhetik des Nationalsozialismus und ein bisschen auch ein poppiger „Was wäre wenn…“-Entwurf. Was ihr in diesem Spiel gelingt ist dabei deutlich mehr wert, als das, was unzählige Hitler-Parodien in den letzten Jahrzehnten versucht haben: Sie macht mit den Mitteln des heutigen Pop die Hitlerverehrung nachvollziehbar, weckt sogar Empathie für die Hitlerverehrer und lässt den historischen Nationalsozialismus dadurch so nah erscheinen, wie er schon lange nicht mehr war.

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Die besten Science Fiction Filme der 70er Jahre II

Wir nähern uns weiter in Trippelschritten dem Epizentrum des 70er Jahre Science Fiction Kinos mit der großen Space Opera Star Wars und ihren Epigonen. Jetzt wird es aber erst einmal dreckig und dystopisch: Soylent Green wirft einen Blick auf eine überfüllte, verarmte Gesellschaft in einem fiktiven Jahr 2022. In Mad Max sind die Straßen Australiens von Anarchie und Gewalt heimgesucht und in Der Junge und sein Hund und The Noah ist die Erde Dank eines nuklearen Krieges gleich komplett out of order. Etwas ambivalenter ist die Zukunftsvision Westworld, in der die Eskalation eines technischen Fortschritts, der sich gegen die Menschen richtet, in den Mittelpunkt gerückt wird. Und Dark Star gelingt mit einer ähnlichen Thematik eine ganz und gar verzückende Parodie auf 2001 – Odyssee im Weltraum, die allerdings nicht zum albernen Spoof-Fest verkommt, sondern spannend und düster genug ist, um auch als grotesker Science Fiction Trip zu funktionieren. Die fiktive Zukunft der 70er Jahre ist rau und erbarmungslos, sie zu erleben ist auch heute in der realen Zukunft noch fesselnd und mitreißend.

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Die besten TV-Serien der 80er Jahre IV

Einen habe ich noch, dann ist aber wirklich Schicht im Schacht. In der letzten 80er TV-Retrospektive begegnen wir einer fulminanten Fortsetzung des Serienklassikers Raumschiff Enterprise, wir dürfen mit Sledge Hammer! einmal höchst ironisch und mit Cagney & Lacey einmal höchst dramatisch Detektiv spielen. Und Der unglaubliche Hulk dürfte wohl zu den am meisten unterschätzten Superheldeninkarnationen der Bildschirmgeschichte gehören. Und dann hat sich da noch, naja, irgendwie ein faules Ei in diese Bestenliste gemogelt, bei dem ich jetzt wirklich lange überlegt habe, ob ich es stehen lassen will. Aber seht selbst…

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Die besten TV-Serien der 80er Jahre III

Und weiter geht es mit den besten Fernsehserien der 80er Jahre. In die dritte Retrospektive haben sich mit der deutschen Comedyserie Kir Royal und der pulpigen Detektivgeschichte Magnum gleich zwei Guilty Pleasures eingeschlichen. Auch bei der Nominierung der Kultserie MacGyver spielt Nostalgie eine nicht zu unterschätzende Rolle. Deutlich extravaganter, origineller und hochwertiger, als beim Blick auf die bloße Prämisse vermutet werden kann, ist dagegen Das Model und der Schnüffler. Und mit Die nackte Pistole gibt es dann auch noch eine äußerst kurzlebige, damals kaum beachtete, retrospektiv betrachtet aber umso stärkere Spoofserie. Wie auch in den letzten Retrospektiven gilt: Zeitgemäßes, Zeitloses, kaum Gealtertes und stark Gealtertes liegen hier dicht beisammen. Viel Spaß!

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Die besten Komödien der 80er Jahre I (Parodien, Spoofs und Persiflagen)

Wir nähern uns langsam – ganz sachte – dem Ende der 80er Jahre Filmretrospektive. Was noch fehlt sind die Genreschwergewichte (und vielleicht der ein oder andere Exot). Wir beginnen wieder mit den Komödien, und wie schon bei der 90er Comedyretrospektive haben die Spoofs und Parodien einen eigenen Spot verdient. Die 80er Jahre markieren die Geburtsstunde der Filme von Zucker, Abrahams und Zucker (kurz ZAZ). Auch wenn das Regietrio bereits Ende der 70er Jahre mit dem Kentucky Fried Movie für Aufsehen gesorgt hatte, so entfaltete sich ihr cineastisches Talent erst so richtig in den 80ern und sorgte dafür, dass ihr Name lange synonym mit hochwertigen Spoof-Filmen verbunden wurde. Folgerichtig werden sie mit Filmen wie Die Nackte Kanone und Top Secret! auch diese Liste enorm dominieren. Neben ihnen haben sich aber auch zwei Altmeister hierher verirrt: Mel Brooks zerlegt mit Spaceballs die Star Wars Franchise und Regielegende Carl Reiner kreiert mit Tote tragen keine Karos eine herrlich albernes Mashup aus Film Noir Detektivgeschichten und 80er Jahre Parodie. Was all diesen herausragenden Filmen gemein ist; sie beweisen eine wichtige Spoof-Regel: Um etwas gekonnt durch den Kakao zu ziehen muss man es erst einmal richtig wertschätzen.

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Die besten Komödien der 90er Jahre VI

Auf ein Letztes… Einmal noch treten die Komödien zum Stelldichein an. Danach können wir uns wieder anderen Genres widmen. Aber zuvor wird es noch einmal lustig: Mit einer deftigen Modesatire von Robert Altman, einer albernen James Bond Parodie mit Mr. Cool himself Bill Murray, gediegener und intelligenter Woody Allen Unterhaltung im Doppelpack, pechschwarzem Humor von der Insel und einer gewagten Comedyhommage unserer Dauergäste, den Coen-Brothers.

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Die besten Komödien der 90er Jahre V

Der fünfte und vorletzte Teil unseres 90er Jahre Komödienrückblicks. Dieses Mal mit mindestens einem Titel, über dessen Nominierung man vorzüglich streiten kann… Aber so etwas gehört wohl in jede saubere Best-Of-Aufstellung. Neben dem kontroversen Cable Guy genießen wir Humor von der Insel, Kulinarisches von Ang Lee, derbe Unterhaltung der Farrellys und Woody Allen, dem wir im letzten Teil noch mindestens einmal begegnen werden. Außerdem gibt es kuriose Filmrezensionen vom Mystery Science Theater und noch kuriosere Filmdrehs von Mr. Bowfinger. Rock on, die besten Komödien der 90er Jahre, nach dem Klick.

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Die besten Komödien der 90er Jahre I: Parodien, Spoofs und Persiflagen

Langsam kommen wir schon zu den Hauptkategorien, was allerdings noch nicht viel zu heißen hat. Denn auch hier tummeln sich haufenweise Subgenres und Nebenkategorien… wie zum Beispiel Parodien und Persiflagen, die bei den Komödien eine gewisse Sonderstellung einnehmen: Meistens mit einer hohen Gagdichte, mit mindestens einer großen Referenz; nebenher vielen  kleinen Filmzitaten… Und eigentlich fast immer vollkommen Over The Top, absurd und ohne Rücksicht auf die Realität. ZAZ haben es in den 80ern vorgemacht – und auch in den 90ern so manchen Treffer gelandet. Here they come, ein ganzer Sack voll komischer Metafilme. Nach dem Klick…

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5 Zimmer Küche Sarg und die albernen Seiten des Vampirmythos – What We Do in the Shadows (2014)

Wenn es um die am meisten vergessenen Vampirfilme des 21. Jahrhunderts geht, kommt mir am ehesten die deutsche Indie-Mockumentary Kevin – Die Vampirdoku (2008) von Christian von Aster in den Sinn. Dabei handelt es sich nicht um ein Meisterwerk, aber dieser kleine Streifen ist trotz aller Schnitzer und der nicht zu leugnenden Low Budget Ästhetik eine wirklich originelle Satire auf große und kleine Vampirmythen, die recht gekonnt Gothic Grusel Klischees in unsere Zeit transferiert und den Vampirismus als allgemein anerkannte Krankheit inszeniert. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Taika Waititi (Jojo Rabbit) diesen kleinen, deutschen Rohdiamanten gesehen hat. Aber erwähnt werden sollte von Asters Film (in dem immerhin Sebastian Krumbiegl von den Prinzen einen Cameo-Auftritt hat) dennoch an dieser Stelle, ähnelt ihm Waititis Horrorkomödie 5 Zimmer Küche Sarg (2014) (selten dämliche Eindeutschung des Originaltitels What We Do in the Shadows) doch in vielfacher Hinsicht. Auch hier geht es um eine Zerlegung des Mythos in der modernen Welt. Auch hier geht es um die komischen, nervigen, oft übersehenen Seiten des Vampirdaseins. Und auch Waititis Film arbeitet mit den Mitteln einer fiktiven Dokumentation. Und ebenso wie sein deutsches Pendant bewegt sich What We Do in the Shadows irgendwo zwischen albern, dumm, clever, holprig und extrem unterhaltend.

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