Kategorie: 1990er

Schlingensief-Retrospektive – „Die 120 Tage von Bottrop“ (1997)

Liebe Zuschauer!

Bitte genießen sie den folgenden Film sehr laut und mit vielen Höhen!

Wir danken für ihr Verständnis

Sodom ist die Stadt der Verruchtheit, der Perversion und Sodomie, die als göttliches Exempel schließlich in einem apokalyptischen Feuerregen untergehen sollte. Bottrop ist eine deutsche Stadt im nordwestlichen Ruhrgebiet. Bottrop hat mit diesem Film nichts zu tun. Nachdem sich Christoph Schlingensief in Terror 2000 der deutschen TV-Medienlandschaft widmete, ist sein Opfer im 1997 entstandenen „Die 120 Tage von Bottrop“ der deutsche Film. Dabei wäre es allerdings etwas vorschnell, dem Regisseur zu unterstellen, wieder mal alles zu zerfleddern und zu zerreißen, was dieses Medium hergibt. Ganz im Gegenteil: Denn obwohl Schlingenisef, wie es für ihn typisch ist, nach allen Seiten hin ausholt und dabei mehr als scharfe Munition verschießt, ist „Die 120 Tage von Bottrop“ in erster Linie eine Hommage, ein fast schon wehmütiger Film, der einer Zeit nachtrauert, in denen deutsche Regisseure wie Fassbinder und Herzog kein Risiko scheuten, um provokante Meisterwerke auf die Leinwand zu bringen.

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Schlingensief-Retrospektive – „Terror 2000“ (1992)

Meine Damen und Herren, liebe Jungen und Mädchen, genießen Sie mit uns in den nächsten Minuten eine Welt voller Liebe, Angst, Sexualität und Tod. Genießen Sie mit uns die Welt, in der wir leben. Gute Unterhaltung.

Christoph Schlingensief ist dank Bayreuth und der Medialisierung / Theatralisierung seiner eigenen Krebserkrankung mittlerweile endlich in der Hochkultur angekommen. Völlig zurecht wird er von Feuilletons und Kulturinteressierten umworben und seine Arbeiten zählen zu den wichtigsten Beiträgen der deutschen Kulturlandschaft. Das dies allerdings nicht immer so war, zeigt Teil 1 unserer Schlingensief-Retrospektive: Der 1992 veröffentlichte Film „Terror 2000“

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Demoliton Man – …Was hat es eigentlich mit den drei Muscheln auf sich?

Vor kurzem wurde eines der größten Geheimnisse der Filmgeschichte gelüftet… Okay, das war jetzt vielleicht etwas dick aufgetragen, aber jeder Freund und jede Freundin des US-Actionkinos der 90er Jahre wird sich irgendwann einmal gefragt haben, wie zur Hölle denn die drei Muscheln funktionieren, oder zumindest, wie die Macher von Demolition Man (1993) – wenn es nach mir geht einer der besten Actionfilme der 90er Jahre – auf diese verrückte Idee kommen konnten.

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Empathie und Neugierde als Konzept – Alexander Kluge zum Achtzigsten

Ich würde gerne behaupten, dass mein erster Kontakt zu Alexander Kluge im Schauen des Meisterwerks Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos (1968) bestand, oder im Lesen des Klassikers Öffentlichkeit und Erfahrung (1972). Ich befürchte aber, dass ich wie so viele andere meiner Generation auf Kluge zum ersten mal im Fernsehen gestoßen bin. Und sei das nicht schlimm genug auch noch im Privatfernsehen, irgendwann im Nachtprogramm beim Zappen zwischen Tutti Frutti und Schulmädchen-„Reportagen“… und wahrscheinlich ebenfalls verbunden mit der Frage: “Was soll das? Ich will Stoff für meine frühpubertären Hormone, keinen Mann, der im Mönchskostüm zum fünften Evangelium befragt wird!” Der Mann im Mönchskostüm war Peter Berling, und Alexander Kluge existierte seinerzeit für mich nur als Stimme hinter der Kamera, die mit skurrilen und intelligenten Nachfragen den Historiker in seiner Rolle immer wieder ordentlich in die Bredouille brachte.

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Scream-Retrospektive II: Die beiden Fortsetzungen

Scream war angeblich von Anfang an als Trilogie angelegt. Ob diese Behauptung Wes Cravens und seines Stabes der Wahrheit entspricht, ist allerdings tatsächlich nur zweitrangig. Bei dem überbordernden Erfolg der Slasher-Renaissance, war es selbstverständlich, dass eine Fortsetzung folgen musste… und ein dritter Teil war schon vor dieser klar eingetütet. Ist ja auch generell nichts verwerfliches. Wobei das Slasher-Genre wie schon im ersten Teil der Retrospektive festgestellt, vielleicht prädestiniert für Fortsetzungen ist, diese allerdings meistens ziemlich müllig daherkommen. Immerhin hatte Craven bis zur Weiterführung der Scream-Franchise die Regie-Finger von Nachfolgefilmen gelassen (abgesehen von einem ziemlich gelungenen, ebenfalls mit der eigenen Selbstreferenzialität spielenden Nightmare on Elmstreet Teil). Also schauen wir uns an, wie sich die beiden Scream-Fortsetzungen im Vergleich zum ersten Teil schlagen…

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Scream-Retrospektive zur Einstimmung auf Teil 4 der Slasher-Saga I: Das Original

Wes Craven muss schon ganz schön dicke Eier haben oder ein hoffnungslos naiver Optimist sein, dass er es sich tatsächlich traut einen vierten Teil der Scream-Franchise ins Kino zu bringen. Immerhin war Scream von Anfang an als Trilogie angelegt, was der Stoff an und für sich keinesfalls selbstverständlich hergibt. Dann die Tatsache, dass die Scream-Filme von Teil zu Teil dünner und unspannender wurden. Ganz zu schweigen von der miesen Erfahrung, die aus der Geschichte der Slasher-Fortsetzungen resultieren dürfte: Jason? Totgemetzelt. Freddy? Irgendwann nur noch ein Schatten seiner selbst. Mike Myers? … Sprechen wir nicht darüber. Und schließlich der letzte und wesentliche Punkt. Scream, damals schon das Revival eines totgesagten Genres, wirkt in Zeiten der Saws und Hostels gleich wie ein doppelter Anachronismus. Die darin gezeigte Gewalt, die im Mainstreamkino der 90er tatsächlich noch ungewöhnlich war, wurde für ein Massenpublikum mittlerweile derart pervertiert, inflationiert oder einfach detaillierter aufbereitet, dass Scream selbst in der uncut-Version scheinbar wie der brave Großvater heutiger Blutorgien wirkt. Sei es drum… Wes Craven beweist Mut (oder Dummheit); und so startet Scream 4 diese Woche in unseren Kinos. Und für alle, die sich auf ein nostalgisches Wiedersehen mit dem – in diesem Fall gleich doppelt nostalgischen – Slasherklassiker freuen (so wie ich), gibt es an dieser Stelle eine kleine kritische Würdigung der drei Vorläufer. Wir beginnen mit Scream 1, dem Klassiker von 1996. Die beiden Fortsetzungen folgen in einem seperaten Artikel.

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Schlingensief-Retrospektive: Talk 2000

Deutschland 1997. Die Talkshows des Privatfernsehens boomen: Hans Meisner, Ilona Christen, Andreas Türck… es nimmt kein Ende. Wie Pilze schießen sie aus dem Boden: Lauter, aggressiver, hektischer… Und Christoph Schlingensief ist der Meinung, dass jeder, wirklich jeder eine Talkshow moderieren kann. Um das zu beweisen, nistet er sich im Keller der Berliner Volksbühne ein, lädt Gäste und Freunde, Prominente und Leute von der Straße und fabriziert acht Sendungen seines ganz eigenen Trashformates: Talk 2000; Zurück zum Privaten…

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Nordkurve (1993) – Die dunklen Seiten des Fußballgeschäfts

Anlässlich zur Fußball WM 2010 in Südafrika breitet sich allmählich wieder eine allgemeine Fußballeuphorie in Deutschland aus und reißt  selbst ansonsten am Ballsport Uninteressierte mit. Fußball ist tatsächlich – gerade in Deutschland – ein einzigartig kulturelles Phänomen, sowohl im Guten als auch im Schlechten. Dementsprechend gibt es auch die filmischen Verarbeitungen des Themas: Sei es als actionreicher Kickspaß für Jugendliche (Die wilden Kerle), als charmante Indiekomödie (Kick it like Beckham) oder als euphorisches dokumentarisches Stimmungsbild (Deutschland, ein Sommermärchen). Heraus sticht aus der Vielzahl der Fußballfilme Adolf Winklemanns Drama Nordkurve von 1993. In dem episodisch angelegten Panorama rund um den fiktiven Verein Union Dortmund zeigt Winkelmann die Schattenseiten sowohl des Fußballspiels als auch des Fußballgeschäfts als auch der Fankultur eines vom Abstieg und von der Insolvenz bedrohten Vereins.

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