Schlagwort: Robert Altman

Die besten Mysteryfilme der 70er Jahre

Uff… immer wenn ich über Mysteryfilme schreibe, habe ich das Gefühl meine eigene kleine Genredefinition auf eine ganze Reihe von Filmen zu drücken, die dort eigentlich gar nicht dazu gehören. Zumindest wenn ich die englische Wikipedia zum Abgleich heranziehe, trifft das auch durch und durch zu: Dort wird nämlich alles in den Mysterybereich gepackt, was mit klassischen Detektivgeschichten und Murder Mystery Puzzles zu tun hat. Genau diese beiden Variationen habe ich ja bereits in vorangehenden Retrospektiven abgehandelt.

Also an dieser Stelle noch einmal kurz und knapp auf den Punkt gebracht, was für mich in den Mystery-Bereich fällt: Ich bin ein Jugendlicher der 90er Jahre und folgerichtig wurde das Mysterygenre für mich in einem bestimmten filmischen Kontext nahezu inflationär benutzt. Seine Kinder waren Akte X und The Outer Limits. Vielleicht auf Twin Peaks. Auf jeden Fall aber The Sixth Sense, Jacob’s Ladder oder auch Flatliners. Das waren die Filme und Serien denen das Label aufgedrückt wurde und denen ich dann schließlich auch das Label aufgedrückt habe und bis heute aufdrücke. Es handelt sich dabei um Filme, die nicht unheimlich und brutal genug sind, um in den Horrorbereich zu fallen. Filme die nicht märchenhaft, fantastisch genug sind, um Fantasy zu sein, aber eben auch nicht realistisch genug, um in der Thriller-Schublade zu landen. Nicht nur, dass ihnen für diese Kategorie die intensive Spannung fehlt, oft besitzen sie auch eine übernatürliche, spirituelle Komponente, die sie von deren Realismus entfernt. Eventuell angereichert mit Science Fiction Elementen, aber eben doch nicht technologisch, außerirdisch oder futuristisch genug, um diesem Genre zugeordnet zu werden. Für den Surrealismus sind sie in ihrer Handlung zu klar und bodenständig und für das Drama zu abgehoben und transzendental.

Puh… schaut man sich das an, klingt es fast so, als wäre Mystery ein Genre der Defizite. Eine kleine fantastische Resterampe für alles, was zwischen Realismus und Surrealismus, zwischen Crime und Fantasy, Science und Fiction keinen Platz findet. Mystische, mythologische und spirituelle Filme, die sich aber nie auf ein Glaubenssystem festlegen, sondern in Fragezeichen und Chiffren operieren und mit diesen sowohl sanft gruseln als auch verzaubern und das Publikum zum Miträtseln und Mitphilosophieren einladen. Genau auf dieser Resterampe bewegen sich die folgenden – herausragenden Filme: Picknick am Valentinstag und Die letzte Flut als Peter Weirs Auseinandersetzung mit dem Spirituellen in unserer Welt. Herz aus Glas als Werner Herzogs hypnotische Reise ins deutsche Herz der Finsternis. Walkabout als mythischer Trip in die australische Wildnis; Brewster McCloud und The Stepford Wives als satirisch groteske Spielwiesen des Genres; und Die unheimliche Begegnung der dritten Art als Alien-Geschichte, die fast komplett ohne Science Fiction Momentum auskommt. Meinetwegen ist mein Mysterybegriff der Begriff für eine Resterampe; aber eine, auf der es sich herrlich wühlen lässt.

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Die besten Psychothriller der 70er Jahre

Vollkommen zurecht dürfte jetzt so mancher Leser, so manche Leserin anmerken, dass das Subgenre Psychothriller ein extrem schwammiges Subgenre ist. Immerhin verhandeln fast alle Thriller ohnehin Ticks und Neurosen, Menschen, die sich geistig am Limit bewegen und psychische Grenzen überschreiten. Seien es die wahnsinnigen Mörder im italienischen Giallo, die neurotischen Gestalten in Hitchcocks Dioramen oder die lebensmüden Killer und Verbrecher diverser Detektivgeschichten, Cop- und Gangsterthriller: Psychische Extreme finden sich im Genre überall. Und daher sei an dieser Stelle angemerkt, dass so mancher Film aus einer vorherigen oder kommenden Bestenliste gut und gerne auch hier stehen könnte. Der Unterschied besteht größtenteils im Fokus. Und dieser liegt bei all den gleich genannten Thrillern auf der Psyche der Protagonisten und Protagonistinnen. In Der Mieter erzählt Roman Polanski vom Abgleiten eines einfachen Menschen in den Wahnsinn, induziert von außen und innen, wobei die Grenzen zwischen beidem verschwimmen. In Images inspiziert Robert Altman eine Frau, die sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit verliert, und in der Hitchcock-Hommage Die Schwestern des Bösen weiß die Protagonistin überhaupt nicht mehr, wer oder was sie ist. Magic – Eine unheimliche Liebesgeschichte treibt gar einen spielerischen Schabernack mit dem Geist des Protagonisten und wandelt dabei gerne auch auf ironischen Gruselpfaden. Etwas anders funktionieren Martin Scorseses Taxi Driver und der australische Genrebeitrag Ferien in der Hölle, in der die kaputten Seelen, die im Mittelpunkt stehen, Folgen und Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Traumas sind. Egal wie oder warum, der menschliche Geist wird in allen kommenden Filmen auf eine harte Probe gestellt…

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Die besten Detektivkrimis und Noir-Thriller der 70er Jahre

Nachdem wir uns in den letzten beiden Retrospektiven mit den offiziellen, staatlich legitimierten Ermittlern und Verbrechensbekämpfern im Kino der 70er Jahre auseinandergesetzt haben, kommen wir in dieser Bestenliste zu den Privatermittlern. Tatsächlich haben privat ermittelnde Detektive deutlich mehr Filmgeschichte auf dem Buckel als Polizisten, waren sie doch vor allem im Film Noir der 30er, 40er und 50er Jahre DIE beliebten Thriller- und Krimihelden schlechthin. Natürlich lässt sich zweifellos an dieser Stelle argumentieren, dass nicht jeder Detektivfilm automatisch ein Streifen der schwarzen Serie ist; und ebenso müssen Noir Thriller nicht grundsätzlich Detektivgeschichten sein. Beliebten Themen und Motiven des Noir-Films werden wir auch in Thrillern auf den kommenden Bestenlisten antreffen, und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich der ein oder andere Ermittlerkrimi, der eigentlich hier stehen könnte, in eine andere Liste verirrt hat. In diesem Sinne, mit der Brüchigkeit und Unvollständigkeit, die eine Kategorisierung wie Film Noir mit sich bringt, folgen die besten Detektivkrimis und Noir-Thriller der 70er Jahre. In Der Tod kennt keine Wiederkehr zerstört Robert Altman den klassischsten aller Noir-Detektive Philip Marlowe, während Dick Richards ihm in Fahr zur Hölle, Liebling ordentlich Tribut zollt. The Late Show spinnt aus den schwarzen Zutaten einen überraschend vergnüglichen Seniorenkrimi und Die heiße Spur geht psychologisch äußerst feinfühlig dabei vor, das stereotype Bild des einsamen Wolfes als Ermittler neu zu justieren. Etwas klassischer, düsterer und zynischer kommt da schon Chinatown daher. Dieser radikalisiert aber mit Mitteln des New Hollywood die Konzepte der schwarzen Serie, dass er auch mehr als bitterer Abgesang denn traditioneller Krimi daherkommt. Bringen wir es auf den Punkt: Die besten Noir Filme der 70er Jahre haben das Genre destruiert, dekonstruiert und auf komplett neue Pfade gelenkt. Ohne Übertreibung kann die Dekade auch als die Geburtsstunde des Neo Noir bezeichnet werden, der in den darauffolgenden Jahrzehnten noch einige große Thriller zustande bringen sollte.

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