Die Länge eines Filmtitels und ihre Auswirkung auf den Erfolg des jeweiligen Films

Borat: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan… Genau so ist der Titel des Films von und mit Sacha Baron Cohen… und nicht anders! Verständlicherweise wird die schwarzhumorige Mockumentary dann meistens doch schlicht „Borat“ genannt, wenn auf sie rekuriert wird. Das steht sogar in der Wikipedia und ist damit irgendwie so etwas wie Konsens. Auch bei anderen Full-Length-Title-Klassikern sieht es nicht anders aus. Filmkenner unterschlagen gerne mal die Angst und Liebe zur Bombe im Titel von Stanley Kubricks Klassiker „Dr. Seltsam“ und Fortsetzungen werden ohnehin meistens nur „Teil 2,3 und 4“ genannt. Keine Kammer des Schreckens, kein Tempel des Todes und keine Rache der Sith. Übernehmen hier die Fans die Arbeit der Studiobosse; einen möglichst griffigen, knappen Titel zu finden, der dem Produkt zum viralen Mund-zu-Mund-Propaganda-Erfolg verhilft? Hat die Länge des Filmtitels überhaupt Auswirkungen auf dessen Erfolg? Ist ein E.T. oder M erfolgsversprechender als ein „Borat blablablub“ oder ein „How I stop worrying und so weiter“?

Genau dieser Frage ist Mark Lee auf Overthinking It nachgegangen. Es wirkt natürlich immer erst einmal nach „zu viel Zeit“ wenn jemand ein solches – ergebnisoffenes – Mammutprojekt in Angriff nimmt. Aber das ist auch irgendwie das Tolle an einem Blog, das sich selbst das Motto auf die Fahne geschrieben hat:

Welcome to Overthinking It, where we subject the popular culture to a level of scrutiny it probably doesn’t deserve.

Und natürlich freut man sich als Cineast darüber, dass eben genau solche Phänomene einmal genauer unter die Lupe genommen werden… und sei es nur, um das eigene anekdotische Kinowissen zu bereichern. Daher erst einmal much much respect für diese Untersuchung, deren Ergebnis dann allerdings tatsächlich weniger beeindruckend ist als sie selbst: Es gibt keine offensichtliche Korrelation oder gar Kausalität zwischen Box-Office-Erfolg eines Films und dessen Titellänge. Offensichtlich wird dies an der Infografik, die die Ergebnisse des Untersuchungszeitraums 2001 bis 2010 darstellt:

Die 150 erfolgreichsten Filme des US-BoxOfficeMojo wurden von Mark Lee für diese Statistik herangezogen. Die Korrelation zwischen Einspielergebnis und Titellänge ist nach seiner Interpretation „horribly weak positive„, was so viel bedeutet wie, dass sie praktisch nicht vorhanden ist.

Mark Lee war übrigens äußerst gründlich, was den Einbezug von für das Publikum kürzbaren Titeln anbelangt. So steht selbstverständlich „Borat“ mit 83 Zeichen als einsamer Titellängenspitzenreiter, dessen vollständiger Titel wohl nur den wenigsten bekannt sein dürfte und in Gesprächen über den Film maximal dann zur Sprache kommt, wenn er selbst thematisiert wird. Lee schlägt sogar vor, den vierten Indiana Jones Film Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull (50 Zeichen) zu ignorieren, da auch dieser in Gesprächen für gewöhnlich einfach nur der vierte Indy oder „Crystall Skulls“ oder ähnliches ist. Um zu untermauern, dass das Nicht-Ergebnis der Untersuchung auf sicherem Fundament steht, stellt er zusätzlich eine Grafik der Titellängen-Verteilung bereit, die allerdings wenig Überraschendes zu Tage fördert. Trotz fehlender Korrelation zwischen Titellänge und Einspielergebnis gibt es eine deutliche Präferenz der Studios für kürzere Filmtitel. 11 bis 15 Zeichen nehmen dabei die meisten Titel ein, von da an geht es steil bergab. Aber auch die Einworttitel mit 6 – 10 Zeichen sind noch relativ dicht vertreten. Ab 30 Zeichen aufwärts gibt es so gut wie kaum noch Großproduktionen.

Um eventuell doch noch eine kleine statistische Überraschung vorzuweisen, geht Lee sogar richtig ins Eingemachte – ins Herz der Durchschnittswertungsfinsternis – zu IMDB. Korrelation zwischen Titellänge und Average-Filmbewertung?

Nada! Wie bei der Box-Office-Auswertung scheint die Länge des Titels keine Auswirkungen auf die Beliebtheit eines Films zu haben. Natürlich könnte man dieses Spiel jetzt noch endlos weiterspielen: Wie sieht es mit unseren – mitunter grauenhaften – deutschen Ergänzungstiteln aus? Welche Rolle spielt die Syntax eines Filmtitels? Kommen Ausrufe besser als Fragen? Einzelne Worte und Terme besser als ganze Sätze bestehend aus Subjekt, Prädikat, Objekt? Was zieht bei kurzen Titeln eher: Abkürzungen oder kleine Wörter? … Vielleicht kann man das Ergebnis auch einfach an dieser Stelle so stehen lassen, genau so wie ich den unhandlich langen Titel des Artikels oben stehen lasse… einfach mal in der Hoffnung, dass dieser genau so wenig über die Klickzahlen aussagt, wie der Titel irgendeines Films über dessen Erfolg.

–> Die Gesamtanalyse auf Overthinking IT

Erstveröffentlichung: 2011

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