Die besten Filmszenen 2014

Drüben bei pewpewpew hat Sascha seine liebsten Filmmomente 2014 aufgelistet und irgendwie scheint mir das eine gute Art zu sein, das Filmjahr 2014 noch einmal Revue passieren zu lassen. Remember: Das sind die Filmszenen, die mich im vergangenen Jahr am meisten bewegt und begeistert haben, nicht notwendigerweise die Filme. Und so finden sich hier auch ein paar extrahierte Momente, deren Gesamtwerke ich nicht notwendigerweise in einer Liste der besten Filme des Jahres stehen hätte, mitunter gesamt betrachtet sogar als eher mäßige Filme ansehen würde. Achja, und zur Vorwarnung sei noch gesagt, dass die Liste mittelwarme Spoiler für verschiedene Filme dieses Jahres enthält. Major Spoiler sind aber eher nicht zu erwarten. Und noch ein kleines PS für alle Nitpicker. Ich habe mich am Deutschlandstart orientiert. Daher dürften ein, zwei Filme in der Liste gelandet sein, die manch anderer 2013 verorten würde.

Honorable Mentions:

Um sie wenigstens kurz genannt zu haben: Der fantastische Ausbruch von Patricia Arquette in einer der letzten Szenen von Boyhood, wenn sie ihr eigenes Leben Revue passieren lässt und dabei angestauten Frust, verletzte Gefühle und Resignation in einer der beeindruckendsten Schauspielleistungen des Jahres in fünf Minuten auf den Punkt bringt. Die Dockingszene in Interstellar, die das perfekte Pacing zwischen Pathos, Action, grimmigem Humor und Hans Zimmer Space Opera findet. Die komplett abgedrehte, überambitionierte Schlussszene in Lucy, die genau so abgehoben, prätentiös und esoterisch ist wie das Ende Interstellars, sich dabei aber immer ein kleines Augenzwinkern bewahrt und so vor allem als spaßiger, überdrehter Kurztrip in Erinnerung bleibt. Die irre Spaceshipscene im Lego Movie, das verdammt gut geschnittene Time-Mashup gegen Ende von Oculus und Last but not least – eigentlich nur nicht in der Liste, da es ein Serienmoment ist – die großartige „letzte Fahrt“ von Rosa in Orange is the new black zu „Don’t fear the Reaper“ von Blue Öyster Cult. Und damit… Get Ready for the Top 10!

10. The Wolf of Wall Street – Drogen sind gefährlich

Jordan und Donny probieren zusammen eine Droge aus, die angeblich ein hedonistisches Wundermittel sein soll. Nachdem sie zuerst keine Wirkung zeigt, setzt diese geradezu schlagartig ein, während Donny von seinem Anwalt außerhalb des Hauses erfährt, dass alle seine Telefone überwacht werden. Was folgt ist eine furiose Heimfahrt mit dem Lamborghini und eine anschließende Kampfszene zwischen ihm und Jordan, der durch unvorsichtige Telefonate ihr ganzes Geschäft in Gefahr bringt. Aber das ist noch nicht alles: Die zuvor urkomische Szene verwandelt sich fast in einen Horrortrip, als Jordan Gefahr läuft zu ersticken und Donny komplett zugedröhnt mittels Koks seine letzten Kräfte zusammennimmt um seinen Freund zu retten: Komisch, tragisch, irre, rasant… und am Schluss sogar mit einem Schuss Menschlichkeit gesegnet. Das alles unterlegt mit Popeye-Cartoons. Drogenszene des Jahres in einem Film, der mich ansonsten ziemlich kalt gelassen hat.

9. Edge of Tomorrow – Trainingsszene

Kann es etwas schöneres geben, als Tom Cruise gleich tausend mal geschlagen, sein Genick brechend und erschossen zu sehen? Eben! Edge of Tomorrow ist ein verdammt unterhaltsamer SciFi/Action-Bastard, in dem „Starship Troopers“ auf „Und täglich grüßt das Murmeltier“ trifft. Und einen entscheidenden Anteil am Entertainment-Faktor dieses Flicks hatte die endlos wiederholte Trainingsszene, in der der Scientologe permanent von einem Roboter verprügelt und anschließend von Emily Blunt hingerichtet wird, um den Tag zu resetten und neu trainieren zu können.

8. Nymphomaniac – Antichrist-Reminiszenz

Selbstplagiat, augenzwinkernde Referenz, selbstverliebte Eigenreminiszenz? Vielleicht von allem ein bisschen was. Lars von Trier kopiert fast 1:1 die Eröffnungsszene aus Antichrist für seinen neusten Film Nymphomaniac, bemerkt dies anscheinend auf halber Strecke und fügt deshalb noch schnell Händels wundervolles Rinaldo aus eben jener reproduzierten Szene ein. Damit gewinnt die Konservierung sowohl Pathos als auch Augenzwinkern, erinnert nicht nur an das Original, sondern lässt den Zuschauer gebannt im Kinosessel versinken, ob der Frage, ob die Szene wieder in einem solch tragischen Finale gipfeln wird. Well played, Herr von Trier!

7. Guardians of the Galaxy – Der Gefängnisausbruch

„Heh Leute, ich brauche das, das und das. Und als letztes bitte das. Denn danach muss es schnell gehen… okay… oder wir improvisieren einfach!“ … Angefangen bei dem grandiosen Planungsgespräch, während im Hintergrund Groot bereits ordentlich am Werkeln ist, über die furiose Actionsequenz, die folgt, bis hin zum großartigen Oneliner, der die Notwendigkeit der geklauten Beinprothese erklärt, ist diese Szene einfach nur Gold wert. Einer der besten Gefängnisausbrüche ever!

6. Dawn of the Planet of the Apes – Die Affen besuchen zum ersten Mal die Menschen

Leider ist hier nicht die komplette Szene zu sehen… jedenfalls ist es ausgesprochen episch, einschüchternd, aber auch beeindruckend, wenn die Affen zum ersten Mal als stolze Armee den Rückzugsort der heruntergekommenen Bewohner San Franciscos aufsuchen. Nicht nur ein großes Symbol dafür, dass die Menschheit im Niedergang ist, während die Affen ihren rasanten Aufstieg erleben, sondern zudem in seinem diplomatischen Twist eine Szene, die beweist, dass die Affen im gesamten Film mittlerweile viel „humaner“, strategischer, überlegter und sicherer agieren als die Menschen selbst. Gänsehaut.

5. Snowpiercer – In der Schule

Was für ein absurder Reigen… und das trifft auf 90% dieses überdrehten, grotesken, dystopischen Science Fiction Meisterwerks zu. Besonders skurril ist jedoch die Szene in der die Rebellen des Zuges plötzlich in einem Abteil landen, in dem auf herrlich naive Weise der Nachwuchs auf das Leben in diesem mobilen Kastensystem vorbereitet werden: Gilliam meets Kafka meets Orwell. Bunt, urkomisch und sich plötzlich zu einem rasanten, dunklen Shootout entwickelnd. Und der Zuschauer weiß einfach nicht ob er grinsen, heulen, schreien oder einfach nur ausrasten soll.

4. Under the Skin – Gespräch mit dem Elefantenmenschen

Es wäre ein leichtes, dem dunklen Arthaus Science Fiction Trip Under the Skin Kaltherzigkeit, Sterilität vielleicht sogar Inhumanität vorzuwerfen. Wäre da nicht diese wunderschöne, menschliche Szene zwischen dem außerirdischen Sukkubus und einem an Neurofibromatose erkrankten Mann. Dem vermeintlichen Opfer gelingt es Menschlichkeit und Verständnis in dem zuvor mörderischen Alien zu wecken, unterscheidet sich der Mann doch ganz und gar von den vorherigen Mitfahrern. Das Gespräch zwischen den beiden ist kurz, es werden wenige Worte gewechselt und doch ist es ein besonderer Moment, vielleicht sogar der entscheidendste in diesem Film, da er Emotionalität, Humanität und Empathie in die zuvor sehr verkopfte, abstrakte Parabel bringt.

3. Boyhood – Letzte Szene

Eigentlich hat Sascha nebenan schon alles wichtige dazu gesagt: Was für ein wundervoller Moment, was für eine großartige Konklusion des zuvor Geschehenen: Der Versuch das Leben in Worte zu fassen, der Versuch sich einander näher zu kommen, diese Gesten, diese Blicke, diese Worte… und dann der fast schüchterne und doch optimistische Blick von Ellar Richtung Kamera. Seize the Moment! Danke, Boyhood!

Diesen Film haben wir auch in unserem Podcast besprochen.

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2. Her – Sexszene

Auf dem zweiten Platz, die schönste Liebesszene und zugleich erotischste Sexszene des Jahres. Spike Jonze gelingt es während der gesamten Laufzeit von Her seine digitale Protagonistin Samantha menschlich und vor allem echt erscheinen zu lassen. Und einen besonderen Höhepunkt erlebt diese Darstellung in der – fast komplett in Dunkelheit stattfindenden – Liebesszene zwischen ihr und dem Protagonisten Theodore. Plötzlich beobachtet der Zuschauer nicht mehr einfach nur, wie sich ein Mensch in ein Betriebssystem verliebt (und umgekehrt), er wird Teil dieser Liebe, Teil dieses Begehrens; und er wird gezwungen dabei die Rolle der vermeintlich seelenlosen digitalen Entität einzunehmen. Von allem visuellen Ballast befreit, rein von ihrer Wahrnehmung abhängig, lösen sich so die Barrieren zwischen Mensch und Maschine auf und zurück bleibt die offenste, empathischste und einfach nur schönste Liebesszene des Jahres. Ebenso emotional wie erotisch. Ebenso eskapistisch wie authentisch. Und in ihrer Bedingungslosigkeit weitaus humaner als jede klassische, traditionelle Sex- oder Liebesszene zwischen Mensch und Mensch.

1. X-Men: Days of Future Past – Quicksilvers großer Auftritt

Ehre, wem Ehre gebührt: Meine liebste Filmszene des Jahres ist überraschenderweise keine, die mich emotional berührt hat… und auch keine, die auf den ersten Blick besonders originell, anders, episch oder intelligent zu sein scheint. Aber, Hölle, hier haben die Macher ganze Arbeit geleistet! Die große Rettungsaktion von Quicksilver ist die Actionszene des Jahres, obwohl sie praktisch in Zeitlupe nahe des Zeitstillstands stattfindet. Diese furiose Kamerarbeit, dieser großartige Sinn für Details, dieser stimmige Musikeinsatz und dieses perfekte Pacing verwandeln eine banale Bullet Time in eine ebenso pittoreske wie furiose Szene, machen aus einem simplen Blockbustergimmick eine fast schon poetische Akrobatik, aus einem einfachen Superheldenauftritt ein Ballett, in dem die Zeit aufgehoben wird. Und das alles verflucht charmant, sexy und mit Augenzwinkern. Man vergleiche einfach diesen Einsatz von Zeitlupe, Zeitstillstand und Bullet Time mit Klassikern dieses Stilmittels wie bei Matrix oder Fight Club, um zu sehen, wie weit sich dieser Effekt in den letzten zehn Jahren – praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit – entwickeln konnte. X-Men perfektioniert hier narrativ und dramaturgisch ein Stilmittel, das zuvor nur ein simples Gimmick zu sein schien und beweist damit, wie Erzählung, Inszenierung, Dramaturgie und Action von geschicktem Special FX Einsatz profitieren können… Achja, und bevor ich es vergesse: Diese Szene macht auch noch verflucht viel Spaß!

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