Game of Thrones: Recap, Staffel 4

01So jetzt aber noch schnell, bevor der Serienherbst eingeleitet wird, ein paar Gedanken zur vierten Staffel von Game of Thrones. Ist kein tiefschürfender, analytischer Recap sondern eher eine (etwas launige) Beurteilung der verschiedenen Handlungsfaden der gesamten Season. Warum Game of Thrones suckt (und ich die Serie trotzdem großartig finde), habe ich ja schonmal ausführlich beschrieben. Viele der dortigen Kritikpunkte finden sich auch in Staffel vier wieder, obwohl ich mich mittlerweile mit vielen Schwächen der Serie abgefunden habe. Ansonsten gilt: Achtung, Spoiler ahead, ebenso wie ein paar kritische – mitunter auch giftige – Anmerkungen zu den jüngsten Entwicklungen in Westeros.

Als Muster von Game of Thrones scheint sich ein wenig herauszukristallisieren, dass jede Staffel den Niedergang einer Familie behandelt: Während in Staffel 1 retrospektiv in den Erläuterungen der Vorgeschichte, mit der Darstellung des Exils, der Fehlgeburt, von Daeneris und dem Tod Viserys das Ende der Targaryens erzählt wurde, konzentrierte sich Staffel 2 in der dämonischen Ermordungs Renlys und der Schlachtniederlage von Stannis auf den Niedergang des Baratheon-Geschlechts. In Staffel 3 wurden schließlich in der Red Wedding die Starks ziemlich brutal zu Grabe getragen. In Staffel 4 erwischt es – wenn auch nur in Ansätzen – die Familie, der man seit Serienbeginn den Verfall wohl am sehnlichsten wünscht: Die Lennisters.

Die Eckpunkte dieses Verfalls sind ziemlich leicht auszumachen: Die Purple Wedding, in der die Zuschauer von einem der größten Fieslinge der jüngsten Seriengeschichte – Joffrey Baratheon (nicht nur biologisch ein reiner Lennister) erlöst werden, die anschließende Verhaftung Tyrions, die wenig ruhmreiche Rückkehr Jaimes, die Drohung Cerseis das dunkelste Familiengeheimnis öffentlich zu machen und zu guter Letzt natürlich die Ermordung des Patriarchen, des Lennister Godfathers Tywin durch den eigenen Sohn. Bis zum Ende der Staffel stellten die Lennisters während des gesamten Serienverlaufs immer so etwas wie das antagonistische Epizentrum der Serie dar: Man liebte es, sie zu hassen, man hoffte, sie würden nach und nach ihre gerechte Strafe erhalten, und zugleich musste man doch immer wieder mitfiebern bei ihren persönlichen und politischen Intrigen, konnte sich sogar zwischenzeitlich mit dem Fiesling Jaime identifizieren und fand in Tyrion einfach mal den coolsten Protagonisten der Serie überhaupt. Nachdem nun nicht nur mehrere zentrale Familienmitglieder ermordet, sondern darüber hinaus auch zum ersten Mal familieninterne Konflikte öffentlich ausgetragen wurden, bleibt die spannende Frage, wie es mit dem Haus weitergehen wird. Ohne den strategischen Mastermind Tywin, mit einem Thronerben, der noch ein Kind – und zudem extrem leicht von den Tyrells zu manipulieren – ist, mit einem angezählten Jaime und einer in den Wahnsinn abgleitenden Cersei dürften die glorreichen Tage des Geschlechts jedenfalls erst einmal ein Ende haben. Es gehört mit zu den großen Stärken der Staffel, dass dies nie aufgesetzt, sondern glaubwürdig und mit gutem dramatischen Pacing antizipiert und erzählt wurde, gerade auch, weil es zu Beginn der Staffel noch ganz anders aussah.

Trotz dieses Fokus‘ wusste Staffel 4 noch genug anderes zu erzählen und dabei auch gleich ein paar neue Charaktere einzuführen. An vorderster Front natürlich the one and only, the viper, Oberyn Martell. Alle paar Serienjahre taucht ein wirklich abgefuckter Badass-Charakter auf, in den sich so ziemlich alle Fans der jeweiligen Serie bedingungslos verlieben und dem man einfach nur das Prädikat cool geben möchte. Der Prinz aus dem Haus Martell ist genau so ein Charakter: Smart, gewitzt, hedonistisch und dabei noch verdammt rachedürstig. Shit, was ein großartiger Einstand, was ein großartiger Auftritt, wenn er sich im Bordell mit zwei Frauen und einem Jüngling vergnügt und die Orgie doch noch kurz unterbricht, nur um zwei Lennisters ordentlich auf die Schnauze zu geben. Was in der literarischen Vorlage anscheinend nur ein unbedeutender Nebencharakter war (habe ich mir sagen lassen), wird hier innerhalb weniger Folgen zum coolsten Motherfucker Westeros‘, der sogar Tyrion weit hinter sich lässt. Und natürlich bedeutet dieser erhöhte Coolness-Faktor sein frühes Ende. Was auch sonst? Manchmal ist Game of Thrones einfach nur zum Kotzen.

Logischerweise findet die Geschichte Martells ebenso wie der Verfall der Lennisters in King’s Landing statt, und die Hauptstadt von Westeros wird damit auch einfach mal zum Place to be der vierten Staffel. So sehr das Oszillieren zwischen verschiedenen Handlungen und Orten in den vorherigen Staffeln eine angenehme Dynamik in die Serie brachte, so sehr misslingt es in Staffel 4; schlicht und ergreifend, weil man sich als Zuschauer die meiste Zeit über nach King’s Landing zurückwünscht. Also was haben wir da an „Sidequests“? Als erstes das Odd Couple, The Hound und Arya Stark, die noch am ehesten so etwas wie Freude versprühen, insbesondere in den Momenten in denen der Cartoonish Look mit düsteren Wendungen aufgebrochen wird, am beeindruckendsten immer noch in der Szene, in der Arya ihre Todesliste laut rezitiert, nur um diese ganz am Ende ziemlich bestimmt mit dem Hound zu ergänzen. Aber die Geschichte „Das toughe Mädchen und das Biest“ nervt dann doch nach einer gewissen Weile: Man wandert, man neckt sich, man tötet Feinde, man wandert weiter… Redundanz vorprogrammiert.

Noch öder sind die Handlungsstränge um Daenerys und die Nachtwache: Ersterer habe ich lange Zeit ihren fehlenden Zug nach Westeros verziehen. Ja, auch außerhalb des Kampfes um den eisernen Thron gab es genug zu erleben: Drachenmutter werden, Sklaven befreien, gegen Magier kämpfen… aber jetzt scheint Daenerys irgendwo auf ihrem eigenen – zumindest für die Dramaturgie der Serie ziemlich gemütlichen – Thron angekommen zu sein, und ihre Geschichte hat damit vorerst jegliche Spannung verloren. Die Nachtwache hat mich schon länger gelangweilt, und dass Jon Snow ein ziemlicher Depri-Schnarchsack ist, sorgt nicht dafür, dass dies besser wird. Immerhin gibt es in der vierten Staffel endlich wieder einmal etwas Action an der Wall zu sehen, und das dann auch gleich mit der beeindruckendsten Schlacht der gesamten Serie, gegen die auch der Sturm auf King’s Landing nur abstinken kann. Riesen die auf Mammuts reiten? Fuck yeah! In diesem Moment brauche ich auch keine Drachen mehr. In der großen Schlacht um Castle Black gewinnt der ganze Nightwatch-Handlungsfaden endlich wieder etwas Spaß zurück, wohltuend insbesondere auch deswegen, weil in der entsprechenden Episode Snow nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommt, sondern sowohl die anderen Wächter als auch die Wildlinge im Kampf ordentlich „glänzen“ und vor allem bluten dürfen.

Ansonsten sieht es im Norden eher düster aus: Insbesondere die Sidequests der Sidequest – Ygrittes Geschichte bei den Wildlingen und Brans Suche nach seiner Bestimmung – verdienen nicht gerade das Prädikat „spannend“. Gerade der zweite Handlungsfaden entwickelt sich zu einem derart öden Esotrip, dass ich dem letzten Stark-Spross mehr als einmal die Pest und den Tod an den Hals gewünscht habe. Und egal wie toll und lustig alle den naiv-starken Hodor finden, dieser alberne Pokemon-Charakter wirkt im GoT-Universe so deplatziert, dass ich ihm keine Träne nachweinen würde. Gut, dass am Ende der Staffel endlich Stannis in der Einöde ankommt. Wenn es nach mir ginge, hätte er auch gleich mit einem gezielten Bombenangriff das Elend beenden können; so scheinen sich aber auch zumindest ein paar interessante Handlungsoptionen zu ergeben. Insbesondere die Musterung Snows durch die rote Hexe besitzt durchaus Potential für ein paar fiese abgefuckte Momente in der kommenden Staffel. Achja, was im Norden tatsächlich zumindest interessant – und über alle Maßen sadistisch – daherkommt ist der Greyjoy-Sideplot. Wie Theon mittlerweile gebrochen, praktisch zum Hund seines Folterers erniedrigt wurde, ist schon irgendwie weird genug, um die düstere Aura der gesamten Serie aufrecht zu halten. Dieser Geschichte darf die kommende Staffel durchaus mehr Aufmerksamkeit widmen.

Darüber hinaus ist es fast schon bezeichnend für die Staffel, dass der am stiefmütterlichsten behandelte Sideplot der interessanteste ist. Sansa – lange Zeit einer der nervigsten Charaktere der Serie – scheint endlich so etwas wie ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln und vor allem zu durchblicken, dass man in Westeros einfach mal durchtrieben, manipulativ und bösartig sein muss, um länger als eine Staffel zu überleben. In Baelish hat sie dabei sowohl ihren Nemesis als auch Lehrmeister gefunden; ein Bund der für die kommenden Staffeln durchaus Spannung verspricht und es bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht wieder in die Rolle der traurigen Märtyrerin zurückfällt. Verdammt nochmal, lasst sie endlich richtig böse sein, mordlüstern, verlogen, unheimlich… sie hat genug erlebt, um das storytechnisch und dramaturgisch zu rechtfertigen.

Licht und Schatten also, auch in Staffel 4 der epischen Fantasyserie. Während die Geschichten um Kings Landing und die Lennisters immer dichter, fesselnder und düsterer werden, bauen die Nebengeschichten peu à peu ab. Sowohl der Osten als auch der Norden haben eine Menge der früheren Faszination verloren. Es bewegt sich in beiden einfach zu wenig, es fehlt das einschneidende Großereignis für eine der Protagonistinnen. Es fehlt einfach das Handlungsmoment sowohl bei Daenerys als auch bei Snow, die beide etwas desorientiert durch die Geschehnisse der Staffel stolpern. Auch Arya sollte mittlerweile irgendwann mal irgendwo ankommen, bevor mir dieser im Grunde spannende und ziemlich coole Charakter komplett egal wird. Mal sehen was die kommende Staffel diesbezüglich aus dem Hut zaubert: Am besten mal wieder ein Zusammenführen der Handlungsstränge, eine stärkere Verknüpfung zwischen Nord/Ost und West-Ereignissen. Irgendein Link zwischen Daenerys und Kings Landing, ein echter Aufbruch Aryas, eine Fuck-up-Situation bei der Nightwatch. Dann bin ich auch optimistisch, dass mir die Serie weiterhin Spaß machen wird, denn trotz offensichtlicher Schwächen und blöder Egal-Momente war auch die vierte Staffel fesselnd und mitreißend genug, um von mir Woche für Woche verschlungen zu werden.

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