Schlagwort: Noir

Genrekino für Kinder: Geht das? Das geht! Das Haus der Krokodile aus dem Jahr 2012

Genau fünfzig Jahre ist die Vorlage alt. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass diese verfilmt wurde. Im Jahr 1971 erschien Helmut Ballots Kinder- und Jugendroman Das Haus der Krokodile. Und 1976 wurde die Geschichte in einer sechsteiligen Serie verfilmt, mit niemand geringerem als Thomas „Tommi“ Ohrner, der drei Jahre später als Timm Thaler sein Lachen an den Teufel verkaufen sollte. Kleiner Disclaimer gleich vorweg, ich kenne weder die Vorlage noch die Serienumsetzung aus den 70er Jahren. Um ehrlich zu sein wusste ich nicht einmal, dass diese existierten, als ich ziemlich unbedarft Das Haus der Krokodile (2012) für mein Kind in die Prime-Playlist geschoben habe. Hätte ich von deren Existenz gewusst, hätte ich mir höchstwahrscheinlich die Frage gestellt, ob eine so alte Geschichte glaubwürdig ins 21. Jahrhundert übersetzt werden kann, also so glaubwürdig, dass auch die Kids von heute nicht gelangweilt mit den Augen rollen. Und das ist nicht einmal die wichtigste Frage, die sich angesichts von Cyrill Boss‘ und Philipp Stennerts Film stellt. Die wäre eher: Wie viel Mystery und Grusel, wie viel Film Noir und Thriller ist in einem Kinderfilm möglich? Oder andersrum, wie viel Familienfreundlichkeit vertragen diese Genres? Die Antworten darauf sind durchaus überraschend.

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Die besten Actionthriller der 70er Jahre

Es ist schon ein vermaledeites Ding mit diesen Genrehybriden. Ich habe nun wirklich mehr als genug über Thriller in den 70er Jahren geschrieben, habe Mysteriöses, Psychologisches, mit Suspense Vollgepacktes, Politisches und Kriminelles ausgelotet. Ich habe das alles hinter mir gelassen, mir Popcorn zurecht gelegt und mich darauf gefreut, mich einfach von ein paar sinnbefreiten Explosionen, wilden Verfolgungsjagden und spaßigen Kloppereien berieseln zu lassen. Und dann entpuppen sich bei der Erstsichtung und beim Rewatch gleich eine ganze Reihe vermeintlich unbedarfter Actioneers als astreine Thriller. Ja, der Actionthriller kommt (im wahrsten Sinne des Wortes) herbei gerast und platziert sich zwischen Spannungs- und Unterhaltungskino. Also dann, es hilft ja alles nichts. Bevor wir zu den reinrassigeren Actionfilmen kommen, schauen wir uns also erst einmal die an, die so viele Spannungsmomente besitzen, dass sie ebenso im Thriller beheimatet sein könnten. Und dennoch, im Gegensatz zu den zuletzt besprochenen Filmen dominiert bei all diesen nicht der Thrill sondern die Action. Im Visier des Falken und Duell zum Beispiel kommen zwar parabolisch, mysteriös daher, punkten aber vor allem als ausgedehnte Hetzjagden, bei denen der Kampf ums Überleben immer von einer Menge halsbrecherischer Action begleitet wird. Death Wish ist viel zu plump und eindimensional, um mit den großen Thriller der Dekade mitzuhalten. Dafür darf er als grimmiger, antiliberaler, amoralischer Selbstjustiz-Actioneer im konservativen Amerika der 70er Jahre faszinieren. Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 und Flucht von Alcatraz sind wohl die beiden Filme, denen das Genre-Crossover am besten gelingt. Und Assault – Anschlag bei Nacht schielt mit seiner dreckigen, düsteren Art immer auch ein wenig Richtung Exploitation. Also dann, wenn ihr demnächst Lust auf Kino aus den 70ern habt und euch nicht zwischen Thriller und Action entscheiden könnt, ist das hier die richtige Liste für euch.

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Die besten Thriller der 70er Jahre für Hitchcock-Fans

Ja, ich weiß… so langsam wird es absurd mit den Subkategorien. Nennt es meinetwegen Schubladenwahn, aber so kommen wir dem Ziel nahe bei unseren Thrillerretrospektiven (fast) komplett ohne Nummerierung auszukommen. Also dann, ohne weitere große Rechtfertigung, die besten 70er Thriller für alle Liebhaber und Liebhaberinnen des Master of Suspense, Alfred Hitchcock. Dazu gehören natürlich logischerweise zwei herausragende Filme des Altmeisters, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Zum einen, Frenzy, eine sehr klassische Hitchcock-Mördergeschichte mit einem Protagonisten, der ohne eigene Schuld zum Gesuchten und Gejagten wird. Zum zweiten eine angenehm schwarzhumorige Mischung aus Noir Detektivgeschichte und Mysterythriller, Familiengrab, der möglicherweise zu den witzigsten Hitchcock-Filmen überhaupt gehört. Und dann gab es natürlich noch die großen Epigonen des großen britischen Regisseurs, allen voran Brian de Palma, der mit Schwarzer Engel wohl eine der dreistesten Vertigo-Kopien ever vorgelegt hat. Aber wenn die Originale rar sind, kann auch ein Plagiat äußerst glücklich machen. Anders verhält es sich mit dem Paranoiathriller Der Dialog, der aus traditionellen Hitchcockmotiven etwas völlig eigenständiges kreiert. Und wenn es noch ein bisschen mehr Paranoia sein darf, empfiehlt sich der düstere Politthriller Zeuge einer Verschwörung, der all jenen gefallen dürfte, die die klassischen Suspensethriller Hitchcocks schätzen, in denen Unschuldige von einem Ort zum anderen jagen und gejagt werden, während sie einem riesigen Komplott auf die Schliche kommen. Gemeinsamkeiten bei diesen Filmen zu finden, ist gar nicht so einfach; aber das fällt ja sogar bei Hitchcockfilmen selbst schwer. Also lassen wir noch einmal den Meister zu Wort kommen, der seine Prinzipien doch besser auf den Punkt bringen kann als jeder andere: „There is no terror in the bang, only in the anticipation of it.“ In diesem Sinne…

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Die besten Agentenfilme und Spionagethriller der 70er Jahre

Filme, die sich mit Geheimdiensten und dem Thema Spionage auseinandersetzen, sind immer mit einer Frage konfrontiert: Wie realistisch beziehungsweise wie unterhaltsam soll es denn sein? Das Spektrum ist groß: Auf der einen Seite haben wir die Filme der James Bond Reihe, die sich komplett vom realistischen Blick auf das Agentenleben entfernen und pure Actionflicks für ein sensationslustiges Publikum sind. Auf der anderen Seite haben wir Themen, die eine breite Öffentlichkeit interessieren: Gerade in den 1970er Jahren war der kalte Krieg noch voll im Gange, und neueste technische Entwicklungen sorgten für ein Klima der ständigen Angst und Paranoia zwischen den Blöcken. Einfache Menschen schienen immer wieder zwischen die Fronten dieses schwelenden Konflikts zu geraten, bestes Material also für paranoide, autoritätskritische Suspense-Thriller. Und dann gab es natürlich noch darüber hinausgehende Spionage-Thematiken, die mitunter losgelöst von der „großen“ globalen Politik scheinen: Vom Terrorismus über die Überwachung des einfachen Bürgers bis zu der allgemeinen Frage, wie viel sich ein Staat hinter den Kulissen der Macht erlauben darf, bevor Völker- und Menschenrechte brutal gebrochen werden. Die in dieser Liste vorkommenden Filme bewegen sich alle in diesem Spannungsfeld, tendieren allerdings zu mehr Düsternis, zu mehr Realismus und zu weniger Eskapismus (Ausnahme, die bereits im letzten Artikel gewürdigten James-Bond-Streifen). So haben wir es bei Der Brief an den Kreml mit einem komplexen, sehr traditionellen Spionageschinken von Altmeister John Huston zu tun, der eine Menge Zynismus im Gepäck hat. Scorpio erzählt auf der Oberfläche einer Spionagegeschichte eine Actionballade von einsamen, lebensmüden Killern, während Der Schakal mit einem fast schon dokumentarischen Habitus an das Thema Geheimdienstarbeit herangeht. Und die Genredekonstruktion Die drei Tage des Condor lenkt ihren Blickpunkt auf die einfachen Geheimdienstmitarbeiter, die weder Superhelden noch Superschurken sind, mitunter aber auch in den Mühlen von Misstrauen, Verrat und Gewalt verlorengehen können. Vielleicht waren die 70er Jahre das letzte große Jahrzehnt des Agentenfilms. Gerade im Bruch mit den romantischen, romantisierenden Tropes des Genres haben sie einige Meisterwerke für die Filmgeschichte hervorgebracht.

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Die besten Detektivkrimis und Noir-Thriller der 70er Jahre

Nachdem wir uns in den letzten beiden Retrospektiven mit den offiziellen, staatlich legitimierten Ermittlern und Verbrechensbekämpfern im Kino der 70er Jahre auseinandergesetzt haben, kommen wir in dieser Bestenliste zu den Privatermittlern. Tatsächlich haben privat ermittelnde Detektive deutlich mehr Filmgeschichte auf dem Buckel als Polizisten, waren sie doch vor allem im Film Noir der 30er, 40er und 50er Jahre DIE beliebten Thriller- und Krimihelden schlechthin. Natürlich lässt sich zweifellos an dieser Stelle argumentieren, dass nicht jeder Detektivfilm automatisch ein Streifen der schwarzen Serie ist; und ebenso müssen Noir Thriller nicht grundsätzlich Detektivgeschichten sein. Beliebten Themen und Motiven des Noir-Films werden wir auch in Thrillern auf den kommenden Bestenlisten antreffen, und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich der ein oder andere Ermittlerkrimi, der eigentlich hier stehen könnte, in eine andere Liste verirrt hat. In diesem Sinne, mit der Brüchigkeit und Unvollständigkeit, die eine Kategorisierung wie Film Noir mit sich bringt, folgen die besten Detektivkrimis und Noir-Thriller der 70er Jahre. In Der Tod kennt keine Wiederkehr zerstört Robert Altman den klassischsten aller Noir-Detektive Philip Marlowe, während Dick Richards ihm in Fahr zur Hölle, Liebling ordentlich Tribut zollt. The Late Show spinnt aus den schwarzen Zutaten einen überraschend vergnüglichen Seniorenkrimi und Die heiße Spur geht psychologisch äußerst feinfühlig dabei vor, das stereotype Bild des einsamen Wolfes als Ermittler neu zu justieren. Etwas klassischer, düsterer und zynischer kommt da schon Chinatown daher. Dieser radikalisiert aber mit Mitteln des New Hollywood die Konzepte der schwarzen Serie, dass er auch mehr als bitterer Abgesang denn traditioneller Krimi daherkommt. Bringen wir es auf den Punkt: Die besten Noir Filme der 70er Jahre haben das Genre destruiert, dekonstruiert und auf komplett neue Pfade gelenkt. Ohne Übertreibung kann die Dekade auch als die Geburtsstunde des Neo Noir bezeichnet werden, der in den darauffolgenden Jahrzehnten noch einige große Thriller zustande bringen sollte.

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Die besten Copthriller und Polizeifilme der 70er Jahre II

Dass die Masse an Polizeifilmen der 70er Jahre vor allem aus Europa, ganz konkret aus Italien, kommt, durften wir in der letzten Retrospektive über die Poliziottesco-Filme erfahren. Die Klasse indes ist dann doch auf der anderen Seite des atlantischen Ozeans anzutreffen. Dabei unterscheiden sich die meisten amerikanischen Copthriller gar nicht so sehr von ihren italienischen Konterparts. Auch hier finden wir die klassischen Tropes des Genres: Raubeinige Cops, die es mit den Regeln ihres Berufs nicht so genau nehmen, die einer scheinbaren Übermacht des organisierten Verbrechens gegenüberstehen, es aber schaffen, sich durch ihre konventionelle Art durchzubeißen. Auch hier hin und wieder die fragwürdige Moral, die dieses Narrativ mit sich bringt, auch hier die Glorifizierung von Gewalt und die Darstellung fragwürdiger Ermittlungsmethoden. Als Musterbeispiel gelten dabei ohne Frage Dirty Harry und die French Connection Filme. Aber es gibt auch im amerikanischen Kino reflektiertere und vor allem intelligentere Beiträge zu dem Sujet. So wird in dem bis zum heutigen Tag etwas verkannten Dirty Harry 2 Selbstjustiz von Polizeibeamten kritisch reflektiert. In French Connection II wird der Polizist durch eine erzwungene Abhängigkeit zu seinem eigenen, ärgsten Widersacher, und dem Biopic-Drama Serpico gelingt es sogar, Korruption und Verkommenheit im polizeilichen Alltag ohne aufgedrückte Action- oder Thrillmomente zu erzählen. Und wenn es dann doch zwischendurch einfach nur ruppig und rasant zugehen soll, kann man immer noch zum rohen Actioneer The Seven-Ups greifen, der, was raue und enervierende Action betrifft, den italienischen Genrekollegen in nichts nachsteht.

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I Don’t Feel at Home in This World Anymore (2017) – Coens in XX

Die Krankenpflegerin Ruth Kimke (Melanie Lynskey) fühlt sich in dieser Welt nicht mehr zu Hause. Zurecht. Ist sie doch alltäglich konfrontiert mit der Rücksichtslosigkeit, dem Egoismus und der Aggression ihrer Mitmenschen. Und dann wird auch noch bei ihr eingebrochen und ihr Laptop sowie das geliebte Silberbesteck ihrer Großmutter gestohlen. Die Polizei scheint sich wenig um Ruths Verlust zu kümmern und so begibt sie sich selbst auf die Spurensuche nach den Dieben. Unterstützt wird sie dabei von ihrem exzentrischen Nachbarn Tony (Elijah Wood) und schon schnell kommen die beiden den mutmaßlichen Einbrechern auf die Schliche. Sie ahnen jedoch nicht, mit welch brutalem Schlag Mensch sie sich damit anlegen.

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Die besten Komödien der 80er Jahre III

In der letzten 80’s Comedy Retrospektive habe ich über die Vergänglichkeit einer gelungenen Pointe geredet. Bei den hier aufgeführten Filmen wird dies wohl noch offensichtlicher. Caddyshack ist durch und durch Kind seiner Zeit: Ein alberner, partiell rassistischer, partiell sexistischer und meistens ziemlich blöder Anarchowitz, der sein Zenit eigentlich längst überschritten haben sollte, retrospektiv aber überraschenderweise deutlich positiver rezipiert wird als zu seine Zeit. Auch die Genderswap-Komödie Tootsie kommt in Zeiten der Gender-Awareness an manchen Stellen ziemlich altbacken daher, funktioniert aber auch nicht nur als Zeitstück sondern erstaunlich komplexe Mediensatire, an der leider Gottes auch heute noch vieles aktuell ist. Aus der Zeit gefallen dagegen scheinen Monty Python mit ihrem Sinn des Lebens, der bereits damals so etwas wie ein Alterswerk, tief verhaftet im vorherigen Jahrzehnt den 70er Jahren, war. Und am zeitlosesten sind dann eben auch doch die Filme, die das Genre sprengen: Falsches Spiel mit Roger Rabbit als wüster Mashup zwischen Cartoon/Noir/Comedy und Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone, die auch ein bisschen im Thrillergenre zu Hause sein darf. Ja, es bleibt schwer mit den Komödien. Verpasst haben sollte man aber keinen von diesen Klassikern.

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