Schlagwort: Grusel

Genrekino für Kinder: Geht das? Das geht! Das Haus der Krokodile aus dem Jahr 2012

Genau fünfzig Jahre ist die Vorlage alt. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass diese verfilmt wurde. Im Jahr 1971 erschien Helmut Ballots Kinder- und Jugendroman Das Haus der Krokodile. Und 1976 wurde die Geschichte in einer sechsteiligen Serie verfilmt, mit niemand geringerem als Thomas „Tommi“ Ohrner, der drei Jahre später als Timm Thaler sein Lachen an den Teufel verkaufen sollte. Kleiner Disclaimer gleich vorweg, ich kenne weder die Vorlage noch die Serienumsetzung aus den 70er Jahren. Um ehrlich zu sein wusste ich nicht einmal, dass diese existierten, als ich ziemlich unbedarft Das Haus der Krokodile (2012) für mein Kind in die Prime-Playlist geschoben habe. Hätte ich von deren Existenz gewusst, hätte ich mir höchstwahrscheinlich die Frage gestellt, ob eine so alte Geschichte glaubwürdig ins 21. Jahrhundert übersetzt werden kann, also so glaubwürdig, dass auch die Kids von heute nicht gelangweilt mit den Augen rollen. Und das ist nicht einmal die wichtigste Frage, die sich angesichts von Cyrill Boss‘ und Philipp Stennerts Film stellt. Die wäre eher: Wie viel Mystery und Grusel, wie viel Film Noir und Thriller ist in einem Kinderfilm möglich? Oder andersrum, wie viel Familienfreundlichkeit vertragen diese Genres? Die Antworten darauf sind durchaus überraschend.

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Kritik zu Relic – Dunkles Vermächtnis (2020): Wann wird Post-Horror zum Schema?

Post-Horror gehört ohne jeden Zweifel zu den spannendsten Genreentwicklungen der letzten Jahre. Auch auf dieser Seite wurde schon viel über das Subgenre geschrieben und über diverse Filme, die sich diesem mal mehr mal weniger gut zuordnen lassen. Aber wie bei jeder spannenden Genreentwicklung, wie bei jedem kurzfristigen Genretrend, ergibt sich irgendwann die Frage: Wann führt der Versuch dazuzugehören zum Formelhaften? Ab wann wirken Filme des gerade noch frischen Genres plötzlich schematisch? Wann hört die Originalität auf und wann beginnt das Klischee? Diese Fragen können einem unweigerlich im Kopf herumspuken (Pun intended), wenn man sich Relic – Dunkles Vermächtnis (2020) widmet. Denn dieser macht eigentlich alles, was zum Genre dazugehört: Horror als parabolische Auseinandersetzung mit dem emotionalen und psychischen Verfall. Dazu noch in einer kleinen, dysfunktionalen Familie. Garniert mit ein wenig Surrealismus; irgendwo zwischen Psychothriller und übernatürlichem Horror, langsam erzählt und mit radikaler Eskalation im Finale. Also alles so weit so gut. Bleibt die erwähnte Frage: Reicht es auch dieses Mal für gediegenen Horror, oder geht es doch eine Spur zu weit zur Konvention?

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Die besten Thriller der 70er Jahre X

Auf zur letzten Thrillerretrospektive der 70er Jahre. Dieses Mal ohne große Vorrede, weil ich mit den Subgenres komplett durch bin und die hier aufgeführten Filme, abgesehen davon, dass sie allesamt spannend sind, nicht viele Gemeinsamkeiten haben. Im Angebot haben wir mit Die Augen der Laura Mars einen schicken, grellen Mysterythriller, der sich ordentlich beim Style-Klassiker Blowup bedient, sowie Coma, einen sehr soliden Verschwörungsthriller mit einigen wirklich intensiven Proto-Slasher-Momenten. Noch weiter in Mysteryregionen bewegt sich Ein Mann jagt sich selbst, der fast schon zu brav ist, um als Thriller durchzugehen. Dafür begeistert er mit feiner, britischer Ironie und einem herrlich aufgelegten Roger Moore. Ein bisschen Hitchcock-Suspense in Kombination mit einem nuancierten Psychodrama finden wir in Klute. Und um die Reihe mit einem der besten Thriller überhaupt abzuschließen: Hundstage von Sidney Lumet ist fast so etwas wie die Vervollkommenung des New Hollywood Gedankens, inklusive einer Menge Liebe für die Ausgestoßenen und Abgewiesenen. Thriller der 70er Jahre, Klappe die Letzte…

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Die besten Psychothriller der 70er Jahre

Vollkommen zurecht dürfte jetzt so mancher Leser, so manche Leserin anmerken, dass das Subgenre Psychothriller ein extrem schwammiges Subgenre ist. Immerhin verhandeln fast alle Thriller ohnehin Ticks und Neurosen, Menschen, die sich geistig am Limit bewegen und psychische Grenzen überschreiten. Seien es die wahnsinnigen Mörder im italienischen Giallo, die neurotischen Gestalten in Hitchcocks Dioramen oder die lebensmüden Killer und Verbrecher diverser Detektivgeschichten, Cop- und Gangsterthriller: Psychische Extreme finden sich im Genre überall. Und daher sei an dieser Stelle angemerkt, dass so mancher Film aus einer vorherigen oder kommenden Bestenliste gut und gerne auch hier stehen könnte. Der Unterschied besteht größtenteils im Fokus. Und dieser liegt bei all den gleich genannten Thrillern auf der Psyche der Protagonisten und Protagonistinnen. In Der Mieter erzählt Roman Polanski vom Abgleiten eines einfachen Menschen in den Wahnsinn, induziert von außen und innen, wobei die Grenzen zwischen beidem verschwimmen. In Images inspiziert Robert Altman eine Frau, die sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit verliert, und in der Hitchcock-Hommage Die Schwestern des Bösen weiß die Protagonistin überhaupt nicht mehr, wer oder was sie ist. Magic – Eine unheimliche Liebesgeschichte treibt gar einen spielerischen Schabernack mit dem Geist des Protagonisten und wandelt dabei gerne auch auf ironischen Gruselpfaden. Etwas anders funktionieren Martin Scorseses Taxi Driver und der australische Genrebeitrag Ferien in der Hölle, in der die kaputten Seelen, die im Mittelpunkt stehen, Folgen und Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Traumas sind. Egal wie oder warum, der menschliche Geist wird in allen kommenden Filmen auf eine harte Probe gestellt…

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Die besten Filme der 70er Jahre: Wo packe ich dich denn hin, Morgiana?

Die osteuropäische Kultur des 20. Jahrhunderts steckt voller tragischer Geschichten und tragischer Gestalten: Künstlerinnen und Künstler, die ihre Visionen nie so umsetzen konnten, wie sie ihnen im Kopf herumspukten, die sich mit Behörden und Zensur herumschlagen und mit zahllosen Einflüssen der real sozialistischen Politik und Gesellschaft arrangieren mussten. Der tschechische Regisseur Juraj Herz gehört zu diesen tragischen Figuren. In einem westlichen Land wäre er womöglich als großer, experimenteller Genre-Autorenfilmer in Erscheinung getreten, vielleicht auch als Meister der Durchmischung von Avantgarde und Exploitation. Er ließe sich leicht in einem italienischen Giallo-Setup vorstellen, wo er sich mit Dario Argento um die märchenhafteste Dekonstruktion des Genres geprügelt hätte. Wäre Herz in Großbritannien in Erscheinung getreten, hätte er dem Vampirfilm und Gothic Horror sicher viele originelle Akzente schenken können, und in den USA hätte er womöglich irgendwo zwischen Andy Warhol und Roger Corman agiert. Aber Juraj Herz war ein Regisseur des Ostblocks, dessen bizarren Fantasien immer den Kompromiss mit den engen kulturellen Grenzen der damaligen Tschechoslowakei suchen mussten. Und so ist er vor allem hierzulande als einer der Regisseure bekannt, die für zahllose Märchenverfilmungen osteuropäischer Prägung verantwortlich sind, von den Galoschen des Glücks über den Froschkönig bis zu des Kaisers neue Kleider. Dass er deutlich mehr kann als das, durfte er nur selten beweisen: Sein makaberes Psychovexierspiel Der Leichenverbrenner (1968) gilt als einer der besten tschechischen Filme des 20. Jahrhunderts. Und der pulpige Horrorstreifen Der Autovampir (1981) würde in einer besseren Welt in einem Atemzug mit den Exploitationklassikern eines Russ Meyer genannt werden. Jurajs faszinierendster Film indes ist ein anderer: Morgiana (1972), eine diffuse Mischung aus Historical Period Drama, Düstermärchen, Psychothriller und… ja, und was eigentlich?

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Die besten Filme der 70er Jahre: Was mache ich denn jetzt mit dir, Hausu?

Es gibt einfach Filme, die komplett aus der Reihe tanzen. Sie lassen sich nicht richtig einem Genre zuordnen, sie scheinen selbst nicht zu wissen, ob sie nun experimentell sind, poppig oder trashig, ob sie unterhalten oder zum Nachdenken anregen wollen. Manchmal weiß man selbst nicht so genau, ob man es mit einem ausgeklügelten sinnstiftenden Werk, einem Fiebertraum oder gar einer künstlerischen Trollerei zu tun hat. Die 70er Jahre sind voll von diesen Filmen, und doch sticht einer dabei ganz besonders heraus. Hausu (1977) von Nobuhiko Obayashi: Kitschig bunter, unschuldiger Schulmädchenreigen, skurriler Fantasytrip, dazwischen immer mal wieder Experimentalfilm, der mit dem Surrealismus flirtet, oft genug alberner Trash und als Überbau eine bizarre Spukhausgeschichte mit herumfliegenden Köpfen und Zeichentrick-Gespenstern. Ich hatte diesen Film die ganze Zeit auf dem Schirm beim Zusammenstellen der 70er Jahre Bestenlisten, und bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, in welche Liste ich packen könnte. Irgendwie passt er ehrlich gesagt in keine Liste so richtig, vielleicht am ehesten in die Liste der besten Filme mit dem Titel Hausu (was wiederum eine ziemlich kurze Liste wäre). Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als diesem bizarren Gruselgemälde einen eigenen Artikel zu widmen. Und ohne zu viel zu spoilern: Es gibt mehr als genug zu schreiben über diesen Film, egal ob man ihn nun mag oder nicht.

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Die besten Horrorfilme der 70er Jahre XI

Zwei Horrorfilm-Bestenlisten hätte ich noch, bevor wir zu anderen Genres weitergehen können. In dieser hier geht es nun wirklich bunt und durcheinander zu, sowohl was Subgenres als auch Stil und Atmosphäre betrifft. Symptoms pendelt irgendwo zwischen Psychothriller, Giallo und Geisterhorror, ob Rabid nun ein Vampirfilm, SciFi-Horror oder Bodyhorror ist, lässt sich ebenfalls nicht so einfach beantworten. Equinox dagegen scheint auf den ersten und auch den zweiten Blick Trash zu sein, antizipiert aber eine Menge wilder Horroraction, wie wir ihr deutlich später in den 80ern wiederbegegnen werden. Die Wiege des Bösen dagegen ist deutlich weniger trashig als sein Titel und das groteske Filmmonster, das in seinem Zentrum steht, erahnen lassen. Bei so viel Wildheit tut es dann doch ganz gut, am Schluss noch eine straighte Geistergeschichte vorgesetzt zu bekommen: The Amityville Horror mag nicht ganz so originell wie die anderen hier vertretenen Filme sein, dafür liefert er aber grundsoliden Grusel ab und transferiert das traditionelle Spukhausthema sehr gekonnt in ein modernes Setting.

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Die besten Horrorfilme der 70er Jahre X

Ach ja, die lieben Kleinen. Sie sind es, die im Mittelpunkt unserer zehnten 70er Jahre Horror-Bestenliste stehen. Es gab nicht wenige von ihnen im unheimlichen Kino der Dekade, und das auch in allen Altersstufen und allen Schattierungen: Von mordlustigen Kinderbanden (Ein Kind zu töten…) über degenerierte kleine Monster (Die Brut) bis zu unsicheren Teenagern, die in ihrer Pubertät mehr entdecken als sexuelles Verlangen und Akne (Carrie). Dabei schälen sich gerade in dieser Zeit zwei sehr spezifische Varianten des infantilen Schreckens heraus. Zum einen der Blick auf Kinder als das pure Böse, so zum Beispiel im satanischen Klassiker Das Omen, zum anderen Kinder und Jugendliche als Opfer äußerer Einflüsse, die ihnen die Unschuld rauben und sie zu Monstern machen, am prominentesten vertreten durch den Besessenheitsklassiker Der Exorzist. In Variante Nummer Eins sind es die Erwachsenen, die ihre Haut gegen den blutrünstigen Nachwuchs verteidigen müssen, in der zweiten Variante ist der Nachwuchs sowohl Opfer als auch Täter und befindet sich schließlich im Kampf gegen seine Umwelt und sich selbst. Auf die ein oder andere Weise, die lieben Kleinen konnten uns im Horrorkino der 70er Jahre eine verfluchte Angst einjagen.

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His House (2020) auf Netflix – Horror als Flucht- und Asyl-Parabel

Horrorfilme sind immer auch ein Spiegel ihrer Zeit. Von der Auseinandersetzung der Deutschen mit dem erstarkenden Faschismus im Cabinet des Dr. Caligari über die Verarbeitung des japanischen Traumas der Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki in den Godzilla-Filmen bis hin zur Widerspiegelung des Konservatismus der Reagan-Ära im amerikanischen Slasherfilm der 80er Jahre waren Horrorfilme immer politisch: Egal ob progressiv, konservativ oder regressiv, das unheimliche Kino eignet sich einfach bestens dafür, ohnehin schon vorhandene Ängste zu multiplizieren oder in fantastischen Schrecken zu transferieren. Auch wenn in den letzten Jahren durch den Post-Horror öfter von einer Politisierung oder zumindest Repolitisierung des Genres die Rede war, so finden sich in der Geschichte des Horrorfilms doch durch alle Epochen politische Motive, teils im Subtext, oft genug aber auch ganz direkt in der Motivik einzelner Filme. Umso erstaunlicher ist es, dass die Flucht- und Migrationsbewegungen in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre bis dato im gruseligen Film kaum verarbeitet wurden. Der Netflix-Film His House (2020) von Newcomer Remi Weekes ist ein Gruselschocker, der genau dies tut. Er rückt die Geflüchteten in das Zentrum seiner Handlung und erzählt ihre Traumata aus ihrer Perspektive; als düstere Spukgeschichte, irgendwo zwischen Horrormär und beängstigender Parabel.

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Die besten Horrorfilme der 70er Jahre IX

Bei einem groben Blick auf die besten Horrorfilme der 70er Jahre könnte einen der Verdacht erschleichen, dass in dieser Dekade alles Genrerevolution, Genreevolution und Genresubversion war. Das ist natürlich nicht der Fall: Auch wenn damals mit dem Slasherfilm, dem Terrorkino, den spirituellen übernatürlichen Gruslern und den Zombieendzeitfilmen viele neue Subgenres das Licht der Welt erblickten, auch wenn viele traditionelle Horrortropes so langsam Filmgeschichte wurden, so gab es in den 70er Jahren doch einige Traditionslinien die fortgeführt wurden. Viele der daraus entstandenen Horrorfilme sind einfach zu schnarchig, zu sehr Schema F, um einen Platz in den Bestenlisten zu finden, aber ein paar der alten Säcke sind doch überraschend stark ausgefallen. Diesen soll in der aktuellen Retrospektive ein kleines Denkmal gesetzt werden. Zu den filmischen Traditionalisten gehören natürlich ohne Frage die Hammerstudios, die mit Dr. Jekyll und Sister Hyde ein unerwartetes Highlight abliefern. Ebenfalls sehr klassisch fällt Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes aus, der Gothic Horror und Killerfabel zu wunderbar altmodischem Murder Mystery Grusel verbindet. Geschichten aus der Gruft wiederum greift weit zurück auf die gleichnamigen EC Comics der 50er Jahre. Und Landhaus der toten Seelen schließlich erzählt mit einer Spukhausgeschichte einen Topos, der damals auch eher zum alten Eisen zu gehören schien. Alle zusammen beweisen, dass der Zeitgeist nicht immer überholt werden muss, um große Kunst zu schaffen…

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Die besten Giallo-Filme der 70er Jahre I

Wenn man von unheimlichen Genrekino der 70er Jahre sprechen will, muss man auch vom Giallo sprechen. Das bringt mich persönlich in eine äußerst unangenehme Lage. Die Traurige Wahrheit ist nämlich, dass ich alles andere als ein großer Fan des italienischen Thriller- und Horrorkinos der 70er Jahre bin. Mein Weg zum Giallo führte, wahrscheinlich ähnlich wie bei vielen anderen nach 1970 geborenen, über Dario Argentos Suspiria. Und dieser Film ist, man kann es nicht anders sagen, ein verfluchtes Meisterwerk des damaligen Horrorkinos. Umgehauen von diesem Hexenhorrortrip erfuhr ich, wahrscheinlich ähnlich wie viele andere vor mir, voller Begeisterung, dass es ein ganzes Genre für diese Art von Film gibt. Wahrscheinlich ähnlich wie viele andere vor mir habe ich mir dann den erstbesten Giallo-Film geschnappt, um wahrscheinlich ähnlich wie viele andere vor mir äußerst enttäuscht vor einem halbgaren Murder Mystery Thriller, irgendwo zwischen Edgar Wallace und Alfred Hitchcock für Arme zu sitzen. Ja, das Giallo-Genre ist breit und facettenreich, dominiert wird es aber ohne Frage von sehr klassischen Whodunnit-Thrillern, die sich primär durch ihren verstärkten Einsatz von Blut und grenzwertiger Exploitation von den Genregeschwistern abheben. So zum Beispiel Dario Argentos Prototyp des 70er Jahre Giallo Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe. Und sorry, so leid es mir tut, diese Art von Film langweilt mich einfach. Insofern ist diese Liste – und die Folgende – mit einem großen Disclaimer versehen: Ich bin kein Giallo-Fan! Wenn ich Giallo-Filme mag, dann, weil sie vom Genre abweichen, oder in dem Genre etwas neues versuchen, was die Tradition unterwandert. In der ersten Giallo-Liste sind dies neben dem bereits erwähnten Suspiria vor allem Profondo Rosso, der schräger und artifizieller daher kommt als die traditionellen Giallos, und The Child – Die Stadt wird zum Alptraum, der den entgegengesetzten Weg geht, und anstatt beim Horror bei einer introspektiven Tragödie ankommt.

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Die besten Vampirfilme der 70er Jahre II

Und weiter geht es mit den besten Vampirfilmen der 70er Jahre. Auch dieses Mal mit eher traditionellen Variationen des Dracula-Stoffes, vertreten durch den sehr klassischen Universal-Monster-Film Dracula und Werner Herzogs Hommage an den Murnau-Klassiker Nosferatu – Phantom der Nacht. Auch dieses Mal wieder mit schwülstigen Gruselmärchen an der Schwelle zwischen Horror und Erotik, vertreten durch den heißblütigen Erotik-Horrorfilm Vampyres und den Softcore Mysterystreifen Lèvres de Sang, sowie den deutschspanischen Fiebertraum Vampyros Lesbos. Und last but not least auch dieses Mal mit einer eiskalten Dekonstruktion des Genres, vertreten durch Martin vom Zombiefilm-Virtuosen George A. Romero.

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Rezension zu The Hole in the Ground (2019)

Das Kind (James Quinn Markey) sitzt da und schaufelt einfach nur Spaghetti in sich hinein. Schlürfend, gierig aufziehend, so wie ein Achtjähriger eben Spaghetti isst. Aber seine Mutter (Seàna Kerslake) beobachtet ihn misstrauisch. Ist das überhaupt noch ihr Sohn? Hat sich ihr Sohn jemals so verhalten? Warum kann er sich nicht an Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit erinnern? Und wenn es nicht ihr Sohn ist, wer oder was ist er dann? Wechselbälger sind seit jeher ein Alptraum für Eltern. Die Angst, dass das Kind plötzlich nicht mehr das eigene ist: Ausgetauscht, untergeschoben von bösartigen Waldgeistern, um die Eltern in den Wahnsinn zu treiben. Dahinter stehen nicht nur Sagen und Legenden sondern auch ein durch und durch reales Krankheitsbild, das Capgras-Syndrom, das bei Betroffenen dazu führt, dass sie ihnen nahestehende Personen plötzlich für Doppelgänger halten. Gerne auch ihre eigenen Kinder oder eigenen Eltern. Und damit wären wir auch schon bei der Crux des irischen Horrorfilms The Hole in the Ground (2019):

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Die besten Horrorfilme der 80er Jahre V

Bald sind wir durch mit den Horrorfilmen der 80er Jahre… und ich habe wieder festgestellt, dass gerade dieses Genre in diesem Jahrzehnt bestens dazu geeignet ist Lächerlichkeit und Genialität aufeinanderprallen zu lassen. So ganz ohne Albernheiten und Peinlichkeiten kommen auch die nun genannten Filme nicht aus… und bewegen sich dennoch auf hohem bis höchstem Niveau. In Die Hand lässt Oliver Stone den menschlichen Körper Amok laufen, während dieser in Das Tier und Katzenmenschen gleich vollständig zu seinem animalischen Spiegelbild mutiert. Animalische Geschöpfe bilden auch in Wolfen die Hauptbedrohung, wenn auch geschickt durch Mystery und Ökothriller-Momente aufgebrochen. Und in dem B-Movie-Flick From Beyond drehen sowieso alle komplett am Rad: Menschen, Tiere, Dämonen… und feiern ein makaberes, groteskes Festival des Grauens. There will be blood, baby…

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Fantasyfilme und Märchen der 80er Jahre: Was sonst noch geschah…

…oder: Der ganze Rest. Ich habe ja schon in der ersten Fantasy-Retrospektive darauf hingewiesen, dass die 80er eine Dekade waren, in der Trash und gehobenes Niveau oft merkwürdige Melangen eingingen. Rein quantitativ betrachtet, wurden sie dann aber doch primär von eher zweifelhaften Fantasy-Werken dominiert. Das lag in erster Linie an dem ungeheuren Sword-and-Sorcery-Boom, der zu Beginn des Jahrzehnts aus dem barbarischen Boden brach und das Genre bis zum Ende der Dekade mit zahllosen muskelbepackten Recken (und Reckinnen) beglücken sollte. Und wer war dafür verantwortlich? Niemand geringeres als Arnold Schwarzenegger höchstpersönlich. Das Helden- und Krieger-Epos Conan der Barbar (1981) löste eine ganze Welle an meist doch ziemlich beschränkten Fantasy-Flicks aus, die Dank minimaler Budget-Anforderungen in Massen produziert wurden. Der Klassiker selbst kann dafür am wenigsten. Ich würde mich zwar hüten, die Verfilmung von Roward E. Howards Pulp-Novels über Conan den Cimmerier zu den besten Filmen der Epoche zu zählen, immerhin bietet dieser überdrehte, dumpfe Fantasy-Flick aber eine Menge Unterhaltungspotential, viel Raum zum Schmunzeln und die nötige Dosis überproportionierter Low-Budget-Action, um alles in allem verdammt viel Spaß zu machen.

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Die besten Fantasyfilme und Märchen der 80er Jahre: Paperhouse – Alpträume werden wahr

Dass ich zu Paperhouse (1988) jetzt doch noch ein paar Worte über die Kurzrezension der ersten 80er Retrospektive hinaus verlieren muss, liegt daran, dass mich dieser Film als Kind entscheidend geprägt hat. Er war nicht der erste „Horrorfilm“, den ich gesehen habe, aber mit Sicherheit der, der mir auf längere Sicht die meiste Angst eingejagt, ja mich sogar bis in meine Träume verfolgt hat. David Cronenbergs Die Fliege (1986)? Pustekuchen. Die Miniserie Es (1990), die bei so vielen Horror-Zuschauern meiner Generation Ängste ausgelöst und Traumata verursacht hat? Lachhaft. Nein, mein persönliches Grusel-Trauma ist dieser Fantasy/Märchen/Psychoanalyse-Hybrid von 1988, und wenn ich meine Filmrezipienten-Vita durchstöbere, komme ich wohl sogar zu dem Fazit, dass kein Film – davor und danach – mir eine solche Angst eingejagt hat, wie diese Auseinandersetzung mit Traum, Alptraum und der beginnenden Pubertät.

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Die besten Fantasyfilme und Märchen der 80er Jahre I

Die 80er waren ein Jahrzehnt der großen cineastischen Meisterwerke, aber ebenso auch ein Jahrzehnt der cineastischen Peinlichkeiten. In kaum einer anderen Dekade liegen verquaste Cheesiness und große ästhetische Reife so dich beieinander. Fast in jedem Film der Zeit findet man sie, die 80’s Ingredienzen, denen der Lauf der Zeigt nicht gut getan hat: Glitzernd, funkelnd, synthetisch albern… und retrospektiv betrachtet mitunter mehr als peinlich. Gerade das Fantasy-Genre bietet überbordernde Möglichkeiten, um all das bis zum Exzess auszuspielen, was die 80er so charmant trashig machte. Dementsprechend lautet die Frage in unserer ersten 80er Retrospektive nicht nur „Was waren die großen Meisterwerke des Fantasyfilms?“ sondern im selben Maße auch „Funktionieren diese noch in unserer Zeit?“. Und fürwahr, es gibt mehr als genug große Märchen und fantastische Filme, die man sich auch heute noch ohne Schamgefühl, mit viel Vergnügen oder gar echter Ergriffenheit geben kann… genug Meisterwerke für gleich mehrere Best-Of-Aufstellungen. In der ersten begegnen wir unorthodoxen Rotkäppchen-Interpretationen in der Zeit der Wölfe, genießen Märchen-Romantik am Tag des Falken, reisen durch die Zeit mit den Time Bandits, landen in einem alptraumhaften Paperhouse und gönnen uns größenwahnsinnige Lügenmärchen von Münchhausen persönlich.

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Die besten TV-Serien der 90er Jahre I

Serien-Unterhaltung die Erste: Wie schon in der 00er Retrospektive will ich zum Abschluss der 90er Kanonisierungs-Tour-de-Force noch einen kleinen Blick auf die TV-Landschaft des Jahrzehnts werfen. Gleich zu meiner Entschuldigung: Die meiste Zeit über in den 90ern war ich ein Jugendlicher, die andere Zeit ein Kind. Dementsprechend nostalgisch ist dieser Rückblick gefärbt. Es gibt mit Sicherheit mehr als genug Kandidaten, bei denen man heute denken könnte: What? Wieso gehören die da rein? Sollten hier nicht die besten Serien stehen? Nun, die TV-Erzeugnisse der 90er Jahre sind tatsächlich um einiges ruppiger gealtert als die cineastischen Perlen. Und ja, dieser Rückblick ist durch die rosarote Nostalgie-Brille geschrieben. Aber was solls. Ich habe diese Serien geliebt. Und die meisten liebe ich auch heute noch. Manche – wie die Batman Zeichentrickserie – habe ich sogar weitaus später erst für mich entdeckt. Aber den Großteil machen eben doch die Nostalgiehits aus: Star Trek TNG, Are you afraid of the Dark?, Alfred J. Kwak, Picket Fences… Gott, was habe ich die abgefeiert, was habe ich jeder neuen Folge entgegen gefiebert! Insofern teile ich an dieser Stelle auch einfach ein Stück Erinnerungskultur… Ähm, ja: Viel Spaß damit.

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Die besten Horrorfilme 2017: The Autopsy of Jane Doe

Dem Mainstream-Erfolg der Conjuring-Reihe und der Verliebtheit des Feuilletons in den so genannten Post Horror sei Dank: Das Genre boomt gewaltig, sorgt nicht nur für volle Kinosäle sondern auch immer wieder für neue Kritikerlieblinge (denen dann wiederum ironischerweise nachgesagt wird, ein Genre zu retten, das Rettung im Moment wirklich nicht nötig hat). Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille: Es hat sich in den letzten Jahren ein kaum zu übersehender Graben in der Welt des Horrorfilms aufgetan, ein Graben, der bis dato in dem Genre noch nicht existierte. Auf der einen Seite die Publikumslieblinge, die Saw-Franchise, die Conjurings und Paranormal Activities; von der Kritik oft verlacht und meistens missachtet. Auf der anderen Seite, die – meist vollkommen zurecht – von der Kritik gelobten Filme, deren Haupttrademark es allerdings ist eben nicht bloß Horror zu sein: Familientragödien wie Hereditary (2018), Horrorsatiren wie Get Out (2017) oder düstere Slow Burner wie It follows (2014). Ihnen allen gemein ist, dass sie das Genre nicht einfach bedienen sondern dekonstruieren, sprengen oder auch einfach nur erweitern, während die reinen, traditionellen Horrorfilme unserer Zeit tatsächlich oft ziemlich durchschnittliche, lahme Trope-Maschinen mit abgedroschenen Jump Scares und langweiligen Geschichten sind. Da fragt man sich doch als Freund des Genres: Muss ich ab sofort immer auf dessen Subversionen zurückgreifen? Kann es nicht einfach auch mal wieder einen klassischen, gerne auch etwas formelhaften, Beitrag zum Horrorgenre geben, der trotzdem verdammt gut ist? Nicht Post Horror, sondern Horror Horror… oder einfach nur Horror? Es kann. Auftritt Jane Doe, die wahrscheinlich unheimlichste Tote der letzten Jahre.

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Carrie Light – Rezension zum skandinavischen Mysterydrama „Thelma“

Im Zuge des Twilight- und Hunger-Games-Booms hat sich schon seit einigen Jahren das Genre des partiell romantischen, partiell mystischen, partiell actiongeladenen Teenie-Fantasy-Schinkens entwickelt. Besonders das Mystery-Element wurde in – letzten Endes ziemlich formelhaften – Epigonen wie Maze Runner oder Divergent in den Vordergrund inszeniert. Neben den großen Blockbustern hat sich aber teilweise in der Nische, teilweise überraschend erfolgreich eine ganz eigene Interpretation der Verbindung von Teenager-Weltschmerz und Fantasy entwickelt: Bissiger, kritischer und experimenteller als die großen Mainstreamproduktionen konnten so kleine Perlen des Genrekinos wie das düstere Vampirmärchen Let the right one in oder der französische Coming-of-Age/Kannibalismus-Bastard Raw entstehen, die sich bewusst der simplen Konsumierbarkeit der epischen Teenieschmonzetten entziehen und stattdessen ambivalent, bizarr und hermetisch daherkommen. In genau diese Ecke fällt auch das skandinavische Mysterydrama Thelma von Joachim Trier, das deutlich braver als die oben genannten Meisterwerke inszeniert ist, sich mit sublimen Tönen und einer ambigen Geschichte deutlich von den US-Genrebeiträgen abhebt.

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Ballettdrama/ Psychothriller/ Bodyhorror – „Black Swan“ von Darren Aronofsky

Verdammt noch eins! Ich war mir sicher, ich würde diesen Film lieben oder hassen. Ich war mir sicher ein Mittelding wäre nicht drin. Immerhin hat es Aronofsky schon immer geschafft mit seinen Filmen recht gut zu polarisieren. Da war „Requiem for a Dream“, für viele zu pathetisch, zu aufgesetzt in seinem düsteren Weltbild, für andere eine Offenbarung des Composite Film Genres. Da war „The Fountain“, für viele billiger, abgehobener Science Fiction Esoterik-Kitsch, für manche die postpostmoderne Antwort auf „2001 – Odyssee im Weltraum“ und ein Science Fiction Klassiker für das neue Jahrtausend. Okay… „The Wrestler“ hat allgemein positives Feedback erhalten, aber nach all den Ankündigungen, Trailern und Vorab-Kritiken musste eigentlich klar sein, dass Black Swan wieder so ein „Love it or hate it!“ Ding wird. Weit gefehlt. Ich bin voll in der „So la la“-Falle gelandet und stehe mit meiner Meinung auch offensichtlich nicht alleine da.

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Die besten Horrorfilme der 2000er Jahre

Nach den besten Fantasyfilmen des Jahrzehnts bleiben wir noch kurz im phantastischen Bereich. Grusel- und horrortechnisch ist so manches passiert in der letzten Dekade. Es gab eine ausufernde Zombie-Widergeburt, einen unglaublichen Hype um das asiatische Gruselkino (das diesen Artikel auch wie eine Welle überfluten wird), eine strukturell interessante Horror Nouvelle Vague aus Frankreich und die Ankunft des Splatter, Gore und Midnightmovies im Mainstreamkino. Folgerichtig erlebte der Horrorfilm einen wahren Boom, ein Hoch an Zuschauerzahlen, das man seit der verebbenden Slasher-Welle nicht mehr für möglich gehalten hatte und eine ganze Riege an erstklassigen, zweitklassigen und leider auch drittklassigen Filmen. Unsere Highlights des Spuk- und Blutoverkills wollen wir euch an dieser Stelle nicht vorenthalten.

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5 Zimmer Küche Sarg und die albernen Seiten des Vampirmythos – What We Do in the Shadows (2014)

Wenn es um die am meisten vergessenen Vampirfilme des 21. Jahrhunderts geht, kommt mir am ehesten die deutsche Indie-Mockumentary Kevin – Die Vampirdoku (2008) von Christian von Aster in den Sinn. Dabei handelt es sich nicht um ein Meisterwerk, aber dieser kleine Streifen ist trotz aller Schnitzer und der nicht zu leugnenden Low Budget Ästhetik eine wirklich originelle Satire auf große und kleine Vampirmythen, die recht gekonnt Gothic Grusel Klischees in unsere Zeit transferiert und den Vampirismus als allgemein anerkannte Krankheit inszeniert. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Taika Waititi (Jojo Rabbit) diesen kleinen, deutschen Rohdiamanten gesehen hat. Aber erwähnt werden sollte von Asters Film (in dem immerhin Sebastian Krumbiegl von den Prinzen einen Cameo-Auftritt hat) dennoch an dieser Stelle, ähnelt ihm Waititis Horrorkomödie 5 Zimmer Küche Sarg (2014) (selten dämliche Eindeutschung des Originaltitels What We Do in the Shadows) doch in vielfacher Hinsicht. Auch hier geht es um eine Zerlegung des Mythos in der modernen Welt. Auch hier geht es um die komischen, nervigen, oft übersehenen Seiten des Vampirdaseins. Und auch Waititis Film arbeitet mit den Mitteln einer fiktiven Dokumentation. Und ebenso wie sein deutsches Pendant bewegt sich What We Do in the Shadows irgendwo zwischen albern, dumm, clever, holprig und extrem unterhaltend.

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Les Revenants / The Returned – Review, Staffel 1 (2012)

Seit der ersten Staffel der Sopranos und der daraus resultierenden, tatsächlich überwältigenden, Welle an fantastischen Tripple A Serien aus den USA gehört es vor allem in Deutschland zum beliebtesten Volkssport der Feuilletonisten, über die vor sich hindarbende Serienlandschaft in Europa zu lästern. Mag das angesichts der miserablen Lage im deutschsprachigen Raum seine Berechtigung haben (Oh yeah! Noch ein Tatort-Klon), so haben andere europäische Länder in den letzten Jahren das ein oder andere mal bewiesen, dass auch der alte Kontinent dazu in der Lage ist, mit High Quality Serien zu punkten. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die herausragende Roboterserie Real Human, die mittlerweile in die zweite Staffel gegangen ist und die sich weder ästhetisch noch inhaltlich vor den großen US-Serien verstecken muss.

2014: Bühne frei für das nächste, große, potentielle Serienmeisterwerk, fabriqué aux Europe: Les Revenants alias The Returned aus dem französischsprachigen Raum. Ein faszinierender Hybrid aus Drama, Mystery, Grusel und sozialer Parabel, den sich der aufgeschlossene Serienfreund keinesfalls entgehen lassen sollte.

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